Home » Tests » Pro-Ject Debut PRO S – exzellent ausgestatteter Plattenspieler für ambitionierte Vinyl-Aufsteiger
25. April 2023von Roman Maier
Inhaber/GeschäftsführerMit seinem Debut PRO S stellt Pro-Ject das neue Flaggschiff der Debut-Reihe vor. Das in jeglicher Hinsicht, denn aus hochwertigen Bauteilen gefertigt, bringt dieser Vinylplayer gleich noch jede Menge an Accessoires mit. Dank cooler Anleitung ist der Plattenspieler schnell korrekt aufgebaut und er klingt auch noch besser, als das Preisschild es vermuten lässt.
Die Schallplatte boomt stärker als je zuvor. Es ist kaum zwei Wochen her, dass der diesjährige Record Store Day vielen Shops Kundenschlangen bescherte, die teilweise über 100 Meter lang waren. Um die stetig steigende Nachfrage bedienen zu können, bieten die traditionellen Plattenspieler-Hersteller immer neue Modelle an. Modelle, die jeden Kundenwunsch und Anspruch bedienen sollen. Das gilt für vielleicht keine andere Marke so stark, wie für Pro-Ject. Die Österreicher bieten seit Jahren das vermutlich umfassendste Portfolio an Plattenspielern. Allein auf der Webseite des deutschen Vertriebes ATR Audio-Trade (www.audiotra.de) lassen sich aktuell 46 Modelle zählen. Darunter Highlights wie der RPM 10 Carbon, der Subchassis-Dreher Perspective Anniversary oder der Metallica, dessen Gehäuseform dem des Logos der amerikanischen Rock-Giganten nachempfunden ist. Mit dem Debut PRO S geht Pro-Ject dagegen optisch unspektakulärere Wege. Mir gefällt das zurückgenommene Design allerdings richtig gut. Und es gibt weitere Argumente, sich diesen Vinyldreher genauer anzuschauen …
Massiv ausgestattet
Die Debut-Serie gehört zu den weltweit meistverkauften Plattenspielern. Das hat seinen Grund, bieten die Modelle der Serie doch zumeist ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Damit punktet auch das neue, vollständig in Europa handgefertigte Top-End-Serien-Modell. Zunächst ist hier die massive Basis des Brettspielers zu nennen, die auf drei höhenverstellbaren Füßen thront. Die mattschwarz satinierte Oberfläche sieht einfach gut aus und fasst sich auch gut an. Überhaupt ist Schwarz hier die dominierende Farbe. So kommen auch der Puck, Tonarm, Tonarmgewicht und der Pick it S2C-Tonarbnehmer in gleicher Farbgebung daher. Darth Vader würde diesen Vinyldreher sicher sofort kaufen. Die Optik ist wirklich gelungen, aber sicher nicht das einzige Pro-Argument für den Debut Pro S. Das wäre beispielsweise der S-förmige 10-Zoll-Tonarm. Der ist selbstverständlich in der Höhe verstellbar. Ein wichtiger Punkt, wenn man auch mal 180er-Scheiben hört oder sich für den Einsatz einer dickeren Korkmatte entscheidet.
Finesse im Detail
Dass sich hier auch der Azimut einstellen lässt, ist ein weiterer Vorteil. Da das bereits erwähnte Abtastsystem bereits korrekt installiert ist, spielt das erstmal keine große Rolle. Verstellt man aber den Tonarm oder wechselt den Tonabnehmer, lässt sich sicherstellen, dass die Nadel auch korrekt in die Rille taucht und das Signal optimal abtastet.
Beim hier eingesetzten System handelt es sich um den MM-Tonabnehmer Pick it S2 C. Dieser basiert auf Ortofons Concorde-Serie und wurde in Kooperation von Pro-Ject und Ortofon gefertigt. Der Körper selbst besteht aus Polycarbonat. Ein Kunststoff, der dem Tonabnehmer eine hohe Festigkeit bietet. So werden eventuelle Eigenresonanzen oder anderweitige Einflüsse nicht auf die empfindliche Nadel übertragen. Für eine schnelle und korrekte Montage ist das S2 C mit einem SME-Bajonett ausgestattet. So ist der Wechsel in Sekunden durchgeführt. Bei Bedarf kann die Nadel bei auch gegen qualitativ höherwertigere Abtaster getauscht werden.
Plattenspieler einrichten und justieren
Die Installation ist wirklich kinderleicht und auch von Technikeinsteigern ohne Hilfe schnell erledigt. Zunächst wird alles ausgepackt und die Plattenspieler-Basis an ihrem künftigen Spielort aufgestellt. Anschließend steckt man den Subteller in die dafür vorgesehene Führung und führt den Riemen über den Antriebsmotor und Subteller. Achtung: Pro-Ject legt dem Debut Pro S gleich zwei Riemen bei. Im klassischen Fall wird nur der flache der beiden verwendet und um den oberen Teil des Motors gelegt. Möchte ich mit meinem Vinylplayer aber beispielsweise auch Schellack-Platten wiedergeben, verwende ich den zweiten Gummiriemen und stülpe ihn über das größere Antriebsrad. Anschließend drehe ich die Antriebswelle kurz um zu überprüfen, dass sich der Subteller auch mitdreht. Tut er, also alles gut. Dann lege ich den Plattenteller auf und versorge den Pro-Ject über das mitgelieferte Kabel mit Strom. Um den Plattenspieler nun einzuschalten, betätige ich die unsichtbar links unter dem Gehäuse befindlichen Kipptaster.
Alles dabei
Über diesen Schalter wähle ich auch die Drehgeschwindigkeit. Nach links gekippt, dreht der Debut Pro S innerhalb weniger Augenblicke auf 33 1/3 Umdrehungen. Kippe ich ihn nach rechts, beschleunigt er auf 45. Steht der Schalter auf der Mittelstellung, schaltet man den Plattenspieler aus. Einfacher geht’s nun wirklich nicht. Jetzt verbinde ich den Pro-Ject noch mit meinem Verstärker oder mit einem Pre-Amp, wie dem bereits von uns getesteten AD Box S2 Phono. Auch dafür muss ich nicht nochmal in den HiFi-Laden, denn der Hersteller legt diesem Plattenspieler auch ein geeignetes Phono-Kabel inklusive Masseleitung bei. Sehr gut. Der Tonabnehmer ist übrigens auch bereits montiert. Also muss ich lediglich die Auflagekraft einstellen. In der Regel übernimmt der Händler die Justage. Man kann das aber auch selbst machen. Auch wenn das einfach zu erledigen ist, sollte man sich hier etwas Zeit nehmen, denn die falsche Auflagekraft könnte Schallplatte und Tonabnehmer beschädigen.
Feinjustage
Zum Lieferumfang gehört auch eine bebilderte Anleitung. Eine sehr gute Idee. Sie hilft beim Aufbau und bei der Feinjustage des Tonabnehmers. Zunächst wird das Gegengewicht hinten auf den Ausleger des Tonarms geschoben und der Arm durch Verschieben des Gewichts ausbalanciert. Da das Gegengewicht des Debut Pro S keine Skala am Gegengewicht bietet, wird eine Tonarmwaage benötigt. Ein recht einfaches Exemplar liegt dem Plattenspieler bei. Es funktioniert wie eine Wippe. Setzt man die Nadel an Punk 2.3 ab, kippt die Wippe, sofern die Auflagekraft mindestens 2,3 Gramm beträgt. Anschließend drehe ich das Gewicht soweit heraus bzw. herein, bis die Wippe nicht mehr kippt, sondern in Waage steht. Das ist etwas fummelig, macht sich klanglich aber deutlich bemerkbar. Wer keine Lust auf diese Art der Gewichtsfindung hat, besorgt sich eine digitale Tonarmwaage. Damit geht es dann deutlich schneller. Beispielsweise gibt es solche Modelle auch bei Pro-Ject im Zubehör-Programm.
Tipps & Tricks
Bevor es in den Test geht, möchte ich dem Debut PRO S aber noch ideale Voraussetzungen für die bestmögliche Klangwiedergabe bieten. Solche, die für jeden Plattenspieler gelten: Zunächst einmal sollte man den Player auf einem stabilen, ebene Untergrund platzieren. Wichtig ist, dass der Vinyldreher nicht in Schwingung gerät. Ein massives Sideboard oder ein dediziertes Rack sind hier erste Wahl. Alternativ lässt sich die erforderliche Massivität aber auch über eine Gerätebasis erzeugen. Steht der Plattenspieler dann an seinem Einsatzort, gilt es in ihn Waage zu bringen. Das lässt sich am einfachsten mit Hilfe einer sogenannten Libelle (Wasserwaage) prüfen. Steht der Vinyldreher absolut gerade, wird der Tonarm nicht in eine bestimmte Richtung gezogen. Ausserdem steht dann auch der Subteller absolut gerade im Lager. Das wiederum bedeutet, dass möglichst wenig Reibung entsteht. Beim Debut PRO S stellt man das durch die drei höhenverstellbaren Füße sicher.
Charakter und Gefühl
Nach der Feinjustage beginne ich meinen Test mit dem Soundtrack von „Lost In Translation“. Mit drei Golden Globes und einem Oscar einer der erfolgreichsten Filme des Jahres 2003. Das Album selbst ist sicher nichts für Audiophile. Aufgrund seiner Vielfältigkeit eignet es sich allerdings hervorragend, um etwas über die Klangkünste des wiedergebenden Plattenspielers zu erfahren. Der zweite Titel der A-Seite „City Girl“ beispielsweise wird von stilistisch verzerrten Gitarren dominiert. Kurz denke ich, dass der Phono-Preamp vielleicht versehentlich noch auf „MC“ steht. Nein, das muss so! Nach wenigen Sekunden wird der Sinn dahinter klar – allerdings nur, wenn der Song auch korrekt wiedergegeben wird. Hier wird er das. Die E-Gitarren spielen verzerrt, während die Melancholie in Kevin Shields Stimme ideal transportiert wird. Das ist deshalb so wichtig, weil der Track die Einsamkeit und Verlorenheit der Hauptdarstellerin im Film unterstreichen soll, während diese sich durch das verregnete Tokio bewegt.
Größer und doch korrekt
Deutlich betriebsamer geht es dann im zweitletzten Track der B-Seite, „Are You Awake“ zu. Nach wenigen Sekunden bauen die elektronischen Klänge eine sehr schöne Atmosphäre auf. Eine, die sich über die gesamte Front unseres Hörraums erstreckt. Freundlich und frisch. Diese Frische und Intensität gewinnt der Track durch vorbildlich akzentuierte Synthies und ein richtig gutes Timing. Beides perfekt vom Debut PRO S in Szene gesetzt!
Im abschließenden Titel „Just Like Honey“ von The Jesus & Mary Chain wird es dann versöhnlich. Das scheinbar unkoordinierte Gitarrenspiel passt perfekt zu den metallischen Drums und der männlichen Stimme, die wie durch Nebel zum Hörer zu gelangen scheint. Und irgendwie schient der Raum hier größer als er tatsächlich ist. Zugleich spielt der Pro-Ject nicht im Ansatz aufdringlich oder nervig. Nein, durch seinen strahlenden Charakter, den der Debut PRO S auch hier herauskitzelt, gewinnt dieser Song an Wohlklang.
Intensiver Rhythmus
Nach dem Plattenwechsel geht es zurück in die 70er: Genauer gesagt ins Jahr 1977: Das Jahr, in dem Fleetwood Mac sein legendäres Album „Rumours“ vorstellte. Mit Track 2, „Dreams“ wähle ich ein Stück, das von seinem langsamen aber doch intensivem Rhythmus lebt. Und der wird von meinem Testgast offen und präzise reproduziert. Gemeinsam mit der sanften, perfekt dazu abgestimmten Stimme Stevie Nicks entsteht so ein Sound, dem man sich einfach nicht entziehen kann. Das muss ich nochmal hören. Bei der CD-Wiedergabe ließe sich dieser Wunsch ganz einfach durch einen Knopfdruck auf die Fernbedienung erfüllen. Beim Plattenspieler muss ich zum Gerät, die Headshell am Hebel packen, den Tonarm anheben und an der richtigen Stelle wieder absetzen. Bei dieser Gelegenheit fällt mir dann nochmal die sehr gute Anfassqualität der Headshell und des S-förmigen Tonarms auf. Im Gegensatz zu manch anderen Modellen ähnlicher Preislage ist hier alles fest und massiv.
Nahbar und agil
Weder wackelt das Tonarmlager, noch fühlt sich die Headshell billig an. Und auch der solide gefertigte und TPE-bedämpfte Aluminiumteller macht einen wirklich guten Eindruck. Mit „Songbird“, dem vielleicht unbekannteste Song des Albums, geht es dann im Hörcheck weiter: Spartanisch instrumentiert, ist hier Stevie Nicks Stimme im Fokus. In meinem Hörtest steht sie mittig zwischen den Lautsprechern. Nur begleitet vom Klavier, das links hinter ihr zu stehen scheint, das sich klanglich aber nicht in den Vordergrund spielt. Trotzdem sind die Tastenberührungen hörbar, was dem Song eine gewisse Nahbarkeit verleiht. Deutlich agiler wird es im ersten Song der B-Seite: „You Make Loving Fun“. Jetzt ist die gesamte Gruppe involviert. Schlagende Bässe, vordergründige Gitarren und mehrstimmiger Gesang. Wow, auch das funktioniert über den Pro-Ject hervorragend. Besonders beeindruckt mich die fast schon dominierende Darstellung des Kontrabasses. Er bietet dem Track ein kräftiges, voluminöses Fundament und sorgt so für zusätzliche Agilität.
Fazit
Alles drin, alles dran: Der Debut PRO S ist das würdige neue Flaggschiff der Debut-Serie. Erstklassig verarbeitet, elegant und zeitlos gestylt und massiv ausgestattet, ist er die ideale Empfehlung für alle, die von Vinyl-Einsteiger zum Vinyl-Aufsteiger werden wollen. Besagte Ausstattung umfasst einen 10-Zoll-Alu-Tonarm, einen MM-Tonabnehmer, Puck, Phono-Kabel und höhenverstellbare Füße. Dank seines konsequenten Designs macht der Debut PRO S sowohl im klassischen HiFi-Rack, wie auch auf dem modernen Lowboard eine gute Figur. Zu Ausstattung und Design kommen der Klang: Gemessen am Preis klingt dieser Plattenspieler sehr gut, ist dabei aber beileibe kein Schönspieler, sondern eher eine ehrliche Haut. Wer also nach einem Vinylplayer in der Unter-1000-Euro-Klasse sucht, wird mit dem Pro-Ject viel Spaß und gute Musik erleben. So ging es mir jedenfalls …
Test & Text: Roman Maier
Fotos: Branislav Ćakić
Preis-/Leistung: sehr gut
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Technische Daten
Modell: | Pro-Ject Debut PRO S |
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Produktkategorie: | Plattenspieler |
Preis: | 899 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | - Schwarz |
Vertrieb: | ATR - Audio Trade, Mülheim a.d.R. 0208 882660 www.audiotra.de |
Abmessungen (H x B x T): | 145 x 462 x 345 mm |
Gewicht: | 7,0 kg |
Antrieb: | Riemenantrieb |
Tonabnehmer: | Pro-Ject Pick it S2 C |
Geschwindigkeiten: | - 33 ⅓ Upm - 45 Upm - 78 Upm |
Ausgang: | 1 x Cinch |
Lieferumfang: | - Debut PRO S - Netzteil - 10 Zoll Alu-Tonarm - Headshell - Tonabnehmer - Phono-Kabel - Tonarmwaage - Record Puck E - Staubschutzhaube - Anleitung |
Pro & Contra: | + konsequentes Design + sehr gute Verarbeitung + spielt auch 78 Upm + Phono-Kabel + Tonarmwaage + Puck + bebilderte Anleitung + höhenverstellbare Füße - keine |
Benotung: | |
Gesamtnote: | Preis/Leistung: sehr gut |
Klasse: | Oberklasse |
Preis-/Leistung: | sehr gut |