Home » Tests » AudioQuest DragonFly Cobalt – Praktischer DAC in USB-Stick-Form
23. Februar 2022von Dominik Schirach
Die Libellenfamilie der mobilen Audiowandler aus dem Hause AudioQuest ist um ein drittes Mitglied gewachsen. Hier handelt es sich allerdings nicht um eine einfache Neuauflage mit anderem Anstrich, sondern um ein waschechtes Upgrade. Viele Weiterentwicklungen seit dem DragonFly Red sollen den Musikgenuss in noch höhere Sphären treiben. Mit 299,00 Euro steigt auf jeden Fall schon mal der Preis gegenüber dem roten Vorgänger um 100 Euro. Ob die sich die Qualität adäquat dazu verbessert hat und wieso so ein mobiler Wandler das Leben bereichert, schauen wir uns im Folgenden an.
Irgendwann haben wir alle mal mitbekommen, dass CD besser ist als MP3. Da schlicht mehr Audio-Informationen gespeichert werden können. Bei Bildern ist uns das klar. Mehr Auflösung bedeutet mehr Details, aber auch mehr Daten. Und was das Auge nicht sieht, muss man auch nicht darstellen. In der Welt des Audio-Streamings mit all ihren Codecs und Qualitätsabstufungen lassen sich schnell die falschen Schlüsse ziehen. Getreu dem Motto, wenn Spotify ausschließlich stark komprimierte Musik streamt, wäre es doch vergeben, dann noch in hochwertiges Abhörequipment zu investieren, oder? Und genau das ist nur die halbe Wahrheit. Zwischen Server und Ohr passieren noch eine Menge weiterer Schritte, die es sich anzuschauen lohnt. Und hier kommt die Wandlung von digitalen Daten zu analogen Signalen sowie deren klangliche Interpretation ins Spiel. Spezialisierte Konverter versprechen den Klang zu verbessern und lösen nebenbei noch einige andere Probleme, vor denen audiophile Nutzer vor allem unterwegs stehen.
Klangexperte im Stick-Format
Zuerst muss ich ein Geständnis machen. Ich ging lange davon aus, dass alle Klinkenbuchsen im Grunde gleich sind. Wie falsch ich doch lag. Da die Sound-Affinität bei vielen Nutzern eine untergeordnete Rolle spielt, wird auch nur das Nötigste verbaut. Und im Smartphone-Bereich wird alles dem Bildschirm untergeordnet. Reduktion aufs Nötigste. Die Verarbeitung des Audio-Signals wird von Chips übernommen, die das zwar auch können, aber nicht die besten auf diesem Gebiet sind. Zum Glück gibt es aber auch Firmen, die genau in die andere Richtung arbeiten. Die Komponenten verbauen, die allein zur Klangverarbeitung da sind. Der Digital/Analog-Wandler (Englisch DAC für Digital/Audio-Converter) macht ausschließlich das, was sein Name uns schon verrät. Daher kann vom Hersteller jede Komponente auf diesen Vorgang abgestimmt werden. Der Testkandidat ist ein solcher DAC für den mobilen Einsatz im unscheinbaren Mantel eines USB-Sticks.
Das Zuhause der Libelle
AudioQuest aus Kalifornien steht seit seinen Anfängen 1978 eher für Produkte, die Vorhandenes verbessern und nicht das Rad neu erfinden. So bildeten hochwertige Kabel, Adapter und Klangverbesserer den Mittelpunkt der Produktion. Vor etwa zehn Jahren betrat der DragonFly als erster Vertreter der Digital-Analog-Wandler in USB-Stick-Form die Bühne und mischte die Audiowelt ordentlich auf. HiFi-Sound für unterwegs. Das war schon was. Der Hersteller entwickelte das System stetig weiter und spendierte dem schwarzen Erstling 2016 ein Upgrade, welches auf den Namen DragonFly Black hört, sowie eine verbesserte Premium-Variante in Rot. Vier Jahre später setzt der Cobalt nun noch mal einen oben drauf. Die Vorgänger sind dabei keinesfalls obsolet geworden. Vielmehr hält man für verschiedene Ansprüche und Budgets Lösungen parat. So ist es nachvollziehbar, dass sich die Mehrinvestition lohnt und hier Innovationen und nicht nur alter Wein in neuen Schläuchen verkauft wird.
Was ist drin
In der Verpackung befinden sich neben dem AudioQuest DragonFly Cobalt ein schwarzes Kunstleder-Etui und ein hochwertiges USB-Adapterkabel A auf C. Dieser sehr robuste Teil mit dem klangvollen Namen Dragontail schlägt im Einzelverkauf mit 29,95 Euro zu Buche. Mit diesem kann der DAC an allen mobilen Endgeräten betrieben werden, die über einen USB-C Anschluss verfügen. Das kleine Lederetui ist knapp bemessen, aber so fällt der Stick auch nicht versehentlich heraus. Schon allein als Hort für die Verschlusskappe ist es eine sinnvolle Dreingabe. Die Anleitung ist ausschließlich in Englisch, dafür aber sehr ausführlich und detailliert. On top spendiert Audioquest zwei Monate für Tidals HiFi-Abo. Der Testkandidat ist betriebsfertig und benötigt an keinem System spezielle Treiber. Sogar Linux wird offiziell unterstützt, allerdings ohne Benutzersupport. Wir können den Testkandidaten also direkt einstöpseln und loslegen. Aber warum genau ist so ein Wandler eigentlich wichtig? Ein kleiner Exkurs.
Von Digital zu Analog
Digital gespeicherte Musik ist, egal ob im Stream auf der Festplatte gespeichert, eine Datei. Eine schier endlose, aber fixe Abfolge von Nullen und Einsen. Wahrnehmbare Musik ist Schall. Dieser entsteht aus elektronischen Impulsen, die sich ständig ändern und so einen Lautsprecher antreiben. Um das eine in das andere zu übersetzen, brauchen wir einen entsprechenden Wandler. Diese Aufgabe übernimmt der DAC. Dieser wandelt die Daten in ein analoges Signal um, das dann über einen Output, meist in Form von 3,5 Millimeter Klinke- oder Cinch-Anschlüssen, ausgegeben wird. So weit, so vereinfacht. Musik liegt oft in komprimierter Form als MP3 oder in einem anderen Datenformat vor. Formate wie dieses und seine Nachfolger nutzen eine Reihe von Algorithmen, um eine Audio-Datei durch Reduktion der enthaltenen Informationen auf einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Größe zu schrumpfen. Beim Decodieren läuft der Vorgang dann rückwärts, um das ursprüngliche Signal wieder herzustellen.
Nicht ohne Verluste
Wenn für diesen Vorgang sogenannte lossy – beziehungsweise verlustbehaftete – Codecs zum Einsatz kommen, gehen beim kodieren Informationen unwiederbringlich verloren. Im Sinne des Erfinders sollen das nur die Anteile am Sound sein, die der Mensch ohnehin kaum oder garnicht hören kann. Das klappt meist mehr oder weniger gut. Und es ist natürlich auch von der verwendeten Bitrate und dem Format abhängig. Und dann gibt es noch die lossless, also verlustfreie, Codecs. Eine Komprimierung bedeutet nicht automatisch, dass Informationen verloren gehen. Wir kennen das zum Beispiel von der ZIP-Datei. Formate wie FLAC oder ALAC sind auf Audio-Informationen spezialisierte Verfahren zur Datenkompression, bei denen keine Klanganteile verloren gehen sollen. Aber genug von der trockenen Theorie. Im Raum steht nach wie vor die Frage, warum Geld für etwas ausgeben, was meist schon da oder wesentlich billiger zu bekommen ist. Zeit, den DragonFly in Betrieb zu nehmen.
Anschluss und Inbetriebnahme
Laut AudioQuest wird der Cobalt mit der aktuellsten Firmware ausgeliefert. Ein Update ist derzeit also nicht nötig. Sobald er an einen USB-Port angeschossen wurde, erkennt das System den DAC als Ausgabegerät. Unter Windows und MacOS muss man die Bitrate manuell in den Soundeinstellungen ändern. Soll HiRes-Audio korrekt wiedergegeben werden, gilt es die Bitrate entsprechend anzupassen. Manche Apps können durch Verwendung des exklusiven Modus diese Einstellungen umgehen und passen das Format entsprechend der Quelle an. Anders ist es bei mobilen Geräten von Apple. iPhone und iPad geben die Quelle bitratentreu an den Cobalt weiter. Zumindest bis 96 Kilohertz. Alles darüber wird entsprechend durch Resampling auf diesen Grenzwert heruntergerechnet. Ein Zugeständnis an den treiberlosen Betrieb, der maximal diese Rate erlaubt. An Android-Geräten werden grundsätzlich alle Audiosignale auf 48 Kilohertz resampled. BitPlayer und Tidal bieten hier aber Workarounds, in dem sie die Android-interne Verarbeitung umgehen.
Die inneren Werte
Im Stick sorgt ein ES9038Q2M-Sabre-Chip von ESS-Technology für die D/A-Wandlung. Gegenüber den Vorläufern verspricht dieser einen niedrigeren Energieverbrauch und verbessertes Filterverhalten. Insbesondere Letzteres soll durch eine langsamen roll-off mit minimaler Phasenverschiebung für ein natürliches und unverfälschtes Klangbild sorgen. Wie schon beim DragonFly Red kommt ein ESS Sabre 9601 Verstärker zum Einsatz. Mit 2,1 Volt Ausgangsleistung soll dieser auch trägeren Schallwandlern ordentlich Dampf machen. Störungen durch elektronische Einstreuungen oder Funksignale will man deutlich reduziert haben. Auf dem Papier sieht es also aus, als hätte man die DragonFly-Serie um einen amtlichen Neuzugang bereichert, der den Aufpreis auch wert ist. Ob sich das auch im Sound niederschlägt und wie sich der Cobalt im Feld macht, schauen wir uns als Nächstes an. Für die erste Runde schließe ich den Testkandidaten an ein iPhone an und benutze den geschlossenen Kopfhörer Sony WH-1000XM3.
Klare Tiefen
Die klanglichen Verbesserungen durch den AudioQuest DragonFly Cobalt sind direkt hörbar. Verglichen mit dem Direktanschluss meiner Kopfhörer an die Klinkenbuchse des MacBooks erklingt die Musik nun mit mehr Details, Klarheit und einer klarer definierten Räumlichkeit. Im Bassbereich sorgt eine saubere Abbildung der Transienten für mehr Musikalität. Vor allem auf geschlossenen Over-Ear-Modellen verschwimmen die Tiefen teilweise zu einem etwas undefinierten, wummernden Brei. Bisher schob ich den suboptimalen Klang auf das Zusammenspiel von Spotify und dem Frequenzgang des Schallwandlers. Der Cobalt zeigt mir, dass da noch Einiges geht und räumt im Tiefen und den unteren Mitten richtig auf. Moderner Power-Pop wie „Dangerous Nights“ von Thirty Seconds To Mars gewinnt so noch mal deutlich an Hörvergnügen. Aus wummernden Bässen werden nachvollziehbare, groovende Lines. Das durchdachte Motiv der Drums wird klar. Die Stimme erhält ein warmes Fundament, was Letos leidenschaftlich geschrienen Gesang sehr viel angenehmer zu hören macht.
In der Mitte liegt die Kraft
Im Mittenbereich zwischen fünfhundert Herz und fünf Kilohertz spielt sich das Gros der Musik ab. Hier erklingt die menschliche Stimme und das was die meisten Instrumente definiert. Naturgemäß ist es hier also voll. Eine klare Trennung und gute Hörbarkeit aller Elemente sind was einen wirklich guten Song ausmacht. Der DragonFly Cobalt legt auch hier zielsicher Hand an. Wenn auch meines Eindrucks nach nicht ganz so fest, wie in tieferen und hohen Bereichen. Sofort fällt eine angenehme Trennung aller Elemente auf. Stimmen werden etwas nach vorne geholt. Im höheren Mittenbereich, wo Stimmen und Becken sich überschneiden, sorgt der Testkandidat ebenfalls für differenziertes Spiel. Überhaupt lohnt es sich mal darauf zu achten mit welcher Präzision vor allem die gerne leiernden Hi-Hats abgebildet werden. Hier muss ich meine Kopfhörer von jeder Schuld freisprechen. Die Klinkenbuchse eines MacBooks ist kein geeignetes Glied für eine hochwertige Wiedergabekette.
Aufgeräumtes Top-End
Auch im Höhenbereich greift der DAC-Stick beherzt zu. Hohe Mitten und Top-End wirken viel definierter und sanfter. Vor allem auf Kopfhörern sorgt das für mehr Räumlichkeit. Drums, Percussion und andere Rhythmus-Instrumente erklingen mit höherer Präzision. In den Höhen findet sich ein Großteil der Klanginformation, die eine Aufnahme klar und luftig erscheinen lässt. Die meisten von uns können im hohen Bereich nicht besonders differenziert hören. Ab sechzehn Hertz ist auch für junge, geübte Ohren meist Schluss. Wird dieser Bereich jedoch beschnitten oder unzureichend dynamisch wiedergegeben, fehlen viele Informationen. Zum Beispiel die über den Raum, in dem sich die Aufnahme abspielt. Eine unverfälschte Wiedergabe über das komplette Spektrum hinweg ist absolut essenziell, wenn man ein Werk so hören möchte, wie der Künstler es sich vorgestellt hat. Obendrein habe ich das Gefühl, dass der Gesamtklang durch die aufgeräumten Höhen wärmer wird und unangenehme Zischlaute reduziert werden.
Die Libelle weist den Weg
Unterhalb des DragonFly-Schriftzugs ist eine LED in Form des namensgebenden Insekts angebracht. Die sieht nicht nur schick aus, sondern gibt via Färbung Auskunft über die Bitrate des aktuellen Signals. Dabei steht grün für 44,1 Kilohertz, blau zeigt 48 an. Überträgt der Stream mit 88,2 Kilohertz färbt sich die LED gelblich und bei 96 Magenta. Wird eine MQA-Datei von Tidal übertragen, sehen wir dies durch ein violettes Leuchten. Rot bedeutet, dass gerade nichts gewandelt wird. Dadurch lassen sich mit einem Blick auch direkt potenzielle Fehlerquellen adressieren. Zum Beispiel ob die Quelle wie gewünscht ausgegeben wird, oder vor dem Ausgang ein Resampling stattfindet. Das macht den gezielten Eingriff in die Systemsteuerung an Mac und PC möglich. Oder wir sehen, ob unter Android Programme wie der BitPlayer das gewünschte Ergebnis liefern. Eine einfache, aber tolle Technik, die ich mir in mehr Geräten wünschen würde.
DragonFly Cobalt – macht Hören schöner
Zusammenfassend kann ich nur Begeisterung für den kleinen DAC aufbringen. Musikhören macht einfach Spaß. Beim ersten Hören hat mich der Sound geradezu mit seiner Fülle, Luftigkeit und kraftvoller Interpretation umgehauen. Ein A/B-Vergleich ist auf jeden Fall angeraten. Ich war erstaunt, was in meinen altgedienten Kopfhörern und betagten MP3-Sammlungen drinsteckt. Durch die hochwertigen Klangfilter des Cobalt werden auch Quellen bescheidener Qualität besser anhörbar. Davon profitieren in großem Maße auch ältere Musiksammlungen im MP3-Format. Aber auch Videos auf YouTube und Hörbücher, bei denen es mit der Datenreduktion etwas zu gut gemeint wurde. Tiefen werden besser rekonstruiert. Der Obertonbereich, in dem sich unangenehme Zerrtöne und Kompressionsartefakte tummeln, wird effektiv abgeschliffen. Und natürlich stellt die Möglichkeit den Wandler an nahezu jedem System einsetzen zu können einen der größten Pluspunkte dar. Ich möchte behaupten, dass der Wandler jedem integrierten Ausgang haushoch überlegen ist.
Fazit
Für die mobile Nutzung mag Audio jenseits von CD-Qualität nur eingeschränkt interessant sein. Umgebungsgeräusche verhindern auch bei guter Geräuschisolation, dass jedes Detail aufgenommen werden kann. Aber die Vorteile überwiegen massiv. Durch die Power des integrierten Vorverstärkers wird schon auf niedriger Lautstärke eine großartige Fülle und Klangtreue erreicht. So muss man die Musik gar nicht so laut hören, damit sie kraftvoll klingt. Aber auch für die Nutzung zu Hause ist der DragonFly Cobalt eine feine Sache. Wer ein paar potente Aktivboxen sein Eigen nennt, kann diesen so eine noch bessere Performance entlocken. Ein natürlicherer Sound, definierte Transienten, wärmerer Klang und weichere Höhen. So lässt sich der fantastische Sound zusammenfassen. AudioQuests Königslibelle empfiehlt sich als hochgradig musikalischer Allrounder für fast alle Lebenslagen. Der Preis von 299,00 Euro ist nicht unbedingt ein Schnäppchen. Doch der Sound und die Freude am Hören rechtfertigen ihn ohne Zweifel. Ich hab jetzt immer einen dabei.
Test & Text: Dominik Schirach
Fotos: Philipp Thielen
Klasse: Mittelklasse
Preis-/Leistung: gut
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Technische Daten
Modell: | AudioQuest DragonFly Cobalt |
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Produktkategorie: | Mobiler DAC/ Kopfhörerverstärker |
Preis: | 299 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | Blau Metallic |
Vertrieb: | Audioquest, Rosendaal (NL) +31 165 541404 www.audioquest.de |
Abmessungen (H x B x T): | 12 x 19 x 57 mm |
Gewicht: | 20 Gramm |
Eingänge: | 1 x USB-A |
Ausgänge: | 1 x 3,5 mm Kopfhörerausgang |
Ausgangsspannung: | 2,1 Volt (Herstellerangabe) |
Unterstützte Formate: | PCM bis 96 kHz, 24 Bit |
Lieferumfang: | 1 x Dragonfly Cobalt 1 x Adapter USB-A-C 1 x Lederetui 1 x Anleitung 1 x Gutschein TIDAL HiFi |
Pro & Contra: | + großartige Aufwertung des Sounds + verbesserte Räumlichkeit und Definition + mit allen OS kompatibel + praktisch für unterwegs und zu Hause + einfache Handhabung -höherer Stromverbrauch im Vergleich mit Vorgänger |
Benotung: | |
Klang (60%): | 79/80 |
Praxis (20%): | 80/80 |
Ausstattung (20%): | 80/80 |
Gesamtnote: | 80/80 |
Klasse: | Mittelklasse |
Preis/Leistung: | gut |