Home » Tests » Kopfhörer-Verstärker SPL Phonitor xe – Mit der Matrix zum natürlichen Musikgenuss
6. September 2019von Volker Frech
RedakteurDie Musik spielt mitten im Kopf? Die Abbildung besitzt wenig Tiefe? Die Musiker stehen unnatürlich weit auseinander? All diese Effekte können beim Musikgenuss mit Kopfhörer den Hörspaß trüben. Der SPL Phonitor xe verspricht hier audiophile Abhilfe mit seiner Matrix, die für ein natürliches Hörempfinden sorgt – und jetzt ist der clevere Kopfhörer-Verstärker auch mit einem Klasse-Konverter zu haben, der HiRes bis PCM 768 Kilohertz/32 Bit sowie DSD256 ermöglicht. Wie die Matrix funktioniert und was der Phonitor xe noch alles kann, haben wir getestet.
Phonitor? Klingt wie eine Kofferwort – und ist auch eins: Es verbindet „Phones“, das englische Kurzwort für Kopfhörer, mit, „Monitor“, dem im Tonstudio verwendeten Lautsprecher zum Abhören von Aufnahmen und Produktionen. Für den Studio-Bereich hat SPL den Phonitor auch ursprünglich entwickelt: Hier soll er das Mixen und Mastern mit einem Kopfhörer ermöglichen – aber ohne dessen harte Trennung der Kanäle und weitere Nachteile, die zu einer unnatürlichen, Super-Stereoeffekt genannten Abbildungsweise führen. Die Darstellung soll statt dessen so sein, wie sie von zwei Lautsprechern im Raum erzeugt wird – aber bitte ohne die akustisch negativen Einflüsse, die ein realer Raum meist mitbringt. Dieser Ansatz hat gezündet: Im Profi-Bereich ist SPL längst mit verschiedenen Phonitor-Varianten und -Generationen erfolgreich, nun möchte die Niederkrüchtener Manufaktur auch uneingeschränkt die privaten Audiophilen für sich gewinnen. Deshalb bietet das neueste Modell Phonitor xe einen frischen DAC, der mit seinen deutlich gesteigerten HiRes-Qualitäten dem anspruchsvoll-modernen Musikhören mit hochauflösenden Files Rechnung trägt.
Cockpit-Flair und Retro-Chic
Rein optisch ist der Phonitor xe ein wohnzimmerisiertes Studio-Gerät: Einerseits betont der Verstärker das Funktional-Technische und verströmt durch die Art und Anordnung der Knöpfe, Schalter und Anzeigen fast schon ein Cockpit-Flair. Andererseits beweist der xe seine Einpassungsfähigkeit in das heimische Ambiente. Dafür sorgen die sofort erkennbare exzellente Verarbeitungsqualität, wodurch der Verstärker seine Hochwertigkeit förmlich ausstrahlt, und das ansprechende Design – sofort ins Auge fallen hier die gerundete Formgebung des stabilen Aluminiumgehäuses, die metallic-rote Front unseres Testgeräts (alternativ gibt es den xe mit mattsilberner oder mattschwarzer Stirnseite) sowie der Retro/Analog-Chic. Er zeigt sich im Verzicht auf Taster, Digitalanzeigen und Leuchtdioden, einzige Ausnahme ist die als Positionsmarkierung dienende LED auf dem zentralen, großen Lautstärkeknopf. Der Retro/Analog-Style zeigt sich zudem im Einsatz zweier zeigerbewehrter VU-Meter, welche an die Verstärker vergangener Dekaden erinnern. Diese Stereo-Anzeige ist in zwei Stufen an die Stärke des Eingangssignal anpassbar, sodass ein optisch optimaler Ausschlag zu sehen ist. Das Zucken der Zeiger wird durch die zugespielte Musik erzeugt – und diese Einspeisung ist auf mehreren Wegen möglich.
Amtliche Eingänge, exzellenter HiRes-DAC
Analog bietet der Phonitor xe einen symmetrischen XLR- und einen unsymmetrischen Cinch-Eingang. Ist das hier angeschlossene Signal schwach, kann man mit einem Schalter, der im Boden des Phonitors untergebracht ist, die Eingangsempfindlichkeit steigern. Trotzdem ist der symmetrische Signalweg aufgrund der per se besseren Qualität immer zu bevorzugen. Nun zur Digitalsektion: Sie ist Dank des frischen Digital-Analog-Konverters, der den alten und limitierten DAC ablöst, das neue Highlight dieses Kopfhörerverstärkers. Dieser Wandler ist klanglich auf kleinste Verzerrungen und größtmögliche Dynamik getrimmt, er ist in der Lage, HiRes-Files bis PCM 768 Kilohertz/32 Bit und DSD265 wandeln. Das sind Wahnsinnswerte, damit ist der Phonitor xe absolut zukunftsfest. Diese Maximalqualitäten sind allerdings nur über den USB-B-Port möglich. Wer hier einen Computer oder Laptop anschließt, legt im Falle eines Mac oder iDevice, direkt los, Windows-Rechner hingegen benötigen eine Treibersoftware , die auf der SPL-Homepage bereitgestellt wird (hier geht es zum Download). Die anderen digitalen Inputs des Phonitor xe akzeptieren Files im Rahmen ihrer festgelegten Spezifikationen: Über die AES/EBU-Schnittstelle, die im Profibereich Standard ist, geht PCM 192 Kilohertz/24 Bit. Diese File-Güte meistert auch der elektrische S/PDIF-Eingang. Der optische Toslink-Input arbeitet bis PCM 96 Kilohertz/24 Bit. Sehr schön: Der DAC kann auch alle Vielfache der natürlich ebenfalls akzeptierten CD-Samplingrate 44,1 Kilohertz verarbeiten, so funktionieren am USB-Port PCM-Files, die die Abtastraten 88,2 Kilohertz, 176,4 Kilohertz, 352,8 Kilohertz oder 705,6 Kilohertz benötigen. Die Format-Diversität, Audio-Qualität und Anschluss-Vielfalt der Digitalsektion möchte man eigentlich nicht missen, trotzdem bietet SPL den xe auch ohne den DAC 768 an – für alle, die bereits einen exzellenten Konverter besitzen.
Class-A-Verstärker und Voltair-Technologie für saubersten Klang
Das Wandelwerk des DAC, aber auch die analog zugespielten Signale werden für die Kopfhörerwiedergabe von einer Verstärkersektion in Class A-Schaltung aufbereitet. Class A ist wegen der linearen Verstärkung und der Freiheit von Verzerrungen die klanglich beste Amplifikationsart. Dafür ist sie leider alles andere als effizient. Der Wirkungsgrad, also der Faktor der möglichen Verstärkung, ist gering, die Verluste sind hingegen hoch: Ein Gutteil der zugeführten Energie wird nicht in Verstärkerleistung umgesetzt, sondern in Hitze umgewandelt. Deswegen wird der Phonitor xe im Betrieb auch deutlich mehr als handwarm. Zur Kräftigung der Class-A-Schaltung und zur klanglichen Optimierung auch anderer Baugruppen setzt SPL zudem auf die selbstentwickelte „Voltair-Technologie“: Die für die Verarbeitung der Audiosignale zuständigen Operationsverstärker arbeiten hierbei mit einer deutlich höheren Betriebsspannung als üblich. Dadurch kann die Schaltung höhere Maximalpegel verarbeiten. Dies resultiert klanglich in einer geringeren Übersteuerungsanfälligkeit, einer größeren Dynamik und einem Plus beim Rauschabstand. So liefert der Phonitor xe an einem 32 Ohm-Kopfhörer 2,7 Watt und an einem 600 Ohm-Kopfhörer immer noch ein Watt. Der Verstärker dürfte also mit allen gängigen Modellen des Marktes harmonieren. Zudem hat der xe auch noch einen doppelten Turbo in petto: Auf der Unterseite finden wir zwei DIP-Schalter, mit dem einen können wir, wie schon erwähnt, beim analogen Cinch-Input die Eingangsempfindlichkeit von HiFi-Pegel (-10 dBV) auf Studio-Pegel (0 dBu) umstellen, mit dem anderen hingegen lässt sich der Kopfhörerausgang um 22 Dezibel anheben – damit beherrscht der Amp auch die ganz kapriziösen oder schwierig anzutreibenden Modelle. Die Lautstärkeregelung des Phonitor-Verstärkers ist übrigens nicht nur über das große Lautstärkerad auf der Front möglich, sondern auch mit jeder verfügbaren Infrarot-Fernbedienung: Der Phonitor kann auf zwei beliebige Taster des Ferngebers konditioniert werden, so lässt sich das Volumenrad wie von Geisterhand aus der Distanz drehen – der Drehgeber ist nämlich motorisiert.
For Your Ears Only: symmetrischer und unsymmetrischer Kopfhörerausgang
Zum Anschluss eines Kopfhörers stehen zwei Buchsen zur Verfügung: Sowohl ein symmetrischer XLR- als auch unsymmetrischer Cinch-Ausgang. Hier ist nach Möglichkeit der symmetrische Ausgang zu bevorzugen. Er wird von zwei Endstufen beliefert und bietet deshalb die doppelte Leistung, was für eine straffere Basswiedergabe und entspanntere Höhen sorgt. Die beiden Ausgänge sind auch noch einmal auf der Rückseite des xe zu finden, so kann man seinen Kopfhörer optisch unauffälliger anschließen. Eine Doppelnutzung – sei es vorn und hinten, sei es symmetrisch und unsymmetrisch – ist nicht möglich. Der Kopfhöreranschluss ist auch der einzige Ausgang des xe. Wer ein Line-Signal abgreifen möchte, etwa für den Betrieb von Aktivboxen, sollte die mit einem entsprechenden Vorverstärker ausgestatteten Schwestermodelle Phonitor x, Phonitor e oder Phonitor 2 in Betracht ziehen.
Lautsprechergleiche Wiedergabe mit der Matrix
Wer Musik über Kopfhörer genießt, erlebt eine ungemein intensive, detailreiche Wiedergabe – aber ebenso Effekte, die dem natürlichen Empfinden und der Abmischung der Aufnahme zuwider laufen. Die Musik erklingt mitten im Kopf statt vor uns, die imaginäre Bühne ist nicht übermäßig tief, dafür aber ungemein breit: Die Musiker stehen viel zu weit auseinander. Diese Phänomene heißen Im-Kopf-Lokalistation und Super-Stereo-Effekt. Sie entstehen, weil unsere Ohren die rechten und linken Signalanteile der Stereo-Wiedergabe knallhart getrennt zugeführt bekommen – ohne das Übersprechen, das bei einer Wiedergabe mit einem Lautsprecherpaar stattfindet. Über Boxen gelangt immer auch der links abgegeben Schall an das rechte Ohr und der rechts abgegebene Schall an das linke Ohr. Dies geschieht aufgrund des weiteren Weges mit einer leichten Verzögerung, auch mit etwas geringerem Pegel und – weil unser Kopf dem Schall im Weg ist und ihn bei seiner Ausbreitung ein wenig hindert und verändert– mit eingeschränkten Frequenzumfang. Aus den Laufzeit- und Lautstärkeunterschieden errechnet unser Hirn nun die Information, wo ein Schallereignis herkommt. Dadurch können wir diese Quelle genau orten. So funktioniert die Wiedergabe über Lautsprecher – und für diese Beschallungsweise werden auch fast alle Musikaufnahmen produziert. Deshalb bieten manche Kopfhörerverstärker eine sogenannte Crossfeed-Schaltung: Sie gibt etwas vom rechten Kanal auf das linke Ohr und umgekehrt. Dadurch soll eine lautsprechergleiche Wiedergabe erreicht werden. Dies macht auch die Matrix von SPL – allerdings ist diese Simulation deutlich elaborierter.
Imaginierte Räume, virtuelle Lautsprecher
Wer die Matrix mit dem Kippschalter aktiviert, bekommt gleich zwei Werkzeuge an die Hand: „Crossfeed“ für die Pegeldifferenz und „Angle“ für die Laufzeitdifferenz. Mit „Crossfeed“ verändert man hier also allein die Lautstärke des zum linken Ohr geführten rechten Signalanteils sowie des zum rechten Ohr geführten linken Signalanteils. Diese Über-Kreuz-Fütterung ist in sechs Stufen möglich, so simuliert der Crossfeed-Drehschalter den Einfluss verschiedener Raumgrößen samt ihrer Reflexions- und Dämpfungseigenschaften. Mit „Angle“ hingegen legt man fest, in welchem Winkel die virtuellen Boxen vor uns aufgestellt sind: Bei 22 Grad stehen sie ziemlich eng beieinander, bei 55 Grad hingegen weit auseinander, die Einstellungen „30°“ und „40°“ bewegen sich zwischen diesen Maximalwerten. Der Winkel erscheint uns umso größer, je höher die Laufzeitdifferenz zwischen linkem und rechtem Signal ist. Mit der Veränderung dieser Verzögerungszeit, aber auch mit der Pegelveränderung per „Crossfeed“ können wir also die Illusionsboxen im imaginierten Raum herumschieben und die Größe der abgebildeten Bühne beeinflussen. Sowohl die Pegel- als auch die Laufzeitdifferenz werden dabei frequenzkorrigiert vorgenommen. Das wiederum simuliert den Einfluss unsers Kopfes, der den Schall reflektiert und absorbiert, sodass am rechten Ohr etwas anderes ankommt, als die linke Box abgestrahlt hat und das linke Ohr etwas anderes empfängt, als der rechte Schallwandler gesendet hat. Die Matrix-Schaltung des Phonitors ist also insgesamt ziemlich ausgefuchst – und sie hat gleich zwei positive Auswirkungen: Einerseits bewirkt sie eine lautsprechergleiche Wiedergabe, andererseits vermeidet sie den klanglich schlechten Einfluss eines akustisch unzulänglichen Raums, wie er bei einer echten Boxen-Wiedergabe in einem realen Zimmer auftreten kann. Ein dritter positiver Effekt zeigt sich bei Kopfhörern, die dem Musik-im-Kopf-Effekt durch einen leicht gewinkelten Einbau der ohrennahen Membranen begegnen. Eine normale Crossfeed-Schaltung würde hier zuviel des Guten bewirken und ein verengtes Klangbild erzeugen, die Matrix hingegen kann durch „Crossfeed“ die gestauchte Bühne mit „Angle“ wieder auf Normalmaß weiten. So aufwändig die Matrix ist, so ausgearbeitet ist auch die nun noch zusätzlich angebotene Justiermöglichkeit: die Balance-Reglung, die SPL mit „Laterality“ bezeichnet: Wo andere Schaltungen zur Panoramaveränderung schlicht eine Seite im Pegel absenken, bewirkt der Laterality-Drehschalter, dass nicht nur ein Kanal leiser wird, sondern der andere Kanal im gleichen Maß lauter. Dadurch ist zwar der Einstellbereich deutlich geringer als bei einer üblichen Balance-Regelung, dafür kann man den Links-Rechts-Ausgleich viel sensibler einstellen.
Der SPL Phonitor xe in der Praxis
Wir wollen erst mal wissen, was der Phonitor xe im Normalbetrieb, also ohne die Matrix-Anwendung, als reiner Kopfhörerverstärker leistet. Dafür nehmen wir Eva Cassidys Interpretation von „Bridge Over Troubled Water“, die amerikanische Sängerin hat diesen Klassiker mit ihrer Begleitband live im berühmten Blues Alley-Club in Washington aufgenommen. Eine wunderschöne Interpretation und eine erstklassige Produktion, weshalb wir den Song sehr gerne hören und zum Testen verwenden – und der Phonitor xe verwandelt unsere diesmalige Hörsession in einen absoluten Hochgenuss. Als Kopfhörer wählen wir zuerst den von uns bereits getesteten MrSpeakers Ether 2 – und sofort sitzen wir in dem Blues-Club, denn gleich zu Beginn ist über das Intro der E-Gitarre ganz leise das Klirren von Gläsern und Flaschen zu hören, wir erleben also gleich die Atmosphäre und das Ambiente im Blues Alley-Club, wir sind mittendrin und live dabei! Was nun auf der Bühne passiert, ist ebenfalls grandios wiedergegeben: Die Feinheit und Transparenz, mit der das musikalische Geschehen abgebildet wird, ist schlicht herausragend – was für ein Detailreichtum! Famos, wie gut man ausklingenden Tönen und abebbenden Schwingungen etwa der Schlagzeug-Becken etliche Sekunden lang nachhören kann, das schwingende Metall wird nicht nur leiser, sondern ändern dabei auch seine Klangfarbe – faszinierend! Dazu gesellt sich eine immense Kraft und Dynamik der Darstellung: Die Drums besitzen einen herrlichen Punch und eine exzellente Präzision, wir hören feinste Abstufung einzelner Fell-Anschläge, aber ebenso mühelos klingt die Wiedergabe von satte Wirbeln, mit denen Drummer Raice McLeod über das ganze Drumset jagt. Das ist exzellent! Dann setzt Chris Biondo mit seinem Viersaiter ein – und nun beeindruckt uns der Phonitor xe mit dem Bassvolumen, das er liefern kann. So kraftvoll und tieftonreich haben wir diese Aufnahme über Kopfhörer noch nicht erlebt! Beim Ausprobieren der Einstellmöglichkeiten zahlt sich nun schnell der „Turbo“ des Phonitor xe aus: Die gesteigerte Eingangsempfindlichkeit des analogen unsymmetrischen Eingangs hebt das doch etwas schwache Signal von unserem Zuspieler auf ein amtliches Niveau, wie der direkte Vergleich gerade mit dem elektrischen S/PDIF-Input zeigt. Auch die Pegelanhebung des Ausgangs beschert uns gerade mit unserem nicht sonderlich laut wiedergebenden magnetostatischen Ether 2-Kopfhörer einen komfortablen Headroom, also mehr Spielraum beim Volumen, um sehr leise Passagen oder Aufnahmen deutlich lauter abspielen zu können. Sehr gelungen ist auch Laterality-Regelung: Die feine Verschiebung der Symmetrie gelingt gegenüber den üblichen Balance-Regelungen außerordentlich harmonisch und deutlich organischer.
Raus aus dem Kopf, rauf auf die Bühne: die Matrix-Wiedergabe
Nun sind wir jetzt natürlich gespannt, was die Matrix macht. Wir wählen dafür eine Aufnahme der Kings Singers. Das legendäre Gesangsensemble intoniert a cappella den Song „The Boxer“ von Simon & Garfunkel, zur Steigerung der Wirkung ihrer Stimmenartistik sind die sechs Musiker bei dieser Aufnahme extrem im Panorama von links nach rechts aufgestellt. Nach und nach setzen die Vokalisten bei dem Song ein – und im Normalbetrieb scheinen die Herren quer durch unseren Kopf hindurch aufgereiht zu sein, die beiden äußersten Sänger erweisen sich gar als seitliche Einflüsterer: Direkt in unser linkes Ohr singt der Countertenor David Hurley, ins rechte Ohr brummt der Bass Stephen Connolly. Das ist der Super-Stereo-Effekt: Die Sänger stehen unnatürlich weit auseinander und singen nicht vor uns, sondern mitten in und direkt neben uns. Kaum legen wir den Matrix-Schalter um, passiert Verblüffendes: Die sechs Herren haben plötzlich fünf Schritte nach hinten gemacht und sind zusammengerückt – auf einmal steht das Sextett so da, wie wir es von einer Aufführung als normal und natürlich empfinden und wie wir es von einer Wiedergabe mit Lautsprechern kennen. Mit den Schaltern „Crossfeed“ und Angle“ können wir die Musiker nun noch verschieben: Je kleiner wir den Aufstellungswinkel der virtuellen Boxen wählen, desto enger stehen die Vokalisten beieinander, mit dem „Crossfeed“-Schalter können wir den Effekt sehr fein variieren. Nach dem Wechsel des Kopfhörers wird der Unterschied zwischen Normal- und Matrix-Modus noch gravierender: Der nun angeschlossene Focal Utopia vermeidet mit seinen leicht eingewinkelten Beryllium-Treibern zwar die völlige Im-Kopf-Lokalisation, liefert aber eine brillantere und noch detailreichere Wiedergabe. Gerade die räumlichen Veränderungen mit dem „Crossfeed“-Schalter entfalten dadurch eine stärkere Wirkung. Auch mit hochauflösenden Files ist der Effekt der Matrix noch durchschlagender. Das zeigt sich beim Largo aus dem Winter der „Vier Jahreszeiten“ von Antoni Vivaldi in der ausgezeichneten Interpretation von Rachel Podger und dem Ensemble Brecon Baroque. Die Aufnahme steht uns als DSD256-File zur Verfügung – und dank des vorzüglichen DAC des Phonitor xe ist dieses Largo nun ein atemberaubendes Klangerlebnis: Die Transparenz und die Klarheit sind schlicht grandios. Hier sorgt die Matrix nun für eine gekonnte Strukturierung und Fokussierung des Orchesters, das uns zuvor zu nah kam – und außerdem viel zu breit aufgestellt war. Auch die Tiefe der Bühne ist nun deutlich größer. Ist also alles mit der Matrix besser? Nein. Mit dieser Simulation sind die Bässe nicht mehr ganz so tiefreichend, auch die Dynamik erfährt eine geringfügige Zügelung, und wer sich eine hundertprozentige „Wie mit Lautsprechern“-Wiedergabe verspricht, erwartet dann doch etwas zuviel. Das ist nun aber alles Meckern auf allerhöchstem Niveau, insbesondere wenn man die Crossfeed-Lösungen anderer Hersteller zum Vergleich heranzieht und sich in Erinnerung ruft, mit welch herausragender Wiedergabequalität der Phonitor xe uns hier seit Tagen verwöhnt – und damit auch verwöhnt gemacht hat.
Fazit
Mit dem Phonitor xe hat SPL ein Spitzen-Studio-Gerät für private High End-Hörer wohnzimmertauglich gemacht. Optisch punktet dieser Kopfhörer-Verstärker mit seinem Cockpit/Retro-Style und der sichtbar hohen Material- und Verarbeitungsgüte. Akustisch glänzt er mit mit toller Transparenz, immenser Kraft, großer Dynamik und beeindruckendem Bass. Diese Top-Qualitäten bietet er nicht nur mit analogen Zuspielern, sondern auch über seine Digitalsektion, mit der er optional ausgestattet ist. Diese Option sollte man ziehen, denn der DAC ist ausgezeichnet, er ermöglicht HiRes bis PCM 768 kHz/32 bit sowie DSD256 – und er trägt mit den vier digitalen Schnittstellen USB, AES/EBU, S/PDIF Toslink und S/PDIF koaxial dem anspruchsvoll-modernen Musikhören mit hochauflösenden Files zukunftsfest Rechnung. Günstiger wird eine gleichwertige externe Lösung sicher nicht, allerdings ist der DAC ausschließlich für den Kopfhörerbetrieb nutzbar. Hier punktet er dafür zusätzlich mit seiner „Matrix“: Diese aufwändige Crossfeed-Schaltung entkräftet weitgehend die als Manko angeführte Im-Kopf-Ortung und sorgt für eine größere räumlich Tiefe der Darstellung, die einer Lautsprecher-Wiedergabe durchaus ähnelt. So dürfte der Phonitor xe auch Kopfhörer-Skeptiker von dieser Art des Musikgenusses überzeugen.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Philipp Thielen
Klasse: Referenzklasse
Preis-/Leistung: gut
98 of 100
96 of 100
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Technische Daten
Modell: | SPL Phonitor xe |
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Produktkategorie: | Kopfhörerverstärker / (DAC) |
Preise: | - mit DAC: 2.799,00 Euro - ohne DAC: 2099,00 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | - Front: Metallic-Rot, Gehäuse/Bedienknöpfe: Mattschwarz - Front: Mattsilber, Gehäuse/Bedienknöpfe: Mattschwarz - Front: Mattschwarz, Gehäuse/Bedienknöpfe: Mattschwarz |
Vertrieb: | SPL electronics GmbH, Niederkrüchten Tel.: +49 2163 98340 spl.audio |
Abmessungen (HBT): | 100 (inkl. Füße) x 278 x 330 mm |
Gewicht: | 5,1 kg |
Eingänge (analog): | 1 x Line symmetrisch (XLR, Impedanz: ca. 20 kΩ) 1 x Line unsymmetrisch (Cinch, Impedanz: ca. 10 kΩ) |
Eingänge (digital): | 1 x USB Typ B 1 x AES/EBU (XLR) 1 x S/PDIF optisch (Toslink) 1 x S/PDIF elektrisch (Cinch, koaxial) |
Maximale Samplingrate/ Auflösung: | - USB: PCM 768 kHz/32 bit, DSD256 - AES/EBU: PCM 192 kHz/24 bit - S/PDIF elektrisch: PCM 192 kHz/24 bit - S/PDIF optisch: PCM 96 kHz/24 bit |
Ausgänge (analog): | 1 x Kopfhörer symmetrisch (XLR, Impedanz: 0,36 Ω) 1 x Kopfhörer unsymmetrisch (6,35 mm-Klinke, Impedanz: 0,18 Ω) |
max. Ausgangsleistung (+30 dBu/1 kHz): | - 2 x 1 W bei 600 Ω Anschlussimpedanz - 2 x 2 W bei 300 Ω Anschlussimpedanz - 2 x 3,7 W bei 120 Ω Anschlussimpedanz - 2 x 2,9 W bei 47 Ω Anschlussimpedanz - 2 x 2,7 W bei 32 Ω Anschlussimpedanz |
Frequenzgang: | 10 Hz - 300 kHz (-3 dB) |
Rauschabstand: | - Kopfhörer symmetrisch: -98 dB-A - Kopfhörer unsymmetrisch: -103 dB-A |
Lieferumfang: | - SPL Phonitor xe - Netzkabel (1,5 m) - Bedienungsanleitung (Englisch, Deutsch) |
Optionales Zubehör/Module: | - DAC 768 |
Pros und Contras: | + exzellente Wiedergabe mit großer Dynamik und Basskraft + ausgezeichneter DAC für HiRes bis PCM 768 kHz/32 bit und DSD256 + ausgefeilte Crossfeed-Schaltung zur Simulation einer Lautsprecher-Wiedergabe + symmetrischer sowie unsymmetrischer Kopfhöreranschluss + Kopfhöreranschlüsse front- oder rückseitig nutzbar - kein Line-Ausgang für den Anschluss an Aktivboxen oder für die Nutzung des DAC mit einem HiFi-Verstärker |
Benotung: | |
Klang (60%): | 98/100 |
Praxis (20%): | 96/100 |
Ausstattung (20%): | 97/100 |
Gesamtnote: | 97/100 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis/Leistung: | gut |