Home » Tests » Wharfedale Crystal 4 – Spitzen-Surroundsound zum Einsteigerpreis
29. Januar 2017von Martin Sowa
RedakteurDie Suche nach einem Surround-Set für Heimkino-Einsteiger ist oft ein kompliziertes Unterfangen. Vor allem dann, wenn man den Geldbeutel etwas schonen möchte und trotzdem ein gewisses Level an Klang, Optik und Ausstattung wünscht. Zum Glück gibt es hilfreiche Wegweiser, zum Beispiel das filigran geschwungene Logo des britischen Herstellers Wharfedale. Dort kennt man das oben beschriebene Problem nämlich sehr gut und hat sich ihm in Form des Sets Crystal 3 schon einmal angenommen. Und weil Ansprüche nun mal steigen, gibt es jetzt einen Nachfolger, der bei gleichbleibend hervorragendem Preis-Leistungsverhältnis noch mehr zu bieten hat.
Wer sich übrigens beim Stichwort „Geldbeutel schonen“ gedacht hat „Da gibt’s doch auch was im Elektronikmarkt“, hat offenbar den zweiten Teil des Satzes gar nicht mehr gelesen. Natürlich gibt es auch sehr günstige Surround-Systeme im Kompaktformat im Angebot der großen Ketten, die haben allerdings mit Heimkino-Atmosphäre wenig zu tun. Ehrlich gesagt kann man nicht einmal sagen „Viel Spaß damit!“, den wird man nämlich nicht haben. Für die 200 Euro investiert man sein Geld dann besser in eine Soundbar oder einen kompakten TV-Lautsprecher. Mit einem etwas höheren Budget um die 500 Euro stößt man auch schon in ganz andere Sphären vor.
Die unverbindliche Preisempfehlung unseres Testkandidaten Crystal 4 liegt zwar bei ca. 700 Euro – online gibt es aber auch deutlich darunter liegende Angebote. Und dann lohnt sich die Investition zweifellos, alleine die fünfjährige Garantiezeit spricht für sich. Zumal man nicht einfach ein paar „Brüllwürfel“ als Gegenwert bekommt, sondern echte, ausgewachsene Lautsprecher, die bereits optisch ein wesentlich höheres Niveau signalisieren. Unser Set kann sich deshalb auch absolut sehen lassen und besteht aus den beiden Standlautsprechern Crystal 4.3, dem Center Crystal 4.C und zwei kompakten Surround-Lautsprechern vom Typ Crystal 4.1.
Edle Optik, saubere Verarbeitung
Bevor wir die Erwartungen an das optische Erscheinungsbild des Crystal-Sets jetzt in unrealistische Höhen schrauben: Natürlich darf man in der Einstiegsklasse keine extravaganten Designs oder spektakulär ausgefeilte Konstruktionen erwarten. Meist hat man es hier mit der klassischen „Kastenform“ zu tun, insofern ist eine abgerundete Front wie bei den Lautsprechern des Crystal-Sets keine Selbstverständlichkeit. Ebenso wenig wie die passgenau in der Front sitzenden Schutzabdeckungen, die diese Bezeichnung dank ihrer Stabilität wirklich verdienen. Bei den kompakten Surround-Speakern und dem Center bedecken die Frontblenden die gesamte Schallwand (und tragen deshalb auch das filigrane Herstellerlogo), bei den beiden Frontlautsprechern Crystal 4.3 hingegen wird das Gesicht durch die lediglich die oberen zwei Drittel versteckende Abdeckung aufgelockert. Hier ist das Logo ebenfalls am unteren Rand der Schallwand angebracht, damit dauerhaft sichtbar und fehlt deshalb auf der Frontblende.
Das Gehäuse ist in drei Ausführungen erhältlich, neben den klassischen Lautsprecherfarben Schwarz und Weiß gibt es auch eine edel anmutende Variante in Walnuss-Optik mit schwarzer Schallwand. Natürlich haben wir es hier nicht mit Echtholz oder einem Furnier zu tun, stattdessen kommt ein Vinylbezug zum Einsatz. Der ist allerdings nicht nur haptisch sehr angenehm, sondern auch so sauber und sorgfältig verarbeitet, dass man schon ganz genau hinsehen muss, um den Unterschied festzustellen. Selbst die Kanten sind makellos und einwandfrei verarbeitet, allerdings auch ein wenig spitz. Hier wären sanftere Übergänge wünschenswert, aber irgendwann muss man auch als Hersteller mal anfangen, mit Blick auf den Verkaufspreis zu sparen. Und das tut Wharfedale an durchaus zu verschmerzenden Stellen.
Alles da für tollen Sound
Grundsätzlich ist die Ausstattung der Crystal-Lautsprecher nämlich auf deutlich über der Einstiegsklasse liegendem Niveau angesiedelt. Lediglich in sekundären Bereichen wird zugunsten des günstigen Verkaufspreises auf Elemente des Low-Budget-Segments zurückgegriffen. Dazu gehören die Schraubklemmen zum Anschluss der Lautsprecherkabel, die aus Kunststoff gefertigt sind und damit als eins der wenigen Bauteile zeigen, dass wir es hier mit einem Surround-Set für Einsteiger zu tun haben. Daher ist das auch gar kein Grund für Kritik, schließlich fährt das Crystal 4-Ensemble ansonsten ziemlich schwere Geschütze auf. Denen es unter Umständen sogar standhalten würde, schließlich die sind Membranen der Mittel- und Tieftöner aus gewebtem Kevlar gefertigt. Diese sind nicht nur sehr leicht, sondern auch extrem starr und ermöglichen eine bestens kontrollierte und sehr schnelle Reaktionszeit. Dadurch wird ein sehr detailreicher und sauberer Klang erreicht, dem auch die Mikrofaser-Kalottenhochtöner zuträglich sind. Hier profitiert das Einsteigerset vom Technologietransfer aus den oberen Preisklassen des Herstellers – die dort erfolgte Entwicklungsarbeit lässt sich nun mal ohne großen Zusatzaufwand oder Mehrkosten auf preisgünstige Modelle übertragen.
Aus diesem Grund ist das Gehäuse der Lautsprecher im Crystal 4-Set auch cleverer konstruiert als der Blick aufs Äußere vermuten lässt. Das Korpusinnere ist nämlich laut Hersteller mit trapezförmiger Grundfläche gesegnet, wodurch stehende Wellen und damit akustisch negative Interferenzen effektiv reduziert werden.
Da das 5.0-Set außerdem ohne Unterstützung eines zusätzlichen Subwoofers auskommen muss, sind die Lautsprecher logischerweise im Bassreflex-Prinzip konstruiert. Die entsprechenden Ports sind im Rahmen der Möglichkeiten recht großzügig dimensioniert und das erstaunlich kraftvolle Crystal-Quintett flutet unter diesen Voraussetzungen auch mittelgroße Zimmer problemlos mit raumfüllendem Sound.
Freiraum für den Tiefton
Bei der Aufstellung ist aufgrund der Bassreflex-Bauweise allerdings ein gewisser Wandabstand nicht nur empfehlenswert, sondern fast schon Pflicht. Rückwärtig legt Wharfedale eine Distanz von 20 Zentimetern bis zur nächsten Wand oder Möbelstücken nah, seitlich sollten es nach Möglichkeit sogar 70 Zentimeter sein. Bei den Frontlautsprechern gilt außerdem die Faustregel, dass die Lautsprecher mindestens zwei Meter voneinander entfernt stehen sollten. Außerdem ist es ideal, wenn diese Distanz auch dem Abstand zum Hörplatz entspricht. Mit ähnlichem Abstand und möglichst zentral vor dem Hörplatz ist der Center aufzustellen, in der Regel findet er seine Position unterhalb des TV-Geräts, etwa auf oder in einem Lowboard. Die beiden Surround-Lautsprecher lassen sich ebenfalls auf Möbelstücken platzieren, alternativ ist dank integrierter Schlüssellochaufhängung aber auch die Montage an der Wand oder Lautsprecherständern möglich. Das dazu benötigte Befestigungsmaterial ist allerdings nicht im Lieferumfang enthalten.
Anders sieht das bei den Frontlautsprechern aus, die im Gehäuseboden integrierte Gewinde aufweisen. Diese dienen der Aufnahme von jeweils vier höhenverstellbaren Spikes pro Standbox, die den Crystal 4.3 bestmögliche Entkoppelung vom Boden verschaffen sollen. Damit harte Bodenbeläge wie Parkett oder Laminat dabei keinen Schaden nehmen, gibt es auch die passenden Untersetzer. Trotzdem sollte man den Aufbau lieber zu zweit durchführen und dies möglichst dort, wo die Standlautsprecher auch dauerhaft zum Einsatz kommen sollen. Je nach Zugänglichkeit sollte man deshalb auch gegebenenfalls vorher die abisolierten Kabelenden in die Schraubklemmen der Lautsprecher einfädeln, um die Boxen nicht doch noch verrücken zu müssen. Denn auch das Verschieben kann bereits Kratzer im Boden hinterlassen, insbesondere bei nicht bündig abschließenden Fugen und einem dadurch begünstigten Abrutschen der Spikes. Wem das Risiko zu groß ist, kann sich übrigens bei einigermaßen geradem Boden auch mit selbstklebenden Filzgleitern, wie sie sonst unter Stuhl- oder Tischbeinen genutzt werden, behelfen. So lange die Crystal 4.3 fest und sicher stehen, können sie auch ihr volles Potenzial entfalten.
Räumliche Präzision
Dabei hilft natürlich auch ein vernünftiger AV-Receiver mit entsprechenden Einstellmöglichkeiten. Ideal ist natürlich ein Modell mit Einmessmikrofon, das die Lautsprecher ideal aufeinander abstimmt. Das ist vor allem deshalb wichtig, um gegebenenfalls räumliche Besonderheiten auszugleichen und um für ein ausgewogenes Klangbild zu sorgen, das ordentlich Stimmung auf allen Kanälen veranstaltet, ohne die Dialoge über den Center zu vernachlässigen. Wir haben uns natürlich die Zeit für die Einmessung genommen und – so viel sei verraten – es hat sich gelohnt! Den Hörtest beginnen wir direkt mit dem actionreichen Western „Die glorreichen Sieben“, der so einige klangliche Leckerbissen zu bieten hat. Wir lassen es erstmal etwas ruhiger angehen und überprüfen die Detail-Qualitäten des Crystal 4-Sets. Dazu begleiten wir den Kopfgeldjäger Sam Chisolm in den Saloon, in dem er einen gesuchten Verbrecher vermutet.
Das durchaus rege Treiben in der Wildwest-Kneipe wird von den Wharfedale-Lautsprechern sehr realitätsnah wiedergegeben und man fühlt sich direkt an den Pokertisch neben Chris Pratt alias Josh Farraday versetzt. Die kurz darauf beim Anblick Chisolms einsetzende Stille gibt den Frontlautsprecher die Gelegenheit, dessen Schritte auch akustisch sehr genau verfolgen zu können, begleitet von vereinzeltem Räuspern und hier und da dem Klicken eines gespannten Pistolenhahns. Überhaupt gehört die sehr präzise räumliche Darstellung definitiv zu den Stärken des Crystal-Surroundsets, die sich auch ein paar Kapitel später bei der Schlacht um Rose Creek sehr positiv bemerkbar machen. Nach kurzem Auftakt peitschen uns die Schüsse aus allen Richtungen nur so um die Ohren, selbst die vergleichsweise winzigen Surround-Lautsprecher Crystal 4.1 halten hier sehr eindrucksvoll mit ihren wesentlich größeren Geschwistern von der Frontbühne mit. Bei größeren Räumen und steigendem Pegel sind der Klangqualität hier natürlich Grenzen gesetzt, aber dafür ist das Set nun mal auch nicht ausgelegt. In mittelgroßen Wohnzimmern fühlt sich das Quintett hingegen sehr wohl und das merkt man ihm auch an.
Die nicht zu verachtende Tiefe der räumlichen Darstellung übertrifft spätestens beim Actionthriller „John Wick“ auch unsere kühnsten Erwartungen, als der virtuelle Regenschauer lückenlos im ganzen Zimmer niedergeht. Das ist in der Form sogar bei so manch hochpreisigem Set nicht unbedingt zu erwarten – umso beeindruckender, was die günstigen Crystal-4-Boxen hier abliefern. Schwächen stellen wir – wenn überhaupt – eigentlich nur im Tieftonbereich fest, denn der Verzicht auf einen Subwoofer macht sich nun mal bemerkbar. Allerdings weitaus weniger deutlich, als wir das befürchtet hatten. Der letzte Punch fehlt dem Surround-Set deshalb, allerdings ist das ein absolut marginales Defizit, das auch nur im Vergleich zu 5.1-Sets auffällt. Gemessen am Potenzial wird hier eigentlich schon mehr geliefert, als man guten Gewissens als Maßstab ansetzen darf. Ob es nun die kraftvollen Explosionen im Wilden Westen sind oder der pumpende Bass im Nachtclub, den Wick schussgewaltig aufmischt – hier gibt es auch ohne Subwoofer genug auf die Ohren. Bestes Beispiel für die gelungene Kombination aus Kraft und Präzision ist der zu Boden plumpsende Autoreifen, der sich bei Wicks Verfolgungsjagd von seinem herabstürzenden Wagen löst und kurz nach dem krachenden Aufprall noch einmal dumpf aufschlägt.
Selbst im größten Chaos bleiben erstaunlich viele Details erhalten und der Center lässt sich nicht davon abhalten, Dialoge oder Wortfetzen glasklar ins Zentrum der Wiedergabe zu stellen. Das fällt vor allem beim langen Schusswechsel aus „London Has Fallen“ auf, in dessen Verlauf Mike Banning seine Mitstreiter vor der Gefahr einer Panzerfaust warnt, während auf sämtlichen Kanälen der Munitionsvorrat einer kleinen Armee durch die Luft gepumpt wird. Wer es darauf anlegt, wäre vermutlich sogar in der Lage, allein anhand der klanglichen Qualitäten des Cryystal 4-Sets die Flugbahn jedes einzelnen Projektils zu bestimmen – wir lehnen uns aber viel lieber zurück und genießen die großartige Heimkino-Atmosphäre, die uns das Wharfedale-Set anbietet.
Fazit
Lassen Sie sich vom Blick aufs Preisschild nicht täuschen! Das Surround-Set Crystal 4 von Wharfedale liegt in allen Belangen definitiv über dem Niveau, das durchschnittlich zu erwarten wäre. Dank des Technologietransfers aus höherpreisigen Modellen des britischen Herstellers punktet das 5.0-System mit hochwertiger Ausstattung, sehr sauberer und edler Verarbeitung und nicht zuletzt hervorragendem Klang. Auch wenn das Quintett im Tiefton einen zusätzlichen Subwoofer nicht vollends kompensieren kann, lässt es gerade in kleinen und mittelgroßen Räumen dank seiner herausragenden Räumlichkeit und detailreichen Präzision keine Wünsche offen.
Test & Text: Martin Sowa
Fotos: www.lite-magazin.de, Herstellerbilder
Klasse: Einstiegsklasse
Preis-/Leistung: hervorragend
97 of 100
93 of 100
98 of 100
Technische Daten
Modell: | Wharfedale Crystal 4 (5.0-Set) |
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Preis: | 699,00 Euro / Set (UVP) |
Garantie: | 5 Jahre |
Ausführungen: | - Walnuss - Schwarz - Weiß |
Vertrieb: | IAD, Korschenbroich Tel.: 02161 / 617830 www.iad-audio.de |
Abmessungen (HBT): | Crystal 4.3: 922 x 205 x 255 mm Crystal 4.1: 194 x 141 x 157 mm Crystal 4.C: 172 x 415 x 202 mm |
Gewicht: | Crystal 4.3: 14,5 kg Crystal 4.1: 2 kg Crystal 4.C: 6,8 kg |
Prinzip: | Crystal 4.3: 3-Wege-Bassreflex Crystal 4.1: 2-Wege-Bassreflex Crystal 4.C: 2-Wege-Bassreflex |
Hochtöner: | je 1x 25-mm-Gewebekalotte |
Mitteltöner: | Crystal 4.3: 1x 125-mm-Kevlarmembran, gewebt |
Tieftöner: | Crystal 4.3: 1x 165-mm-Polypropylen Crystal 4.1: 1x 100-mm-Kevlarmembran, gewebt Crystal 4.C: 2x 125-mm-Kevlarmembran, gewebt |
Besonderes: | - hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis - edles Design - kompakte Bauweise - hochwertige Bestückung - makellose Verarbeitung |
Empfohlene Raumgröße: | bis 35 Quadratmeter |
Benotung: | |
Klang (60%): | 1+ |
Praxis (20%): | 1,0 |
Ausstattung (20%): | 1+ |
Gesamtnote: | 1+ |
Klasse: | Einstiegsklasse |
Preis-/Leistung | hervorragend |