Home » Tests » HiFi/Stereo » Wharfedale Diamond 250 – Oberklasse-Bolide zum Einstiegspreis
18. Februar 2015von Roman Maier
Inhaber/GeschäftsführerWenn eine der weltweit meistverkauften Lautsprecher-Linien nach oben erweitert wird, wird die HiFi-Welt hellhörig. Besonders, wenn es um Schallwandler geht, die Klanggewalt und ein exorbitant gutes Preis-/Leistungsverhältnis versprechen. Die Sprache ist von Wharfedales Diamond 250. Einem optisch vielversprechenden Lautsprecher-Boliden, der auch noch unverschämt gut ausschaut und den wir uns einmal ganz ausführlich angesehen und angehört haben.
HiFi-Kennern ist die britische Audioschmiede Wharfedale bereits seit vielen Jahren, manchen sogar seit Jahrzehnten ein fester Begriff. 1932 von Gilbert Briggs im südenglischen Ilkey gegründet, gelangte die nach nach dem Tal am Flüsschen Wharfe benannte Marke spätestens im Jahre 1945 zu Weltruhm. Damals nämlich war es Briggs, der als erster mehrere Chassis für die Wiedergabe unterschiedlicher Frequenzbereiche einsetzte und somit den ersten Zwei-Wege-Lautsprecher der Welt schuf. Eine Entwicklung, die auf den steten Forschungsdrang der britischen Audio-Spezialisten zurückzuführen ist, für den die inzwischen zur International Audio Group gehörige Marke bis heute steht. Einer Marke, die ganz nebenbei beweist, dass sehr gut klingende Audio-Produkte nicht zwingend unerschwinglich sein müssen. Im Gegenteil, denn wer sich einmal mit dem aktuellen Wharfedale-Portfolio auseinander setzt, wird vom gebotenen Preis-/Leistungsverhältnis schnell überrascht sein. Uns ging es jedenfalls so, als wir die Standbox Diamond 250 – übrigens als Europas erstes Online-Magazin – in unserem Hörraum aufbauten.
Bolide mit Charme
Gross sollte es sein, das neue Diamond-Familienoberhaupt – und selbstredend schwer. Dazu üppig bestückt, anspruchsvoll verarbeitet und nach guter alter Wharfedale-Tradition natürlich auch für weniger gut betuchte HiFi-Fans erschwinglich sein. So lautete die Vorgabe an die Wharfedale-Ingenieure für die „nach-oben-Erweiterung“ der seit mehr als 20 Jahren weltweit beliebten Diamond-Serie.
Das Ergebnis fällt entsprechend aus: Sie ist groß – genauer gesagt rund 1,10 Meter hoch und mit einem Gewicht von knapp 30 Kilo (pro Stück wohlgemerkt) auch richtig schwer. Eindrucksvolle Daten, die eher auf einen reinen Leistungsboliden, statt auf einen wohnraumtauglichen Lautsprecher schliessen lassen. Doch weit gefehlt, denn mit der Entwicklung des neuen Flaggschiffs für die hauseigene Bestseller-Serie ist Wharfedale der schwierige Spagat zwischen Leistung und optischem Anspruch erfolgreich gelungen. Zugegeben, in kleineren Zimmern wirkt die 250er wahrscheinlich dann doch etwas überdimensioniert. Platziert man sie jedoch in grösseren Räumen, gibt sich die in wahlweise weissem oder schwarzem Schleiflack lieferbare Drei-Wege-Box frei nach Walter Maria de Silvas Motto (seines Zeichens ehemaliger Designer für Audi, Lamborghini und Volkswagen) „Design ist auch das, was man nicht sieht“, als zeitlos-designetes Möbelstück. Schnörkellos gestaltet, überzeugt die Drei-Wege-Box somit bereits auf den ersten Blick durch Geradlinigkeit und eine Formsprache, die dem Auge einfach gefällt. Auf den zweiten Blick wird dann eine weitere Besonderheit deutlich. Eine, die die 250er von den allermeisten Mitbewerbsprodukten unterscheidet und irgendwie frischer erscheinen lässt, denn statt auf eine grosse Abdeckung, die die gesamte Front verhüllt, setzen die Briten in diesem Fall auf den punktuellen Einsatz von Abdeckelementen. Eine nicht ganz neue aber leider nur selten angewandte Lösung, die die praktische Möglichkeit offeriert, jedes einzelne Chassis hinter einem eigenen Gewebeelement zu verbergen.
Apropos Chassis: Passend zur Serienbezeichnung fallen sogleich die elegant anmutenden Metall-Ringe auf, die auf Anhieb den hohen Stellenwert der Diamond-Erweiterung erkennen lassen. Im seichten Licht unseren Hörraums glänzend, setzten sie die vier, speziell für den Einsatzzweck in dieser Baureihe entwickelten Treiber gekonnt in Szene. Im oberen Teil unseres Testprobanden – und somit über allem thronend – kommt die Ein-Zoll-Kalotte zum Vorschein, die für die Wiedergabe sämtlicher hochfrequenter Klanganteile verantwortlich zeichnet. Direkt darunter findet sich das 130 Millimeter Mitteltonchassis. Genau wie die beiden wiederum darunter befindlichen, je 20 Zentimeter grossen Tieftontreiber, ist dieses mit einer gewebten Kevlar-Membran ausgestattet. Ein Material, das u.a. in schusssicheren Westen eingesetzt wird, neben seines geringen Gewichtes eine enorme Festigkeit und Stabilität bietet und sonst fast ausschliesslich in deutlich hochpreisigeren Lautsprechern zum Einsatz kommt. Um diese Chassis-Armada auch entsprechend mit Signalen versorgen zu können, bietet Wharfedale auf der Gehäuserückseite dann ein grosszügig dimensioniertes Bi-Wire-Anschlussterminal an, das sowohl unkonfektionierte Kabelenden grösseren Querschnitts, wie auch Bananas und Kabelschuhe fest an sich bindet.
Kari im Hörraum
Nachdem die kritische Beäugung und die obligatorische, 48-stündige Einspielzeit nun beendet sind, bitten wir das schneeweiße Drei-Wege-Duo schliesslich zum Hörtest, den wir mit Björks „Play Dead“ starten. Zugegebenermaßen kein Song, der das gesamte Frequenzspektrum abbildet. Dafür aber einer, der vor Emotionen nur so sprüht. Vorausgesetzt, man lässt sie raus. Genau das tun die Wharfedales dann – und zwar innerhalb weniger Augenblicke. So gelingt es ihnen flux ein ergreifendes Klangbild vor uns aufzubauen, in dem rhythmische wie feindynamische Strukturen zum Greifen nah und die Stimme der Isländerin über allem zu stehen scheinen. Zeitgleich macht sich dann auch das sehr gute Rundstrahlverhalten der wohlproportionierten Boliden bemerkbar. Kleiner Tipp: obwohl unkritisch in der Aufstellung, ermittelten wir das beste Klangergebnis mit einer leicht auf den Referenzplatz ausgerichteten Positionierung unserer Testprobanden. So platziert, erleben wir ein Klangbild, das schnell fesselt und uns vor packender Authentizität gleich die erste Pegelerhöhung abverlangt. Gedacht, getan und schnell als richtig befunden. Inzwischen etwa bei Zimmerlautstärke angekommen, sprühen die Wharfedales dann nur so vor Spielfreude, was sich in erster Linie in der hochagilen Grundtonreproduktion verdeutlicht, die nun durch den Hörraum peitscht. Das ist bitte nicht als Floskel zu verstehen, denn der Punch den die Briten hier, wie auch in „Venus As A Boy“ vom gleichen Album liefern, ist mehr als beeindruckend und schreit förmlich nach „härterem Futter“. Mit New Orders „Don`t Do It“ kommen wir dieser unterschwelligen Forderung dann schnell nach und erleben prompt eine neue Seite an den schicken Drei-Wege-Schallwandlern. Jetzt nämlich legen sie sogleich eine härtere Gangart mit imponierender Impulskraft im Grundtonbereich an den Tag. Und als wäre das alles noch nicht genug, steigen sie zudem noch gefühlte zwei Etagen tiefer in den Basskeller. Einem Frequenzbereich, in dem sie sich dann mindestens ebenso wohl fühlen und selbst nach einer nicht gerade unwesentlichen Pegelerhöhung weiterhin kraftvoll und straff zu Werke gehen und jede Menge Bassdruck in unser Testdomizil pumpen. „OK, das war bei der Größe und der Bestückung der beiden Drei-Wege-Boliden zu erwarten“, werden sie sich denken. Stimmt. Dennoch sollte man nicht vergessen, dass es sich hier um Standlautsprecher handelt, die zu einem Stückpreis von gerade einmal 699 Euro angeboten werden.
Einem beliebten Preisbereich, in dem sich sehr viele Standboxen tummeln, von denen aber nur die Wenigsten in der Lage sind, eine solche Performance zu liefern, wie die, die wir gerade erleben. Warum und wie diese Leistung möglich ist, ist schnell erklärt: als einer der weltgrössten Lautsprecherhersteller entwirft und montiert die eingangs erwähnte Muttergesellschaft IAG nämlich nicht nur, sondern entwickelt und produziert fast alle genutzten Bauteile (wie beispielsweise Chassis und Frequenzweichen) gleich selbst. Das heisst, im Gegensatz zu vielen anderen Lautsprechermarken bedient sich Wharfedale nicht mit Zubehör „von der Stange“, sondern nutzt in erster Linie Bauteile, die speziell für ihren jeweiligen Einsatzzweck entworfen und sogar in der eigenen Fabrik hergestellt wurden. Das wiederum erklärt dann auch das enorme Auflösungsverhalten der Hoch- und Mitteltonsektion, welches im anschliessend gewählten „Gate Ved Gate“ von Kari Bremnes zu erleben ist. Eine Darstellung aus der die Stimme der Norwegerin so klar und deutlich aus dem seichten Spiel der sie umgebenden Instrumentalisierung heraus sticht, dass es fast den Anschein hat, Kari stünde persönlich inmitten unseres Hörraums. Ein Punkt, der vordergründig dem exzellenten Timing und somit dem offensichtlich hervorragend abgestimmten Frequenzweichen-Layout zu verdanken ist.
Überflüssig zu erwähnen, dass die Wharfedales dann auch drumherum eine räumlich authentische Studiobühne aufziehen, die sich sogar ein klein wenig über die Grenzen der beiden Schallwandler hinaus ausbreitet. Aufgeräumtheit und Plastizität sind hier sicher die stechendsten Merkmale. Attribute, durch die sich die beiden Briten dann auch gleich die nächsten Sonderpunkte verdienen und ganz nebenbei durch ein unaufgeregtes, tonal aber durchweg transparentes Klangbild beeindrucken. Transparent und unaufgeregt heisst in diesem Fall aber alles andere als langweilig. Nein, ganz im Gegenteil, denn selbst in höheren Lagen bzw. in der Wiedergabe hell abgemischter Musikstücken neigt die Box niemals dazu ins Nirgendwo abzudriften, sondern bleibt jederzeit interessant und beweglich. Fast könnte man den Diamonds dabei sogar ein von Eigenklang befreites Klangbild attestieren, wäre da nicht die leichte Aufdickung in tieferen Bassgefilden. Ein Merkmal, das Freunden klassischer Klänge vielleicht ein bisschen zuviel des Guten sein könnte, das Fans elektrischer Musik oder härterer Rocksongs aber wahrscheinlich als absolut perfekt erachten werden. Also reine Geschmackssache. Weiterer Tipp am Rande: bietet sich die Möglichkeit, variieren Sie den Abstand Ihrer Lautsprecher zur Rückwand. Nur um wenige Zentimeter nach vorn gezogen, kann sich ein entspannteres Klangbild im Bassbereich ergeben. Näher an die Wand gerückt, steigt die Bassintensität dann in der Regel schnell wieder an. Ein Punkt, der übrigens für jeden Lautsprecher gilt und Sie Ihre Boxen in vielen Fällen völlig neu erleben lässt.
Fazit
Wharfedales Diamond 250 ist ein Lautsprecher, der gut aussieht, der unverschämt gut klingt und nahezu jede Art von Musik zum Hörspaß macht. Einer, mit dem es voll nach vorn geht und den man schnell ins Herz schließt. Erst recht, wenn man einen Blick aufs Preisschild wirft, denn für einen Stückpreis von 699 Euro ist das neue Flaggschiff der Diamond-Serie ein echtes Schnäppchen. Selten gab es soviel Lautsprecher für (vergleichsweise) so wenig Geld!
Test & Text: Roman Maier
Fotos: www.lite-magazin.de, Herstellerbilder
Klasse: Oberklasse
Preis-/Leistung: hervorragend
95 of 100
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Technische Daten
Modell: | Wharfedale Diamond 250 |
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Preis: | 699,00 Euro / Stück (uvP) |
Garantie: | 5 Jahre |
Ausführungen: | - weiss - schwarz |
Vertrieb: | IAD, Korschenbroich Tel.: 02161 / 617830 www.iad-audio.de |
Abmessungen (HBT): | 1103 x 250 x 396 mm (ohne Spikes und Terminals) |
Gewicht: | 29,4 Kg / Stück |
Hochtöner: | 25 mm Gewebekalotte |
Mitteltöner: | 130 mm Kevlar-Membran |
Tieftöner: | 2 x 200 mm Kevlar-Membran |
Besonderes: | - sehr gute Verarbeitung - zeitlos elegantes Design - hochwertige Bestückung - Bi-Wire-Anschlussterminal - Leistungsstark - enorme Bassreserven |
Lieferumfang: | - Diamond 250 - Spikes - Bedienungsanleitung |
Benotung: | |
Klang (60%): | 1,0 |
Praxis (20%): | 1,1 |
Ausstattung (20%): | 1,0 |
Gesamtnote: | 1,0 |
Klasse: | Oberklasse |
Preis-/Leistung | hervorragend |