Home » Tests » Wilson Audio TuneTot – Kompakte Imposanz
15. Mai 2022von Volker Frech
RedakteurMit der TuneTot will die High End-Manufaktur Wilson Audio die überragenden Wiedergabequalitäten ihrer raumgreifenden Referenz-Standlautsprecher im kompakten Monitor-Format bieten – und diese Klangmagie soll der Zwei-Wege-Schallwandler selbst auf Regalen und Soundboards entfalten. Wir sind gespannt …
So kann es gehen: Dave Wilson, Gründer des weltberühmten Lautsprecher-Herstellers Wilson Audio, baute 1985 einen Kompaktmonitor für den Einsatz in seinem Tonstudio – die auf dem Markt erhältlichen Monitore konnten seinen Anspruch an Reinheit und Ehrlichkeit nicht erfüllen. Die für den Eigenbedarf entwickelte „Wilson Audio TinyTot“, kurz WATT, war bald hochbegehrt. Die dann folgende Kombination mit dem Subwoofer „Puppy“ geriet – in immer neuen Modellgenerationen und Abwandlungen – zum grundlegenden Erfolgs-Standlautsprecher des amerikanischen Schallwandler-Spezialisten. Eine Hommage an diesen legendären Urspungs-Monitor ist nun die „Wilson Audio TuneTot“. Der Sohn Daryl Wilson hat sie zusammen mit dem Team der Wilson Special Applications Engineering (WSAE) entwickelt. Sie heißt abgekürzt ebenfalls WATT, punktet natürlich mit den grundlegenden Charakteristika des Ahnen, ist aber zugleich mit neuesten Top-Technologien gespickt. So soll die TuneTot Wilsons Audio-Markenzeichen der großen Standlautsprecher selbst auf dem Regal, dem Sideboard und dem Desktop bieten. Schauen wir uns die TuneTot näher an!
Imposanter Auftritt
Die TuneTot mag der kleinste und am wenigsten kostspielige Schallwandler im Wilson-Portfolio sein. Doch hinter ihr steckt dasselbe Entwicklerteam, das mit der WAMM Master Chronosonic das schallwandlerische Opus Magnum der Amerikaner gebaut hat. In der TuneTot steckt zudem die gleiche Gehäuse- und Treiber-Technologie wie in den großen Modellen. So leiten sich die Korpus-Konstruktion und die Chassis direkt von der Alexx V und der SabrinaX ab. Doch allein schon optisch ist die TuneTot sofort als eine Wilson erkennbar: Wir sehen den sich nach oben hin verjüngenden Korpus, der bei der TuneTot fast die Form einer abgeflachten Pyramide ergibt. Wir sehen die typischen Filz-Arealen auf der Front mit der sternförmig gezackten Einfassung des Hochtöners. Und die Wilson-übliche exzellente Verarbeitung sorgt im Ganzen dafür, dass die TuneTot trotz ihrer kompakten Maße von 38 mal 22 x 26 Zentimetern einen imposanten Auftritt hat.
Funkelnde Flächen, glänzendes Finish
Dafür sorgt natürlich auch die wunderschöne, makellose Lackierung. Unser Testmodell kommt in „Carbon“. Dieses Dunkelanthrazit ist, wenn man näher hinguckt, mit feinsten Goldpartikeln dotiert. Sie sorgen für ein leichtes Funkeln der Flächen. Zu diesem Metallic-Effect kommt ein High Gloss-Finish – und das sorgt im Zusammenspiel für die glänzende Erscheinung der TuneTot, aber auch für eine schöne Tiefe der Lackierung. Man kann eigentlich kaum anders: Das Coating verführt geradezu zum Darüberstreichen. Auch diese luxuriöse Lackierung zeigt den qualitativen Höchstanspruch, mit dem Wilson Audio seine Lautsprecher fertigt. Carbon ist dabei eine der insgesamt fünf „WilsonGloss Standard Colors“. Hinzu kommen zahlreiche aufpreispflichtige „Upgrade Colors“ und „Premium Pearl“-Lackierungen. Das ergibt insgesamt eine Palette von 22 attraktiven Farben. Zu ihnen kommen nun noch Wunsch-Lackierungen: Wer möchte, kann das Gehäuse der TuneTot individuell im Rahmen des RAL-Spektrums lackieren lassen.
Pyramidaler Korpus mit Hightech-Materialien
Unter dieser edlen Hülle der TuneTot steckt ein echter Hightech-Korpus. Beim Gehäuse betreibt Wilson Audio seit jeher einen extremen Aufwand. Wohl kaum ein anderer Hersteller leistet sich auf der Suche nach dem idealen Korpus-Material eine derart intensive Forschungsarbeit. Ein Einzelwerkstoff, so die Erkenntnis, erfüllt dabei nicht alle Anforderungen. So bieten etwa weiche Materialien eine gute Dämpfung, sind aber der Dynamik abträglich. Deshalb ist Wilson auf Kunststein, Verbundmaterialien und Laminate gekommen. Bei der TuneTot treten nun gleich zwei Wilson-Werkstoff-Entwicklungen in Kombination auf: Das „X-Material“, das ein träger Verbundwerkstoff mit hohe innere Dämpfung ist, und das „S-Material“, welches insbesondere die Akkuratesse und Sonorität der Mitten bewahren soll. Die Wahl der Werkstoffe und ihre Einsatzbereiche folgen dabei einer akribischen, Nanometer-genauen Vibrationsanalyse mittels Laservermessung. Der Vermeidung von Resonanzen und Reflexionen dienen zudem ein innseitiges Maßnahmenbündel, das Wilson unter dem Namen „Internal Reflection Management System“ zusammenfasst, und die pyramidale Korpusform, die keine parallelen Wände aufweist.
Frontschrägung und Korpusneigung für stimmige Wiedergabe
Die Frontschrägung ist dabei nicht nur Teil der Formgebung, sondern bewirkt auch einen geometrischen Versatz der beiden Chassis: Betrachte man die TuneTot im Profil, ist der Tweeter gegenüber dem Woofer leicht zurückgesetzt. Dies gleicht den zeitlichen Versatz zwischen den Hochton- und den Mitteltiefton-Schallanteilen aus, der bei der Abstrahlung technisch bedingt auftritt. Diese Ausrichtung der Chassis zugunsten eines perfekten Timings aller Schallanteile ist unter dem Stichwort „Time Domain“ ein zentrales Wilson Audio-Thema. Bei den ganz großen Modellen bis hin zur WAMM Master Chronosonic betreibt Wilson diese Ausrichtung geradezu exzessiv mit justierbaren Einzelgehäusen für jedes Chassis. Bei der TuneTot, die aus einem Korpus besteht, wird dieser Ausgleich durch die Frontschrägung vorgenommen und überdies durch einfach-effektives Tuning optimiert: In den Gehäuseboden werden zwei kurze und zwei lange Spikes geschraubt. Die langen Spezial-Spikes ermöglichen es, die Neigung des Lautsprecher so zu verändern, dass die Wiedergabe genau auf Ohrhöhe des Hörers stimmig-homogen ist.
Optimiertes Chassis-Duo
Damit sind wir bei den Chassis – und bei dem einzigen Bereich, in dem Wilson nicht mit Eigenentwicklungen aufwartet. Hier setzt die amerikanische Manufaktur auf Schallwandler des renommierten dänischen Spezialisten Scan-Speak. Sie werden aber nach ziemlich anspruchsvollen Wilson-Vorgaben modifiziert. Als Woofer für Mitten und Bässe bis 65 Hertz kommt ein dementsprechend abgewandeltes, 15 Zentimeter durchmessendes Revelator-Modell zum Einsatz. Es ist leicht an den charakteristischen verklebten Schlitzen in der Membran erkennbar. Diese Maßnahme minimiert Membranresonanzen und Partialschwingungen. Der Hochtöner entstammt ebenfalls der Revelator-Familie. Die 25 Millimeter-Seidenkalotte wird im Wilson-Werk in Utah aber nochmals optimiert. Zudem erfährt der Tweeter die Wilson-typische Einfassung durch einen sternförmig gezackten Filz. Das dämpfende Material neutralisiert Schall-Beugungseffekte und -Reflexionen, die auf der Front und an den Schallwand-Kanten auftreten würden. Deshalb umgibt der charakteristische Filz-Belag auch weitgehend den Woofer. Dabei sind die Textil-Flächen wie Intarsien aufwändig in die Front eingelassen und schließen bündig mit dem Korpus ab.
Tuning für Höhen und Bässe
Wilson optimiert den Hochtöner aber nicht nur durch eigene Modifikationen und die Filz-Einfassung, sondern auch durch eine eigene Abstimmung. Sie wird nach nach Öffnen der rückseitigen großen Metallplatte sichtbar: Hier ragt aus der vergossen Frequenzweiche ein Präzisionswiderstand-Duo, über das der Hochtöner im Pegel angepasst und zugleich gegen Überlastung gesichert ist. Es kann gegen andere Widerstände ausgetauscht werden, wenn etwa die akustischen Raumverhältnisse eine andere Abstimmung erforderlich machen. Wilson hat dafür Alternativ-Resistoren in seinem Zubehör-Portfolio. Auch der Bass der TuneTot ist veränderbar: Sie agiert als Bassreflexbox, um trotz ihres kompakten Volumens einen amtlichen Tiefton liefern zu können. Der dafür nötige Port mündet auf der Gehäuserückseite. Die schlitzartige Öffnung ist zudem schräg nach unten gerichtet. So soll die Bass-Unterstützung mit möglichst wenig Strömungsgeräuschen gelingen. Bei einer Lautsprecher-Aufstellung in Wandnähe oder auf einem Regal kann jedoch der Bass überbetont sein. Dagegen helfen die mitgelieferten Schaumstoff-Stopfen, mit denen sich die Ports verschließen lassen.
Upgrade-Möglichkeiten: Das TuneTot-„Öko-System“ inclusive ISOBase
Wilson bietet zur TuneTot noch weitere optische und akustische Upgrade-Möglichkeiten: Lautsprecherabdeckungen gibt es in sechs (!) verschiedenen Farben. TuneTot-Metall-Ringe, welche die Mitteltieftöner einfassen und so die Verschraubung der Chassis verdecken, werden in vier Kolorierungen angeboten – wie auch die rückseitigen Metallabdeckungen und die formschönen, akustisch optimierten Standfüße. Auf ihnen agieren die TuneTots ohne klangschädliche Einflüsse eines Regals oder Boards. In fünf Farben und vier verschiedenen Metall-Finishes ist hingegen die TuneTot-ISOBase erhältlich. Sie sorgt mit einem Verbundmaterial-Sandwich samt dämpfendem Polymer für eine Entkopplung der Lautsprecher vom Untergrund und optimiert dadurch die Klangperformance. Dies gilt bei der Aufstellung sowohl auf dem Regal, dem Sideboard oder den Stands, mit denen die ISOBase verschraubbar ist. In ihre oberseitige Einfassung aus gebürstetem Aluminium sind vier längliche Durchbrüche gefräst. Hier haben die Lautsprecher-Spikes sicheren Halt und stehen mit ihren Spitzen auf dem Spezialmaterial. Zudem erlauben die Längsnuten ein Verschieben und damit eine exakte Positionierung der TuneTots.
Aufstellung mit Feinjustage
Doch zuerst wollen wir natürlich wissen, wie die TuneTot pur agiert, also ohne Upgrade durch die ISOBase. Und weil Wilson Audio diesen Lautsprecher ausdrücklich für „akustisch unfreundlichere“ Orte konzipiert hat, stellen wir sie auf unser wandnahes Sideboard. Der Abstand der Lautsprecher zueinander beträgt rund 1,40 Meter, dementsprechend rücken wir unser Sofa ein wenig nach vorne, bis Lautsprecher und Hörplatz in etwa ein gleichschenkliges Dreieck bilden. Bei der Einwinklung empfiehlt Wilson eine direkte Ausrichtung auf den Hörplatz, so dass nur eine geringe Fläche der inneren Korpuswangen sichtbar ist. Die Höhenausrichtung nehmen wir nun mit den vorderen langen Spikes vor. Der richtige Winkel, bei dem die Schallanteile von Tweeter und Woofer am Hörplatz ein stimmiges Ganzes ergeben, erreichen wir durch eine optische Bestimmung: Wenn wir von unserer Sitzposition aus gerade noch ein bisschen von der Oberseite beider TuneTots sehen können, ist der Winkel korrekt. Die Gewindeunterbrechungen der Spikes helfen beim Feintuning sehr.
Die Wilson Audio TuneTot in der Praxis
Wie gut die Aufstellungstipps des Herstellers sind, erleben wir in Echtzeit beim Positionieren der Lautsprecher mit „My Treasure“ von Sinne Eeg. Die Jazz-Chanteuse startet den Song mit alleiniger Begleitung eines Kontrabasses. Erst später gesellen sich Klavier und Schlagzeug dazu. Damit erweist es sich – abgesehen von der sehr guten Produktion – als prima Stück zum Optimieren der Aufstellung. Wir haben Wilson-widrig erst mal mit unserer geringen Standard-Einwinklung begonnen. Schon das führt zu einer beeindruckenden Wiedergabe. Doch erst bei voller Beherzigung der Instruktionen ist die Wiedergabe wirklich perfekt. Das merken wir vor allem am Schlagzeug, das anfangs zwar phänomenal räumlich erscheint, aber mit seinen Becken doch zu ausladend abgebildet ist. Beim Einwinkeln erweisen sich die TuneTots als akustische Präzisionsinstrumente: Sie machen auch kleinste Aufstellungsveränderungen hörbar. Jetzt, wo alles passt, beginnt der Hochgenuss: Mats Vinding eröffnet melodiös-virtuos mit seinem Kontrabass, und bereits die Abbildung dieses einen Instruments ist ein akustisches Gedicht.
Hochauflösung und Detailreichtum
Vinding bespielt den Bass auf allen Saiten, wandert mit den Fingern auf dem Griffbrett vom Sattel bis zum stegseitigen Ende. So hören wir alle Facetten dieses faszinierenden Instruments: den tiefen, kraftvollen, aber ungemein straffen und teils holen Ton in den tiefen Lagen, den nasalen Klang der höheren Register, den akzentuierten Sound in den hohen Lagen. Wer je neben einem echten Kontrabass gestanden hat, erfährt hier ein Dé·jà-vu. Der Eindruck ist auch deshalb so intensiv, weil die TuneTot jedes noch so kleine Spielgeräusch überliefert: Das Rutschen der Finger über die Saiten, das Schnarren ihres gelegentlichen Aufschlags auf das Griffbrett, die Saitenbewegung bei den Vibrati – es ist unglaublich, mit welcher Hochauflösung und mit welchem Detailreichtum dieser Kontrabass abgebildet wird. Dieser Realismus gilt dann erst recht für Sinne Eeg: Die dänische Sängerin setzt ganz zart ein, doch wir zucken fast zusammen, weil selbst ihr leiser Gesang eine herrliche Unmittelbarkeit besitzt.
Illusion der Livehaftigkeit
Dank dieser mühelosen Präsenz steht Sinne Eeg mit einer fantastischen Gegenwärtigkeit vor uns. Ihre Anwesenheit ist fast körperlich spürbar. Und dank dieser Plastizität zieht sie uns mit ihrem Gesang auch ebenso mühelos in ihren Bann. Wir erleben, wie sie alle Register der Vokalkunst zieht; Sie wechselt bruchlos zwischen Kopf- und Bruststimme, verleiht ihren lang ausgehaltenen Tönen erst spät ein Vibrato, das dann umso wirkungsvoller klingt, sie haucht zarteste Silben, als sänge sie uns geheime Worte ins Ohr. Auch ihre leisen Atmer vor jeder Gesangszeile schüren die Illusion der Livehaftigkeit. Dieser Eindruck erhärtet sich auch mit dem Einsatz des Schlagzeugs: Morten Lund muss nur leicht die Becken touchieren, schon hat er unsere volle Aufmerksamkeit. Die TuneTot macht diese kleinen Schläge mit famoser Feindynamik zu absoluten Hinhörern. Wir können diesen Becken beim Ausklingen zuhören, das Schillern und Changieren des Tons ist dabei so real wiedergegeben, dass wir das Metall förmlich sehen können.
Sensationelle Räumlichkeit
Auch Lunds klug-effektvolle Verwendung von Hi-Hat, Snare und Bassdrum unterstreicht diese Illusionskraft, ebenso das Klavier: Wegen des großen Ton- und Dynamikumfangs und der Zwei- bis Dreifachbesaitung jedes Tons liefert dieses Tasteninstrument einen komplexen Klang. Die reale Abbildung eines Klavier ist deshalb eine hohe Kunst – und die gelingt der TuneTot bis hin zum vernehmbaren Tastenanschlag von Lars Jansson. Dabei beherrscht die TuneTot auch sensationell die räumliche Abbildung: Während sich die Kompaktlautsprecher seit dem ersten Ton unsichtbar gemacht haben, bauen sie für uns eine geräumige Bühne, auf der die Musiker sowohl in der Breite als auch in der Tiefe reichlich Platz zur Entfaltung haben. So ist die Wiedergabe raumfüllend, luftig, frei von den Grenzen unseres Hörraums, weil wir längst der immersiven Illusion der Wiedergabe erlegen sind. Bei aller Freiheit besitzt diese Wiedergabe zugleich eine vollkommene Homogenität und eine Stimmigkeit, sie klingt organisch – als könnte es gar nicht anders sein.
Herrliche Präzision mit geschlossenem Gehäuse
Dabei könnte es anders sein: Die TuneTot spielt als Kompaktlautsprecher natürlich nicht runter bis in Tieftonregionen – zumal, wenn sie mit Stopfen als geschlossener Lautsprecher betrieben wird, wie wir es bislang handhaben. Merkwürdigerweise empfinden wir dies beim Hören nicht wirklich als Verlust – auch das spricht für die Exzellenz der Wiedergabe-Qualität. Nun entfernen wir mal die Stopfen. Jetzt agiert die TuneTot als Bassreflexbox und liefert mehr Bass. Dieses größere Tiefton-Vermögen geht jedoch zulasten der herrlichen Präzision. Der Bass büßt an Klarheit ein, die gesamte Wiedergabe verliert an Definition. Auf dem Sideboard ist das nicht zu empfehlen. Stellen wir die TuneTots hingegen auf Stative und achten auf einen größeren Wandabstand, so funktioniert die Bassreflex-Wiedergabe richtig gut, da geraten wir fast in Versuchung. Doch wir haben uns in die geniale Definiertheit und Kultiviertheit der geschlossenen Variante verliebt. Das bleibt auch beim Hören andern Stücken so, die wir zum Vergleich heranziehen.
Dynamik und Dreidimensionalität
Da wäre etwa „Celestial Echo“, die Kollaboration der Sängerin Malia mit dem Yello-Mastermind Boris Blank. Wir haben die Nummer schon öfters im Test von höchstwertigen Komponenten eingesetzt – und trotzdem verblüfft uns hier die großartige Dreidimensionalität, Plastizität und Dynamikabstufung: Soundtüftler Blank hat in „Celestial Echo“ einen superben Klang-Kosmos erschaffen, und die Tune Tots versetzen uns mit einer unglaublichen Leichtigkeit in diese unendlichen Weiten. Die Klarheit der Synthesizer-Soundschichten, die Plötzlichkeit der von links nach rechts oszillierenden Geräusche, die Unmittelbarkeit der aus dem Nichts aufploppenden Töne und Geräusche – all das umschwirrt und umhüllt uns mit atemberaubende Klarheit und Präzision, den Widerhall dieser Sounds können wir bis in weiteste Ferne verfolgen – wir hören wahrhaft ein „himmlisches Echo“. Und auch der Blank-typische Synthesizer-Tiefton entfaltet sich bei aller Kompaktlautsprecher-Limitierung mit einer Größe und mit einem Volumen, dass man mit geschlossenen Augen einen deutlich größeren Lautsprecher vermuten könnte. Wie gesagt: in der geschlossenen Variante!
ISOBase steigert Stimmigkeit und Ruhe
Nun stellen wir die TuneTot auf die optionale ISOBase. Sie bewirkt eine Entkopplung der Lautsprecher vom Untergrund. Mit diesem Upgrade testen wir die TunteTot erst mal wieder auf dem Sideboard. Der Unterschied ist deutlich: Die Kompaktlautsprecher, die bis dato eh schon eine völlig stimmige Wiedergabe geboten haben, legen nochmals in puncto Kohärenz zu. Dazu gesellt sich eine noch größere Ruhe und Gelassenheit. Das Klangbild gewinnt zudem an Feinheit und Klarheit. So wirkt gerade Malias Gesang bei „Celestial Echo“ noch charismatischer, noch verführerischer: Sie scheint nun wirklich nur für uns zu singen. Der Bass gewinnt jedoch am meisten: Er ist noch konturierter, weil die ISOBase den Swing des Sideboards samt Rückwirkung auf den Lautsprecher unterbindet. Die Entfernung der Stopfen sorgt deshalb nun für ein besseres Verhältnis von Bassgewinn zu Definitionsverlust. Doch auf den klangbeeinflussenden Luftstrom aus dem Bassport hat die Base keinerlei Einfluss. Die geschlossene Variante bleibt deshalb klarer Favorit.
Maximale Klangkultur mit Base und Standfuß
Jetzt platzieren wir die TunteTot mit der zusätzlichen ISO-Base wieder auf dem Standfuß. Hier und im Verbund mit der entkoppelnden Base entfalten die Kompaktlautsprecher ihre maximale Klangkultur. Hier sind wir echt in Versuchung, die Lautsprecher dauerhaft stopfenlos als Bassreflexboxen zu betreiben. So gelingt der TuneTot auch beim Vorspiel zu Wagners Walküre, die verschiedenen Instrumentengruppen des Bayerischen Staatsorchesters völlig homogen zusammenzuhalten, trotzdem können wir dem Agieren jeder einzelnen Gruppe mühelos folgen: Die ersten und zweiten Streicher erzeugen mit ihrem schnellen, an und abschwellenden Dauertremolo, das mit perfekt synchronem Strich gespielt ist, die nervös-angespannte Atmosphäre. Die Celli und Kontrabässe kündigen mit harten Staccato-Tonfolgen das dräuende Ungemach an, die Flöten werfen im Verbund mit den Hörnern Warnmotive ein – und wir sind durch diese intensive Wiedergage völlig involviert. Zudem hören wir bei dieser Live-Aufnahme das Musikerkollektiv mit allen Geräuschen vom Bogenanschlag bis zum Notenblättern, als wären wir ganz vorne im Münchner Nationaltheater dabei.
High End-Beschallung am Desktop
Nun nehmen wir die TuneTots zum Abschluss mit zum Schreibtisch. Schließlich sind sie ja auch und gerade für Sideboard, Desktop und Co. ausgelegt. Hier spielen sie am Streaming Amp Auralic Polaris. Zugegeben: Das ist eine extrem luxuriöse Lösung, um sich am Arbeitsplatz beschallen zu lassen – aber nach wenigen Takten Musik ist klar: So herrlich haben wir am Schreibtisch, an dem wir doch einige Zeit unseres Lebens verbringen, noch nie Musik gehört. Wir lassen die Stücke aus dem Hörraum nochmal Revue passieren und genießen auch im Nahfeld-Bereich die superbe Homogenität. Sie bleibt auch bei geringem Beschallungsabstand erhalten – wie auch die Klarheit und Transparenz, das holografische Abbildungsvermögen und die superbe Räumlichkeit, die Hochpräzision und famose Dynamik. Im Bass bleibt es wie gehabt: Trotz inexistentem Tiefbass ist die Wiedergabe mit Stopfen absolut stimmig, im Bassreflexmodus wiegt der Definitionsverlust den Frequenzzugewinn nicht auf.
Basis-Plus auch im Nahfeldbereich
Natürlich haben wir die TuneTot auch auf dem Desktop erst mal pur spielen lassen, also allein auf Spikes. Nun setzen wir sie hier ebenfalls auf die ISOBase. Dadurch ist der Lautsprecher vom Schreibtisch abgekoppelt. Natürlich können die Basen jene Effekte durch Schallanteile, die von der Tischplatte reflektiert werden, nicht verhindern. Das gelingt am ehesten durch die Schrägung der TuneTot. Trotzdem bewirkt die ISOBase auch hier ein merkliches Sound-Upgrade: Wir erleben ein Plus an Präzision, einen Zugewinn an Details, eine noch größere Agilität mit feinerer Dynamikabstufung, mehr Körperhaftigkeit, eine größere Tiefe der Darstellung, eine noch stärkere Ruhe und Entspanntheit. Dies ist gerade beim langen Musikhören im Nahfeldbereich ein wichtiger Punkt. Doch diese entspannte Wiedergabe hat natürlich auch im Hörraum den Spaß am Musikhören befördert. Und wie im Hörraum verhält es sich auch auf dem Desktop: Diese superbe Performance liefert die TuneTot als geschlossener Lautsprecher.
Fazit
Wilson Audio ist es mit der TuneTot gelungen, die Markenzeichen der High End-Manufaktur ins kompakte Format zu überführen. Optisch zieht die TuneTot mit ihrer pyramidalen Formgebung, der sternförmigen Hochtöner-Einfassung, der superben Verarbeitung und der exzellenten Lackierung die Blicke auf sich. Akustisch brilliert die TuneTot mit atemberaubender Räumlichkeit und holografischer Plastizität. Die Wiedergabe besitzt eine herausragende Klarheit und Feinauflösung, sie prunkt geradezu mit grandiosen Detailreichtum und agiert hochagil, beeindruckend impulstreu und präzise mit herrlicher Dynamik. Mit diesen Gaben spielt die TuneTot derart stimmig, souverän und selbstverständlich, dass die Kompaktlautsprecher-bedingte Begrenzung im Bass im Nu vergessen ist – zumal dieser Bass überraschend voluminös und erwachsen klingt. Durch Herausnehmen eines Verschluss-Stopfens liefert die TuneTot als Bassreflex-Lautsprecher mehr Tiefton, doch ihre wirkliche klangliche Grandezza bietet sie mit geschlossenem Gehäuse. Durch die optionale ISOBase lässt sich diese Exzellenz sogar noch steigern. So bietet die TuneTot audiophilen Höchstgenuss und glänzt als kompakte Imposanz.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Philipp Thielen
Klasse: Referenzklasse
Preis/Leistung: angemessen
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Technische Daten
Modell: | Wilson Audio TuneTot |
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Produktkategorie: | Kompaktlautsprecher, Regallautsprecher |
Preis: | ab 12.800,00 € / Paar |
Garantie: | Garantie: 5 Jahre (nach Registrierung) |
Ausführungen: | Gehäusefinishes: - Wilson Gloss Standard Colors: Galaxy Gray, GT Silver, Quartz, Carbon - Wilson Gloss Upgrade Colors: Diamond Black, Crimson Satin, Fly Yellow, Pur Sang Rouge, Chalk, Estoril Blue, Oak Green Satin, Nara Bronze, Cobalt Blue Satin, Classic Orange, Obsidian Black, Ivory, Teak - Wilson Gloss Premium Pearl: Saffron Pearl, Cranberry Pearl, Olympia Pearl, Bergamot Pearl, Viola Pearl Filzverkleidung: schwarz |
Vertrieb: | Audio Reference, Hamburg Tel.: 040 / 53320359 www.audio-reference.de |
Abmessungen (HBT): | 377 x 219 x 259 mm |
Gewicht: | 12,8 kg / Stück |
Bauart: | 2 Wege, passiv, Bassreflex (Port verschließbar) |
Impedanz: | 8 Ω |
Hochtöner: | 1 x 25,4 mm (Kalotte, gestärktes Seidengewebe) |
Mitteltieftöner: | 1 x 146 mm (Konus, beschichtetes Papier) |
Frequenzgang: | 65 Hz - 23 kHz (± 3 dB) (Herstellerangabe) |
Wirkungsgrad: | 86 dB (1 W / 1 m) |
Empfohlene Verstärkerleistung: | ≥ 25 W |
Lieferumfang: | - 2 Wilson Audio TuneTot - 4 kurze Spikes + 4 lange Spikes - 8 Spike-Teller - 2 Port-Plugs - 1 Poliertuch - 2 Inbus- und 2 Maulschlüssel - Bedienungsanleitung (Englisch) - Garantie-/Registrierungskarte |
Optionales Zubehör: | - TuneTot Lautsprecher-Ring-Set (1.000,00 €) - TuneTot Lautsprecher-Abdeckungen (300,00 €) - TuneTot Standfuß (3.900,00 €) - ISOBase Entkopplungsbasis (2.200,00 €) |
Pros und Contras: | + attraktives Design + exzellente Material- und Fertigungsqualität + atemberaubende Räumlichkeit + holografischer Plastizität + herausragende Klarheit und Feinauflösung + grandiosen Detailreichtum + beeindruckende Impulstreu, Präzision und Dynamik + stimmige, souveräne und selbstverständliche Wiedergabe + genaue Anpassbarkeit der Schallwandneigung durch höhenverstellbare Spikes + Bassabstimmung mit Bassreflexport-Stopfen veränderbar + Höhenabstimmung über austauschbare Widerstände veränderbar - mit geöffneten Bassreflex-Ports verringern sich Definition und tonale Balance |
Benotung: | |
Klang (60%): | 99/100 |
Praxis (20%): | 98/100 |
Ausstattung (20%): | 98/100 |
Gesamtnote: | |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis/Leistung: | angemessen |
Getestet mit: | - CD-Spieler: Oppo UDP-203 - Vollverstärker: Hegel H360 - Signalkabel: Viablue NF-S6 Air Cinch - Lautsprecherkabel: Viablue SC-6 Single-Wire |
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