Home » Tests » Hegel H190 – High End-Kraftwerk für digitales Streaming und analogen Bestklang
17. Januar 2018von Volker Frech
RedakteurNachfolger – das heißt in der HiFi-Branche immer: besser als der Vorgänger. Genau das verspricht Hegel bei seinem neuen Vollverstärker Hegel H190. Der mit Analogeingängen, Digitalschnittstellen, Streamer, D/A-Wandler und Vor-/Endstufe punktende Amp löst den H160 ab und soll diesen Hegel-Bestseller und Award-Winner gleich dreifach übertrumpfen: neues Design, frischere Features, besserer Klang. Für das Performanz-Plus soll vor allem die neue Version der SoundEngine sorgen. Was hat es mit dieser Musikmaschine auf sich?
„Khan“ hätte er heißen können – das war zumindest der Projektname für diesen Verstärker. Der mongolische Herrschertitel wäre ein schönes Statement für die Kraft und Autorität dieses potenten Amps gewesen. Letztendlich haben sich die Norweger aber für den wesentlich prosaischeren Namen „H190“ entschieden, der den verwandtschaftlichen Bezug zum H160 deutlicher werden lässt. Ihn löst der Hegel H190 ab – und natürlich erwartet man vom Nachfolger, dass er den Vorgänger übertrumpft. Das ist durchaus ambitioniert, denn der H160 ist eines der meistverkauften Hegel-Produkte überhaupt und wurde von der EISA (European Imaging and Sound Association) in der Kategorie „Amplifier“ zum besten Produkt 2015-2016 gekürt. Betrachtet man allein die ausgewiesene Leistung, wird diese Überbietungs-Erwartung nicht erfüllt: Der Hegel H190 vermag mit 150 Watt an acht Ohm genau das, was auch der H160 liefert. Nun sagt der nackte nominelle Leistungswert nur bedingt etwas über das Klang- und Kraftvermögen eines Verstärkers aus. Zudem führt Hegel einige Veränderungen an, die unter der Haube des H190 für signifikante Verbesserungen sorgen sollen. Aber auch schon äußerlich hat sich etwas getan.
Skandinavien-Style
Auf den ersten Blick fallen die Veränderungen nicht auf, denn bei der Gestaltung bleibt grundsätzlich alles, wie es ist: Hegel setzt auf skandinavisches Design, also auf Funktionalität, Schnörkellosigkeit, Minimalismus. Das schlägt sich auf der Front in einer sehr aufgeräumten Anordnung wieder: Sie beherbergt ein zentrales Display, links einen Drehgeber für die Wahl der Quelle, rechts ein Stellrad für die Lautstärke, dann etwas abseits noch eine 6,35-Millimeter-Klinkenbuchse für den Kopfhörer. Das ist sehr symmetrisch, aber auch ziemlich stylish, denn hier sitzen nicht etwa platte Pucks auf einer planen Blende. Statt dessen sind die Drehgeber sanft gerundet, und sie wirken wie in die Front eingelassen, denn die aufgesetzte starke Stirnseite besitzt einen herrlichen Schwung, der den Display-Bereich ein wenig herausragen lässt. Sehr entgegenkommend! Zu den Kanten hin ist die Front, gleich den Drehgebern, durch sanfte Radien von allen Härten befreit. Dieses Design verleiht dem Hegel H190 eine geschmeidige Eleganz – und nicht nur ihm, sondern sämtlichen Komponenten der Norweger: Es ist quasi ein Erkennungsmerkmal von Hegel.
Das zweite Erkennungsmerkmal ist die ultrasolide Fertigung und Verarbeitung: Das Gehäuse und auch die Stellräder bestehen aus massivem Metall, die Drehgeber haben eine wunderbare Gängigkeit mit fein definierten Rastungen. Auch die weitere haptisch-optische Begutachtung sorgt für zufriedenes Nicken: Der H190 ist tadellos gefertigt und makellos lackiert. Bei der Kolorierung setzt Hegel auf Schwarz, was de facto eher ein Anthrazit ist, oder Weiß, was – zumindest beim von uns schon getesteten Hegel Röst – einem Cremeweiß entspricht. Mit dieser Erscheinung passt der Verstärker gut in modern eingerichtete Wohnräume, doch durch die Dezenz des Designs gibt es auch mit anderen Stilen kaum Unverträglichkeiten. Soweit, so schön – aber: Was ist nun neu? Die erste Änderung nimmt man erst im eingeschalteten Zustand war: Statt der etwas plump wirkenden Anzeige mit groben, blau leuchtenden LED-Segmenten informiert uns jetzt ein schickes OLED-Display mit vielen feinen weißen Leuchtpunkten über den aktuellen Betriebszustand. Das wirkt nun viel stimmiger und erlaubt zudem eine differenziertere Anzeige. Sie weist neben der Quelle und der aktuellen Lautstärke auch aus, ob der H190 Verbindung zum Netzwerk hat. Die zweite Änderung in Bezug auf den H160 erkennt man hingegen auch im ausgeschalteten Zustand: Es gibt nun nur noch drei statt vier Füße, zwei vorne, eins hinten. Durch diese Dreipunkt-Auflage steht der Verstärker immer kippelfrei – außer man lehnt sich beim Anschließen auf eine der hinteren Verstärkerecken. Das lassen wir also besser und gucken lieber, was alles anschließbar ist.
Analog-Anschlüsse mit Ambitionen
Auf der Rückseite gibt es eine klare Aufteilung: rechts die digitalen Schnittstellen, links die analogen Ein- und Ausgänge. Hier beginnen wir – und sehen gleich das audiophile Aushängeschild in Form eines XLR-Buchsenpaares. Ein solcher symmetrischer Eingang ist nur bei sehr hochwertigen HiFi-Komponenten zu finden oder im professionellen Studiobereich, wo diese Verbindungsnorm Standard ist. Kein Wunder, denn die symmetrische Signalführung garantiert die beste Übertragungsqualität. Das Signal wird hier doppelt durch das Kabel geschickt: einmal auf normalem Weg (nicht invertiert) und einmal um 180 Grad phasengedreht (invertiert). Dadurch heben sich etwaige Störungen, die auf das Kabel einwirken und sich als Sirren oder Brummen bemerkbar machen, auf. Sollte Ihr analoges Zuspielgerät einen symmetrischen Ausgang bieten, dann wählen Sie diese hochwertige Signalübertragungsvariante. Doch auch die unsymmetrische Signalführung über Cinch-Buchsen liefert erstklassige Ergebnisse. Der Hegel H190 bietet hier für Analog-Komponenten zwei Line-Pegel-Eingänge. Alle drei Inputs lassen sich über die mitgelieferten Fernbedienung in „Home Theater“-Eingänge umprogrammieren. Dadurch wird die Volumenreglung des Hegel H190 umgangen, dies ist nützlich, wenn man ihn in Verbindung mit einem Receiver als Heimkino-Komponente einsetzen will. Analogseitig bietet der Hegel H190 nun noch zwei Line-Ausgänge, der eine mit variablem Line-Level, der andere mit fixem Line-Level. Über diese Ausgänge kann man zum Beispiel einen Subwoofer anschließen oder eine externe Endstufe ansteuern. Den Abschluss der Analog-Sektion bilden die Lautsprecher-Anschlüsse. Hier erlauben vier Polklemmen von amtlicher Qualität den Anschluss von genau einem Boxenpaar.
Digital-Schnittstellen und Streaming-Möglichkeiten
Die rechte Seite des Geräterückens bietet uns nun die digitalen Zugänge. Hier finden wir einen elektrischen koaxialen Cinch-Eingang und drei optische TOSLink-Inputs – also insgesamt vier S/PDIF-Schnittstellen für digitale Zuspieler. Dazu gesellt sich eine USB Typ-B-Buchse für alle, die ihre Musik vom Mac oder PC einspeisen möchten. In diesem Fall erklärt sich der Hegel H190 selbst zur externen Soundkarte, so wird die meist mediokre Hardware des Computers umgangen, Mac und PC dienen nun allein als Daten-Lieferant. So kann der Hegel H190 mit seiner hochwertigen Wandlersektion und seiner erstklassigen Verstärkerelektronik ungestört seine Arbeit verrichten. Das erledigt der Amp mit den gängigen Audio-Formaten bis hin zu hochauflösender Qualität – allerdings beschränkt er sich auf PCM, mit dem alternativen Fileformat DSD kann er nichts anfangen. Bei PCM geht über USB die HiRes-Qualität 24 Bit/94 Kilohertz, mit allen anderen Eingängen ist sogar 24 Bit/192 Kilohertz möglich. Dies gilt auch für die Ethernet-Schnittstelle. Über diese LAN-Buchse findet der Hegel H190 Kontakt zum heimischen Netzwerk. Hier arbeitet er dann als sogenannter Renderer, der alle Files abspielt, die etwa auf dem vernetzten Computer oder einem ebenfalls im Netzwerk integrierten NAS-Server gespeichert sind. Als kabelloser Übertragungsweg kommt nun noch Apple AirPlay hinzu, der Amp harmoniert also mit sämtlichen AirPlay-fähigen Geräten bis hin zu Apple TV. Der Hegel H190 wird von diesen Komponenten auch automatisch erkannt. Das Mfi-Label (Made for iPod/iPhone/iPad) garantiert das uneingeschränkte Zusammenspiel mit den Apple-Produkten. Dadurch kann man das iPhone oder das iPad als sogenannten „Control Point“ nutzen, also als Steuerung, um die Musik vom Server auszusuchen und vom H190 als Renderer abspielen zu lassen. Wer die entsprechenden (kostenpflichtigen) Abonnements hat, spielt so auch die Songs von den angesagten Musik-Streaming-Diensten Tidal, Spotify und Qobuz ab – oder von einer Cloud. Die Bedienung soll demnächst noch komfortabler werden, auf der To-Do-Liste stehen Roon und Google Cast. Damit wird der Hegel H190 offen für verschiedene Systeme und Komponenten anderer Hersteller. Auf dem Verstärker ist überdies die Software für das Hausautomatisierungssystem Control4 vorinstalliert, damit kann der H190 demnächst auch in eine solche Vernetzung eingebunden werden. Das ist noch Zukunftsmusik, widmen wir uns erst mal der Gegenwart.
SoundEngine2: Die Musikmaschine
Was sorgt im Hegel H190 nun für den Wohlklang? Gegenüber dem Vorgänger H160 ist es vor allem die zweite Generation der SoundEngine. Dies ist eine Schaltungsspezialität von Hegel, die jeden Verstärker der Norweger ziert. Die patentierte Schaltung kombiniert die Meriten des Class-A-Verstärkungsprinzips mit den Vorzügen der Class-AB-Verstärkung – nämlich die große Signaltreue bei absoluter Verzerrungsarmut und unter Erzielung eines hohen Wirkungsgrades. Das bedeutet: klarer Klang bei wenig Wärme. Die SoundEngine soll dabei auch die kleinsten Restverzerrungen vermeiden. Das gelingt mit der sogenannten Gegenkopplung: Bei einer Verstärkerstufe wird ein Teil des verstärkten Ausgangssignals wieder zurück an den Eingang geführt. Dieses gängige Verfahren dient der Signalregelung, so verhindert man, dass eine Verstärkerstufe (ein sogenannter Operationsverstärker) ständig eine minimale oder maximale Ausgangsleistung liefert – also in Bereichen arbeitet, wo ein Verstärker verzerrt. Das zur Regelung rückgeführte Musiksignal kann aber kleine Unsauberkeiten aufweisen, die bei der Wiedereinspeisung in die Verstärkerstufe wiederum verstärkt werden. Die einstmals kleinen Verzerrungen werden dadurch potenziert. Hegel verhindert diesen unerwünschten Effekt, indem das Musiksignal gleich zum Ende der Verstärkerschaltung geführt wird und letztlich hier die Signalregelung stattfindet. So kann der Verstärker verzerrungsärmer und trotzdem stabil in seinem optimalen Arbeitsbereich tätig werden. Im Hegel H190 wirkt nun die überarbeitete SoundEngine2, sie liefert in der Ausführung für diesen Amp eine Leistung von zweimal 150 Watt an acht Ohm. Die Leistungsstufe ist der große Unterschied zum Vorgänger H160, die neue Version kann bei gleicher Nennleistung des gesamten Verstärkers nahezu doppelt soviel Strom liefern. Der Saft ist mit ihm, und deshalb ist der Hegel H190 in der Lage, auch fordernde Lautsprecher anzutreiben und unter Kontrolle zu halten. Die Leistungsstufe des H190 macht auch den Unterschied zu dem ansonsten sehr ähnlichen 75-Watt-Amp Hegel Röst, den wir vor einigen Monaten im Test hatten. Vorverstärker, Kopfhörerverstärker sind hingegen nahezu identisch. Deshalb haben wir natürlich schon eine Ahnung, auf was wir uns klanglich freuen dürfen. Also: Nehmen wir den Amp endlich in Betrieb!
Aufstellen und Einrichten
Für den Hegel H190 gilt, was für jeden Verstärker üblich ist: Er sollte rundherum etwas Platz haben, um frische Luft zu bekommen und seine Hitze abgeben zu können. Nach der Verkabelung des Amps mit den Signalstrippen, den Boxenkabeln und dem Netzkabel kann es losgehen. Den An/Aus-Taster des Amps finden wir nicht vorne oder hintern, sondern an der Unterseite links vorne. Auch das ist eine Hegel-Eigenart. Der Amp startet stillschweigend, erst nach etwa dreißig Sekunden werden die Ausgänge zu den Boxen mit einem hörbaren, satten Klicken der Relais freigeschaltet. Sehr gut, durch diese Einschaltverzögerung gibt es keine unangenehmen Plopp-Geräusche, wie sie gerade englische und amerikanische Amps gerne von sich geben. Der Hegel H190 beginnt hernach mit der immer gleichen Lautstärke, der Pegelwert lässt sich nach Belieben einstellen. Hierfür und für alle anderen grundlegenden Funktionen nimmt man die mitgelieferte Fernbedienung zu Hand.
Dieser vollmetallene Befehlsgeber setzt das hohe Qualitätsniveau des Amps fort. Die Tastenanordnung dürfte allerdings gerne übersichtlicher sein, und ein Taster für jede Quelle statt zweier zum Hoch- und Runtersteppen würden die Handhabung erleichtern. Mit dieser Fernbedienung konfigurieren wir bei Bedarf auch die Analog-Eingänge, um den Verstärker ins Heimkino-Setup einzubinden. Achtung: In diesem „Home Theater“-Modus liefern sie eine fixe, hohe Lautstärke! Um den Amp aber erst mal auf den neuesten Firmware-Stand zu bringen und bei Bedarf die IP-Adresseinstellung vorzunehmen, gehen wir an unseren Computer. PC-Nutzer finden den Hegel H190 bei den Netzwerkeinstellungen, MAC-User gehen über den Safari-Browser und gelangen über das Lesezeichen-Menü zum Bonjour-Tab. Klingt alles kompliziert? Wer einfach erst mal loslegen und Musikhören möchte, spart sich diesen Schritt und greift gleich zum Smartphone oder Tablet.
Das Optimum rausholen
Was für jede Anlage gilt: sorgen Sie dafür, dass eine ordentliche Stromzufuhr zu Ihrem HiFi-System gewährleistet ist. Dieser Punkt beginnt bei der Ermittlung, ob der Netzstecker richtig herum in der Steckdose sitzt. Diesen Vorgang nennt man „Ausphasen“. Dazu benötigt es lediglich einen einfachen Phasenprüfer und ein normales Multimeter. Beides ist für wenige Euro in jedem Baumarkt erhältlich.
Den Phasenprüfer stecken Sie nun in eine Öffnung der Wandsteckdose. Markieren Sie nun die Seite, die den Phasenprüfer leuchten lässt. Den gleichen Vorgang wiederholen Sie dann an der eingesteckten Steckdosenleiste. Im nächsten Schritt stecken Sie nun sämtliche Verbindungskabel Ihrer HiFi-Komponenten untereinander aus. Lediglich die Netzkabel befinden sich in der Steckerleiste.
Nun kommt das Multimeter zum Einsatz: Dieses stellen Sie auf AC (Wechselspannung) und stecken eine Messspitze an den Schutzleiterkontakt (blanke Metallpinne im Steckplatz), die andere Messspitze berührt eine blanke Stelle am zu prüfenden Gerät (z.B. an die Aussenhülle einer Cinchbuchse). Nachdem der gemessene Wert notiert, der Netzstecker andersherum in die Steckerleiste gesteckt und die Messung wiederholt ist, wird auch der zweite Wert notiert. Der niedrigere Wert zeigt nun die richtige Polung an. Idealerweise markieren Sie auch diesen am Stecker. Ein Vorgang, der auch von Technikeinsteigern schnell und einfach durchzuführen ist.
Das Ausphasen ist aber nur ein Schritt dem eigenen HiFi-Equipment ideale Voraussetzungen zu bieten. Mit geschirmten Netzkabeln, sternverdrahteten Steckerleisten, Netzfiltern oder sogenannten Power Conditionern versorgen Sie Ihre Anlage mit gesäubertem bzw. aufbereitetem Strom, was sich wiederum klanglich positiv auswirken kann. Sehr gute Erfahrungen haben wir diesbezüglich beispielsweise mit dem IsoTek EVO3 Sequel, dem gordian von Lab 12 oder dem Strom-Harmonisierer Quantum³ von HiFi-Tuning gemacht.
Freie App-Wahl für freies Streaming
Um die Streaming-Möglichkeiten des Hegel H190 nutzen zu können, brauchen wir zuerst mal eine entsprechende Software für das Handy oder das Tablet. Hegel bietet hier keine eigene App, um den H190 digital zu bedienen. Das ist durchaus clever, denn warum dem Kunden eine selbstentwickelte Lösung mit den unvermeidlichen und zahlreichen Fehlerkorrekturen zumuten, wenn es auf dem Markt schon ausgereifte Lösungen gibt? Für Apple empfiehlt Hegel die Linn Kinsky-App, für Android die Bubble UPnP-App, hier gehen aber auch andere Anwendungen. Zur Einbindung des H190 bietet Hegel sowohl für iOs als auch für Android eine instruktive Anleitung auf der Homepage an. Wir folgen Hegels Rat und installieren Bubble UPnP. In dieser App wird uns der Hegel H190 auch gleich als Renderer angeboten, er erscheint mit der Bezeichnung „H190_D3E006“. Unter dem Menüpunkt „Local and Clouds“ finden wir nun unsere Musik, also die vernetzten Speicher und die Streaming-Angebote, darunter unseren lite Mediaserver sowie die Zugänge zu Qobuz und Tidal, für diese Dienste müssen nun nur noch die Zugangsdaten die eigenen Accounts eingegeben werden – fertig! Wir sind nun gut versorgt für den Hörtest.
So klingt der Hegel H190
Wir haben den H190 zuerst an die B.M.C. Audio PureVox angeschlossen, einen außergewöhnlichen Lautsprecher der Referenzklasse, und starten mit Musik aus dem Hause Stockfisch. Dieses Label hat sich auf audiophile Aufnahmen insbesondere des Singer/Songwriter-Genres verlegt. Ein wunderschönes Stück ist „Not A Matter Of Pride“ von Mike Silver, eine kleine Ballade über die große Kunst, sich seine Liebe zu bewahren. Der H190 liefert uns Silvers vertonten Erfahrungsschatz in einer atemberaubenden Klarheit: Seine sanfte, aber eindringliche Stimme hat eine unwiderstehliche Präsenz und Intensität, der immer wieder hinzutretende mehrstimmige Backgoundgesang wirkt so, als stände der Kleinchor gleich hinter Mike Silver – und der steht direkt vor uns. Das ist zum Niederknien schön. Überboten wird dieses Zum-Greifen-nah-und-da nur noch von den beiden Gitarren, die gleich zu Beginn mit einem zweistimmigen Akkord-Picking für eine melancholisch-harmonische Stimmung sorgen. Wir hören den silbrigen Stahl der Western-Gitarrensaiten und das Saitenzupfen in einer ungemein agilen, lebhaften und damit lebensnahen Wiedergabe. Diese Klarheit und Offenheit des Klangbilds, die prompte Ansprache, das unmittelbare Agieren – das ist einfach toll! Dann setzt der Bass ein, wir kennen das Stück, er sorgt eigentlich für eine wohlige Fülle und ein festes Fundament, aber hier wünschen wir uns im Tiefton mehr Volumen. Vom Hegel Röst wissen wir, dass die Norweger für einen knackig-kontrollierten Bass stehen, eher schlank als fett. Darum schließen wir statt der kompakten B.M.C. Audio PureVox, die im Tiefton ebenfalls einen sehr konturierten Klang liefern, nun die volumenstarken Canton Vento 890.2 an. In dieser Kombination ist es stimmig: Der Bass liefert nun das volle Pfund, auf dem der Song aufbaut und ruht. Gerade die harmonischen Kontrapunkte und die Wechsel zur abgrundtiefen H-Saite sind ein Genuss. Der Klang behält auch bei solchen tiefen Tönen sein Volumen und seine Wärme, die lang ausgehaltenen Basstöne scheinen für eine Ewigkeit im Raum zu stehen. Diese Ruhe und Gelassenheit zeigen, welche Kraft der Hegel H190 hat und welche Kontrolle er über die durchaus fordernden Canton Vento 890.2 ausübt.
Kraft und Kontrolle – damit punktet der Hegel 190 auch, wenn das Klanggeschehen flotter und großformatiger ist. Wir wählen „The Name Of The Game“, eine Nummer von dem großartigen „Funky ABBA“-Album, mit dem der schwedische Posaunist Nils Landgren dem legendären Pop-Quartett seine Reverenz erweist. Dafür hat Landgren seine Funk Unit ins Studio geholt – und die verwandelt den schunkeligen Abba-Hit in einen genial groovenden Tanz-Track. Harte Drum-Beats, treibender Bass, akzentuierte Keyboards, spritzige Bläser-Einwürfe, schimmernde Gitarren, darüber dann lässige Vocals von Magnum Coltrane Price und rhythmische Wortkaskaden von Rapper Nimo – das ist Funk vom Feinsten, der gerade in großer Lautstärke in Bauch und Beine geht. Der Hegel H190 macht das völlig mühelos, er bleibt auch bei hohen Pegeln ungemein klar und präzise – und er hat reichlich Reserven: Wir sind gerade mal bei Pegel 70 von 100 und haben den Punkt erreicht, an dem das Mobiliar vibriert. Dabei klingt die Musik immer noch stressfrei. Zu der beeindruckenden Klangqualitätdes Hegel H190 trägt auch der bordeigene Wandler bei: Wir haben den Elac Discovery angeklemmt und nutzen diesen Musikserver, um den Hi-Res-Track in 96 Kilohertz/24 Bit- Güte von unserer externen Festplatte zuzuspielen. Das können wir parallel über den analogen Eingang (dann leistet vorweg der Discovery die Konvertierung) und den digitalen Input (dann wandelt der Hegel H190 selbst). Beim Hin- und Herschalten zwischen den beiden Wegen stellen wir fest, dass die Musik mit der Hegelschen Wandlung eine Spur frischer klingt. Dieser Eindruck bestätigt sich bei der Wiedergabe über den Kopfhörer-Ausgang. Hier schließen wir den Ultrasone Edition 5 unlimited an und genießen auch auf diesem Ausspielweg eine exzellente Wiedergabe. Letztlich kehren wir aber zu der Boxen-Beschallung zurück, weil wir die Funk Unit wieder physisch im Bauch spüren möchten – also so, wie lebendige Musik live wirkt. Der H190 macht es mit seiner Kraft und Klangimagination möglich.
Fazit
Der Hegel H190 erweist sich als würdiger Nachfolger des H160: Der 150-Watt-Vollverstärker liefert mit der neuen Version der bewährten Hegelschen SoundEngine einen ungemein transparenten, klaren und knackigen Klang. Dank der üppig dimensionierten Schaltung besitzt er jetzt noch mehr Kraft und Kontrolle, um auch fordernde Lautsprecher bei hohen Pegeln mühelos und deshalb akustisch stressfrei anzutreiben. Alternativ bietet der Amp einen hochwertigen Kopfhörer-Verstärker. So oder so: Der H190 kann dabei sowohl analog als auch digital sehr hohe Ansprüche erfüllen, er punktet mit drei analogen Eingängen, von denen einer sogar symmetrisch ausgelegt ist, und sechs digitalen Inputs, die HiRes-Streaming im PCM-Format bis 192 Kilohertz/24 Bit erlauben. Möglich wird das Streaming auch durch den integrierten DAC, die LAN-Schnittstelle und die Ausstattung mit Apple AirPlay und die Vorinstallation von Tidal und Co. Wer klassisches HiFi und modernes Musikstreaming auf High End-Niveau sucht, wird beim Hegel H190 fündig.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: www.lite-magazin.de, Herstellerbilder
Klasse: Referenzklasse
Preis-/Leistung: angemessen
89 of 100
97 of 100
87 of 100
Technische Daten
Modell: | Hegel H190 |
---|---|
Produktkategorie: | Stereo-Vollverstärker, streaming- und netzwerkfähig |
Preis: | 3.600,00 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | Schwarz, Weiß |
Vertrieb: | GP Acoustics, Essen Tel.: +49 201 / 170390 www.hegel.com |
Abmessungen (HBT): | 120 x 430 x 410 mm |
Gewicht: | 19,0 kg |
Leistung: | 150 W / 8 Ohm (Herstellerangabe) |
Maximale Samplingrate/ Auflösung | - PCM 192 kHz/24 Bit (S/PDIF, Ethernet) - PCM 96 kHz/24 Bit (USB) |
Eingänge analog: | 1 x Line symmetrisch (XLR) 2 x Line unsymmetrisch (Cinch) |
Eingänge digital: | 1 x Cinch (elektrisch; koaxial) 3 x TOSLink (optisch) 1 x USB Typ B 1 x Ethernet (RJ45) |
Ausgänge analog: | 1 x Line mit variablem Pegel (Cinch) 1 x Line mit fixem Pegel (Cinch) 1 x Kopfhörer (6,35mm-Klinke) 1 x Lautsprecher |
Ausgänge digital: | 1 x HDMI |
Lieferumfang: | - Hegel H190 - Fernbedienung RC8 - 2 Batterien (AAA) - Netzkabel - Bedienungsanleitung |
Besonderes: | - exzellente, klare und kraftvolle Wiedergabe - erstklassige Verarbeitung - LAN-fähig durch Ethernet-Schnittstelle - Apple AirPlay- und Mfi (Made for iPod, iPhone, iPad)-zertifiziert - hochqualitative Fernbedienung |
Benotung: | |
Klang (60%): | 1,1 |
Praxis (20%): | 1+ |
Ausstattung (20%): | 1,1 |
Gesamtnote: | 1,1 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis-/Leistung | angemessen |