Home » Tests » Der Reiz der Röhre: CD 1.10 / AI 1.10 von Canor Audio
28. August 2020von Volker Frech
RedakteurDiese Edel-Kombination verspricht die Faszination des warmen Röhrensounds sowohl für analoge als auch für digitale Quellen: Der Röhren-CD-Spieler Canor Audio CD 1.10 und der Class-A-Röhren-Vollverstärker Canor Audio AI 1.10 bieten als Duo ein CD-Laufwerk, einen HiRes-DAC für PCM und DSD, Schnittstellen für S/PDIF, USB sowie fünf Analog-Eingänge – und dazu mehrere Finessen, die wir in diesem Test entdecken.
Canor? Nie gehört? Das kann gut sein, denn das slowakische Unternehmen aus dem kleinen Städtchen Prešov hat viele Jahre vorwiegend als sogenannter OEM-Hersteller Produkte für diverse bekannte Marken gefertigt. Dieses Geschäft betreibt Canor seit Anfang der 1990er Jahre, doch der Gründungsgrund der Manufaktur war der Spaß an der Eigenentwicklung: Der Ingenieur Zdeňek Březovják und seine Mitbegründer haben über die Entwicklung eines Röhrenvollverstärkers zusammengefunden. Dieses erste serienmäßig hergestellte Canor-Kraftwerk war 1995 der Beginn des eigenen Produkt-Portfolios, das zwar klein, aber überaus fein ist – und mit dem sich Canor nun verstärkt auch in Deutschland bekannt machen möchte. Von den in Handarbeit gefertigten HiFi-Komponenten haben wir vor kurzem bereits das Duo Röhren-CD-Player Canor CD 2.10 / Hybrid-Verstärker Canor AI 2.10 getestet. Nun kommt die Kombination CD 1.10 / AI 1.10 – und wieder sind sowohl der CD-Spieler als auch der Verstärker röhrengetrieben. Dies geschieht „im Interesse einer möglichst musikalischen Klangcharakteristik“, wie uns die Firmeninfo verrät. Wir nennen das einfach mal Liebe zum faszinierenden Röhrenklang – und dieser Faszination gehen wir jetzt auf den Grund.
Außergewöhnliches Design …
Ja, das ist mal ein eigenständiger Auftritt! Die Canor-Kombi CD 1.10 / AI 1.10 bietet ein charakteristisches Design mit absoluter Wiedererkennungs-Garantie: Die Fronten, die aus ein Zentimeter dicken, gebürsteten und eloxierten Aluminium-Platten bestehen, sind von einem breiten, glänzend schwarzen Band durchzogen. In dieses Band ist auf der rechten Seite eine ordentlich große und richtig auffällige Punktmatrix-Anzeige integriert. Dieses grobe Dot-LED-Display ist ein cleveres-Retro-Design-Element, zumal die LED in Bernsteingelb glimmen. Dies ist zugleich eine Anlehnung an die Firmenfarbe, dementsprechend leuchtet auch das zentral in dem Band platzierte Canor-Logo. Zur Abrundung der Illumination ist das darüber thronende, aus Aluminium gefertigte große Stellrad von einem ebenfalls gelben Lichtkranz eingefasst. Diese Beleuchtung kann man in mehrere Stufen dimmen und sogar ganz abschalten. Das schwarzglänzende Band beschreibt auf halber Strecke eine sanfte Welle, so berührt es nicht das Stellrad, touchiert aber den darunter sitzenden „Power“-Taster. Alle weiteren Taster für die Gerätebedienung sind dezent in den schwarzen Gürtel integriert und hier links und rechts neben dem Firmenlogo platziert. Dieses markante Design prägt sämtliche Canor-Produkte, die durchweg im klassischen 43-Zentimeter-Format gehalten sind. Im Falle unserer Test-Kombi sind sowohl der CD-Spieler als auch der Verstärker stattliche 17 Zentimeter hoch und respektable 49 Zentimeter tief. Unser Test-CD-Player weist als Vorab-Modell noch die geringere Tiefe von 37 Zentimetern auf. So oder so: Der schwarze Korpus ist jeweils in stabil-dickwandigem, veredelten Stahlblech ausgeführt. Damit präsentieren sich der CD 1.10 und der AI 1.10 als stattlich-stimmiges Ensemble.
… und ausgezeichnete Qualität
Die Fertigungs- und Verarbeitungsqualität sowohl der Frontplatte als auch des Gehäuses sind ausgezeichnet, auch ein Blick unter die 4,5 Kilo schwere Haube zeigt einen aufwändigen, überlegten Schaltungsaufbau mit cleverem Platinen-Layout und erstklassigen Bauteilen. Diese Qualität erreicht Canor durch Konstruktion, Entwicklung und Fertigung im eigenen Haus: In einer imposanten Produktionshalle in Prešov werden die Gehäuseteile bis hin zur Oberflächenveredlung gefertigt, die selbst entwickelten Spezial-Platinen über eine automatisierte Fertigungsstraße bestückt und verlötet, die Röhren schließlich mit einem selbst entwickelten Mess-System auf Qualität geprüft und mit ihren Daten erfasst. Das erlaubt ein Matching, also eine Auswahl von Röhren mit identischen Betriebsparametern, was wiederum für eine identische Verstärkung des rechten wie des linken Kanals bürgt. Diese komplette Kontrolle über den gesamten Herstellungsprozess ermöglicht eine exzellente Fertigungsgüte – und die sieht man den Komponenten auch an: Sie strahlen eine angenehme Hochwertigkeit aus. Schauen wir uns zuerst den CD 1.10 an.
Canor CD 1.10: einerseits CD-Spieler, …
Beim CD 1.10 suchen wir erst einmal die Möglichkeit, unsere CD einzulegen oder einzuzuschieben. Während beim CD 2.10 ein Slot deutlich sichtbar ist, sehen wir hier: nichts. Drücken wir nun aber den „Open“-Taster, so fährt der Player seine Lade aus. Sie ist optisch perfekt in das schwarze Band integriert. Diese Lade wird zugunsten der Stabilität durch links und rechts flankierende Schienen geführt. So fährt der Schlitten auch wieder schön ruhig in den Player, wenn wir nochmals die „Open“-Taste drücken. Prima! Das CD-Laufwerk, in das der Schlitten die eingelegte CD zieht, ist dann doch zugekauft. Hier kommt ein Top-Modell des bestens beleumundeten Spezialisten Stream Unlimited zum Zuge. Canor hat dieses Laufwerk aber über die Schienen hinaus modifiziert, so ist die Dämpfung gegen Vibrationen optimiert. Kommen wir wieder zurück zur Bedienung. Sie können wir auch über den mitgelieferten Ferngeber vornehmen, doch der komplette Funktionsumfang ist nur am Gerät selbst verfügbar. Der große Metallknopf auf der Front erweist sich als dreh- und drückbar. Durch Drücken startet oder pausiert die Wiedergabe, durch Drehen nach links oder rechts springen wir zum vorherigen oder nächsten Track der CD. Alle anderen Funktionen bedienen wir über das Tastenfeld: Stopp der CD, schneller Vor- und Rücklauf innerhalb eines Tracks, Wiederholung eines oder aller Tracks, Dimmen der Beleuchtung – und dann treffen wir auf einen Taster mit der Bezeichnung „INP“.
… andererseits HiRes-DAC für digitale Zuspieler
„INP“ entpuppt sich als Abkürzung für „Input“. Der CD 1.10 kann nämlich nicht nur CDs abspielen, sondern auch Signale anderer digitaler Quellen annehmen, wandeln und für den nachfolgenden Verstärker aufbereiten. Dafür besitzt er einen eigenen DAC. Dahinter steckt ein Konzept: Während andere Hersteller den DAC in den Verstärker integrieren und damit auch den Preis verstärken, hält Canor seine Amps durchweg konverterfrei und verlagert das Digitale in die Zuspieler, die zusätzlich auch als DAC agieren können. Beim CD 1.10 ist mit dem eingebauten Konverter auch die Zuspielung von HiRes-Files möglich. Hierfür bietet der CD 1.10. sowohl einen optischen als auch einen elektrischen S/PDIF-Input, über den PCM-Files bis zur Güte 192 Kilohertz/24 Bit zuspielbar sind. Hinzu kommt ein USB-B-Port, durch den zusätzlich auch DSD-Files bis DSD256 vom Laptop oder Computer gestreamt werden können. Über die Wahl des Inputs und die zugespielte Datenrate informiert uns das Display, das uns im CD-Betrieb dann auch die Tracknummer, die Laufzeit der aktuell gespielten CD und des laufenden Tracks sowie den Status der Repeat-Funktion anzeigt. Der CD 1.10 kann übrigens auf diesen CD-Betrieb beschränkt als reines Laufwerk eingesetzt werden. Dann gibt er über seinen optischen und seinen elektrischen S/PDIF-Out das Signal an einen externen Digital/Analog-Konverter aus. Ein solcher Stand-alone-DAC soll übrigens bald das Canor-Portfolio erweitern.
Analoge Röhren und digitale Filter
Übernimmt hingegen der CD 1.10 die Signalverarbeitung, so sorgt er mit einem Röhrenensemble für das von Canor angestrebte feine, runde, musikalische Klangbild. In der Stromversorgung kommt eine Gleichrichterröhre vom Typ 6CA4 zum Einsatz. In der analogen Ausgangssektion, die direkt auf den D/A-Wandler folgt, wirkt ein Röhren-Quartett: Es besteht einerseits aus zwei Trioden vom Typ 12AX7, der für Audio-Anwendungen entwickelt worden ist und wegen seiner Rausch-, Klirr- und Mikrofonie-Armut sehr beliebt ist. Hinzu kommen zwei Trioden vom Typ 6922, der zur Familie der ECC88-Röhren gehört. Ihr schreiben etlichen Audiophile den detailliertesten Klang unter allen Triodentypen zu. Dieser Röhrensound ist von Canor gesetzt. Als stolzer Besitzer des CD 1.10 hat man aber im digitalen Bereich des Players die Möglichkeit, den Sound zu verändern. Über die „FIL“-Taste auf der Front kann man zwischen zwei Filterarten des DAC wählen. Die Filter sind beim Umwandeln der digitalen Daten in analoge Töne unverzichtbar, sie müssen alle entstehenden Audio-Artefakte fernhalten, die nicht zur originalen Musik gehört. Bei diesen Filtern hat man nun die Wahl zwischen „natürlich“ und „dynamisch“. Die Veränderung der Filterart zeitigt auch eine Veränderung des Klangs. Schließlich gibt der CD 1.10 sein Signal an den analogen Audio-Ausgängen aus – und hier kommt der nächste Pluspunkt: Neben dem unsymmetrischen, mit Cinch-Buchsen realisierten Ausgang gibt es auch einen symmetrischen, mit XLR-Buchsen ausgeführten Line Out. Die symmetrische Signalführung ist wegen ihrer Resistenz gegen Einstreuungen wie Brummen oder Sirren im Profi-Bereich Standard. Wenn es möglich ist, sollte man also diesen Ausgang verwenden, gerade wenn man etwas längere Kabel anschließt.
Röhrenverstärker Canor AI 1.10: Klasse-Amp in Class A-Technik
Schauen wir uns nun den Verstärker an, der diese Signale entgegennimmt: den AI 1.10. Dieser Amp bietet dafür fünf analoge Eingänge, die durchweg unsymmetrisch sind. Der Verstärker besitzt zwar überdies noch zwei symmetrische XLR-Eingänge, diese sind aber nur und ausschließlich nutzbar, wenn der Am nicht als Stereo-Verstärker betrieben wird, sondern als Monoblock im Verbund mit einem zweiten AI 1.10. Dabei agiert einer als steuernder Master und der andere über eine Datenleitung als Slave, wodurch die Verstärker stets synchron arbeiten und ohne zusätzlichen Vorverstärker auskommen – clever! Dann liefert der Amp auch die doppelte Maximalleistung, nämlich einmal 80 Watt statt zweimal 40 Watt. Diese Leistung erzeugt der AI 1.10 durch eine Röhrenverstärkung in Class A-Schaltung. Dies ist die sauberste und verzerrungsärmste Art, eine Röhre verstärken zu lassen. Sie arbeitet dann nämlich ausschließlich im linearen Bereich und verstärkt das Musiksignal in Gänze als Kontinuum – im Gegensatz zur verbreiteten Class AB-Schaltung, bei der das Signal aufgeteilt und von einem Röhren-Duo verstärkt wird. Die Reinheit der Class A-Schaltung erkauft man allerdings prinzipbedingt mit einem erbärmlichen Wirkungsgrad: Ein Gutteil der investierten Energie geht nicht in die Verstärkung, sondern wird in Wärme umgesetzt. Um trotzdem auf eine gute Leistung zu kommen, wirken im AI 1.10 eine 12AX7 und eine 12AT7 in der Vorstufe und vier KT88-Pentodenröhren in der Endstufe. Diese Röhren sind – wie alle anderen – selektiert, damit sie sich im Betrieb identisch verhalten. Damit das auch permanent so bleibt, verfügt der AI 1.10 über eine Autobias-Funktion. Sie korrigiert jeweils die Voreinstellung, wenn eine Röhre von den Idealwerten abweichen sollte. Zur weiteren Stabilisierung der Verstärkerschaltung besitzt die Endstufensektion eine Kathoden-Gegenkopplung. Eine Gegenkopplung führt einen Teil des Ausgangssignals wieder an den Eingang zurück, dadurch sinkt die Leistung, dafür steigt Kontrolle: So lassen sich etwaige Verzerrungen kompensieren und Frequenzabfälle im Höhen- und Bassbereich ausgleichen, die durch die Ausgangsübertrager verursacht werden können.
Für Klang-Gourmets: Trioden- oder Ultralinear-Modus
Über diesen durchdachten Verstärkeraufbau hinaus bietet uns der Canor AI 1.10 eine schöne Schaltungsdelikatesse: Wir haben die Wahl zwischen dem Trioden-Modus und dem Ultralinear-Betrieb. Dafür gibt es auf der Front, die in Aufbau und Gestaltung perfekt mit dem CD-Player harmoniert, einen Schalter mit der Beschriftung „TR/UL“. Mit seiner Betätigung bewirken wir gleich zwei Veränderungen. Zuerst erreichen wir eine Verdopplung der Leistung, nämlich von zweimal 20 Watt im Trioden-Modus auf zweimal 40 Watt im Ultralinear-Betrieb. Dafür werden die vier Endstufenröhren anders eingesetzt. Diese Röhren sind sogenannte Pentoden. Sie sind leistungsstark und bieten einen hohen Verstärkungsfaktor. Den hohen Wirkungsgrad erkauft man aber mit stärkeren Verzerrungen. Deshalb greift man zu einem clevern Kniff und setzt diese Röhren so ein, als wären sie Trioden. Trioden-Röhren besitzen zwar einen kleineren Verstärkungsfaktor und liefern damit eine geringere Leistung. Doch sie verstärken sehr linear und erzeugen so wesentlich weniger Verzerrungen. Viele Audiophile bevorzugen diesen Trioden-Modus der Pentoden-Röhre, weil sie den Klang klarer, detailreicher und natürlicher wahrnehmen. Um nun mehr Leistung ohne mehr Verzerrungen zu erreichen, wählt man einen zweiten Kniff: Man betreibt die Pentoden-Röhren im sogenannten „Ultralinear-Modus“. Das ist ein guter Kompromiss: Man hat zwar eine etwas geringere Leistungsausbeute als im reinen Pentoden-Modus, doch dafür ist der Klang sauberer und damit näher am Trioden-Modus. Ob nun im leiseren Trioden- oder im kräftigeren Ultralinear-Betrieb: Die Lautstärke des AI 1.10 regelt man über den großen Drehgeber – und hier hört man mit jeder Veränderung des Pegels ein deutliches Klacken. Die Lautstärkeeinstellung erfolgt durch separate Relais für jeden Kanal, dies bürgt für eine perfekte Kanaltrennung. Die Veränderung geschieht in 63 Stufen durch feine Ein-Dezibel-Schritte und erfolgt in allergrößter Präzision: Die Kanalabweichung liegt unter 0,05 Dezibel.
Aufstellung und Betrieb
Da wir es mit Röhren-Komponenten zu tun haben, die im Betrieb ordentlich Wärme produzieren, ist eins klar: Der CD 1.10 und der AI 1.10 stehen nebeneinander, und zwar mit gebührendem Abstand, damit die Hitze auch über die seitlichen Lüftungsschlitze abgeführt werden kann. Vor dem Einschalten kommt die Verkabelung. Röhrenverstärker sollte man niemals ohne angeschlossene Lautsprecher spielen lassen. Damit sie keinen Schaden nehmen, müssen sie ihre erbrachte Verstärkerleistung auch abgeben können. Zu diesem Zweck bietet der AI 1.10 getrennte Klemmen für den Anschluss von Vier-Ohm-Lautsprechern oder Acht-Ohm-Boxen, denn der Amp reagiert auch auch auf die sogenannte Impedanz der Schallwandler. Die steht auf dem Typenschild der Lautsprecher, so erfährt man, welche Klemmen am AI 1.10 man wählen sollte. Nun noch Player und Verstärker verbinden, dann sind die Vorbereitungen abgeschlossen. Nach dem Einschalten auf der Rückseite und nach der Betätigung des Power-Tasters auf der Vorderseite starten sowohl der CD-Spieler als auch der Verstärker einen mehr als einminütigen Aufwärmprozess. Das ist gut investierte Zeit, denn durch diesen sanften Startvorgang wird die Lebensdauer der Röhren deutlich verlängert. Ein zwischenzeitliches Klacken von Relais bedeutet uns, dass die Röhren nun behutsam mit der Versorgungsspannung gespeist werden. Um die Wartezeit zu versüßen, setzt jetzt eine kleine Lightshow ein: Das Canor Logo wird illuminiert, und auf dem Punktmatrix-Display fährt nun von rechts „CANOR“ als Laufschrift rein. Schönes Unterhaltungsprogramm – aber jetzt wollen wir beste Unterhaltung mit Musik.
Die Canor Kombination CD 1.10 / AI 1.10 in der Praxis
Als Lautsprecher kommen die exzellenten, vor Kurzem bereits vorgestellten Canton A 55 zum Zuge, die wir damals mit dem High End-Transistor-Verstärker Hegel H360 und dem SACD-Player Oppo UPD-203 getestet haben. Nun spielt stattdessen die Kombi CD 1.10 / AI 1.10. Wir greifen aber zur gleichen Musik: „Celestial Echo“, eine Kollaboration der Jazz-Sängerin Malia und des Yello-Klangtüftlers Boris Blank. Wir stellen den Verstärker auf Trioden-Modus und auf eine Lautstärke von -30 Dezibel – und sind als erstes erstaunt über den Pegel und die Kraft, die uns schon bei dieser vermeintlich moderaten Einstellung geboten werden: Das ist bereits gehobenste Zimmerlautstärke! Mehr Pegel würden wir im Alltag beim Hören nur selten brauchen – zumal der AI 1.10 auch die Kraft hat, den immensen Tiefton dieser perfekt produzierten Nummer in den Raum zu stellen, so dass wir schon die physischen Auswirkungen dieses Drucks zu spüren bekommen. Dabei behält der AI 1.10 die absolute Kontrolle über den Bass, der Tiefton klingt voll und rund, aber definiert. Sofort danach fällt uns der wunderbare Gesamtklang auf, den die Canor-Kombination bietet: Er besitzt einen wunderschönen Schmelz. Dies ist eine Beschreibung, die man eigentlich für sonore, wohltimbrierte Gesangsstimmen oder für Saiteninstrumente verwendet. Doch der Canor-Kombi gelingt genau eine solche betörende Wiedergabe: Eine feine Silbrigkeit veredelt den Klang, das Zuhören wird zu einem hochentspannten Genuss. Insbesondere der Gesang von Malia, die sich mit ihrer Stimme eh schon als vokale Verführerin erweist, wirkt hier besonders intensiv und attraktiv. Die Wärme der Wiedergabe geht aber nicht auf Kosten der Detailgenauigkeit oder der Akkuratesse: Wir hören bei „Celestial Echo“ die grandiose Tiefe, die Blank mit seinen kunstvollen Hall-Kathedralen und Echo-Kaskaden kreiert, das atemberaubende Umherschwirren und Wabern komplexer Klangschichtungen und elektronischer Geräusche. Alles ist klar, transparent und herrlicher Dreidimensionalität in den Raum gestellt.
Zarter Schmelz und größere Griffigkeit
Wir drehen nun etwas weiter auf, gehen von -30 Dezibel auf -20 Dezibel – und damit sind wir schon bei einem Pegel, der deutlich oberhalb unserer Bedürfnisse liegt. Er ruft auch schon die Redaktionskollegen, die in anderen Räumen sitzen, auf den Plan. Klanglich büßt der Bass allerdings ein wenig an der zuvor erlebten Selbstverständlichkeit ein. Was passiert nun, wenn wir vom Trioden-Modus mit zweimal 20 Watt in den Ultralinear-Betrieb mit zweimal 40 Watt umschalten? Diese Maßnahme sorgt für mehr Reserven und erweist sich bei größeren Lautstärken als segensreich: Der AI 1.10 behält nun auch im Bass bei diesen hohen Pegeln eine amtliche Souveränität und Kontrolle. Das Klangbild ist zudem geringfügig straffer und griffiger. Wer Musik gerne ein wenig analytischer hört, könnte diesen Ultralinear-Betrieb bevorzugen. Dafür ist der betörende Schmelz, gerade bei der Stimme, im Trioden-Modus etwas größer. Nun probieren wir noch etwas aus: Die Canton A 55 weisen eine Impedanz zwischen vier und acht Ohm auf. Wir schließen sie, nachdem wir den Amp ausgeschaltet haben, nun mal an seine Acht-Ohm-Klemmen an. Die Acht-Ohm-Wahl wird von einigen Hörern bevorzugt, gerade für lautes Hören und Rockmusik. Wir probieren es mit „Celestial Echo“ aus, aber auch mit Eva Cassidys Version von „Bridge Over Troubled Water“, live aufgenommen mit Begleitung von Gitarren, Keyboards, Bass und Drums. Das Ergebnis: Stimmen, Gitarren und Keyboards bekommen so durchaus etwas mehr Glanz, die Drums auch ein Quäntchen mehr Drive, dafür erweist sich der Bass im Vier-Ohm-Betrieb als kontrollierter und voluminöser, der Gesamtklang ist dadurch wieder deutlich runder.
HiRes mit Dynamik-Option
Kommen wir nun noch zu den Möglichkeiten des CD 1.10: Er kann ja mehr als nur CDs vorzüglich abspielen, er besorgt ja auch die Wandlung der Daten in analoge Signale – und das auch für zugespielte Files selbst in HiRes-Qualität. Im DSD-Format geht es sogar bis DSD256, und diese Möglichkeit nutzen wir mit der in jeder Beziehung ausgezeichneten Einspielung der „Vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi in der Interpretation von Rachel Podger und dem Ensemble Brecon Baroque. Wir spielen den Track per USB vom Laptop über die audiophile und HiRes-fähige Player-Software Audirvana zu. Beim Hören des „Largo“ aus dem „Winter“ erleben wir eine Wiedergabe zum Dahinschmelzen: Die Canor-Combi präsentiert uns den Satz mit einer atemberaubenden Transparenz und Frische und einer räumlichen Staffelung, die quasi einen Gang durch das ganze Kammerorchester ermöglicht. Hier ist jede Kleinigkeit bis hin zu feinsten Abweichungen der einzelnen Geigen in der Intonation heraushörbar. Die Frische ist aber noch steigerbar: Beim CD 1.10 kann man ja mit einem Tasterdruck den Charakter der Konverter-Filterung verändern. Wir schalten hier von „normal“ auf „dynamisch“ um – und dieser Name macht dem Filter alle Ehre: Das Kammerensemble verströmt nun noch mehr Brillanz, zudem erscheint auch die Lautstärke ein wenig höher. Was für ein Unterschied! Testen wir das gleich auch mal für PCM: Hier greifen wir mit „Today, Today Today“ zu einer Nummer, die der Songwriter James Taylor mit einer vielköpfigen Begleitcombo eingespielt hat, auch dies ist eine sehr gut produzierte Aufnahme. Hier allerdings fällt der Unterschied zwischen den Filtern geradezu homöopathisch aus. Da muss man lange hinhören, um dem dynamischen Filter vielleicht etwas mehr Frische abgewinnen zu wollen. Letztendlich bleiben wir sowohl bei PCM als auch bei DSD beim „neutral“-Filter. So ist der Musikgenuss auf Dauer am stimmigsten und bewahrt die Entspanntheit der Wiedergabe, die wir von Anfang an genossen haben.
Fazit
Das ist der Reiz der Röhre: Der CD-Spieler Canor Audio CD 1.10 und der Vollverstärker Canor Audio AI 1.10 bieten klanglich jenen Schmelz und jene Wärme, die die Faszination des Röhrensounds ausmachen und gerade Stimmen eine magische Anziehungskraft verleihen. Dabei liefert der AI 1.10 als Class-A-Röhren-Amp einen wunderbar reinen, harmonischen Klang, der durch die Umschaltung vom Triodenmodus in den Ultralinear-Betrieb neben mehr Kraft und Kontrolle eine größere Griffigkeit bietet – und eine Leistungsverdopplung von zweimal 20 auf zweimal 40 Watt. Das genügt, um satteste Lautstärken souverän auch mit fordernden Standlautsprechern zu erzielen. Der Röhren-CD-Spieler Canor Audio CD 1.10 übernimmt bei dieser Kombination den digitalen Part: Neben dem CD-Laufwerk besitzt er die USB- und S/PDIF-Schnittstellen sowie den DAC, mit dem HiRes bis PCM 192 Kilohertz/24 Bit und DSD bis DSD256 möglich sind. Mit dem AI 1.10/CD 1.10-Gespann ist Canor eine exzellente Kombination geglückt, die auch optisch harmoniert: Durch die charakteristische Formgebung inklusive Retro-Display ragt dieses Röhren-Duo auch in punkto Design heraus.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Philipp Thielen
Klasse: Referenzklasse
Preis-/Leistung: hervorragend
96 of 100
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Technische Daten
Modell: | Canor Audio CD 1.10 |
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Produktkategorie: | Röhren-CD-Spieler / DAC |
Preis: | 4.990,00 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | Silber, Schwarz |
Vertrieb: | IDC Klaassen, Lünen Tel.: 0231 / 2217 8822 www.idc-klaassen.com |
Abmessungen (HBT): | 170 x 435 x 490 mm |
Gewicht: | 15,7 kg |
Eingänge (digital): | 1 x USB-B 1 x S/PDIF optisch (TOSLink) 1 x S/PDIF elektrisch (Cinch) |
Maximale Samplingrate/ Auflösung (Eingänge): | - USB: PCM 192 kHz/24 bit, DSD256 - S/PDIF: PCM 192 kHz/24 bit |
Ausgänge (digital): | 1 x S/PDIF optisch (TOSLink) 1 x S/PDIF elektrisch (Cinch) |
Ausgänge (analog): | 1 x symmetrisch (XLR) 1 x unsymmetrisch (Cinch) |
Ausgangsspannung (analog): | - symmetrisch: 4 Vrms (Herstellerangabe) - symmetrisch: 2 Vrms (Herstellerangabe) |
Ausgangsimpedanz (analog): | < 200 Ohm (Herstellerangaben) |
Geräuschspannungsabstand: | - symmetrisch: > 110 dB (20 Hz - 20 kHz) - unsymmetrisch: > 95 dB (20 Hz 20 kHz) (Herstellerangabe) |
Frequenzgang: | 20 Hz – 20 kHz (-0,8 dB) (Herstellerangabe) |
Verwendete Röhren: | 2 x 12AX7 2 x 6922 1 x 6CA4 |
Lieferumfang: | - Canor Audio CD 1.10 - Netzkabel - Fernbedienung inklusive 2 AAA-Batterien - Bedienungsanleitung (Englisch) |
Pros und Kontras: | + ausgezeichneter, warmer Röhren-Klang + USB- und S/PDIF-Schnittstellen zum Anschluss digitaler Quellen + HiRes-DAC für PCM und DSD + DAC extern nutzbar + 2 DAC-Filter wählbar: normal/dynamisch als pures Laufwerk nutzbar dank zweier S/PDIF-Ausgänge + symmetrischer Ausgang (XLR) + hervorragende Verarbeitung + eigenständiges Design mit exzellent lesbarem Display + Fernbedienung - DAC limitiert auf 192 Kilohertz/24 Bit |
Modell: | Canor Audio AI 1.10 |
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Produktkategorie: | Röhren-Vollverstärker (Stereo) |
Preis: | 6.490,00 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | Silber, Schwarz |
Vertrieb: | IDC Klaassen, Lünen Tel.: 0231 / 2217 8822 www.idc-klaassen.com |
Abmessungen (HBT): | 170 x 435 x 485 mm |
Gewicht: | 22,9 kg |
Eingänge (analog): | 5 x Line unsymmetrisch (Cinch) |
Ausgangsleistung: | - Trioden-Modus: 2 x 20 W an 4 Ω und 8 Ω - Ultralinear-Modus: 2 x 40 W an 4 Ω und 8 Ω |
Ausgangsimpedanz (analog): | < 200 Ohm (Herstellerangaben) |
Geräuschspannungsabstand: | > 95 dB (Herstellerangabe) |
Klirrfaktor: | < 0,05 % / 1 kHz, 5 W (Herstellerangabe) |
Frequenzgang: | 10 Hz - 50 kHz ±0,5 dB / 5 W (Herstellerangabe) |
Verwendete Röhren: | 1 x 12AX7 2 x 12AT7 4 x KT88 |
Lieferumfang: | - Canor Audio AI 1.10 - Fernbedienung inklusive 2 AAA-Batterien - 2 KT 88 Endstufen-Ersatzröhren - Schraubendreher - Handschuhe - CD mit USB-Treiber für Windwows - Bedienungsanleitung (Englisch) |
Pros und Kontras: | + ausgezeichneter, warmer Röhren-Klang + hohe Linearität und geringe Verzerrung dank Class A-Betrieb + hervorragende Verarbeitung + im Betrieb umschaltbar zwischen Trioden- und Ultralinearmodus + Verstärker kann im Monoblock-Modus mit 80 W Leistung betrieben werden + Master/Slave-Modus zur gemeinsamen Bedienung zweier Verstärker ohne zusätzlichen Vorverstärker + vollkommene Kanaltrennung durch separate Relais-Lautstärkeeinstellung für jeden Kanal + Anschlussklemmen für den Anschluss von 4 Ω- und 8 Ω-Boxen - kein symmetrischer Eingang |
Modelle: | Canor Audio CD 1.10 / AI 1.10 |
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Benotung: | |
Klang (60%): | 96/100 |
Praxis (20%): | 97/100 |
Ausstattung (20%): | 97/100 |
Gesamtnote: | 96/100 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis-/Leistung | hervorragend |
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