Home » Tests » Referenz-Verstärker Hegel H590 – HiRes-Streaming und High End-Klang
21. November 2018von Volker Frech
RedakteurWie baut man einen ultimativen Referenz-Verstärker? Für Hegel ist das scheinbar ein Leichtes: Die Norweger nehmen die besten Lösungen ihrer bereits bestehenden, preisgekrönten High End-Modelle, sie erweitern den Umfang an Analogeingängen und Digitalschnittstellen, sie bringen Streamer und DAC auf den neuesten Stand, so dass neben AirPlay nun Spotify Connect und bei Hires-Files neben PCM nun DSD möglich ist – und sie erneuern und vergrößern die Verstärkersektion, damit dieses audiophile Kraftwerk imposante 300 Watt pro Kanal leistet und damit jeden Lautsprecher dieser Welt antreiben kann. Für den Referenz-Klang sorgt nun noch Hegels berühmte SoundEngine – fertig ist das Vollverstärker-Flaggschiff Hegel H590. Geplant war freilich etwas ganz anderes…
So kann es gehen: Eigentlich hatte Hegel keinen neuen Stereoverstärker auf der To-do-Liste, sondern einen Nachfolger für die große Mono-Endstufe H30, auch weil die hier verwendeten Verstärkertransistoren langsam rar werden. Wenn schon neu, dann natürlich auf Referenz-Niveau – das war für Hegel-Gründer Bent Holter und sein Team ausgemachte Sache. Im fortgeschrittenen Stadium der Entwicklung wurde der Crew klar: Es ist wesentlich praktischer, gleich noch eine Vorstufe und einen Digital-Analog-Konverter zu integrieren. So mutierte die Mono-Endstufe zum modernen Vollverstärker. Der H590 ist nun das Referenz-Modell in Hegels Stereoverstärker-Serie. Es erfüllt zugleich die Wünsche der Kunden und Partner: Hegel weiß, dass die Käufer die Amps aus Oslor bevorzugt im Streaming-Modus verwenden, und der hiesige Hegel-Vertrieb GP Acoustics, der auch die Lautsprechermarke KEF im Portfolio führt, hat sich seit Längerem nach einem Verstärker gesehnt, der auch die skulpturalen Ausnahmelautsprecher KEF Blade und Blade Two antreiben kann. Wie der Hegel H590 das alles unter einen Hut kriegt, schauen wir uns nun an.
Nordische Eleganz
In der Gestaltung zeigt sich Hegel konsequent: Mit der Entscheidung, einen Voll-Verstärker zu bauen, hat Hegel dem H590 auch das Design der Integrated-Modelle angedeihen lassen. Die zeichnet sich zum einen durch eine sehr aufgeräumte Front aus: Im Zentrum sitzt ein Display, links davon ein Stellrad für die Quellen, rechts ein Drehgeber für die Lautstärke – das war’s. Mit diesen drei Elementen gelingt es Hegel trotz Stirnseiten-Maßen von 17 mal 43 Zentimetern, dem Amp eine schöne Eleganz zu verleihen: Die massive, aufgesetzte Frontplatte ist sanft geschwungen, so dass sie im Bereich des Anzeigefelds leicht herausragt, die Ränder sind samt und sonders von harten Kanten befreit. Die beiden Stellräder stellen mit ihren gerundeten Flächen und Kanten quasi die Fortsetzung im Kleinen dar. Dieses Design ist unverkennbar der Hegel-Stil. Der hat uns schon bei den von uns bereits getesteten Verstärkern Hegel Röst und Hegel H190 gefallen. Diese nordische Kombination aus Noblesse und Reduziertheit harmoniert mit wohl jedem Einrichtungsstil.
Perfekte Fertigung
Ein Genuss sind auch diesmal wieder die Fertigungsqualität und die Verarbeitung: Das mehrere Millimeter starke Gehäuse sowie die Stellräder bestehen aus massivem Metall. Wer mit der Hand über die bestens bearbeiteten und bündig gefügten Flächen streicht, spürt diese Qualität. Das haptische Erlebnis setzt sich beim Drehen der beiden Stellräder fort: Sie bewegen sich mit einer tollen, genau definierten Gängigkeit. Dazu kommt eine tadellose Oberflächenversiegelung: Der H590 ist komplett in schwarz eloxiertem Aluminium gehalten. Diese ausschließliche Verwendung von Aluminium schirmt den Verstärker gegen elektromagnetische Einflüsse ab. Zum höchstwertigen Eindruck trägt zu guter Letzt auch die perfekt eingelassene Anzeige bei. Ein OLED-Display informiert uns über den aktuellen Betriebszustand, in strahlendem Weiß auf sattem Schwarz, Dank der vielen Leuchtpunkte sind die angezeigten Zahlen, Buchstaben und Symbole gestochen scharf. Das hebt abermals die Eleganz, wie auch die Unterfütterung mit vier relativ hohen Gummifüßen: Sie sorgen dafür, dass der Hegel H590 scheinbar schwebt. Als Abstandhalter zum Untergrund bürgen sie zugleich dafür, dass der Verstärker über die bodenseitigen Belüftungsschlitze kühle Luft nachziehen kann, während die warme Luft über die Deckenschlitze entweicht. Optisch ist also alles prima, doch was kann der H590 nun? Um seine Möglichkeiten kennenzulernen, hilft ein Blick auf die bislang unbeachtete Rückseite.
Analoge Anschlüsse für Audiophile
Das Heck des Hegel H590 bietet Anschlüsse satt. Fangen wir bei der analogen Abteilung an. Hier glänz der Verstärker mit gleich zwei symmetrischen Eingängen in Form von vier XLR-Buchsen. Die symmetrische Signalführung ist die hochwertigste Art der Audio-Übermittlung. Hier wird das Signal doppelt durch das Kabel geschickt, einmal normal und einmal invertiert, also um 180 Grad phasengedreht. Dadurch sind Störungen, die sich das Signal auf seinem Weg durch das Kabel eingefangen hat, am nachfolgenden Geräteeingang erkennbar und entfernbar. Darum ist die symmetrische Signalführung im Studiobereich Standard. Im HiFi-Bereich ist sie dagegen eher selten zu finden. Deshalb bietet der Hegel H590 zusätzlich drei unsymmetrische Eingänge in Gestalt von sechs Cinch-Buchsen. Insgesamt sind das also fünf analoge Line-Pegel-Eingänge. Diese Inputs lassen sich – wie auch die digitalen Schnittstellen – über die mitgelieferten Fernbedienung umprogrammieren. Statt der normalen Einstellung, bei der die Lautstärke variabel bleibt, ist alternativ ein Home Theater-Modus möglich. Dann hievt der H590 das Signal auf den ausgesuchten Eingängen auf einen fixen hohen Pegel. Die Lautstärkeregelung geschieht dann allein über den vorgeschalteten Receiver oder eine andere regieführende Komponente. So lässt sich der Hegel H590 in eine Heimkino-Anlage integrieren oder in ein existierendes Multiroom-System mit eigener App-Steuerung zum Beispiel Sonos (hier zeigt Hegel in einem Video, wie es geht). Zu den fünf Eingängen bietet der H590 noch zwei analoge Ausgänge. Einer besitzt einen fixen Line-Level, etwa für ein Tapedeck. Der andere hat einen variablen Line-Level. so kann man zum Beispiel einen Subwoofer ansteuern. Das Finale der Analog-Sektion bilden die Lautsprecheranschlüsse. Hier hat Hegel gegenüber seinen anderen Verstärkermodellen nochmals zugelegt und massive, aus einem Stück Kupfer gedrehte Polklemmen eingebaut. Sie sollen einen natürlicheren und entspannteren Klang liefern können. Mit diesen höchstwertigen Polklemmen des Edel-Herstellers Mundorf treibt der H590 genau ein Paar Boxen an.
Digitale Schnittstellen: Hohe Vielfalt, höchstes HiRes
Digitalseitig ist das Anschluss-Angebot des H590 noch üppiger. Hier finden wir fünf S/PDIF-Schnittstellen für digitale Zuspieler, nämlich drei optische TOSLink-Inputs, einen elektrischen koaxialen Cinch-Eingang und einen ebenfalls koaxial aufgebauten BNC-Input. BNC steht für „Bayonet Neill Concelman“. Paul Neill und Carl Concelman sind die Erfinder dieser Anschlussart. Sie ist wegen der hohen Signalübertragungsqualität in der Messtechnik Standard, im Studiobereich öfters zu finden, bei HiFi-Komponenten hingegen recht rar. Die S/PDIF-Schnittstellen akzeptieren PCM-Signale bis 192 kHz/24 Bit – also hochauflösende Musikfiles. Die nächste Schnittstelle ist die USB-Buchse vom Typ B. Sie dient dem Anschluss eines Computers, um Musik vom Mac oder PC einspeisen zu können. In diesem Fall schwingt sich der Hegel H590 zur externen Soundkarte auf und übernimmt das Klang-Kommando. So wird die meist mäßige Hardware des Computers umgangen, der Rechner ist nun nur noch der Daten-Lieferant. Der Hegel H590 hingegen kann nun besonders mit seinem neuen hochwertigen Digital-Analog-Wandler glänzen. Hier gibt’s eine Überraschung: Der Konverter entstammt nicht dem hauseigenen Wandler-Spezialisten, dem Digital Control Center HD30, sondern orientiert sich in punkto Signalverarbeitung am DAC des CD-Players Mohican. Der gefällt den Hegelianern besser, weil er die eingehenden Signale in ihrer ursprünglichen Sampling-Frequenz belässt, also kein Upsampling betreibt. Diese originalgetreue und bitgenaue Verarbeitung bewirkt laut Hegel einen deutlich niedrigen Jitter. Als Jitter bezeichnet man Lesefehler, die auf zeitliche Ungenauigkeiten bei der Signalabtastung beruhen und in einem unpräziseren Klang resultieren. Also lieber eine signaltreue DAC-Lösung. Mit ihr kann die neu konzipierte USB-Sektion hochauflösende Files bis PCM 384 kHz/32 Bit verarbeiten. Auch das andere große HiRes-Format DSD wird am USB-Port gerne in Empfang genommen, hier geht DSD 256. Das sind richtig hohe Standards, mit denen der Hegel H590 absolut zukunftsfest ist. Zudem geht über USB auch das Soundformat MQA bis zur Güte MQA 8X (352.8kHz/384kHz) – das ist interessant für alle Tidal-Benutzer, weil dieser Streamingdienst MQA als Format integriert hat.
Streaming per LAN, AirPlay …
Die digitale Schnittstellen-Vielfalt wird nun noch durch eine LAN-Buchse komplettiert. Über diesen Ethernet-Zugang bekommt der Hegel H590 Kontakt zum heimischen Netzwerk. Er kann dann als sogenannter Renderer alle Files abspielt, die auf dem vernetzten Computer oder einem ebenfalls im Netzwerk integrierten NAS-Server gespeichert sind. Alternativ zu diesem UpnP-Streaming kann’s der H590 aber auch kabellos: Streaming ohne Strippe geht über Apple AirPlay, hier harmoniert der Verstärker mit allen AirPlay-fähigen Geräten bis hin zu Apple TV. Von diesen Komponenten wird der H590 auch automatisch erkannt. Für die uneingeschränkte Kooperation mit den Apple-Produkten bürgt das Mfi-Label (Made for iPod/iPhone/iPad). So kann man das iPhone oder das iPad als sogenannten „Control Point“ verwenden, also als Steuerung, um die Musik vom Server auszusuchen und vom H190 als Renderer abspielen zu lassen. Wer die entsprechenden (kostenpflichtigen) Abonnements hat, spielt so auch die Songs von seiner Cloud oder von den angesagten Musik-Streaming-Dienste.
…oder Spotify Connect
Apropos: Mit dem neuesten Software Update beherrscht der Hegel H590 nun als zweite Streaming-Möglichkeit Spotify connect. Außerdem ist der Verstärker nun roon ready und damit als roon endpoint zertifiziert. Das heißt: Der H590 funktioniert mit der beliebten Musikmanagement-Software roon, über sie ist der Amp auch in der Lautstärke steuerbar. Das geht allerdings nur kabelgebunden über die USB-Verbindung (hier zeigt Hegel in einem Video, wie es geht). So lässt sich der H590 übrigens mit fast allen Mediaplayern betreiben – nach dem Update nun sogar mit Audirvana+, dies ist der wohl führende audiophile Player für HiRes-Files. Soweit die Audio-Einbindung des H590. Überdies ist auf dem Verstärker die Software für das Hausautomatisierungssystem Control4 vorinstalliert, damit kann der Amp auch in eine derartige Heimvernetzung eingebunden werden. Letzte Schnittstelle ist ein digitaler BNC Out, er ist nur für Leute interessant, die den Hegel H590 lieber mit einem externen DAC betreiben wollen. Spannender ist für uns die Frage: Was sorgt im Hegel H590 nun für den Wohlklang?
SoundEngine2: Die neue Musikmaschine
Der neue Verstärker ist natürlich mit der neuen Generation der berühmten SoundEngine ausgestattet. Diese Schaltungsspezialität von Hegel steckt in jedem Verstärker der Norweger. Die patentierte Schaltung vereint die Vorzüge des Class-A-Verstärkungsprinzips mit den Pluspunkten der Class-AB-Verstärkung: große Signaltreue bei absoluter Verzerrungsarmut und unter Erreichung eines hohen Wirkungsgrades. Die SoundEngine soll dabei auch die kleinsten Restverzerrungen vermeiden. Das gelingt mit einer besonderen Variante der sogenannten Gegenkopplung: Bei einer Verstärkerstufe wird ein Teil des verstärkten Ausgangssignals wieder zurück an den Eingang geführt. Dieses übliche Verfahren dient der Signalregelung. So wird verhindert, dass eine Verstärkerstufe (ein sogenannter Operationsverstärker) ständig eine minimale oder eine maximale Ausgangsleistung liefert – also in Randbereichen arbeitet, wo ein Verstärker verzerrt. Das zur Regelung rückgeführte Musiksignal kann aber durch den Verstärkungsvorgang kleine Unsauberkeiten aufweisen, die bei der Wiedereinspeisung in die Verstärkerstufe erneut verstärkt werden. Die einstmals kleinen Verzerrungen werden dadurch potenziert. Hegel verhindert diesen unerwünschten Effekt, indem das Musiksignal gleich zum Ende der Verstärkerschaltung geführt wird und letztlich hier die Signalregelung stattfindet. So kann der Verstärker verzerrungsärmer und trotzdem stabil in seinem optimalen Arbeitsbereich tätig werden.
Immense Kraft
Zudem sorgt die SoundEngine für stabile Arbeitspunkte. Das ist wichtig für die Transistoren, die im Gegentakt-Betrieb arbeiten: Hier verstärkt ein Transistor die positive Halbwelle des Signals, ein zweiter Transistor hingegen verstärkt die negative Halbwelle. In dem Punkt, wo der eine Transistor seine Arbeit erledigt hat und an den anderen Transistor übergibt, muss diese Übernahme bruchlos funktionieren, sont gibt es sogenannte Übernahmeverzerrungen – und die entstehen auch dadurch, dass sich durch Erwärmung der Arbeitspunkt verändert – also jener Startpunkt, ab dem ein Transistor seinen Verstärkungs-Job beginnt. Dieses Problem war für Hegel-Chef Bent Holter der Hauptentwicklungsgrund für die SoundEngine. Im Hegel H590 kommt nun die überarbeitete SoundEngine2 zum Einsatz, und sie kann laut Hegel erst im H590 ihr Klangqualitäten vollends ausspielen. Hier sorgen zwölf Transistoren pro Kanal für eine Leistung von über 300 Watt an acht Ohm – und zwar pro Seite. Zur immensen Verstärkungsmöglichkeit kommt eine hohe Stromlieferfähigkeit. Dafür bürgt ein üppigst dimensionierter Ringkerntrafo, der zusammen mit den ausladenden Kühlkörpern einen Gutteil des Gesamtgewichts von 22 Kilogramm ausmacht. Mit dieser Stromversorgung im Rücken kann die Verstärkersektion auch fordernde Lautsprecher antreiben und kontrollieren. In unserem Fall werden es zwei Spendor D9 sein – also: Aufbau!
Aufstellen und Einrichten
Dem Hegel H590 sollte man die verstärkerübliche Behandlung zuteil werden lassen. Er braucht also für die Luftzirkulation rundherum und vor allem nach oben etwas Platz. Nun schließen wir alle Quellen mit Signalkabeln an und die Lautsprecher mit Boxenkabeln. Hier ist blanke Litze etwas kniffliger, weil die Klemmen des Verstärkers keine Durchbohrungen als Aufnahmen haben. Blanke Kabel werden also am besten mit Gabelschuhen oder Bananensteckern konfektioniert. Die gibt es für wenig Geld in einschlägigen Shops. Nun noch das Netzkabel anschließen – und schon kann die Suche nach dem An/Aus-Schalter beginnen. Hegel-Erfahrene wissen, wo sie hingreifen müssen: Der große, viereckige Druckschalter befindet sich immer vorn an der Unterseite. Auch das ist eine Hegel-Eigenart. Der Amp startet in aller Ruhe, nach einigen Sekunden werden dann die Ausgänge zu den Boxen mit einem satten, vernehmlichen Klacken der Relais freigeschaltet. Prima, diese Einschaltverzögerung verhindert unangenehme Plopp-Geräusche. Der Hegel H590 startet stets mit der zuletzt betriebenen Quelle, aber immer mit der der gleichen Grundlautstärke. Ab Werk beträgt der Pegel 20, maximal möglich ist 99. Die Startlautstärke kann man aber nach Belieben einstellen.
Fernbedienung und Firmware-Update
Diese und weitere Programmierungen, etwa die Aktivierung des „Home Theater“-Modus oder der Lautstärke-Fernsteuerung via USB erledigt man mit der mitgelieferte Fernbedienung. Natürlich handhabt man mit ihr auch alle grundlegenden Funktionen. Der Infrarot-Ferngeber ist wie der Vollverstärker aus Vollmetall. Dies ist quasi die Fortsetzung der Top-Qualität in der Ferne. Die Tastenanordnung auf der Fernbedienung könnte etwas übersichtlicher sein, und statt zweier Taster zum Durchsteppen der Inputs wäre ein Taster für jede Quelle ein echter Komfort-Zugewinn. Wir begeben uns ziemlich flott in das Menü zum Update der Firmware, weil erst nach dieser Aktualisierung Spotify Connect funktioniert. Nach rund einer Minuten sind wir auf dem neuesten Stand, der H590 vollführt einen Neustart, nochmals zwanzig Sekunden später ist der H590 dann auch in das Netzwerk eingebunden, das zeigt uns ein Haken im Display an.
Freies Streaming mit freier App-Wahl
Um die Streaming-Möglichkeiten des Hegel H590 nutzen zu können, benötigen wir eine entsprechende Software für das Handy oder das Tablet. Hegel bietet hier keine eigene App – mit Bedacht: Warum dem Benutzer eine korrekturintensive Eigenentwicklung zumuten, wenn es auf dem Markt schon ausgereifte Lösungen gibt? Für Apple empfiehlt Hegel die Linn Kinsky-App, für Android die Bubble UPnP-App, hier gehen aber auch andere Anwendungen. Damit die Einbindung klappt, bietet Hegel sowohl für iOs als auch für Android eine gut verständliche Anleitung auf der Homepage an. Wir folgen Hegels Rat und installieren Bubble UPnP. In dieser App wird uns der Hegel H590 auch umgehend als möglicher Renderer angeboten. Unter dem Menüpunkt „Local and Clouds“ finden wir nun unsere Musik, also die vernetzten Speicher, darunter in der „Library“ unseren Mediaserver, und die Streaming-Angebote, etwa die Zugänge zu Qobuz und Tidal. Für diese Dienste müssen nun noch die Zugangsdaten der eigenen Accounts eingegeben – fertig!
So klingt der Hegel H590
Zu welcher audiophilen Klangmacht dieses Kraftwerk fähig ist, haben wir schon vor ein paar Monaten in Oslo erfahren: Im Hegel-Hauptquartier hat das lite-Magazin als erstes Fachmagazin der Welt den Prototyp des H590 erleben dürfen. Natürlich waren damals die fordernden KEF Blade Two als Boxen angeschlossen. Der Verstärker hat sie mühelos angetrieben – und uns fast weggeblasen: Wer hätte gedacht, dass Survivors Boxer-Hymne „Eye Of The Tiger“ eine derartig große Durchschlagskraft haben kann? Die von Gitarre, Bass und Drums mit aller Härte und zugleich gespielten Abschläge im Intro klangen derart dynamisch, präzise und klar, dass man es kaum glaube mochte: Diese frisch klingende Produktion hat bald dreißig Jahre auf dem Buckel! Auch die stoisch stampfenden Viertel, die Bass und Bassdrum durch den ganzen Song hindurch spielen, haben sich damals tief in unsere Magengrube gedrückt. Darüber hinaus hat uns der H590 quer durch alle Musikgenres klanglich mit seiner Souveränität, Ruhe und Durchsichtigkeit schwer beeindruckt. Auf diesen Test waren wir heiß! Jetzt, ein halbes Jahr später, spielt die endgültige Version des H590 endlich in unserem Hörraum. Wir haben mit den Spendor D9 zudem exzellente Spielpartner. Gleich beim Aufwärmprogramm staunen wir schon wieder: „Hey Now“ von London Grammar, zugespielt über den analogen symmetrischen XLR-Eingang, klingt ungemein transparent, vor allem: Der Bass besitzt jetzt schon eine satte Fülle, dabei hören wirklich noch leise. Unglaublich! Hören wir uns den Track noch einmal mit aller Muße an: „Hey Now“ ist mit sehr gut produziert und mit viel Raum aufgenommen. Die wenigen Instrumente haben darin viel Platz zur Entfaltung – und den vermittelt der H590 gleich in den ersten Sekunden: Getragen von sanften Keyboard-Klängen setzt eine Gitarre mit abgedämpften Einzeltönen ein. Es ist faszinierend, mit welcher Genauigkeit jeder Anschlag auf jeder Gitarrensaite zu hören ist, selbst das Anzupfgeräusch des Plektrums.
Mit Urkraft zur Leichtigkeit
Die Gitarre ist mit einem Echo versehen, die Töne wandern durch den Raum und entschweben in weite Ferne, wie auch die Wirbel auf der Snaredrum, die im Hintergrund einsetzt. Es ist toll, wie leicht der Hegel diese Details überliefert, die Schläge kommen akkurat und ansatzlos, der Verstärker brilliert hier mit einer tollen Feindynamik! So wird auch der Gesang zum Hochgenuss: Wir spüren geradezu eine körperliche Nähe, wenn Hannah Reid mit hrer melancholisch-sanften Stimme zu uns singt. Jede Phrase ist sparsam, fast schon reduziert gesungen – und zieht uns trotzdem in den Bann, so klangschön und nahbar ist diese Stimme. Sie kann sich auch in aller Ruhe entfalten, und diese Ruhe vermittelt der H590: Die Musik wirkt entschleunigt, sie strömt geradezu, ohne Eile, wie selbstverständlich. Auch der in langen Tönen gespielte, lange liegende Bass flutet mit einer unangestrengten Urkraft den Raum. Diese Leichtigkeit sagt viel über die immense Leistungsfähigkeit des H590 aus. Das bleibt nicht ohne Wirkung: Wir merken, wie wir auf dem Hörsofa in einen Zustand völliger Entspannung geraten und in die faszinierende Klangwelt dieses Songs eintauchen. Wir hören den Song noch einmal über den asymmetrischen Analogeingang, und schlagartig wird die Überlegenheit der symmetrischen Signalführung klar: Der Rauschabstand ist dort höher, die klangliche Reinheit deshalb noch größer, ebenso die Dynamik und die Definiertheit – so erlebten wir mehr Magie.
Absolut authentisch
Jetzt nutzen wir die digitalen Zuspielmöglichkeiten, schließlich ist der Hegel H590 ja für Streaming und HiRes gemacht. Beides zusammen geht mit Audirvana+. Mit dieser audiophilen Software spielen wir die Musik von unserem Server über den USB-Eingang zu, in der hochauflösenden Qualität DSD256. Hören wir „Innocence“ vom Hoff Ensemble, es ist im Rahmen eines Acoustic-Jazz-Projekts eingespielt worden. Wir staunen abermals über die Reinheit des Klangs, über die Sauberkeit ohne jedes störende akustische Staubkorn. So ist die Illusion der Wiedergabe einfach perfekt! Der Hegel setzt uns in den Raum, in dem die Aufnahme entstand, ein kleiner Saal, das ist klar an den kleinsten atmosphärischen Geräuschen zu hören – das zeugt von einer erstklassigen Auflösung. Und nun erleben wir eine Performance vom Feinsten. Das Klavier schillert geradezu in den zahlreichen Klangfarben, jeder Tastenanschlag und Akkord von Jan Gunnar Hoff ruft neue, irisierende Obertöne hervor. Noch beeindruckender ist aber die Wiedergabe des Kontrabasses: Mit kraftlosen Verstärkern wirkt dieses Instrument oft etwas flach und wenig voluminös. Der H590 schafft es aber, den akustischen Bass mit der ihm eigenen, natürlichen Fülle in den Raum zu stellen. So muss ein Kontrabass klingen! Auch Anders Jormins solistische Ausflüge in die höheren Lagen, in denen man viele Klanganteile von Hals und Griffbrett hört, sind absolut authentisch und entsprechend nasal-ausgehöhlt. Umso beeindruckender ist danach die Rückkehr in die tiefen Tonregionen.
Dynamische Delikatesse
Eine dynamische Delikatesse ist schließlich das Schlagzeug: Egal, ob der Drummer sanft seine Becken streichelt, auf deren Glocke schlägt oder zu Rolls und Breaks über das ganze Drumset ansetzt: Wir hören jeden Schlag mit einer großartigen Impulstreue und Punch, jedes Glocken und Zischen der einzelnen Becken, als Stünde der Mann mit seinem Schlagwerk nur wenige Meter von uns entfernt. Diese Wiedergabe ist absolut faszinierend! Zum Schluss können wir es uns nicht verkneifen und geben uns als krönendes Finale „Morph The Cat“. Die exzellent produzierte Nummer von Donald Fagen und seiner vielköpfigen Begleitband lieben wir insbesondere wegen ihres berüchtigten Tieftons. Der Anfang des Songs lässt uns dann auch gleich mit der ersten Sekunde richtig zusammenzucken, so brutal druckvoll hat uns der Verstärker den ersten Schlag von Bass und Drums geliefert. Wir befinden uns bei Pegelstärke 50. Das ist halbe Lunge für den H590, der kann bis 99, wird dagegen haben einen Mordsschreck bekommen. Mann, kann dieser Amp schieben! Und trotzdem bleiben alles präzise, knackig-klar und unter Kontrolle dieses Verstärkers. Das bleibt so bis zum Ende – und ist deshalb wunderbarer Abschluss einer grandiosen Hörtestsession.
Fazit
Zum Glück ist der Hegel H590 nicht der geplante Monoblock geblieben, sondern zu diesem grandiosen Vollverstärker geworden. Herausgekommen ist nämlich ein audiophiles Kraftwerk von 300 Watt mit überaus wohnzimmertauglichen Maßen. Klanglich glänzt der H590 mit der berühmten Hegelschen SoundEngine, deshalb bietet er über seine imposante Leistungsfähigkeit hinaus eine immense Dynamik, Transparenz und Klarheit. Dieser Amp behält auch im Zusammenspiel mit fordernden Lautsprechern die volle Kontrolle, der H590 hat bei seiner Wiedergabe schlicht die Ruhe weg. Dabei ist er viel mehr als ein Verstärker. Neben seinen zahlreichen Analog-Eingängen, darunter zwei symmetrische Inputs, punktet er mit sieben Digitalschnittstellen und drei Streaming-Möglichkeiten: kabelfrei über AirPlay und Spotify Connect, kabelgebunden via Ethernet. Per LAN und insbesondere über den USB-Port beweist der H590 dann seine HiRes-Exzellenz – sowohl bei PCM-Files als auch im DSD-Format. Damit ist der H590 eine Komplettlösung für traditionelles und modernes High End. So oder so liefert dieser Verstärker einen zugleich packenden und entspannten Musikgenuss auf Referenz-Niveau.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Philipp Thielen
Klasse: Referenzklasse
Preis-/Leistung: angemessen
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Technische Daten
Modell: | Hegel H590 |
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Produktkategorie: | Stereo-Vollverstärker, streaming- und netzwerkfähig |
Preis: | 9.995,00 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | Schwarz |
Vertrieb: | GP Acoustics, Essen Tel.: +49 201 / 170390 www.hegel.com |
Abmessungen (HBT): | 171 x 430 x 445 mm |
Gewicht: | 22,0 kg |
Leistung: | 2 x 300 W / 8 Ohm (Herstellerangabe) |
Unterstützte Audo-Formate: | PCM (WAV/AIFF), FLAC, ALAC, Ogg, MP3, DSD DoP (nur über USB), MQA (nur über USB) |
Maximale Samplingrate/ Auflösung | - PCM: 384 kHz/32 Bit (USB) bzw. 192 kHz/24 Bit (S/PDIF, Ethernet) - DSD: DSD 256 DoP (USB) - MQA: MQA 8X (352.8kHz/384kHz) (USB) |
Eingänge analog: | 2 x Line symmetrisch (XLR) 3 x Line unsymmetrisch (Cinch) |
Eingänge digital: | 1 x AirPlay 1 x Spotyfy Connect 1 x LAN 1 x S/PDIF BNC ((koaxial) 1 x S/PDIF Cinch (elektrisch; koaxial) 3 x S/PDIF TOSLink (optisch) 1 x USB Typ B 1 x Ethernet (RJ45) |
Ausgänge analog: | 1 x Line mit variablem Pegel (Cinch) 1 x Line mit fixem Pegel (Cinch) 1 x Lautsprecher |
Ausgänge digital: | 1 x BNC |
Lieferumfang: | - Hegel H590 - Fernbedienung RC8 - 2 Batterien (AAA) - Netzkabel - Bedienungsanleitung |
Besonderes: | - superbe, klare und kraftvolle Wiedergabe - 2 symmetrische Analog-Eingänge - erstklassige Verarbeitung - LAN-fähig durch Ethernet-Schnittstelle - HiRes sowohl bis PCM 384 kHz/32 Bit als auch DSD 256 - Apple AirPlay- und Mfi (Made for iPod, iPhone, iPad)-zertifiziert - Spotify Connect - über App bedienbar - hochqualitative Fernbedienung - kompatibel mit Hausautomatisierungssystem Control4 |
Benotung: | |
Klang (60%): | 1,0 |
Praxis (20%): | 1+ |
Ausstattung (20%): | 1,0 |
Gesamtnote: | 1,0 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis-/Leistung | angemessen |