Home » Tests » Woo Audio WA11 Topaz – DAC/Kopfhörerverstärker mit Mut zu Neuem
18. August 2019von Martin Sowa
Redakteur
Es ist noch gar nicht so lange her, da steckten Kopfhörer einfach im Walkman, Discman oder MP3-Player. Inzwischen gibt es jedoch hochauflösende Musikdateien und dafür ausgelegte Modelle. High-End direkt auf die Ohren! Auf dem Niveau braucht es aber nicht nur Quellgerät und Kopfhörer, sondern – wie in der klassischen HiFi-Kette – auch einen hochwertigen Verstärker, der idealerweise auch noch als Digital-Analog-Wandler agiert. Genau das tut der WA11 Topaz von Woo Audio, der sogar mobil einsetzbar ist und ganz nebenbei mit einer Tradition bricht. Sehr zu seinem Vorteil allerdings.
Irgendwann wird’s Zeit für etwas Neues, auch bei der eigentlich noch recht jungen New Yorker High-End-Manufaktur Woo Audio. Seit 2003 werden dort High-End-Geräte entwickelt, die sowohl klanglich als auch optisch ansprechend gestaltet sind. Treibende Kraft hinter Woo Audio war seinerzeit Chef-Ingenieur Wei Wu, der auf eine Erfahrung von mehreren Jahrzehnten zurückblickt. Gemeinsam mit den beiden Söhnen Zhidong und Jack wird nun in bester Familienbetrieb-Manier in New York City die ursprüngliche Vision unverändert umzusetzen. Immer ein Teil des großen Ganzen: Röhrenverstärker. Mit dem WA11 Topaz ändert sich das jedoch, hier ist erstmals ein Transistorverstärker an Bord. Am grundlegenden ändert das jedoch nichts. Die hochwertigen Produkte sollen stets möglichst erschwinglich sein. Für den Kopfhörerverstärker und Digital-Analog-Wandler WA11 Topaz bedeutet das auf dem deutschen Markt einen Verkaufspreis von exakt 1.679,99 Euro. Absolut betrachtet natürlich eine stolze Summe, angesichts der Qualitäten des Topaz allerdings ein absolut faires Angebot.
Überhaupt ist der zugrunde liegende Gedanke nicht unbedingt selbstverständlich, in New York allerdings naheliegend. Bei den hohen Lebenshaltungskosten in einer Großstadt wie dem Big Apple bleibt oft kein großes Budget für den Erwerb von Unterhaltungselektronik übrig. In dieser zwangsläufig auch lauten Umgebung („Die Stadt, die niemals schläft“) und den gleichzeitig oft relativ kleinen Apartments liegt dann auch die Entwicklung eines Kopfhörerverstärkers natürlich nahe. Dabei ist der Topaz nicht zwangsläufig auf den Einsatz in den eigenen vier Wänden beschränkt – sein gelungenes Design legt nahe, ihn auch öffentlich zu präsentieren.
Exklusive Maßarbeit
Wie erwähnt spielt bei der Entwicklungsarbeit von Woo Audio auch die Optik der Produkte eine große Rolle. Das beginnt bei der Wahl hochwertigen Materials und endet mit einer sehr präzisen und sorgfältigen Verarbeitung. Im Falle des Topaz äußert sich das in einem Korpus aus schwarz eloxiertem Aluminium, der den hervorragenden Eindruck optimaler Maßarbeit macht. Die minimalen Spaltmaße, die sauberen Kanten und die perfekte Einpassung von Anschlüssen und Bedienelementen könnten nicht besser sein. Am oberen Rand des nur 27 Millimeter starken Gehäuses sorgt eine großzügige, halbkreisförmige Rundung für ein angenehmes Anfassgefühl. Am rechten Rand geht die Rundung direkt in den Lautstärkeregler über.
Unterhalb der Rundung beherbergt die Oberseite des Topaz einen Druckschalter zum Ein- und Ausschalten des Kopfhörerverstärkers. Direkt daneben positionieren sich vier Leuchtdioden, die Aufschluss über die verbleibenden Energiereserven des Akkus geben. Auf der linken Seite ist eine weitere kleine LED integriert, die mit rotem Leuchten den laufenden Ladevorgang signalisiert. Ist dieser abgeschlossen, wechselt das Lämpchen zu Grün. Auf derselben Seite sind auch die Anschlüsse des Topaz untergebracht, die beiden Kopfhörerbuchsen befinden sich hingegen auf der gegenüberliegenden Fläche. Dazwischen sind – sozusagen auf der Vorderseite des liegenden Topaz – zwei Schieberegler installiert, mittels derer die Wahl der Quelle und der Ausgangsleistung möglich ist.
Die Ausführung der Bedienelemente ist äußerst filigran, schließlich ist der Topaz insgesamt ein durchaus kompakter Zeitgenosse. Seine Grundfläche misst handliche 15,5 x 8,5 Zentimeter. Dank seines Metall-Korpus bringt er dennoch solide 426 Gramm auf die Waage. Damit er deshalb nicht Gefahr läuft, die Oberflächen eines möglicherweise empfindlichen Untergrunds zu beschädigen, ist seine Auflagefläche mit elegantem Alcantara versehen, das zudem auch unbeabsichtigtem Verrutschen entgegenwirkt.
Viel Neues mit bewährter Qualität
Die Eingangsseite des Topaz ist mit insgesamt drei Schnittstellen bestückt. Zwei davon gehören zum Typ USB-C. Der linke Anschluss ist dem Aufladen des Lithium-Ionen-Akkus vorbehalten, der rechte ebnet digitalen Signalen den Weg zum integrierten Digital-Analog-Wandler. Dieser hat den Chip ESS Sabre ES9018M an Bord und verarbeitet damit auch hochauflösende Signale mit bis zu 24 Bit/384 kHz bzw. DSD128. Alternativ ist auch ein analoger Anschluss vorhanden, der sich in Gestalt eines fünfpoligen 4,4-Millimeter-Eingangs präsentiert. Eine solche Buchse steht auch auf der Ausgangsseite des Topaz zur Verfügung, über die symmetrische Signale ausgegeben werden. Dabei wird zusätzlich zum normalen Signal auch eine invertierte Version durchs Kabel geschickt, die um 180 Grad phasengedreht ist. Das sorgt dafür, dass mögliche Störungen aufgehoben werden und es schlichtweg besser klingt.
Falls der passende Stecker aber nicht am empfangenden Kopfhörer vorhanden ist, kann per Adapter (optional erhältlich) auch ein Kabel mit vierpoligem XLR-Stecker eingesetzt werden. Wer es klassischer mag, greift auf die zweite Anschluss-Option zurück. Dabei handelt es sich um eine unsymmetrische 6,3-Millimeter-Klinkenbuchse. Hier findet zum Beispiel auch der erst kürzlich getestete High-End-Kopfhörer MrSpeakers Ether 2 Anschluss.
Transistor statt Röhre
Zwischen Ein- und Ausgang steht logischerweise noch ein Verstärker. Im Fall des Topaz handelt es sich dabei um einen Class-A-Transistorverstärker, obwohl Woo Audio bis dahin für den konsequenten Einsatz von Röhrenverstärkern bekannt war. So auch im Falle des DAC/Kopfhörerverstärkers WA8 Eclipse. Um das Gehäuse des auch optisch als solchen erkennbaren Vorgängers des Topaz noch kompakter zu gestalten, wagten die New Yorker den Wechsel zum Transistor. Nur so erschien es ihnen möglich, bei geringeren Abmessungen eine hohe Leistung beizubehalten. Nach dreijähriger Entwicklungsarbeit und insgesamt neun Prototypen demonstriert der Topaz nun die Früchte dieser Arbeit.
Akku mit Ausdauer
Den vom Verstärker hervorgerufenen Energiebedarf kann der Topaz per Stromkabel und integriertem Akku decken. Damit ist er auch mobil und zum Beispiel am Smartphone einsetzbar, kommt allerdings nicht gänzlich kabellos aus. Andere Vertreter seiner Art unterstützen in einigen Fällen auch Bluetooth, was allerdings dem High-End-Anspruch des Topaz im Weg steht. Folglich ist der bewusste Verzicht auf die drahtlose Kopplungsoption eine nachvollziehbare Entscheidung. Zumal eine kabellose Verbindung immer auch verstärkt am Akku zehrt. Das Problem hat der Topaz also nicht und ermöglicht ohne zwischenzeitliche Regeneration bis zu sechs Stunden Dauerbetrieb. Je nach Beanspruchung (z.B. durch die HiRes-Wiedergabe) kann die Ausdauer natürlich auch früher erschöpft sein. Das ist allerdings nur für den Betrieb unterwegs relevant, denn dank der getrennten Ladebuchse kann der Akku des Topaz auch bei aktiver Nutzung aufgefrischt werden. Dafür ist im Lieferumfang ein Universalnetzteil samt USB-Kabel enthalten, ebenso eine Kurzanleitung in englischer Sprache und eine hübsche Transporttasche aus Alcantara.
Ohne Umwege direkt ins Ohr
Auf diesen Teil des Lieferumfangs greifen wir allerdings nicht zurück, sondern starten umgehend den Praxistest des Topaz. Dazu koppeln wir den Topaz per USB-Kabel an den PC und nach wenigen Sekunden meldet dieser, dass der neue Spielpartner einsatzbereit ist. Ab sofort wird der Sound also über den DAC ausgegeben. Plug and Play, wie es einfacher und komfortabler nicht sein könnte! Beim Anschluss des Kopfhörers ist übrigens der vermeintlich schwächere, unsymmetrische Ausgang schon auf enorm hohem Niveau zuhause. Selbstverständlich spielt hier auch der gewählte Kopfhörer eine Rolle, aber wer sich für ein Kaliber wie den WA11 Topaz entscheidet, dürfte denselben hohen Qualitätsanspruch auch bei der Wahl des Spielpartners anlegen.
Für den Auftakt spielen wir dem Topaz „Mountains“ von Biffy Clyro zu. Schon das sanfte Intro glänzt in sehr natürlichen Klangfarben und hinterlässt den Eindruck, dass die Kopfhörer direkt an einem E-Piano angeschlossen sind. Auch die hier noch etwas zurückhaltende Stimme von Simon Neil erstrahlt wunderbar klar und plastisch. Das ändert sich auch nicht, als ein paar Takte später Schlagzeug, E-Gitarre und Bass energisch mitmischen. Der Topaz sorgt für eine weitläufige Bühne, die sämtlichen Instrumenten ausreichend Platz bietet. Dazu liefert er eine höchst dynamische Performance ab, die richtig Spaß macht. Die rasanten Tonfolgen am Klavier beherrscht der Kopfhörerverstärker dabei ebenso mühelos wie die satten Bassläufe und das mit kräftigem Punch ausgestattete Schlagzeug.
Das bleibt auch beim sogar noch etwas melodiöseren „Bubbles“ erhalten, in dem die Gitarre für den Hochgeschwindigkeits-Part zuständig ist. Dem Topaz ist dabei aber kaum mehr als ein entspanntes Lächeln abzuringen, er zeigt sich der kleinen Herausforderung völlig gewachsen. Selbst im wilden Outro behält er den Überblick und lässt Gitarrensolo und Bass-Power perfekt harmonieren. Sogar das Anheben des Pegels bringt ihn nicht aus dem Konzept, sondern bestätigt nur, dass er absolut souverän agiert. Das soll der Topaz dann auch beim noch stärker vom Bass geprägten „The Package“ von A Perfect Circle beweisen. Ein Titel, der über Kopfhörer in der Regel nur gewinnen kann und das dank der Unterstützung des Woo-Audio-Verstärkers auch gleich in Perfektion beweist. Üblicherweise geht das Einsetzen des Basses im Intro mit einem „Aha-Effekt“ einher, der mit dem Topaz zu einer wahren Explosion mutiert.
Explosiver Sound
Diese Explosion ist allerdings ausschließlich positiv zu verstehen, so eindrucksvoll und kontrolliert tritt der Tiefton hier auf den Plan. „Tief“ ist dabei übrigens absolut wörtlich zu verstehen. Laut Herstellerangabe reicht der Frequenzbereich bis hinunter zu 10 Hertz. Druckvoll und doch klar strukturiert, so machen Rock und Metal besonders viel Spaß. Schließlich gelingt es dem Topaz so vortrefflich, auch die Details zutage zu fördern, die andernorts öfter mal etwas voreilig verschluckt werden. Das ist allerdings nicht nur in den unteren Frequenzen der Fall, was sich bei der meist glockenhellen Stimme von Sigrid auch hin und wieder beobachten lässt.
Die junge Norwegerin zeichnet sich durch einen einerseits zu sehr sanften Klängen neigenden als auch zu sehr energiegeladenem Auftreten fähigen Gesang aus. In gedämpfter Form ist das beim Titel „Dynamite“ der Fall, bei dem der WA11 Topaz sein großes Talent für filigrane Nuancen demonstriert. So lässt sich zum Beispiel mühelos erkennen, welche Tasten der Pianist etwas kraftvoller bearbeitet. Die saubere Wiedergabe offenbart eine brillante Plastizität und verzichtet auf jede Form der Verfälschung. Die wäre angesichts der Darbietung auch gar nicht nötig und die für hervorragende Live-Auftritte bekannte Sigrid gehört ohnehin nicht zu der Sorte Künstlerin, die auf technische Korrekturen angewiesen ist. Die bei ihren Konzerten herrschende Energie transportiert der Topaz spätestens bei „Fake Friends“ auch direkt greifbar in den Hörraum.
Künstler mit Spielfreude
Hier lässt Sigrid die Stimme noch ausgelassener durch die Oktaven wandern und variiert zudem Intensität und Tempo des Gesangs. Die abrupten Wechsel geht der Topaz jedoch genauso spielfreudig mit wie zuvor und schafft es dennoch, diese scharf gezeichneten Grenzen vor einem Abreißen zu bewahren. Selbst die teilweise schon fast aggressiven Synthie-Effekte hält der Verstärker ebenso wie den flummihaften Bass im Zaum und bindet sie souverän ins Klangbild ein. Komplexe Kompositionen müssen schließlich nicht zwangsläufig kompliziert klingen, wenn alle Beteiligten ihr Handwerk beherrschen. Das ist hier definitiv der Fall und sorgt zu Recht dafür, dass sowohl die norwegische Sängerin als auch der US-amerikanische Kopfhörerverstärker aktuell eher keine nennenswerte Konkurrenz zu befürchten haben.
Fazit
Mit dem WA11 Topaz ist Woo Audio auch auf neuem Terrain ein hervorragender und absolut überzeugender Kopfhörerverstärker gelungen. Nach diversen Modellen mit Röhrenverstärkern ist das Debüt mit Transistorverstärker ebenfalls direkt ein Volltreffer. Die hochwertige Verarbeitung und die exquisite Materialwahl zeigen, dass sich am grundlegenden Credo nichts geändert hat. Auch klanglich knüpft der Topaz an das gewohnt hohe Niveau an. Die moderne Ausstattung ermöglicht einen kraftvollen und zugleich sehr detaillierten Klang, der sogar vielen streng stationären Mitbewerbern gut zu Gesicht stehen würde.
Test & Text: Martin Sowa
Fotos: Philipp Thielen
Klasse: Referenzklasse
Preis-/Leistung: gut
98 of 100
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98 of 100
Technische Daten
Modell: | Woo Audio WA11 Topaz |
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Produktkategorie: | Kopfhörerverstärker/DAC |
Preis: | 1.679,99 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | Aluminium, schwarz eloxiert |
Vertrieb: | AudioNEXT, Essen Tel.: +49 (0)201 – 507 39 50 www.audionext.de |
Gewicht: | 426 g |
Abmessungen (HBT): | 85 x 155 x 27 mm |
Frequenzgang: | 10 Hz bis 200 kHz (-1 dB, Herstellerangabe) |
Ausgangsimpedanz: | 1 Ω |
Digital-Analog-Wandler: | ESS SABRE ES9018M |
Auflösung: | - bis zu 24-Bit/384kHz PCM - bis zu DSD128 |
Eingänge: | - 4,4-mm-Line-In (Pentaconn, symmetrisch) - asynchroner Hi-Speed-USB-Typ-C-Port (Daten) - USB-Typ-C-Port (Stromzufuhr, USB-2.0-kompatibel) |
Ausgänge: | - 4,4-mm-Pentaconn (symmetrisch) - 6,3-mm-Klinke (unsymmetrisch) |
Lieferumfang: | - WA11 Topaz - Universalnetzteil - USB-Kabel - Tragetasche - Quick Start Guide (englisch) |
Pro und Kontra: | + flexibel einsetzbar + einfache Inbetriebnahme + herausragender räumlicher Klang + detailreiche Wiedergabe + exzellente Material- und Verarbeitungsqualität + High-End-Wandler + HiRes-Wiedergabe (PCM und DSD) - Bedienungsanleitung nur auf Englisch verfügbar |
Benotung: | |
Klang (60%): | 98/100 |
Praxis (20%): | 97/100 |
Ausstattung (20%): | 98/100 |
Gesamtnote: | 98/100 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis/Leistung | gut |