Home » Tests » HiFi/Stereo » Xavian Piccola – unkompliziert, untechnisch – unglaublich gut
7. Dezember 2014von Roman Maier
Inhaber/GeschäftsführerHervorragend klingen muss ein Lautsprecher! Dieser Maxime hat sich bei Xavian alles andere unterzuordnen. Nicht überraschend für einen Hersteller, der er ernst meint. Überraschend ist hier lediglich die Formgebung, denn obwohl perfekt auf Klang getrimmt, kommen die tschechischen Schallwandler alles andere als traditionell daher. Dies gilt in besonderem Maße für die Standbox Piccola, die uns besonders neugierig machte.
Tschechien verbindet man in der Regel mit einer langen und lebhaften Geschichte. Mit Gastfreundschaft, gutem Essen und natürlich mit der Kunst hervorragendes Bier zu brauen. Dass das Land aber auch eine lange Tradition in der Musikgeschichte vorzuweisen hat, ist dagegen zumeist nur eingefleischten Klassikfreunden bekannt. Zu Unrecht, denn allein im 19 Jahrhundert gehörten Bedrich Smetana, Antonín Dvorák, Johann Friedrich Kittl und Leoš Janácek, um nur einige zu nennen, zu den einflussreichsten Komponisten ihrer Zeit. Eine Generation von Künstlern, deren Qualitätsanspruch von entscheidender Bedeutung war und dazu führte, dass sie den europäischen Musikstil ihrer Zeit entscheidend mitprägten. Doch auch wenn die Republik an der Donau aktuell keinen Superstar der Musikszene vorzuweisen hat, lebt sich das schöpferische Erbe des Landes heute in der Herstellung von Musikinstrumenten (vor allem im Geigenbau) und Wiedergabegeräten (hauptsächlich Lautsprecher) weiter. Zu den Letztgenannten gehört auch die Marke mit dem mystischen Namen Xavian. Im Jahre 1995 durch den italienischen Audioingenieur Roberto Barletta gegründet, erarbeitete sich das knapp 20 Kilometer von Prag entfernt beheimatete Unternehmen unter HiFi-Enthusiasten schnell auch überregional einen sehr guten Ruf. Die Gründe dafür liegen auf der Hand, steht jedes Xavian-Produkt doch für die perfekte Symbiose aus kompromissloser Klangqualität und italienischer Handwerkskunst. Eine Kombination, die die italienisch-/tschechischen Audioschmiede heute zu den namhaftesten HiFi-Konstrukteuren im osteuropäischen Raum macht. Das nun ein angesehener Distributor wie die IAD den Vertrieb für Deutschland übernimmt, zeigt den hohen Stellenwert und das Potential der Marke und macht die deutsche HiFi-Landschaft neugierig. So auch uns, weshalb wir als erstes Online-Magazin ein Pärchen Xavian Piccola zum Test orderten.
Xavian Piccola: Tschechische Philharmoniker
Hinsichtlich ihrer optischen Erscheinung haben sich klassische Lautsprecher im Laufe der Zeit wahrlich verändert. Prägten in den 80er und 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch klassischen Boxen in typischer Rechteckform, das Bild, wichen diese im Laufe der Zeit den abgerundeten, nach hinten verjüngten oder spargeldünnen Schallwandlern. Dabei achten gerade Produktentwickler grösserer Lautsprechermarken oftmals zuerst auf gefällige Gehäuseformen und immer häufiger auch auf möglichst kompakte Abmessungen, um ihre neuen Kreationen möglichst universell einsetzbar zu machen und einer vorzugsweise breiten Zielgruppe anbieten zu können. Die Designer der tschechischen Manufaktur Xavian hingegen, gehen da einen etwas anderen Weg. Hier geht es nicht um die Gewinnung möglichst grosser Marktanteile, sondern um einzig und allein um die maximale Klang- und Materialqualität. Dabei ist ein Xavian-Lautsprecher optisch eher aussergewöhnlich, zugleich aber dennoch selbstbewusst. Er besteht aus massiven Materialien – bleibt aber dennoch wohlproportioniert. Und er entspricht dem technisch neuesten Stand – kommt aber dennoch im klassischen Aufbau daher. Attribute, die gegensätzlicher kaum klingen könnten, die allerdings zu 100 Prozent auf die Xavian Piccola zutreffen. Eine Box, die uns auf Anhieb neugierig machte.
Ist sie dann endlich ihrer schützenden Kartonage entledigt, nehmen die eingangs beschriebenen Charakteristiken schnell visuelle Formen an. Massives, mit Bitumen bedämpftes Gehäuse, eine gemasert-strukturierte Furnieroberfläche und hochwertigste Chassistechnik. „Eine Traditionelle HiFi-Box mit audiophilem Anspruch“ könnte man meinen. Traditionell mitnichten, denn der Korpus der Piccola ist nicht etwa rechteckig, sondern frontseitig nach oben verjüngt bzw. angeschrägt. Von der Seite gesehen, eher ein Dreieck, statt ein Quader. Diese besondere Gehäuseform hat zwei wichtige Gründe. Erstens: klangliche Ursachen, denn aufgrund des Versatzes zwischen Hoch- und Tief-/Mitteltöners lassen sich beide Chassis laufzeittechnisch besser einander angleichen. Zweitens: Obwohl die 92 Zentimeter hohe Box auf den ersten Blick eher klassisch erscheinen soll, wirkt sie zum einen gewohnt und irgendwie doch aussergewöhnlich. Ein Lautsprecher, der sich optisch von den meisten Mitbewerbsmodellen unterscheidet, dabei aber keineswegs abstrakt erscheint. Ein Asket, den man sich gern genauer anschaut. Tut man dies, fällt einem sogleich die umlaufend gefaste Schallwand auf, deren Herstellung einige aufwändige Produktionsschritte erfordert und die die Box eine Spur schlanker erscheinen lässt, als sie tatsächlich ist. Im oberen Teil der Front findet sich dann das extrem hochwertig anmutende Zwei-Wege-Setup. Das auffälligste Merkmal stellt dabei sicher der optisch auffällige und auf die eigenen Vorgaben getrimmte Scan-Speak-Ringstrahler dar, der in ähnlicher Form in vielen – sehr hochwertigen und auch hochpreisigen – Schallwandlern zum Einsatz kommt. Das Besondere daran: Statt über die sonst in dynamischen Lautsprechern übliche Kalotte, erfolgt die Schallabstrahlung hier über die breiten Sicken, die das mittig platzierte Phase-Plug einfassen, was laut Hersteller gerade unter höherem Pegel eine neutralere, rundere und feinere Hochtondarstellung zur Folge hat. Gleich unterhalb dieses Technikhighlights folgt das Nächste in Form der 180 Millimeter durchmessenden Tief-/Mitteltoneinheit. Ebenfalls speziell für den Einsatz in dieser Modellreihe entwickelt, ist dieses mit einer Kunststofffaser-verstärkten Papier-Membran ausgestattet. Eine Kombination, die die Leichtigkeit und Schnelle eines Schwingsystems aus Papier mit hoher Steifigkeit und einer gestiegenen Resonanzfreiheit paart. Abgerundet wird das kleine aber sehr feine Technikpaket dann durch das definierte und mit einer soliden Aluröhre bestückte Bassreflexport sowie das massive Single-Wire-Anschlussfeld, welche sich beide auf der Gehäuserückseite befinden.
Klangoptimierung selbst gemacht
Die eingehende Beäugung der tschechischen Zwei-Wegler und die übliche, 48-stündige Einspielzeit sind abgeschlossen. Zeit sich dem schönsten Teil eines Produkttests, dem Hör-Check zu widmen. Bevor wir diesen aber starten, wollen wir – beginnend mit der Ausrichtung der Lautsprecher – ideale Vorraussetzungen für ein bestmögliches Klangerlebnis schaffen. Ein Punkt, der keinen Geldeinsatz, sondern lediglich etwas Zeit und Muße erfordert. Zugleich ein Punkt – man kann es nicht oft genug erwähnen – dessen Durchführung schwer zu empfehlen ist, um den neuen Schallwandlern ihr volles Klangpotential zu entlocken. Angst müssen Sie vor diesem Schritt ganz sicher nicht haben, denn sämtliche Tipps sind einfach umzusetzen und machen sogar richtig Spaß, sobald sich die ersten Erfolge einstellen.
1.) Wenn möglich, stellen Sie die beiden Lautsprecher im gleichen Abstand zum Hörplatz auf (Stichwort Stereodreieck). Ist das nicht möglich, versuchen Sie dem Ideal so nah wie möglich zu kommen – jeder Zentimeter zählt! Danach richten Sie Ihre Standboxen auf den Referenzplatz aus. Ist dies geschehen, müssten die Boxen dem Hörer nun direkt „ins Gesicht schauen“. Drehen Sie die Lautsprecher nun in kleinen Zentimeterschritten aus der Achse (vom Hörer weg), ohne dabei die Differenz zum Hörplatz zu verändern. Sie haben die richtige Ausrichtung gefunden, sobald der Klang nicht mehr an den Boxen „klebt“, sondern mitten im Raum zu stehen scheint.
2.) Neue Boxen auf keinen Fall zu tief in die Zimmerecke schieben. Wände „im Rücken“ sorgen für eine deutliche Anhebung im unteren Frequenzbereich. Das wiederum liefert eine gesteigerte Bassperformance. Was theoretisch gut klingt, kann im Extremfall aber auch nachteilig sein und zu Verlusten der Präzision in der Basswiedergabe führen. Um den idealen Wandabstand zu ermitteln, gilt: „Probieren geht über studieren“! Vergrössern Sie den Abstand Ihrer Boxen zur Rückwand deshalb stets in kleinen Schritten. Sobald der Bass am lautesten erscheint, ohne sich dabei in den Vordergrund zu schieben oder zu nerven, ist die ideale Position gefunden.
3.) Sorgen Sie stets für einen festen Stand der Box. Um diesen zu gewährleisten, spendiert Xavian jeder Piccola massive Spikes, die sich hervorragend für den Einsatz auf Teppichboden eignen. Diese lassen sich schnell und stufenlos in der Höhe justieren und gewähren der Box somit auch auf leicht unebenem Untergrund einen sicheren Stand. Generell ist der Einsatz von Spikes sinnvoll, da sie die Box aufgrund ihrer geringen Anbindung fast vollständig vom Untergrund entkoppeln.
4.) Jede HiFi-Kette klingt nur so gut, wie die Gesamtheit der eingebundenen Akteure zulässt. Das gilt sowohl für Verstärker, für Zuspieler, für Lautsprecher und natürlich für das Zubehör. Sparen Sie deshalb keinesfalls am Kabel. Aus diesem Grund sind die in der Regel in den Kartons der neuen HiFi-Bausteine bzw. Lautsprecher befindlichen Strippen keinesfalls zu empfehlen. Streng genommen dienen diese maximal der Funktionsüberprüfung. Bange muss Ihnen aber nicht werden, denn bessere Kabel müssen nicht zwingend teuer sein. In unserem Test machten wir beispielsweise sehr gute Erfahrungen mit dem exzellent verarbeiteten und mit vergoldeten Bananas bestückten HiDiamond Lautsprecherkabel Diamond 1 (Vertrieb: Beta Audio, Unna) und dem Cinchkabel QED Reference (Vertrieb: IDC Klaassen, Lünen).
Im Aufnahmestudio
Unser Setup ist aufgestellt, eingerichtet und hat die obligatorische Einspielzeit hinter sich. Zeit also, sich dem Teil des Checkups zu widmen, der allgemein hin am meisten Spass bereitet – dem HiFi-Test. Da mir während des „Warmspielens“ bereits auffiel wie detailliert die beiden Zwei-Wege-Boxen die ihnen überlassenen Audiostücke wiederzugeben verstehen, beginne ich den Test dann mit einem Titel, der genau dies voraussetzt, um seine Emotionen und seine Aussagekraft zu transportieren. Die Rede ist von London Grammars „If You Wait“. Einem Song, den man trotz seines spärlichen Instrumenteneinsatzes und seiner eher melancholischen Art ruhig etwas lauter drehen darf. Das tue ich auch und folge der Erfahrung, die ich in bisherigen Tests mit diesem Stück sammeln durfte, bis ich den perfekten Pegel gefunden habe. Dieser findet sich dann zwar deutlich unterhalb der Zimmerlautstärke, dennoch weit genug oben, um ein Hörerlebnis zu erzeugen, das auf Anhieb Spass verbreitet und mir gleich klarmacht, dass mein heutiger Hörtest wohl etwas länger dauern wird. Kein Wunder, denn vom ersten Moment an wird unser Hörraum mit Musik geflutet. Ein sich mir darstellender Raumeindruck, der keineswegs übertrieben ist, denn spätestens als die fast schon als fragil zu bezeichnende Stimme der britischen Künstlerin einsetzt, verschwinden die beiden Schallwandler hinter der Ganzheit der Musik und es bildet sich ein aus vielen akustischen Details bestehendes aber dennoch nahezu lückenloses Gesamtbild. Anders lässt sich die Darstellung der Räumlichkeit nicht beschreiben, die mir nun kredenzt wird. Breit und mit einer gewissen aber keineswegs übertriebenen Tiefe wird nun eine Klangbühne aufgespannt, auf der Sängerin und Begleitorchester einen festen Platz zu haben scheinen. Ich weiss, eine Beschreibung, die nur allzu oft bemüht wird und inzwischen abgedroschen klingt. Sorry, aber treffender lässt sich die mir nun gebotene Reproduktion nunmal einfach nicht beschreiben.
Insgesamt bietet mir das tschechische Duo somit ein Klangbild, in dem man sich schnell wohlfühlt. Ein Faktor, der sich auch dann nicht ändern soll, als ich meinen Test mit Ian Shaws „Barangrill“ fortführe. Und auch hier wird mir schnell eine Klangbühne offeriert, die diesen Song einfach mitten in den Raum zu stellen scheint. Ein Sound, der einfach frei im Raum schwebt, ohne an den Lautsprechern „zu kleben“ und dessen akustische Darstellung die hier eingesetzten Instrumente in Sachen Grösse und Position perfekt abzubilden scheint. Zugleich ein Sound, der einen fast in dem Studio wähnen lässt, in dem dieser Song aufgenommen wurde.
Fast überflüssig zu erwähnen, dass die Stimme auch hier separiert verarbeitet und angenehm präsent in den Vordergrund gestellt wird – und zwar ohne dabei aufdringlich oder übertrieben zu wirken. Und auch nachdem ich diesen Song ein weiteres Mal höre und geradezu nach Fehlern suche, vermag ich nicht einen Hauch von Schwäche bei diesen Lautsprechern festzustellen. Im Gegenteil, denn fast hat es den Anschein, die Piccolas wurden einzig und allein zu dem Zweck gebaut diesen umfangreich aufgebauten Song mühelos und einfach unkompliziert erklingen zu lassen. Denn neben aller Routine und Souveränität gehen sie hier auch voller Agilität und mit ausreichend Volumen zur Sache, um die charakteristische Stimme des walisischen Sängers unverfälscht zu Gehör zu leiten.
Was hier aber in mindestens gleichem Maße auffällt, ist das gelieferte Tieftonfundament. So werden die immer wieder einsetzenden Basswellen kompakt, trocken, mit erstaunlichem Antritt, potentem Schub und mit offensichtlich chirurgischer Genauigkeit in das Gesamtambiente eingebaut. Überhaupt ist die Präzision bemerkenswert, mit der die Xavians sich zwischen den verschiedenen Frequenzbereichen hin- und her bewegen ohne in den Übergangsbereichen zwischen Hoch-, Mittel- und Tiefton eine akustische Lücke entstehen zu lassen. Eine erstaunliche Leistung, die in erster Linie dem offensichtlich perfekt abgestimmten Weichenaufbau und dem hier eingesetzten Tief-/Mitteltöner zu verdanken ist, dem es ausnahmslos gelingt, alle ihm übergebenen Frequenzabteile gleichberechtigt zu reproduzieren und sauber durchzuzeichnen.
Fazit
Die Piccola ist ein Lautsprecher, wie ihn sich anspruchsvolle Musikfreunde kaum besser Wünschen können. Ungewöhnlich designet und doch klassisch aufgebaut besticht die italienische Tschechin durch höchste Material- und Verarbeitungsqualität. Dem stehen die klanglichen Fähigkeiten der gerade einmal 92 Zentimeter hohen Standbox in Nichts nach, die in unserem Hörtest durch Präzision, Souveränität, Ausgeglichenheit und einen musikalischen Charakter imponierte. Wer also auf der Suche nach einer klanglich hervorragenden und optisch frischen Alternative zu den zumeist angebotenen Standboxen im Preisbereich bis 3.000 Euro ist, der sollte sich die Xavian Piccola unbedingt einmal vom Fachhändler seines Vertrauens vorführen lassen.
Test & Text: Roman Maier
Fotos: www.lite-magazin.de, Herstellerbilder