Home » Tests » Electrocompaniet ECG 1 – „25 Jahre MRV“ – Edle Sonderedition mit Jubiläums-Upgrade
19. März 2019von Volker Frech
RedakteurWie macht man das Einzigartige noch exklusiver? Electrocompaniet zeigt das mit dem ECG 1. Den wunderschönen Vinyldreher mit seiner außergewöhnlichen Sandwich-Chassis aus Acryl und Aluminium gibt es nun in einer limitierten Jubiläums-Auflage mit neuem Antrieb und zusätzlichem Untersatz: Der Plattenspieler bekommt einen neuen Synchronmotor und eine spezielle Base von HMS, beides soll die Klangqualität des High End-Laufwerks abermals erhöhen sollen. Das hören wir uns an.
Electrocompaniet hat es drauf: Die Norweger bauen durch die Bank audiophile Augenweiden. Der noble Klang der Komponenten findet seine optische Entsprechung in der edlen Acryl-Ausführung der Gerätefronten. Dieses charakteristische Design sorgt für einen hohen Wiedererkennungswert, ist aber mitunter ein Knackpunkt bei der Portfolio-Erweiterung: Als Electrocompaniet einst seinen ersten eigenen Plattenspieler plante, stellte sich heraus, dass die Adaption eines bereits existenten Laufwerks unmöglich ist und auch die meisten marktüblichen Komponenten von Zulieferern nicht mit dem Electrocompaniet-Stil harmonieren. Also: selber machen. Diese aufwändige Arbeit hat sich gelohnt: Mit dem ECG 1 ist den Norwegern ein bildschönes und hervorragend spielendes Phono-Laufwerk gelungen. Nun gibt es von diesem High End-Plattenspieler eine Jubiläums-Version. Die Jubilare sind allerdings Electrocompaniet und der deutsche Vertrieb MRV Audio. Sie feiern dieses Jahr ihre nunmehr 25 Jahre währende Zusammenarbeit. Deshalb haben sie gemeinsam eine auf 25 Exemplare limitierte Sonderedition des ECG 1 aufgelegt: Ein Upgrade der Hardware verspricht ein Plus beim Genuss.
Tripel-A-Sandwich: Das Chassis
Am Plattenspieler selbst erkennt man dieses Upgrade direkt an einer Plakette, die ihn als Jubiläumsmodell ausweist. Von uns aus hätte sie gern etwas dezenter platziert sein dürfen. Ansonsten präsentiert sich der ECG 1 zum Glück optisch unverändert. Der absolute Hingucker ist sein Chassis. Die Grundplatte besteht aus einer außergewöhnlichen Tripel-A-Sandwich-Konstruktion: Eine ein Zentimeter starke Aluminiumscheibe wird von zwei daumendicken Acrylglasplatten eingefasst. Je nach Blickwinkel wirkt das Chassis deshalb sattschwarz oder durchsichtig – und erlaubt damit einen so noch nicht erlebten Durchblick durch den Plattenspieler. Wow! Acryl, Anfangs bei der Planung des Plattenspielers ja das Problem, stellt nun akustisch eine Lösung dar: Die hohe innere Dämpfung des Materials sorgt im Verbund mit der mechanischen Widerstandsfähigkeit des Aluminiums für eine hohe Resistenz gegen klangschädliche Vibrationen. Acryl ist auch das Material der Wahl für den fast drei Kilogramm schweren Plattenteller. Wieder ist die hohe innere Dämpfung ein Pluspunkt, sie verhindert, das Mitschwingen, welches bei Metalltellern oft der Fall ist. Zudem ähneln sich Eigenschäften von Acryl und Vinyl, deshalb soll hier quasi eine Einheit zwischen der Platte und dem Teller entstehen, auch eine solche materialtechnische Ankopplung spielt beim Resonanzverhalten und Energiefluss eines Plattenspielers eine Rolle. Eine Matte, wie sie bei anderen Vinyldrehern zu finden ist, gibt es deshalb nicht.
Herr der drei Geschwindigkeiten
Der Teller thront auf einem Inverslager, das heißt: Er ruht auf einem aus dem Chassis ragenden zylindrischen Schaft. Diese robuste Spindel besteht aus gehärtetem Carbonstahl. Zur Minimierung der Reibung sitzt zwischen der Spindel und der bronzenen Lagerbuchse des Acryltellers eine Stahlkugel. Auf ihr rotiert also der Plattenteller – und zwar auf Wunsch in drei verschiedenen Geschwindigkeiten. Neben den üblichen 33 1/3 Umdrehungen pro Minute für Langspielplatten und der Single-Geschwindigkeit 45 UpM kann der auch Platten mit 78 UpM abspielen. Das sind zumeist Schellack-Schätzchen aus der Grammophon-Ära, als Quasi-Hommage steht daher auch das „G“ in der Modellbezeichnung. Für diese Platten benötigt man allerdings ein besonderes Abtastsystem. Der Wechsel der Geschwindigkeit geht einfach: Wo bei anderen Phono-Laufwerken ein Riemen umgelegt werden muss, bietet der ECG 1 drei Taster plus Aus-Knopf. Diese Bedienelemente sind Electrocompaniet-typisch in Gold gehalten und durchziehen die gesamte obere durchsichtige Acrylplatte des Chassis. Diese Gestaltung ist eine weitere optische Attraktion des Plattenspielers.
Frischer Jubiläums-Antrieb: Motor und Netzteil
Für die Rotation nach dem Knopfdrücken sorgt ein externer Motor. Er ist jedoch clever in den ECG 1 integriert: Das Chassis hat hinten links einen kreisrunden Durchbruch, der Durchmesser ist so dimensioniert, dass die Motordose hindurchpasst, ohne mit der Sandwich-Platte in Berührung zu kommen. Durch die Kontaktlosigkeit gibt es keine Vibrationsübertragung vom Motor auf den Plattenspieler. Der Motor ist für die Jubiläumsausgabe des ECG 1 erneuert worden. Den alten Zwei-Phasen-Antrieb löst nun ein intern dreiphasiger 24-Volt-Synchronmotor ab, der schön langsam anläuft, damit der Riemen nicht durchrutscht, und sich dann durch eine hohe Konstanz und Laufruhe auszeichnet. Die Stromzufuhr besorgt ein Netzteil, das für die Sonderedition kräftiger ausgelegt ist und hier nun eine Gleichspannung von bis zu 32 Volt und rund drei Ampere liefern kann. Die über ein Meter lange Zuleitung zum Motor ermöglicht es, die Stromversorgung außer Sichtweite zu deponieren. Auch der Motor verschwindet quasi im Plattenspieler. Zu sehen ist fast nur der Pulley, also das aufgesetzte Laufrad, das über einen Flachriemen den Plattenteller in Bewegung setzt. Auch hier hat Elektrocompaniet eine reizvolle Lösung gefunden: Auf dem Rad prangt bei dieser Jubiläums-Edition das geschwungene „E“, das Firmenlogo der Norweger. Soweit der Antrieb, nun zur Abtastung.
Schwarze Schönheit: der Tonarm
Electrocompaniet macht nicht alles selbst, sondern greift bei den entscheidenden Teilen, dem Abtastsystem und dem ihn beherbergenden und führenden Tonarm, auf bewährte Komponenten spezialisierter Hersteller. Das ist absolut üblich und wird auch bei vielen anderen Plattenspieler-Produzenten so gehandhabt. Beginnen wir beim Tonarm: Hier kommt ein Zehn-Zoll-Modell von Jelco zum Zuge. Der renommierte japanische Spezialist feiert nächstes Jahr sein einhundertjähriges Bestehen, um mal das Thema Jubiläum fortzuführen. Für den ECG 1 wählt Electrocompaniet den bewährten und überaus beliebten SA-750EB, für den mittlerweile ein Preis von rund 800 Euro aufgerufen wird. Er ist ein statisch ausbalancierter Arm in S-Form. Diese Geometrie bewirkt, dass die vorne am Arm sitzende Nadel auf ihrem Weg vom Plattenrand zur Plattenmitte stets so parallel wie möglich zur Rille steht – Vinylisten sprechen hier von einen möglichst geringen Spurfehlwinkel. Bei einem geraden Arm ist dieser Fehlwinkel größer als bei einem S-Arm. Durch seine Formung und Filigranität erweist sich der SA-750EB als weiterer Hingucker. In der dunklen Ausführung passt diese schwarze Schönheit optisch prima zum ECG 1. Der SA-750EB ist mit einem präzise arbeitenden Tonarm-Lift ausgestattet. Er ermöglich damit ein gut dosierbares Heben und Senken des Arms und ein sanftes Aufsetzen der Nadel. Einzig die Tatsache, dass der Lifthebel beim Heben des Arms letztlich an das Antiskating-Einstellrad anstößt, ist etwas irritierend. Der erstklassigen Arbeitsweise des Lifts tut dies aber keinen Abbruch.
Anti-Skating und Bajonettverschluss für flotten Systemwechsel
Damit sind wir gleich beim nächsten Feature: dem Anti-Skating. Hierdurch sollen die Kräfte ausgeglichen werden, die beim Betrieb den Tonarm zur Plattenmitte hin ziehen, wodurch die Nadel die innenliegende Flanke der Rille mechanisch stärker beansprucht. Der per Drehrad einstellbare Anti-Skating-Mechanismus verhindert diese Materialstrapazierung – sowohl des Vinyls als auch der Nadel. À propos Nadel: Die muss ja auch noch an den Arm. Hierfür besitzt der SA-750EB einen Bajonett-Schraubverschluss. Den hat einst der Hersteller SME ersonnen und als eine Quasi-Norm etabliert, deshalb wird er zumeist SME-Bajonettbefestigung genannt. Mit dieser Befestigung und ihrer Überwurfmutter zur Arretierung lassen sich Kopfplatten mitsamt des montierten Systems ruck-zuck austauschen. Das ist natürlich gerade für Besitzer von Schellackplatten, die eine besondere Nadel brauchen, interessant, aber auch für alle, die verschiedene Musikstile mit verschiedenen Systemen hören. Ja, das machen manche Vinylisten. Der ECG 1 – „25 Jahre MRV“ wird ohne System geliefert, der zusätzlich erworbene Wunsch-Abtaster wird aber vom Händler montiert und justiert. Bei unserem Testmodell sitzt unter der Headshell das Gold Note Machiavelli Red, ein superbes High Output MC-System, für das man im Laden 1.450 Euro bezahlt. Von Gold Note stammt bei unserem Testmodell auch das abnehmbare Phono Cable Plus, das im freien Handel rund 450 Euro kostet. Standardmäßig wird der Jubiläums-ECG 1 allerdings mit einem ebenfalls hochklassigen Phonokabel von Jelko geliefert.
Zum Jubiläum mit HMS Silenzio Base
Um dem Plattenspieler einen guten Stand und eine gute Ankopplung an den Untergrund zu geben und zugleich die Übertragung von Vibrationen zu minimieren, ist der ECG 1 mit drei speziellen Füßen ausgestattet: Die „Soundcare Superspikes“ sind geschlossene Spike-Systeme, in die der leicht bewegliche Teller zum Schutz des Untergrunds schon integriert ist. Das ist sehr gut gelöst. Aber natürlich kann man alles immer noch besser machen – und nun kommt die HMS Silenzio Base MKII ins Spiel: Diese Base wird bei der Jubiläums-Edition des Plattenspieles mitgeliefert. Unterstellbasen können eine erstaunliche Klangverbesserung bewirken, weil sie Vibrationen von außen, also Trittschall, und Schwingungen des auf ihnen stehenden Geräts unschädlich machen. Bei der ultraflachen HMS Silenzio Base MKII geschieht das ohne Spikes, sondern durch einen Mix von Polymerschäumen mit unterschiedlicher Dichte. So gelingt die Schwingungsabsorption quer durch alle Frequenzbereiche, die Vibrationen werden letztlich in Wärme umgewandelt. HMS-Gründer Hans M. Strassner, der wenig von Voodoo, aber viel von Physik hält, hat die dämmende Wirkung seiner Base durch eine Messung der RWTH Aachen nachweisen lassen. Über die Vibrationen hinaus sorgt die Base aber auch für eine elektromagnetische Entstörung. Im Innern der Base wirken zwei Platten: Zum einen eine geerdete Kupferplatte, die elektrische Felder dämpft, welche durch benachbarte Elektronik-Komponenten entstehen können. Diese Platte wird dafür über eine Erdungsleitung samt abschließenden Schuko-Stecker an eine Steckdose angeschlossen. Zum anderen beherbergt die Base eine Mu-Metall-Platte. Sie richtet sich gegen magnetische Felder, welche zu Brummen führen können – gerade bei den dafür grundsätzlich sensiblen Plattenspielern. Die Silenzio Base bietet also Dreifach-Schutz, verborgen durch einen ober- und unterseitigen Bezug aus robustem Kunstleder und eingefasst in einen lackierten Metallrahmen. Die Base gibt es zur Jubiläumsversion des Electrocompaniet ECG 1 ausschließlich in Schwarz, für diesen Test haben wir jedoch eine Vorab-Version in Weiß bekommen.
Aufstellen und Einrichten
Electrocompaniet macht es dem stolzen Besitzer des Jubiläums-ECG 1 leicht: Es sind nur wenige Handgriffe nötig, um den Plattenspieler startklar zu kriegen, und in dieser Preisliga ist das eine Serviceleistung des Händlers. Wer den Aufbau aber selbst machen möchte, hat mit der instruktiven Bedienungsanleitung eine gute Handreichung. Der Aufbau beginnt mit der Auswahl des Standortes und der Positionierung des Motors. Das ist nämlich der Anfang, weil man erst danach den gesamten ECG 1 mit der kreisrunden Chassis-Aussparung, durch die die Motordose ragen soll, aufstellen kann. In die Anschlüsse des Motors stecken wir einerseits den Westernstecker, der aus dem Chassis ragt, damit haben wir die Verbindung zu den Tastern für die Geschwindigkeitswahl hergestellt. In den runden Anschluss kommt dann der Stecker des Netzteils. Nun führen wir den fünfpoligen Tonarmstecker des Audiokabels von unten durch das Chassis zur Anschlussbuchse des Tonarms. Dafür müssen wir den Plattenspieler ein wenig anheben – oder erledigen das clevererweise vor der Aufstellung des Chassis. Wieder was dazugelernt. Über das Lager stülpen wir den Tellerträger und setzen darauf den Plattenteller. Dann spannen wir den Riemen um den Teller und den Pulley. Hier muss das Gummiband über den Bereich mit dem schmaleren Durchmesser laufen, das macht der Riemen aber nach ein paar Umdrehungen des Plattentellers fast schon selbständig.
Gewichtige Argumente
Im nächsten Schritt schrauben wir die Kopfplatte samt System an den Bajonettverschluss des Tonarms an. Jetzt stellen wir noch die zum Abtaster passende Auflagekraft ein. Dafür schieben wir das Gewicht auf das hintere Ende des Tonarms und drehen es soweit in Richtung Nadel, bis der gesamte Arm absolut waagerecht schwebt. Dann drehen wir den vorderen Ring des Gewichts, der mit einer Skalierung beschriftet ist, auf „0“. Das restliche Gewicht bleibt dabei unverändert in der Position. Danach drehen wir wieder am Hauptgewicht, und zwar in Richtung Nadel, bis der nun mitlaufende Skalierungsring den gewünschten Wert der Auflagekraft anzeigt. Der Wert muss da zu lesen sein, wo der Tonarm einen weißen Markierungsstrich aufweist. Wer die Auflagekraft genauer einstellen möchte, benötigt eine Tonarmwaage. Mit einer leichten Erhöhung oder Verringerung der Auflagekraft kann man übrigens Sound-Tuning betrieben: Ein Mehr an Auflagekraft sorgt dabei für ein Plus im Bass. Hier sollte man es aber nicht übertreiben, weil jeder Gewichtsveränderung Einfluss auf den Eintauchwinkel der Nadel hat. Idealerweise steht der Abtaster beim Abspielen senkrecht zur Platte. Also: Diese Einstellung nimmt man mit filigranen Fingern und feinem Ohr vor. Fehlt noch was? Ach ja: Wir aktivieren abschließend an dem liegenden Rädchen das Anti-Skating. Praktischerweise wählt man hier den gleichen Wert, den man bei der Auflagekraft eingestellt hat. Jetzt kann es endlich losgehen!
Der Electrocompaniet ECG 1 – „25 Jahre MRV“ in der Praxis
Wir haben den Plattenspieler an den kürzlich von uns getesteten Phono-Vorverstärker Lehmannaudio Decade angeschlossen, zur weiteren Amplifikation geht’s in den High End-Röhrenverstärker Audio Research GSi75, der saubere Strom stammt vom Netzflter IsoTek Nova, die Schallwandlung übernimmt ein Paar der Inklang 13.2 AdvancedLine in der F.A.Z.-Edition. Mit genau diesen Spielpartnern haben wir zuvor einen Einsteiger-Plattenspieler betrieben, der nicht mal ein Zehntel des Jubiläums-ECG 1 kostet. Das ist natürlich kein fairer Vergleich. Er hat uns aber beim Hören von Pink Floyds Meisterwerk „Animals“ wieder einmal bewiesen, dass sich der monetare Mehraufwand, den man für höchstwertige Audiokomponenten bezahlt, lohnt: Was für ein Unterschied! Mit dem ECG 1 gewinnt die Darstellung in allen Belangen dramatisch an Qualität: Räumliche Abbildung, Plastizität, tonale Balance, Basswiedergabe, Detailreichtum – der Zugewinn in sämtlichen Bereichen sorgt dafür, dass aus einer zuvor ganz ordentlichen Beschallung nun ein intensives Musikerlebnis wird. Das beginnt schon beim Intro „Pigs on the Wing“, bei dem Roger Waters die Kameradschaft unter den Menschen beschwört und sich auf der Akustikgitarre begleitet. Der ECG 1 liefert ein herrlich realistisches Abbild: Waters steht mit seiner Sechsaitigen vor uns, seine Botschaft „You know that I care what happens to you“ ist jetzt wirklich an uns gerichtet, dieser Ansprache können wir uns nicht entziehen. Die Gitarre erscheint zum Greifen nah, wir hören, wie Waters die Metallsaiten mit dem Plektrum anschlägt, wir spüren geradezu das Schwingen des Holzkorpus mit den typischen leichten Bassresonanzen bei manchen Tönen. Es ist, als hörten wir den Song nun zum ersten Mal richtig. Das gilt erst recht für das nun folgende 17-Minuten-Opus „Dogs“, in dem Pink Floyd gewohnt episch, aber ungewohnt hart ihre Klang- und Atmosphären-Magie ausbreiten. Das Plus an Dynamik, an Darstellungstiefe, an Auflösungsvermögen – all das ist für die Wirkmacht der Musik Pink Floyds immens wichtig. So packt uns die Musik einfach mehr: Der Gesang von David Gilmour und Waters Roger Waters ist vorher ein wenig an uns vorbeigeplätschert, nun nehmen wir in ihren rauen Stimmen die Anklage, die Verächtlichkeit war. Auch Gilmours Gitarrenspiel, gerade seine Soli, sind bei aller Kernigkeit und Härte auf diesem Album nun runder im Klang und besser in den gesamten Bandkontext eigebettet. Von der bessern Staffelung profitiert auch das Schlagzeug: Vorher war es etwas schwammig und platt, jetzt hören wir die einzelnen Toms, die Snare, und die Bassdrum klar im Klang und mit gutem Punch – endlich wird hieraus ein echtes Schlagzeug.
Famoses Fundament
Plattenspielern (und Platten) wird ja gern unterstellt, dass sie in der Basswiedergabe schwächeln. Der ECG 1 liefert einen beeindruckenden Gegenbeweis. Wir hören von Patricia Barber das Album „Modern Cool“ in der superben, von MFSL gemasterten Ausgabe. Gleich beim ersten Track „Touch Of Trash“ glänzt der Jubiläums-ECG 1 mit einem wunderbaren Tiefton: Michael Arnopol stellt mit seinem Kontrabass das swingende, leicht bedrohliche Thema vor, der Ton seines Viersaiters hat genau jenen charakteristischen Tiefgang, den man von einem Kontrabass hören möchte, und dieser Bass flutet mit Kraft und Volumen unseren Hörraum. Toll! Dabei ist die Abbildung ungemein präzise: Wir hören sogar, wie die Saiten beim Vibrieren das Griffbrett touchieren. Dieses charakteristische Schnarren macht den Bassisten noch greifbarer. Diese physische Anwesenheit strahlt auch das zugleich einsetzenden Schlagzeug aus. Mit wenigen Schlägen auf Becken, Toms und Bassdrum ist klar: Drummer Mark Walker sitzt knapp vier Meter von uns entfernt an seinem Drumset. Dem Jubiläums-ECG 1 gelingt es, Walkers dynamisch ganz fein abgestuftes Spiel mit allen Nuancen abzubilden. Nach und nach stoßen nun E-Gitarre, Klavier und Trompete dazu, wir erleben, wie sich die ganze Combo in unserem Hörraum versammelt – unglaublich, wie präsent und wirklich diese Wiedergabe ist. Dazu trägt auch bei, dass der ECG das Medium „Schallplatte“ quasi verschwinden lässt: Die Wiedergabe ist sauber und rein, die superbe Abtastung sorgt für eine so gut wie nebengeräuschlose, quasi knisterfreie Wiedergabe. Hier knistert allein die Spannung: Sie wird durch den mysteriösen Touch des Songs erzeugt, aber auch durch die hier eingefangene Musizier-Atmosphäre des Tonstudios. Dem ECG 1 gelingt es, diese Atmosphäre wieder aus der Rille zu holen und den Aufnahmeraum hier vor uns aufzubauen. Eine solche Plastizität und Realität erreicht man mit einem preiswerten Plattenspieler einfach nicht. Und auch nicht mit einem preiswerten System. Selbst das zum Vergleich herangezogene, wirklich gute und immerhin 300 Euro kostende MM-System Transrotor Ucello, das auf der Goldring G1000-Baureihe basiert, kann nicht diese Präsenz und Abbildungskraft bieten, mit dem das knapp fünffach teurere Gold Note Machiavelli Red im Zusammenspiel mit dem ECG 1 auftrumpft.
Mit Basis noch besser
Geht noch mehr? Wir haben ja noch gar nicht die zum Jubiläumspaket dazugehörende HMS Silenzio Base MKII eingesetzt. Die platzieren wir nun unter dem Plattenspieler – und das Ergebnis ist verblüffend: Schon das Eintauchen der Nadel und ihr Durchfahren der Einlaufrille klingt anders: brillanter, mit einer leicht stärkeren Wahrnehmbarkeit der mechanischen Abtastung – wir erleben offenbar einen Informationszugewinn. Der setzt sich bei der Musik fort. Der Bass hat nun noch etwas mehr Intensität, er klingt definierter. Das Schlagzeug ist eine Spur knackiger, die Trompete, die zuvor nicht ganz so plastisch erschien wie die anderen Instrumente, hat nun die richtige Körperhaftigkeit. Im ganzen ist das Klangbild klarer, auch frischer, und zugleich noch entspannter. Dabei hat der ECG 1 hier schon auch ohne Basis eigentlich kaum Wünsche offengelassen. Jetzt sind aber die Begehrlichkeiten geweckt. Die Erdung der Base bringt scheinbar erst mal keinen Zugewinn. Erst nach mehrmaligem Vergleich durch das Ein- und Ausstecken der Erdung und dem genauen Achten auf die einzelnen Instrumente dämmert es uns: Bei der Konzentration auf das Schlagzeug begreifen wir, dass die Wiedergabe minimal bei der Räumlichkeit und Auflösung gewinnt, das Ausklingen von Becken ist nun besser und länger zu hören. Dass man diese Unterschiede überhaupt wahrnehmen kann, ist aber auch dem ECG 1 zu verdanken: Er erweist sich als Präzisionsinstrument, der selbst solche Fein- und Feinstheiten abzubilden vermag und sie aus der Rille holt. Es ist ja alles im Vinyl verewigt, man muss es halt wieder zum Vorschein bringen können. Der Jubiläums-ECG 1 meistert diese Aufgabe souverän und mit Bravour.
Fazit
Electrocompaniet spendiert seinem Plattenspieler ECG 1 in der limitierten „25 Jahre MRV“-Sonderedition ein lohnenswertes Upgrade: Die Jubiläums-Version ist mit einem neuen ausgelagerten Motor und einem stärkeren externen Netzteil ausgestattet und punktet mit einer zum Paket gehörenden Unterstellbase von HMS. Derart veredelt bietet das High End-Laufwerk in allen Belangen einen gesteigerten Hochgenuss: Auflösung, Räumlichkeit und Dynamik sind schlicht exzellent, auch die tonale Balance samt Bass-Wiedergabe ist hervorragend. Daran hat auch die ausgezeichnete Abtastung mit dem optionalen Gold Note Machiavelli Red ihren Anteil. Dieses System harmoniert bestens mit dem ECG 1. So gelingt eine stabile, stimmige und ruhige Abbildung, die das Medium Platte vergessen macht, die Musik in den Vordergrund rückt und die Wiedergabe zu einem echten Erlebnis macht. Zu dieser akustischen Bravour gesellt sich eine optische Exzellenz: Electrocompaniet ist es gelungen, die charakteristische Acryl-Anmutung seiner Elektronik-Komponenten auf diesen bildschönen Plattenspieler zu übertragen und mit dem teildurchsichtigen Chassis einzigartige Einblicke in in das Laufwerk zu bieten. So sorgt der ECG 1 in der „25 Jahre MRV“-Sonderedition gleich doppelt für Begeisterung.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Philipp Thielen
Klasse: Referenzklasse
Preis/Leistung: angemessen
97 of 100
95 of 100
96 of 100
Technische Daten
Modell: | Electrocompaniet ECG 1 – „25 Jahre MRV“ |
---|---|
Produktkategorie: | Plattenspieler |
Preis: | 4.220,00 Euro (ohne System) |
Garantie: | 3 Jahre |
Ausführung: | Acryl / Schwarz |
Vertrieb: | MRV Audio, Bonn Tel.: +49 228 / 92 39 42 92 www.mrvaudio.de |
Abmessungen (HBT): | 130 x 465 x 360 mm (inklusive Arm) |
Gewicht: | - Electrocompaniet ECG 1 komplett: 12,7 kg - Teller: 2,8 kg - Laufwerk: 9,9 kg - Motor: 1,4 kg - Netzteil: 0,5 kg |
Prinzip: | - Laufwerk: Masse-Prinzip - Lager: Inverslager - Antrieb: Riemenantrieb |
Tonarm: | Jelco SA-750EB |
Tonabnehmer (optional): | - Gold Note Machiavelli Red - andere Modelle möglich |
Geschwindigkeiten: | 33⅓ UpM, 45 UpM, 78 UpM |
Lieferumfang: | - Electrocompaniet ECG 1 – „25 Jahre MRV“ - externer Dreiphasen-Synchronmotor - externes Netzteil mit Zuleitung zum Plattenspieler (1,20 m) und abnehmbarem Netzkabel (2 m) - Jelco SA-750EB mit Zubehör (2 Gegengewichte für normale und schwere Tonabnehmer, Tonarm-Dämfungsöl, Montagewerkzeug) - Jelco Phonokabel - Antriebsriemen (flach) - Tonabnehmer-Einstelllehre - 2 Bedienungsanleitungen für Plattenspieler und Tonarm (Englisch) |
Pros und Contras: | + exzellenter Klang mit souveränem Bass + ausgezeichnetes Design + hervorragende Verarbeitung + Jelco-Tonarm mit SME-Bajonettanschluss für schnellen Systemwechsel + Plattenspieler ab Werk vormontiert + Klangsteigerung durch HMS Silenzio Base MKII - Lifthebel stößt an das Antiskating-Einstellrad an - Füße nicht höhenverstellbar |
Benotung: | |
Klang (60%): | 97/100 |
Praxis (20%): | 95/100 |
Ausstattung (20%): | 96/100 |
Gesamtnote: | 97/100 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis-/Leistung | angemessen |