Home » Rezensionen » Felony – Die Macht eines einzigen Moments
4. August 2015von Martin Sowa
RedakteurAls sich der Polizist Malcolm Toohey am Schauplatz eines Verkehrsunfalls in die Enge gedrängt fühlt, trifft er eine folgenschwere Entscheidung, die nicht nur das Leben des Unfallopfers stark verändert.
Malcolm Toohey (Joel Edgerton) ist hochdekorierter Polizist und hat gerade erst wieder einen wichtigen Einsatz erfolgreich abgeschlossen und dabei sogar einen Schuss auf seine kugelsichere Weste abbekommen. Trotz der leichten Verletzung feiert er gemeinsam mit seinem Team den Fortschritt in dem Fall in einer Bar. Währenddessen statten die beiden Detectives Carl Summer (Tom Wilkinson) und Jim Mellic (Jai Courtney) einer Verdächtigen einen Besuch ab. Summer ist ein alter Hase im Geschäft und kennt so ziemlich jeden Trick – mit dem er auch an die Fingerabdrücke der Verdächtigen gelangt. Der junge und idealistische Mellic hingegen ist gerade erst sein neuer Partner geworden und beäugt die halblegalen Aktivitäten seines Vorgesetzten wesentlich kritischer als dieser selbst.
Kurz darauf kreuzen sich die Wege der drei Polizisten am Schauplatz eines Verkehrsunfalls. Toohey tritt dort als Ersthelfer nach einem Verkehrsunfall mit einem verletzten Radfahrer auf, die beiden Kollegen sollen wegen einer möglichen Fahrerflucht ermitteln. Schnell wird beiden klar, dass Toohey keineswegs die ganze Wahrheit sagt – Summer versucht daraufhin, seinen Kollegen aus der Schusslinie zu nehmen, während Mellic alles daran setzt, die Ermittlungen auf saubere Art und Weise abzuschließen.
Der folgenschwere Verkehrsunfall ist ein kleiner Funken, der in den Leben der drei beteiligten Polizisten einen Flächenbrand auslöst. Der Verfall von Moral und allzu subjektive Wertmaßstäbe fernab des Gesamtbildes der Realität bestimmen den packenden Thriller, der insgesamt extrem authentisch und nur sehr selten fiktiv rüberkommt. Dafür sorgte übrigens auch Hauptdarsteller Joel Edgerton selbst, der das Drehbuch zu Felony verfasste, das anschließend unter Regie des noch relativ unbekannten Matthew Saville umgesetzt wurde. Einziger Schwachpunkt dabei: anstatt sich völlig auf den Hauptstrang zu konzentrieren, werden einige Nebenschauplätze eröffnet, die dann allerdings auch schnell wieder vernachlässigt werden, ohne die entstandenen Fragen zu beantworten. Davon sollte man sich also nicht zu sehr ablenken lassen und sich stattdessen auf das im Mittelpunkt stehende Trio fokussieren.
Interessant ist dabei die Rollenverteilung: Denn obwohl von den drei Hauptfiguren lediglich Jim Mellic aufrechter Ermittler ist und damit als „der Gute“ taugt, macht ihn seine verbissene Art und die ihm unterstellte fehlende Loyalität unbewusst zum „Bösewicht“ – während Toohey und (zumindest vorübergehend) Summer trotz ihrer Vertuschungsaktion Sympathien wecken. Natürlich spielen in dieser Entwicklung mit zunehmendem Fortschritt der Handlung auch noch andere Faktoren eine wesentliche Rolle. Dennoch ist es eine beachtliche Leistung, die Wahrnehmung beim Publikum so schnell zu verzerren und dies eben nicht erst im Laufe der Geschichte mühsam aufbauen zu müssen.
Daher ist es auch unmöglich, nur einen der drei Hauptdarsteller besonders herauszustellen. Im Mittelpunkt der Story von Felony steht natürlich Joel Edgerton, der unter anderem an der Seite von Tom Hardy in „Warrior“ schon sein Talent für innerlich zerrissene und sich doch wieder findende Charaktere beweisen konnte. Deutlich linearer sind die Rollen von Tom Wilkinson und Jai Courtney angelegt. Während der ältere Summer bereits jeden Glauben an das Rechtssystem verloren hat und die Dinge lieber auf seine Art regelt, ist der jüngere Mellic noch davon überzeugt, dass die Vorschriften unantastbar sind. Letzterer wird von Jai Courtney äußerst souverän gespielt, was sicher auch damit zusammenhängt, dass der Australier sich in den letzten Jahren durch zahlreiche hochkarätige Rollen unter anderem in „Terminator Genisys“, „Unbroken“ oder „Jack Reacher“ beweisen und eine gewisse Reputation aufbauen konnte. So ergänzt er sich hervorragend mit seinem älteren Kollegen Tom Wilkinson, der als Oscar-nominierter und jährlich in Blockbustern auftretender Darsteller eine solche Leistung quasi garantiert. Insbesondere seine Monologe gegenüber den jüngeren Kollegen, in denen er zynisch sein Weltbild darlegt, lassen das Publikum kurz vergessen, worum es in dem Film ursprünglich ging.
Zur Rezension lag uns zwar „nur“ die DVD von Felony vor, die allerdings mit relativ gutem Bild und präzisem Sound überzeugt. Wer die Möglichkeit hat, sollte natürlich lieber auf die Blu-ray zurückgreifen, die vor allem in den dunkleren Szenen noch eine deutliche Steigerung bringen dürfte. Die deutsche Synchronisation ist im Wesentlichen sehr gut gelungen, lediglich gegen Ende des Films wirkt sie im direkten Vergleich zum englischen Original ein wenig gleichgültig.
Bonusmaterial ist abgesehen von ein paar Trailern allerdings nicht vorhanden, obwohl ein paar Hintergrundinfos zur Story sehr wünschenswert wären und vielleicht einige offene Fragen beantworten könnten.
Fazit
Felony gehört zu der Sorte Thriller, der sich nicht auf actiongeladene Sequenzen verlassen muss, um Spannung aufzubauen. Diese findet dementsprechend natürlich auf weniger offensichtlicher Ebene statt und spielt stattdessen vorwiegend mit dem eigenen Moralempfinden der Zuschauer. Allerdings ist das natürlich auch gefährlich – wer sich um derlei Dinge nämlich keine Gedanken macht, könnte den Film als langweilig einschätzen. Das ist allerdings keine Kritik am Film…
„Felony“ ist als DVD und Blu-ray im Vertrieb von Universum Film erhältlich.
Genre
Thriller
Laufzeit
ca. 94 Minuten
Altersfreigabe
ab 12 Jahren
Regie
Matthew Saville
Cast
Joel Edgerton, Tom Wilkinson, Jai Courtney, Melissa George, Sarah Roberts
88 of 100
82 of 100
84 of 100
91 of 100
20 of 100
80 of 100