Home » Heimkinopaket » Verstärker-Endstufe Burson Timekeeper Virtuoso – Stylisher Zauberwürfel
8. Juni 2016von Volker Frech
RedakteurEndstufen müssen was wiegen, sonst können sie nichts taugen – hinter dieser HiFi- und High-End-Weisheit steckt die Erfahrung, dass kraftvolle Verstärker mit erstklassigen Bauteilen und hochstabilem Gehäuse meist etliche Kilo auf die Waage bringen. Wenn es danach geht, kann der Timekeeper Virtuoso ganz vorn mitspielen, dabei ist das Kraftpaket überaus kompakt und stylish. Jetzt muss der Watt-Würfel nur noch klingen …
Die einleitende Weisheit hätte auch von Burson Audio stammen können, dem Hersteller dieser Endstufe, denn das Credo der Australier lautet so: Wir verwenden keine integrierten Schaltkreise (IC). Das ist ein Motto mit schwerwiegenden Folgen – im wahrsten Sinne des Wortes: Wo andere Hersteller Masse und Material sparen, indem sie Schaltnetzteile sowie digitale Verstärkerstufen verwenden, die hocheffizient, leicht und vergleichsweise preiswert sind, da setzt Burson auf ein durch und durch analoges Schaltungskonzept mit diskreten Bauteilen, die mehr kosten, mehr Platz brauchen und mehr wiegen. Warum machen die Australier das? Im Hause Burson ist man zu der Überzeugung gekommen, dass IC-Chips die Wurzel allen Klangübels sind: Die dichtgepackten integrierten Schaltungen seien echten, einzelnen Bauteilen qualitativ deutlich unterlegen, durch die mikromillimeterdünnen Leiterbahnen bleibe die Signalgüte auf der Strecke, zudem besäßen die Allround-IC-Chips mitunter korrigierende Schaltungen, die für einen Audio-Verstärker nutzlos sind, aber zusätzlich das Signal verschlechtern.
Diese Haltung könnte man jetzt als reines Marketing oder randständige Meinung abtun, wenn die Australier nicht seit 20 Jahren auf dem Markt wären und sich international einen sehr guten Namen als Hersteller höchstwertiger Verstärker gemacht hätten.
Stabiles Portfolio
Dabei hat die Manufaktur aus Melbourne in diesen zwei Dekaden keine Unzahl von Produkten auf den Markt gebracht, sondern sich ganz im Gegenteil bewusst auf ein sehr übersichtliches und stabiles Portfolio beschränkt – auf wenige Verstärker-Module und -Modelle mit langer „Laufzeit“. Burson verzichtet also auf eine Produktpolitik, die jedes Jahr ein neues Modell erfordert, da sonst die Beachtung in der Branche schwindet. Aber nun ist einer dieser eher seltenen Momente gekommen: Das Credo der Firma hat sich in einer neuen Endstufe materialisiert, dem Timekeeper Virtuoso. Moment mal – der Name kommt einem doch vertraut vor! Und richtig: Dieser Würfel ist das Upgrade der bisherigen, flachen Timekeeper-Endstufe. Burson hat mit dem Timekeeper ursprünglich die Idee verfolgt, einen kleinen, aber feinen Power-Amp zu bauen, aber anders als viele Konkurrenten wollten die Entwickler aus Down-Under dabei auf digitale Class-D- oder Class-T-Schaltungskonzepte verzichten, weil die Chips für diese Schaltungen mit Blick auf die wenig audiophile Car-Audio- und Handy-Industrie entwickelt seien, damit entsprechen sie nicht Bursons Audio-Idealen. Herausgekommen ist damals ein schachtelgroßer Verstärker, der sogar auf dem Schreibtisch Platz findet, wegen seiner hochwertigen Anmutung eine optische Zierde ist und wegen seiner Klangqualität viel Lob bekommen hat. Nun hat Burson diesen kleinen Verstärker zu einem kompakten Kraft-Kubus vergrößert und ihm den Beinamen „Virtuoso“ gegeben. Und zum zweiten Mal stellt sich die Frage: Warum machen die Australier das? Für wen bauen sie eine einzelne Endstufe?
Warum eine Endstufe mit Vorverstärker?
Eine solche Kombination kann aus mehreren Gründen sinnvoll sein.
Sie bietet meist mehr Leistung als ein Vollverstärker, gerade durch die Möglichkeit, die Endstufe zu „brücken“. Das heißt: man nutzt die Endstufe nicht als Stereo-Verstärker, sondern als Monoblock, der nun mit seiner gesamten Kraft eine Lautsprecherbox antreibt. Durch das Brücken wird die Leistung des Amps erheblich größer, im Fall des Timekeeper Virtuose werden aus 200 Watt im Stereo-Betrieb dann maximal 600 Watt im Mono-Modus. Allerdings: Man braucht nun einen weiteren Monoblock, der die andere Lautsprecherbox betreibt. Diese Konfiguration ermöglicht nun eine Wiedergabe in äußerst hoher Lautstärke, eine solche Klangkette mit separater Endstufe bietet sich also bei großen Räumen an.
Vielen HiFi- und High End-Hörern geht es aber gar nicht um große Lautstärken, sondern um große Reserven. Sie schätzen es, dass eine Verstärker-Kombination bei plötzlichen Pegelspitzen eben nicht hörbar am Leistungslimit arbeitet, gar komprimiert oder ins „Clipping“ gerät, also verzerrt, sondern solche Signalspitzen locker wegsteckt. Es geht also um Dynamik – und die spielt nicht nur bei der guten Wiedergabe von Musik eine Rolle, sondern auch beim Filmton. Wer keine Heimkino-Anlage haben möchte, sondern auf eine amtliche zweikanalige Beschallung setzt, braucht hierfür einen pegelfesten Verstärker.
Manchmal führen einen aber auch die eigenen Hörvorlieben oder der audiophile Anspruch zu einer Vor-/Endstufenkombination. Integrierte Verstärker weisen heute nicht mehr standardmäßig einen Eingang für den Plattenspieler und einen Ausgang für den Kopfhörer auf – und wenn doch, dann sind sie qualitativ eher solide als sensationell. Vinyl-Fans und Freunde der Kopfhörerwiedergabe werden für eine erstklassige Wiedergabe also einen entsprechenden Vorverstärker in Betracht ziehen – und darauf folgt zwangsläufig eine passende Endstufe. Mitunter geht es aber nicht nur um den guten Klang, sondern auch um eine optisch ansprechende und stimmige Lösung. Die „klassischen Kisten“ mit ihren Standardmaßen machen hier nicht immer glücklich, eine schicke und kompakte Verstärker-Kombi lässt sich da schon anders in den Wohnraum einbinden – und damit sind wir wieder beim Timekeeper Virtuoso.
Zwei-Etagen-Kraftwerk
Natürlich gibt es Endstufen, die einem optisch das Wohnzimmer verhunzen. Aber genau das will Burson vermeiden, auch mit seinem großen Timekeeper – wobei das Wort „groß“ in Anführungszeichen gehört, denn für eine Endstufe ist er geradezu ein Platzsparer. Er ist etwa halb so breit wie herkömmliche HiFi-Komponenten und keinen Deut tiefer; er besitzt mit den Maßen 255 x 265 Millimeter auch die gleiche Grundfläche wie seine kleinen Timekeeper-Brüder, er ist nur deutlich in die Höhe gewachsen. Das Mehr an Leistung schlägt sich halt auch in einem Plus an Bauteilen und ihrer Dimensionierung nieder. Hier ist vor allem der Ringkerntransformator zu nennen, er nimmt im Gehäuse die gesamte untere Hälfte ein. Dieser „Mühlstein“ trägt mit seinem Gewicht maßgeblich zu den 20 Kilo bei, die diese Endstufe auf die Waage bringt. Mit einer Belastbarkeit von satten 1.500 Voltampère kann er jene hohen Ströme liefern, die die Voraussetzung für eine kraftvolle, verzerrungsfreie Verstärkung sind – und die wird nun von der Amp-Abteilung im ersten Stock geleistet. Hier sitzt eine Armada von Sieb-Elkos, Widerständen und Verstärkertransitoren: Eine komplett diskrete Schaltung aus einzelnen Bauteilen. Burson nimmt es sehr genau und arbeitet nur mit selektierten Bauteilen von namhaften Herstellern, da kann die Suche nach den passenden Komponenten und die Verfeinerung der Schaltung schon mal locker ein Jahr in Anspruch nehmen wie bei der Eingangsstufe des Timekeeper Virtuoso. Ursache für diese Akribie ist die grundlegende Burson-Philosophie: „Je weniger ein Gerät die Musik manipuliert, desto großartiger wird sie“. Diese Philosophie hat bei Burson zwei Konsequenzen für das Schaltungskonzept: Zum einen der schon erwähnte Verzicht auf integrierte Schaltkreise, zum anderen der Ansatz, so wenig Bauteile wie möglich einzusetzen, um den Einfluss auf das Audiosignal zu minimieren. Und so arbeitet auf der ersten Etage des Timekeeper eine straff gehaltene Schaltung im Class-AB-Design. Dieses Verstärkerkonzept vereint das Ideal des verzerrungsfreien, reinen Klangs (Class-A-Schaltung) mit dem Vorzug eines großen Wirkungsgrades (Class-B-Schaltung) – eine Kombination, die zu den beliebtesten und bewährtesten Verstärkerkonzepten gehört. Burson hat eine außerordentlich leistungsfähige Schaltung kreiert: Der Verstärker leistet laut Datenblatt im Stereo-Betrieb 200 Watt an vier Ohm und stolze 350 Watt an zwei Ohm, im gebrückten Monobetrieb sind es sogar bis zu 600 Watt an 4 Ohm – dieser kleine Kubus ist also ein kolossales Kraftpaket!
Formvollendeter Tresor
Burson hat diesen Verstärker nun in ein äußerst attraktives Gehäuse gesteckt: Der silberfarbene Vollmetall-Quader wirkt schon aus der Ferne nobel, wer nähertritt, erkennt den matten Glanz von gebürstetem Metall. Burson setzt auf eloxiertes Aluminium – und spart nicht an Material und Aufwand: Allein die Frontplatte weist eine Stärke von einem ganzen Zentimeter auf, die Seiten sind aus dem vollen Metallblock gefräste Kühlkörperplatten. Dieses Design-Element mildern die geometrische Strenge der kubischen Form, doch es geht hier nicht allein um Ästhetik: An diesen Kühlrippen sind auf der Innenseite die Leistungstransistoren des Verstärkers angeschraubt, sie erzeugen bei der Verrichtung ihrer Arbeit ordentlich Hitze; diese Wärme können sie über die große Fläche der Rippenstruktur und das kühle Metall der gesamten Mantelung abführen. Doch keine Sorge: Das Gehäuse des Timekeeper wird im Betrieb kaum mehr als handwarm. Burson hat sich reichlich Gedanken um die bestmögliche Verstärker-Verkleidung gemacht: Die Konstruktion muss absolut verwindungssteif, vibrations- und resonanzfrei sein, damit das Gehäuse keinen Einfluss auf die Elektronik nimmt. Um eine optimale mechanische Dämpfung zu erreichen, unterscheiden sich beispielsweise die einzelnen Wandelemente geringfügig in ihrer Dicke. Natürlich müssen Mantelteile und Verstrebungen im Ganzen so massiv sein, dass sie dem gewichtigen Inhalt, insbesondere dem Ringkerntrafo, hochstabilen Halt und Stand geben können. Burson hat diese Anforderung exzellent gemeistert, das Gehäuse hat deshalb einen Spitznamen bekommen: „Der Tresor“.
Dieser Tresor wirkt aber nicht wuchtig, Maße, Material und Design sorgen für eine leicht kühle und moderne, vor allem aber dezente Anmutung. Dazu trägt auch die zurückhaltende Betriebsbeleuchtung bei: Einzig eine klitzekleine blaue Leuchtdiode, die im Zentrum der Frontplatte eingelassen ist, signalisiert die Arbeitsbereitschaft des Timekeeper. Zu der Dezenz des Designs passt es auch, dass der Firmenschriftzug als Gravur ausgeführt ist – das hat Stil. Und es spiegelt das erstklassige Fertigungsniveau der gesamten Endstufe.
So schließen Sie die Endstufe an
Als erstes stellt sich die Frage, ob Sie einen einzelnen Timekeeper als Stereo-Endstufe betreiben oder zwei Timekeeper als Mono-Böcke. Denn davon hängt ab, wie sie den Timekeeper verschalten und verkabeln. Das ist aber in beiden Fällen nicht schwer und schnell erledigt: Wenn Sie den Amp als Stereo-Verstärker einsetzen, stellen Sie den Wahlschalter auf die Position „Stereo“ und schließen an die beiden Cinch-Buchsen das Stereo-Kabel vom Vorverstärker-Ausgang an. An die vier Lausprecherklemmen kommen jetzt noch die Lautsprecherkabel für die beiden Boxen – fertig!
Ähnlich einfach ist der Betrieb des Timekeeper als Monoblock: Sie füttern jeden Amp nun über einen Cinch-Eingang oder wahlweise über den XLR-Eingang, dementsprechend stellen sie den Wahlschalter auf „Bridge“ oder „XLR“, nun haben Sie die Endstufe gebrückt und für den Monobetrieb eingerichtet. Jetzt noch an jede der beiden Endstufe je einen Lautsprecher anschließen – und zwar an den oberen roten Klemmen, die für den „Bridge Mode“ mit den Bezeichnung „+“ und „-“ versehen sind. Ebenfalls fertig!
Die Lautsprecherklemmen sind solide, bewährte Modelle von WBT, sie nehmen Kabel auch mit großen Querschnitten auf, was man bei einer ausgewiesenen Endstufe auch erwarten darf. Und sie besitzen den überaus praktischen, freilaufenden Andruck-Ring: Er verhindert, dass die Klemme beim Anziehen direkt über das Kabel reibt und die feinen Einzeldrähte der Litze in Mitleidenschaft zieht. Natürlich sind hier nicht nur blanke Drähte anschließbar, die Klemmen nehmen auch Bananenstecker und Kabelschuhe auf. Die Einführungen für die Litzen liegen allerdings vertikal, man muss die Kabel also von oben oder von unten einführen. Wären die Einführungen leicht schräg oder horizontal, ginge das noch leichter.
Erst nach der dieser Verkabelung wird der Verstärker ans Stromnetz angeschlossen und mit dem ebenfalls sehr soliden, sauber arbeitenden Netzschalter eingeschaltet – aber Achtung: Beim Einschalten bitte immer erst die Vorstufe einschalten, sonst gibt die Endstufe ein fettes „Wumm“ auf die Boxen – nämlich den schön verstärkten Einschaltimpuls der Vorstufe. Die Timekeeper-Endstufe hingegen schaltet sich lautlos zu, sie geht mit einer doppelten Einschaltverzögerung behutsam in Betrieb: Einem „Klack“ folgt ein „Klick-Klack“, und erst jetzt geben Vor- und Endstufensektion des Timekeepers die eingespeiste Musik des Zuspielers verstärkt über die Boxen wieder.
Der Verstärker wird nach einiger Zeit leicht warm, ein wenig Freiheit und Luftzufuhr sollte man ihm beim Aufstellen also schon gönnen, Burson empfiehlt einen Zentimeter Abstand zu jeder Seite.
Auf jeden Fall muss die Endstufe samt ihrer Rückseite gut zugänglich sein, denn hier sitzt der Netzschalter – und den werden Sie regelmäßig brauchen, denn einen Standby-Modus hat der Timekeeper nicht.
Der Timekeeper Virtuoso legt los
Eine Endstufe allein macht nicht glücklich, sie braucht einen vorverstärkenden Spielpartner. Wir spannen den Timekeeper deshalb gleich mit der Vorstufe eines Vollverstärkers zusammen; wir wählen dafür den A-29 von Arcam, er ist seit einiger Zeit der Test-Amp unseres Vertrauens. Und wir starten mit „Pistola“, dem Spätwerk des Bluegrass-Barden Willy DeVille. Der Track „Been There Done That“ ist wegen seiner umfangreichen Instrumentierung, die neben Gitarre, Bass und Schlagzeug auch Perkussion, Clavinett und Bläsersektion umfasst, eine gute Testmusik. Und mit ihr merkt man gleich einen Unterschied: Der Arcam allein macht seine Sache wie gewohnt sehr gut, sonst hätte er den Hörraum längst verlassen. Nun gehen wir aber über den „Pre Out“ des A-29 raus und betreiben seine Vorstufe zusammen mit dem Timekeeper als Endstufe – und jetzt erleben wir das Klangbild noch ein wenig beruhigter. Der Bassbereich erfährt zudem eine kleine Kräftigung, in den Höhen hingegen wird der Klang etwas weicher. Das ist ein sehr entspanntes Hören! Und dieser „Ich-lehne-mich-zurück“- Effekt kommt umso stärker zum Tragen, je lauter man hört. Bei der Willy DeVille-Scheibe, die klanglich doch eine leichte Schärfe hat, ist das Balsam für die Ohren. Die silbrige Akustik-Gitarren bei der nachfolgenden Country-Nummer „Louise“ erfährt ebenfalls einen Wandel: Statt zu glitzern glänzt sie nun; der harte Draht der Saiten erscheint nicht als akustische „Stahlbad“.
Nun gehen wir einen Schritt weiter und betreiben den Timekeeper Virtuoso mit einer ausgewiesenen Vorstufe. Für diesen Zweck haben wir als Partner den „Conductor Vortuoso“ von Burson ausgesucht, den wir auch schon im Test hatten. Dieser Pre-Amp passt optisch natürlich perfekt; wer sich für das Prinzip von separater Vor- und Endstufe entschiedet, wird wahrscheinlich bei einer solch harmonischen Lösung landen, zumal das Paar auch stimmig spielt: Der „Conductor“ pflegt das gleiche Klangideal einer eher weichen, entspannten Wiedergabe, der „Rücklehn-Faktor“ steigt mit dieser Kombi also noch einmal. Damit ist der „Timekeeper“ wie gemacht für kammermusikalische Klassik-Aufnahmen, die gerade unter Geigen- und Bratschenbeteiligung gerne mal ein wenig fordernd klingen. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Hier soll nicht der Schongang schöngeredet werden; Musik, die einen in Ruhe lässt, lässt einen auch kalt. Aber ihre Wiedergabe darf uns gerne die Ruhe zum Genießen geben. Und das tut der Timekeeper: Im CD-Player liegt die Aufnahme von Beethovens frühem Streichquartett G-Dur, op. 18,2; das Artemis Quartett – damals noch mit der Weltklasse-Geigerin Natalia Prishepenko als Primaria – hat dieses Werk intensiv interpretiert, die Aufnahme kann aber akustisch ein wenig anstrengend klingen. Der Timekeeper entstresst das Quartett, der Vierer klingt selbst in den zupackenden Presto-Passagen des finalen Allegro kräftig, aber eben nicht forciert. Auch sinfonischen Aufnahmen tut das durchaus gut: Der renommierte US-amerikanische Komponist Michael Daugherty hat mit „Gees Bend“ ein Konzert über seine Heimat komponiert, es lebt von den Reibungen der verzerrten E-Gitarre und dem verschmolzenen Sound des Klangkörpers. Der Timekeeper stellt hier im eröffnenden Satz „Housetop“ ein vor Kraft und Spielfreude geradezu strotzendes Orchester mit knackigen Tutti-Schlägen in den Raum! Und dazu präsentiert der Timekeeper unbeeindruckt und frei von Anstrengung die geniale Jimmi-Hendrix-Gedächtnis-Gitarre. Das ist eine exzellente Wiedergabe, denn diese Aufnahme hat ordentlich Wumms, sorgt aber mit anderen Anlagen bei hoher Lautstärke mitunter für ein Stirnrunzeln beim Hören, weil der Klang ein wenig zu zerfasern scheint. Hier hingegen wirkt das Zusammenspiel selbstverständlich und bündig.
Wechseln wir zu den Klangfetischisten von Yello, das legendäre Schweizer Duo hat seinen Sound seit jeher auch an einem reichhaltigen Tiefton festgemacht. Mit dem Timekeeper dringen wir hier in grandiose Regionen der Basswiedergabe vor: Das Stück „Takla Makan“, mit dem Yello und die Flötistin Dorothee Oberlinger uns in eine mystische Klanglandschaft geleiten, ist großes Kino ohne Bild; für geradezu plastische Eindrücke sorgen gerade die wohldosierten, abgrundtiefen Tieftoneffekte, grandios ist aber auch das beständige Bassfundament, das mit unendlicher Ruhe den Raum füllt und dabei das Mobiliar und den Magen zum Vibrieren bringt. Wie schlägt sich der Timekeeper bei einer rauerer Gangart? Wie greifen hierfür zu dem neuen Album von Symphony X, die Prog-/Power-Metal-Heroen führen uns mit „Underworld“ in den Hades. Und schon die Ouvertüre wird mit dem Timekeeper zum Erlebnis: Lautstark eingehüllt von sphärischen Synthesizer-Klängen und dramatischen Massenchöre steigen wir in die Hölle hinab – und hier bricht mit „Nevermore“ nun das Inferno herein. Bei dieser Hochgeschwindigkeitsnummer zeigt der Timekeeper seine Zähne. Das Doublebass-Drumming, die rasenden Gitarrenläufe und nicht zuletzt das zuweilen recht räudige Organ von Sänger Russell Allen gibt er mit der richtigen Härte und Agilität wieder – aber trotzdem spürt man auch hier bei aller Kraft wieder diese fantastische Ruhe und Souveränität. Beim Rückbau der Test-Anlage nach dem Hörtest hinterlässt der Timekeeper seinen finalen Eindruck: Er hat uns ziemlich verwöhnt – und er macht einen ziemlich verwöhnt.
Fazit
Burson beweist mit dem Timekeeper Virtuoso, dass eine erstklassige Endstufe nicht nur ein akustisches, sondern auch ein ästhetisches Highlight sein kann. Den Australiern ist hier eine Art „Zauberwürfel“ gelungen: Sie haben einen klangstarken und kraftvollen Kubus mit außergewöhnlich kompakten Maßen kreiert, auch durch das nobel-moderne Design ist dieser Amp absolut wohnzimmertauglich. Dies ist umso bemerkenswerter, da der Verstärker durch und durch mit diskreten Bauteilen bestückt ist und ausschließlich analog arbeitet.
Das ist High End made in Melbourne – und wer mit einer Vorstufen/Endstufen-Lösung liebäugelt, weil er von seinem Verstärker absolute Ruhe und Kraft erwartet, sollte diesen Australier unbedingt mal antesten.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: www.lite-magazin.de
Klasse: Referenzklasse
Preis-/Leistung: angemessen
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Technische Daten
Modell: | Burson Audio Timekeeper Virtuoso (TK-110) |
---|---|
Produktkategorie: | Endstufe (stereo/mono) |
Preis: | 3995,00 Euro |
Garantie: | 5 Jahre (bei Registrierung/Ersterwerb) |
Ausführungen: | - silber |
Vertrieb: | digital-highend, Essen Tel.: 0201 / 83 258–25 www.digital-highend.de |
Abmessungen (HBT): | 185 x 255 x 265 mm |
Gewicht: | 20,0 Kg |
Eingänge: | - 1 x Cinch (für Stereo- oder Mono-Modus) - 1 x XLR (für Mono-Modus) |
Ausgänge: | - Lautsprecher |
Ausgangsleistung: | Stereo-Modus: 2 x 100 W (8 Ohm) Mono-Modus: 2 x 200 W (4 Ohm) 2 x 350 W (2 Ohm) 1 x 300 W (8 Ohm) 1 x 600 W (4 Ohm) (Herstellerangaben) |
Lieferumfang: | - Timekeeper Virtuoso - Netzkabel - Bedienungsanleitung |
Besonderes: | - Verstärkerschaltung ohne IC auf Basis diskreter Bauteile - brückbar für den Betrieb als Monoblock - hervorragende Verarbeitung |
Benotung: | |
Klang (60%): | 1,1 |
Praxis (20%): | 1,0 |
Ausstattung (20%): | 1,0 |
Gesamtnote: | 1,1 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis-/Leistung | angemessen |