Home » Tests » Vollverstärker Mark Levinson № 5802– HiRes und High End für digitale Delikatessen
24. Oktober 2019von Volker Frech
RedakteurManchmal werden Träume wahr: Der amerikanische High End-Hersteller Mark Levinson, bekannt für überragende, aber kontostrapazierende Audiokomponenten, verspricht mit seiner neuen 5000er-Serie den Klang der Referenz-Modelle zu erschwinglicheren Preisen. Den Start macht der Vollverstärker № 5802, der mit seinen rein digitalen Schnittstellen vor allem moderne Musikgenießer anspricht: Er kann HiRes bis PCM 384 Hertz/32 Bit und DSD256, bietet als Schnittstellen USB-B, AES/EBU sowie je zwei optische und elektrische S/PDIF-Inputs und beherrscht kabelloses Streaming via Bluetooth apt X HD. Der 125 Watt-Amp in Class AB-Schaltung hat aber noch mehr Highlights in petto – wir haben alles getestet.
Mit der neuen 5000er-Serie möchte Mark Levinson eine neue Kundenschicht erschließen, ohne dabei Kompromisse in punkto Klang und Qualität einzugehen. Mit diesem Ziel sind bislang drei Modelle entwickelt worden, die auf der aktuellen High End vorgestellt wurden: Der Network Streamer/SACD-Player № 5101, der Ende des Jahres auf den Markt kommen wird, und zwei eng verwandte Vollverstärker, von denen der № 5805 neben digitalen Schnittstellen auch analoge Eingänge und eine eine Phono-Vorstufe bietet, während der hier getestete № 5802 komplett auf Nullen und Einsen spezialisiert ist. Schauen wir uns unseren Kandidaten mal näher an.
Die Mark-Levinson-DNA
Ja, dieser Verstärker bietet mit seiner Erscheinung die typischen Mark-Levinson-Merkmale: markantes Auftreten, hochwertigste Materialqualität, ausgezeichnete Fertigungsgüte. Das macht sich mit satten 26 Kilo Gewicht beim muskelfordernden Drehen und Wenden des Verstärkers bemerkbar, auch das Anfass-Gefühl bei der haptischen Kontrolle ist klasse – und optisch bewahrt der № 5802 den Levinson-Look: Das vor allem in der Tiefe raumgreifende, 15 mal 44 mal 50 Zentimeter messende Gehäuse demonstriert analog zum Gewicht die Potenz dieses Boliden und weist ihn als echten Ami-Amp aus. Die kraftvolle Anmutung wird durch die massive Front bekräftigt: Die vorgesetzte Stirnseite besteht aus zweieinhalb Zentimeter dickem Aluminium, das perlengestrahlt und schwarz eloxiert ist. Diese Edel-Front ist zu den Seiten hin abgerundet und wirkt durch eine breite horizontale Fasung zur Mitte hin tailliert. Das nimmt dem Korpus die Kantigkeit und sorgt für gediegene Eleganz. Dies setzen die beiden sogenannten „Sanduhr-Knöpfe“ fort: Die aus massivem Aluminium gefertigten, perfekt gängigen Drehgeber für die Lautstärke und die Feature-Einstellungen sind ebenfalls tailliert. Mit ihrer mattsilbernen Anmutung setzen sie zudem einen farblichen Kontrapunkt zum dominanten Schwarz des Verstärkers – wie auch die ebenfalls mattsilbernen Aluminiumblenden, die oben und unten das zentrale Glasareal der Front einfassen. In diese Glasplatte ist zuoberst das zweizeilige Display integriert. Es gibt in Mark-Levinson-üblichen orangen LED-Segmenten Auskunft über den aktuellen Zustand des № 5802. Unter der Anzeige ist der von einer roten LED umringte Standby-Taster zu finden. Der Verstärker besitzt keinen An/Ausschalter, um den Amp komplett vom Netz zu trennen, drei verschiedene Standby-Modi erlauben aber eine Auswahl, welche Teile des Verstärkers stets mit Strom versorgt werden sollen. Links neben dem Standby-Knopf sitzt der Menü-Taster. Mit ihm – und mit Drücken des Volumenrades – steigt man in die Tiefen der Bedien-Ebenen ein. Das sind schon einige, weil der № 5802 etliche Konfigurationsmöglichkeiten bietet. Deshalb kann man die Einstellungen alternativ auch über die mitgelieferte Fernbedienung erledigen. Letztes Element der Front ist der Kopfhörerausgang in Form einer 6,35-Millimeter-Klinkenbuchse. Clever. Der № 5802 merkt sich die Lautstärke, die beim letzten Benutzen des Ausgangs genutzt wurde, und stellt den Verstärker automatisch wieder auf diesen Pegel ein. Wenn man den Stecker zieht, geht die Lautstärke wieder auf den zuvor mit den angeschlossenen Boxen genutzten Pegel.
Schnittstellen: die digitalen Eingänge
Damit sind wir schon bei den Anschlussmöglichkeiten des № 5802. Als Spezialist fürs Digitale besitzt er eingangsseitig ausschließlich Schnittstellen. Hier fällt uns als Erstes der AES/EBU-Input in Form einer XLR-Buchse ins Auge. Das Kürzel AES/EBU steht für „Audio Engineering Society/European Broadcasting Union“, diese Schnittstelle wird vorwiegend für die Übertragung digitaler Audiosignale im professionellen Studio- und Rundfunk-Bereich eingesetzt. Der symmetrische Eingang ist also ein audiophiles Statement dieses Verstärkers. AES/EBU ist aber per Definition auf 192 Kilohertz/24 Bit beschränkt. Dies gilt auch für die im Consumer-Bereich verbreiteten S/PDIF-Inputs, von denen der № 5802 gleich vier aufweist, nämlich zwei optische Toslink-Inputs und zwei elektrische Koaxial-Eingänge. HiRes in höheren File-Güten ermöglicht der USB-B-Port: Hier geht PCM bis 384 Kilohertz/32 Bit und DSD bis DSD256. Dieses sogenannte Quad-DSD kann der № 5802 sogar wahlweise nativ oder über DoP verarbeiten. DoP ist die Abkürzung für „DSD over PCM“, hier wird ein DSD-Signal für den internen Datenverkehr in einen PCM-Container verpackt, um den Transport zu beschleunigen. Mit dem eingebauten MQA-Codec ist der Verstärker zudem in der Lage, über alle Eingänge auch entsprechende „Master Quality Authenticated“-Files zu dekodieren und abzuspielen. Das ist insbesondere für alle Tidal-Abonnenten interessant, weil dieser Musikdienst zahlreiche MQA-codierte Alben und Files als Stream anbietet. À propos Streamen: der № 5802 ermöglicht auch die kabellose Musikzuspielung, dafür steht Bluetooth aptX HD zur Verfügung. Wenn der Zuspieler ebenfalls den Codec aptX HD unterstützt, ist eine Übertragung bis 48 Kilohertz/24 Bit möglich. Dieses Verfahren ist zwar nicht völlig verlustfrei, bietet aber trotzdem eine sehr gute Klangqualität. Verlustloses Streaming per WLAN oder LAN bietet der № 5802 hingegen nicht, dafür hat Mark Levinson ab Ende des Jahres den Network Streamer/SACD-Player № 5101 im Serien-Portfolio. Alternativ nutzt man den eigenen Rechner oder das Laptop, das man als Streamer und Zuspieler verwenden kann.
Systemeinbindung und Audiovernetzung
Der Verstärker № 5802 verfügt zwar über eine Ethernet-Buchse, sie dient jedoch – wie auch der USB-A-Port, der IR-Input, die beiden 12 Volt-Trigger-Ein- und Ausgänge sowie die RS-232-Schnittstelle – allein der Systemkommunikation und -kontrolle, also der Steuerung über ein Hausautomatisierungssystem, der Vernetzung mit anderen Komponenten und der Gerätekonfiguration über den kommenden Webbrowser am Computer. Die nun noch verbliebenen Anschlüsse auf der Rückseite sind wieder der Audio-Nutzung gewidmet: Da sind zum einen die beiden Line Outputs, mit ihnen kann man eine Stereo-Endstufe oder zwei Mono-Blöcke ansteuern – oder einen weiteren Verstärker, der mit seinen Lautsprechern in einem anderen Raum oder in einer anderen Hörzone steht. Dieser Analog-Ausgang lässt sich aber auch zum Anschluss eines Aufnahmegeräts verwenden. Zum anderen sind da die Lautsprecher-Anschlüsse. Die goldbeschichteten Klemmen sind von amtlicher Qualität, sie besitzen große Aufnahmen, so dass auch querschnittstarke Litze als Kabel verwendet werden kann. Alternativ finden hier natürlich auch Kabel, die mit Gabelschuhen oder Banana-Steckern konfektionierte sind, Anschluss.
Leckerbissen unter der Haube
Ein Blick unter die Haube macht sofort klar, dass der Premium-Qualitäts-Gedanke hier seine Fortsetzung erfährt und das Innenleben zum hohen Gewicht des Verstärkers beiträgt: Ein bulliger Ringkerntransformator, der mit 500 Voltampere auch elektrisch mehr als üppig dimensioniert ist, bürgt als Herzstück des Netzteils dafür, dass die Stromversorgung der Verstärkerstufen mit reichlich Reserven funktioniert. Dazu tragen auch die in jede Ausgangsstufe integrierten vier imposanten 10.000-Mikrofarad-Kondensatoren bei, sie sorgen für einen stabilen Betrieb bis hinunter auf zwei Ohm. Dieses Operieren mit „Headroom“, also unterhalb der Leistungs- und Kapazitätsgrenze, trägt entscheidend dazu bei, dass die Wiedergabe stressfrei und entspannt ist. Der extrem geräuscharm arbeitende Trafo bietet für jede Verstärkerseite eigene Sekundärwicklungen, also dezidierte Abgriffe für die Stromversorgung des linken und des rechten Kanals. Derart sauber getrennt ist auch der Schaltungsaufbau: Die Class-AB-Verstärkersektion ist diskret im Doppel-Mono-Aufbau realisiert. Class AB ist die populärste und verbreitetste Verstärkerbauart, denn sie vereint die saubere, überaus verzerrungsarme Arbeitsweise der Class A-Schaltung mit der höheren Verstärkungsfähigkeit der Class B-Schaltung. Die entsprechenden Platinen sitzen im № 5802 zur Rechten und Linken direkt an den ausladenden Kühlkörpern, die inwandig die Flanken des Verstärkers bilden. Über sie leiten insbesondere die Endstufen-Transistoren, die für eine Verstärkerleistung von satten 125 Watt an acht Ohm sorgen, ihre Hitze ab. Die 5000er-Serie soll ja klanglich durchaus eine Annäherung an die Top-Modelle von Mark Levinson sein, deshalb steckt auch im № 5802 einiges an Technik und Know-How aus der gepriesenen 500er-Reihe. Hier wäre etwa der Schaltungsaufbau der Spannungsverstärkerstufe zu nennen, die direkt von der gut doppelt so teuren Endstufe № 534 abgeleitet ist. Auch der Kopfhörer-Verstärker in reiner Class-A-Schaltung geht auf die sogenannte Main Drive-Stufe der 500er-Serie zurück.
Digitales Herzstück: DAC mit Upsampling …
Ein Leckerbissen ist auch der ebenfalls von den 500er-Serie entlehnte Precision Link II DAC: Dieser Digital-Analog-Konverter sorgt nicht nur für die bereits genannte HiRes-Fähigkeit bis PCM 384 Hertz/32 Bit und DSD256, er ist auch auf eine Minimierung des sogenannten Jitters getrimmt. Mit „Jitter“ werden Ungenauigkeiten und Fehler beim Lesen und Verarbeiten der Daten bezeichnet, die das Klangresultat verfälschen und verschlechtern. Überdies ermöglicht die DAC-Sektion auf Wunsch ein spezielles Upsampling: PCM-Signale mit den Samplingraten 44,1, 88,2, und 176,4 Kilohertz werden dann auf 352,8 Kilohertz hochgerechnet, PCM-Signale mit 48, 96 und 192 Kilohertz hingegen auf 384 Kilohertz getrimmt. Dies ermöglicht eine klanglich bessere Arbeit des Konverters. Das Wandlungswerk erzeugt nämlich immer digitale Artefakte, die wieder herausgesiebt werden müssen. Die dafür notwenigen Filter können behutsamer eingesetzt werden und sanfter arbeiten, wenn der Konvertierungsakt samt Siebung weit entfernt von jenen Frequenzgefilden stattfindet, die das menschliche Ohr wahrnimmt. Die Grenze unseres Gehörs liegt bei etwa 20 Kilohertz.
… und PCM- sowie DSD-Filter
Die Samplingraten-Erhöhung geht beim Precision Link II DAC einher mit einer Erzeugung zusätzlicher Samples, die der bordeigene Algorithmus aus dem zugespielten Digitalsignal selbst errechnet. Mehr Samples bedeutet, dass die ursprüngliche analoge Signalkurve mit mehr Punkten und damit exakter „nachgezeichnet“ wird – ähnlich wie bei einer Punkt-zu-Punkt-Malvorlage, bei der Kurven umso runder sind, je näher die zu verbindenden Punkte beieinanderliegen. Mit dem Kniff, mehr Samples zu errechnen, suggeriert man also ein besser abgetastetes (digitalisiertes) Signal. Das ermöglicht eine leichtere und exaktere Rückverwandlung ins Analoge, und dadurch fallen auch Störgeräusche, die durch Wandelfehler entstehen, deutlich geringer aus. Soweit die Theorie, in der Praxis muss mit dem eigenen Ohr feststellen, inwieweit das Upsampling-Ergebnis als Klangverbesserung wahrgenommen wird. Ebenso verhält es sich bei der Wahl der digitalen Filter, die bei der Konvertierung eingesetzt werden: Für PCM-Signale offeriert der № 5802 sieben verschiedene Filtercharakteristiken, für DSD-Signale gibt es vier Tiefpass-Filter, die bei 47, 50, 60 oder 70 Kilohertz ansetzen. Puh, das ist jetzt reichlich komplexer Stoff gewesen – kommen wir endlich zur Praxis: Musik!
So klingt der Mark Levinson № 5802
Die Musik beginnt bei diesem Verstärker mit dem Einschalten: Als erstes hören wir das Klacken diverser Relais. Das sind wunderbare Geräusche, denn sie bedeuten uns, dass hier sauber und mit einer Einschaltverzögerung die Verstärkerstufen für die Ausgänge freigeschaltet werden. So erspart uns der № 5802 jenes unangenehme Plopp-Geräusch, das Verstärker per se durch den Einschaltimpuls erzeugen. Das Klacken der schaltenden Relais ertönt ebenso, wenn man die Lautstärke auf Null dreht oder eine andere Quelle wählt. Hier fällt uns auch wieder auf, wie perfekt die Gängigkeit beiden Knöpfe für Quellwahl und Lautstärke sind. Wir haben an den Verstärker an ein paar Focal Scala Utopia Evo angeschlossen, als Zuspieler dienen der SACD-Spieler Oppo UDP-203, der als reines Laufwerk arbeitet und via Toslink und elektrischem S/PDIF zuspielt, sowie unser Laptop, der mit der audiophile HiRes-Player-Software Audirvana Plus ausgerüstet ist und via USB streamt. Über alle genannten Wege spielen wir nun „My Treasure“ von der dänischen Jazz-Sängerin Sine Eeg. Die Nummer startet mit einem Solo des Kontrabasses, den Marc Vinding virtuos zupft: Wir können wunderbar die Nuancen seines Anschlags hören, wie die Finger das Metall der umsponnenen Saiten berühren und Streifen, wie Vinding mit dem schnellen Bewegen der Greifhand das Vibrato bei länger stehenden Tönen aufbaut, wie er über die Saiten rutsch – das ist fantastisch vom № 5802 gewandelt und verstärkt! Der Ton besitzt das typisch Knurrige, leicht Nasale, das einen Kontrabass auszeichnet, der № 5802 präsentiert ihn zudem mit einer satten Klangfülle – so liefert Marc Vinding ein bassreiches Fundament. Vom Oppo per S/PDIF zugespielt klingt es ein wenig voller, per USB eingespeist hingegen etwas feiner – das gilt auch, wenn bei dem Song später Gesang, Klavier und Schlagzeug einsetzen.
Ruhe und Selbstverständlichkeit
Unabhängig vom Eingang fällt uns sofort auf, wie ungemein ruhig und selbstverständlich die Wiedergabe ist. Wir hören auf realistischer Lautstärke, diesen Pegel würden die Instrumente auch live erreichen – dabei ist der Verstärker gerade mal bei Stufe 45 von maximalen 80. Es sind also noch reichlich Reserven da. Deshalb hat die Wiedergabe die Ruhe weg, und darum lehnen wir uns schon nach wenigen Takten entspannt zurück, tauchen in die Musik ein und genießen die beeindruckende Anwesenheit des Quartetts. Der № 5802 liefert nämlich ein herrlich plastisches, detailreiches und klares Klangbild mit präsenten, aber nicht überbetonten Höhen. So erleben wir mit dem Einsatz von Sine Eeg, wie großartig dem № 5802 die Stimmwiedergabe gelingt: Wir hören selbst zarteste Geräusche wie ihr leises Anatmen, ihr zartes Lippenschmatzen beim Öffnen des Mundes vor der ersten Gesangsphrase – schon durch diese kurzen Momenten sind wir Sine Eeg ganz nah. Dabei steht die Chanteuse im genau richtigen Abstand vor uns, wie auch ihre Begleitcombo, die mit Lars Jansson am Klavier und Morten Lund am Schlagzeug mittlerweile komplett spielt, perfekt positioniert ist. Der № 5802 sorgt für eine schöne Bühne mit sehr guter Tiefenstaffelung.
Upsampling für raffinierteren Klang
Was passiert nun, wenn wir die digitalen Möglichkeiten des Verstärkers nutzen? Wir beginnen mit dem Upsampling – und das bewirkt Erstaunliches: Der Bass, der bislang doch etwas betont war, wird feiner, andererseits ist die Unmittelbarkeit der Instrumente, insbesondere des Schlagzeugs, nun leicht vermindert. Die Entscheidung, was besser klingt, fällt schwer: Ohne Upsampling ist das Musikerlebnis etwas direkter und intensiver, als säßen wir einen Meter näher an der Bühne. Mit Upsampling ist die Wiedergabe geringfügig verfeinert, was dann insbesondere im komplexen Zusammenspiel aller Instrumente die eh schon tolle Transparent um einen Tick steigert. Wir reden hier über Nuancen, aber der Unterschied ist trotzdem deutlich, wenn man sich eingehört hat – und mitunter ist die Wahl von der Musik abhängig. Bei Sine Eeg entscheiden wir uns gegen Upsampling, doch bei dem WDR Sinfonieorchester Köln, das unter der Leitung von Eivind Aadland das berühmte „In der Halle des Bergkönigs“ aus Edvard Griegs Peer Gynt-Suite spielt, sieht es schon anders aus: Ohne Upsampling mag das spektakuläre, immer lauter und schneller werdende Stück noch einen Funken mehr Dynamik haben, dafür bekommen wir mit dem Upsampling einen noch besseren Durchblick und Überblick über das Orchester. Das vermag der № 5802 nämlich ungemein holografisch abzubilden, eben als Klangkörper, und in diesem Körper sind die einzelnen Instrumente wunderbar zu orten – nicht als amorphe Orchesterstimmen, sondern als einzelne Fagotte und Kontrabässe, Geigen und Pauken. Das fast schon explodierende Finale des Satzes haut uns der № 5802 mit einer Kraft um die Ohren, dass wir die nominellen 125 Watt, die Mark Levinson für diesen Verstärker ins Datenblatt schreibt, für eine ziemlich konservative Angabe halten: Wir hören jetzt auf Stufe 60 und bekommen hier bereits eine brachiale Lautstärke geboten.
Digitale Filter-Finessen
Was bewirken nun die verschiedenen PCM-Filter des № 5802? Sie sind unterschiedlich gut geeignet, um die verschiedenen Artefakte zu filtern, die durch die Digitalisierung und die Rückwandlung unvermeidlich auftreten: Schnelle Filter reagieren besser auf ungewünschte hochfrequente Signale, die durch Abtastfehler entstanden sind, vermeiden aber nicht das Ringing, also eine Art ungewolltes Signalecho. Das wiederum haben die langsamen Filter besser im Griff, dafür sind sie schwächer bei der Siebung der hochfrequenten Signale. Auch die weiteren Filter haben ihre Vor- und Nachteile, die die Anleitung alle kurz erklärt. Wem das zu kompliziert ist, der vertraut einfach auf seine Ohren und sucht sich den persönlich besten Filter aus. Voreingestellt ist für PCM-Files „Fast Minimum“. Zuerst hören wir beim Zippen durch die Filter mit Files in CD-Qualität, egal ob mit oder ohne Upsampling, keinen Unterschied, versuchen wir es also mal mit einem per se hochauflösenden Files. Wir wählen „A Trace Of Grace“ von Michel Godard in 384 Kilohertz/32 Bit. Die fantastisch produzierte Aufnahme inszeniert insbesondere das von Godard gespielte exotische Bass-Blasinstrument Serpent – und bei dem betont als Musikbestandteil eingesetzten Blasgeräuschen samt ihrem Verklingen in der Abteikirche des französischen Klosters Noirlac, die als Aufnahmenraum fungiert hat, hören wir die Unterschiede: Mal ist der Raum samt seinem Hall exakter abgebildet, mal erscheint das Serpent präsenter, aber auch schärfer. Schließlich entschieden wir uns für den „Apodiz Fast“-Filter, mit dem uns der Klang am klarsten erscheint, ohne zur Schärfe zu neigen. Es sind aber kleine Nuancen, über die wir hier reden. Bei den DSD-Filtern hören wir, ganz ehrlich, keinen Unterschied. Voreingestellt ist ein Tiefpass von 47 Kilohertz, lassen wir alles bis 50, 60 oder schließlich 70 Kilohertz passieren, erleben wir keine Degradierung des Klangs. Wir haben nun alles, was wir über die Boxen gehört haben, noch einmal über den Kopfhörerausgang ausprobiert, dafür kommt der Focal Utopia Beryllium zum Einsatz – und erleben auch hier eine sehr gute Wiedergabe. Sie bestätigt unseren über die Boxen wahrgenommenen Klangcharakter des № 5802 und intensiviert zugleich unser Eindruck in punkto Upsampling und Einstellung der PCM-und DSD-Filter. Auch beim Streaming per Bluetooth erweist sich der № 5802 als klanglich souverän. Um die mit aptX HD mögliche Qualität nutzen zu können, muss der Zuspieler – in diesem Fall das Smartphone LG V30 – allerdings ebenfalls diesen Codec an Bord haben. So erlebt man auch auf diesem Streaming-Weg eine entspannte Wiedergabe mit diesem exzellenten Verstärker.
Fazit
Mit dem Vollverstärker № 5802 erfüllt Mark Levinson den Traum, sich dem Klang der großen 500er-Serie mit einem erschwinglicheren Preis zu nähern. Der № 5802 glänzt mit großer Transparenz, Klarheit und Räumlichkeit, die Wiedergabe des 125-Watt-Amps ist ungemein kraftvoll und bassstark. Dank der üppigen Reserven spielt der Class AB-Verstärker überaus entspannt und bleibt auch bei höchsten Pegeln absolut souverän. Dabei ist der № 5802 der Spezialist für rein digitale Zuspielungen: Er bietet als Schnittstellen USB-B, AES/EBU und je zwei optische und elektrische S/PDIF-Inputs sowie Streaming per Bluetooth apt X HD. Sein DAC beherrscht HiRes bis PCM 384 Hertz/32 Bit sowie DSD256 und ermöglicht per Upsampling sowie mit den vielfältigen PCM- und DSD-Filterfunktionen die Verfeinerung der Musikfiles zu digitalen Delikatessen, die der № 5802 schließlich als raffinierte Feinkost bietet. Ein Verstärker für Klanggourmets.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Philipp Thielen
Klasse: Referenzklasse
Preis-/Leistung: angemessen
97 of 100
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Technische Daten
Modell: | Mark Levinson № 5802 |
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Produktkategorie: | Stereo-Vollverstärker |
Preis: | 8.000,00 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | Schwarz |
Vertrieb: | Harmann Luxury Audio Group www.marklevinson.com |
Abmessungen (HBT): | 145 x 438 x 507 mm |
Gewicht: | 25,9 kg |
Leistung: | 2 x 125 W / 8 Ω (Herstellerangabe) |
Unterstützte Audo-Formate: | - PCM (WAV/AIFF), FLAC, ALAC, Ogg, MP3 u.a. - DSD nativ, DSD DoP (nur über USB) - MQA |
Maximale Samplingrate/ Auflösung | - PCM: 384 kHz/32 bit (USB) bzw. 192 kHz/24 bit (S/PDIF) - DSD: DSD256 nativ oder DoP (USB) |
Eingänge/Schnittstellen (digital): | 1 x AES/EBU 1 x USB 2.0 Typ B (asynchron) 2 x S/PDIF Cinch (elektrisch; koaxial) 2 x S/PDIF TOSLink (optisch) 1 x Bluetooth apt X HD 1 x USB-A (nur für Updates) 1 x IR-Input 1 x RS-232-Port (für serielle Kontrollbefehle) |
Eingänge (analog): | 1 x Trigger in (für Kontrollbefehle anderer Komponenten) |
Ausgänge (analog): | 1 x Kopfhörer (Klinke, 6,35 mm) 1 x Line mit variablem Pegel (Cinch) 1 x Lautsprecher 1 x Trigger Out (zur Aktivierung anderer Audio-Komponenten) |
Lieferumfang: | - Mark Levinson № 5802 - Fernbedienung - Batterien (2 x AAA) - 2 Netzkabel (Euro, UK) - Bedienungsanleitung + Sicherheitshinweise - Inbus-Schlüssel zum Öffnen der Fernbedienung |
Pros und Contras: | + exzellente, basskräftige Wiedergabe + erstklassige Verarbeitung + HiRes bis PCM 384 kHz/32 Bit und DSD 256 (wahlweise nativ oder DoP) + MQA-Dekoder integriert + Upsampling-Funktion + Digitalfilter-Wahl für PCM und DSD + hochqualitative Fernbedienung - kein WLAN- oder LAN-Streaming - vielschrittige Menüführung, keine direkte Quellenanwahl |
Benotung: | |
Klang (60%): | 97/100 |
Praxis (20%): | 96/100 |
Ausstattung (20%): | 97/100 |
Gesamtnote: | 97/100 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis-/Leistung | angemessen |