Home » Tests » Quadral Chromium 65 – Kleiner Standlautsprecher mit wuchtigem Sound
7. Juni 2023von Dieter Pfeil
Die neue Quadral Chromium 65 kann sich in jeder Hinsicht sehen lassen. Das Gehäuse hat zwar einen gewissen Bauch, überzeugt aber dennoch mit einer grazilen Silhouette, die jedem Wohnzimmer einen modernen Touch verleiht. Und obwohl sie optisch wirklich etwas hermacht, kann sie mit ihrer schlichten Eleganz leicht in ihre Umgebung eintauchen und mit ihrer eigentlichen Aufgabe überzeugen. Akustisch übertrifft der Schallwandler sein prachtvolles Äußeres bei weitem. Zeit also, das Zwei-Wege-System genauer unter die Lupe zu nehmen.
Quadral ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Hannover, dessen Name sich aus Quadrofonie und dem ursprünglichen Firmennamen all-Akustik zusammensetzt. Die 1972 gegründete GmbH stellt Hi-Fi- und High-End-Lautsprecher sowie hochwertige Hi-Fi-Komponenten her und vertreibt diese weltweit. 1981 erzielte die von Helmut Schaper entwickelte Titan I ein überragendes Ergebnis und galt acht Jahre lang als Referenzmodell. Heute reicht das Portfolio von preiswerten Einsteigerprodukten bis hin zur aktiven Aurum Alpha, die in unserem Test ausgezeichnet abgeschnitten hat. Dabei legt der Hersteller großen Wert auf einen attraktiven Preis bei gleichzeitig höchster Materialqualität. Die markanten Chassis entwickelt Quadral weitgehend selbst. Auch in der hier getesteten Quadral Chromium 65 sitzt ein neu entwickelter E-sense-Hochtöner oberhalb von zwei Altima-Membranen.
Äußerlichkeiten
Die Quadral Chromium 65 fällt zunächst dadurch auf, dass sie eher zurückhaltend in Erscheinung tritt. Das liegt aber nicht daran, dass sie ein langweiliges Design hätte, ganz im Gegenteil. Die elegant geschwungenen Wangen des Lautsprechers verleihen ihm eine majestätische Form, die sich angenehm in die Umgebung einfügt. Mit einer Breite von 201 Millimetern bildet die Front eine gefällige Säule, die nach 92 Zentimetern in der Höhe ihr Ende findet. Die Oberseite ziert ein Metalleinleger mit dem Quadral-Logo, das natürlich wie die Chassis selbst in gebürstetem Chrom gehalten ist. Auf der Rückseite befinden sich die Bassreflexöffnung und das Anschlussterminal. Dieses ist ebenfalls in gebürstetem Chrom gehalten und verfügt über zwei stabile Schraubterminals mit Aufnahme für Bananenstecker. Das in Hochglanz weiß oder schwarz erhältliche Gehäuse ruht auf einer Bodenplatte, die bei Bedarf mit separat erhältlichen Spikes bestückt werden kann.
Technische Eigenschaften
Natürlich darf auch die Technik der Quadral Chromium 65 nicht unerwähnt bleiben. Unter der mitgelieferten, vorbildlich magnetisch haftenden Frontblende befinden sich drei Chassis. Hier fällt natürlich zunächst das E-sense Alu-Bändchen auf, das nun auch in die Chromium-Serie eingeflossen ist. Der reaktionsschnelle Folientreiber erfreut mit spritzigen Impulsen und greift mit 55 Kiloherz in ungeahnte Höhen. Darunter punktet das Zwei-Wege-System mit zwei Altima-Membranen, die für den Mittel- und Tieftonbereich verantwortlich zeichnen. Sie bestehen aus einer Legierung aus Aluminium, Titan und Magnesium und bringen wenig Gewicht auf die Waage. Der dahinter liegende Magnetantrieb lässt viel Raum für Hub und verspricht somit ein exzellentes Bassverhalten. Damit auch die rückwärtige Energie nicht im Gehäuse verpufft, wird der Schall hinten durch die Bassreflexöffnung abgeleitet und geschickt um das Gehäuse herumgeführt, um sich vorne zu einem großen Ensemble zu vermischen.
Die Einrichtung mit Überraschungen
Die Aufstellung ist zunächst, wie bei allen Lautsprechern, recht schnell erledigt. Ich stelle die etwas mehr als 16 Kilogramm schweren Gehäuse wie gewohnt im Hörraum leicht zu mir geneigt an den Randbereich des Teppichs vor dem Sofa. So sind sie gut einen Meter von der Wand entfernt und bilden ein perfektes Dreieck zu meiner Hörposition. Kabel rein und los geht’s. Vielleicht ist unser Hörraum etwas eigenwillig, aber der Klangeindruck kann mich so nicht überzeugen. Der Bass ist da, aber darüber wird es sehr dünn und schließlich in den Mitten recht fett. Also spiele ich noch ein Weilchen mit den Abständen zu mir und den Schallwandlern, aber zufrieden bin ich nicht. Erst als ich die Quadral Chromium 65 etwa 20 Zentimeter von der Wand entfernt aufstelle, ergießt sich ein rundes Gesamtbild in meine Richtung. Dieser Lautsprecher nutzt die hinter ihm liegende Wand auf fantastische Weise.
Balanced Distribution was?
Gut, dann mache ich es wie Madsen und „Lass die Musik an“. Was nun meine Ohren erreicht, ist erstaunlich. Plötzlich verstehe ich, was Quadral mit seinem Balanced Distribution System ausdrücken möchte. Rund um meinen Hörplatz breitet sich ein Klang aus, der eine packende Lebendigkeit an den Tag legt. Ich spreche wirklich von rund um den Hörplatz und nicht nur von der Bühne vor mir. Ich lausche „High Life“ von Bloc Party und bin zunächst fasziniert von der weit ausladenden Bühne, auf der die Instrumente deutlich zu orten sind. Mit der Wand im Rücken schickt die Quadral Chromium 65 den Bass durch den gesamten Raum. Die beiden Membranen mit einem Durchmesser von 155 Millimetern erreichen ein beeindruckendes Tempo und damit eine packende Dynamik. Der Bass wird kraftvoll, bissig und will mehr knurren als schnurren.
Ein raumfüllendes Angebot
Die Instrumente breiten sich nicht nur in die Breite und nach vorne aus. Viele Klangelemente verorte ich mit geschlossenen Augen auch neben und hinter meiner Hörposition. Auch wenn die Abbildung nicht an die Kanalschärfe eines 5.1-Systems heranreicht, würde ich ein solches im Raum vermuten. Der schnelle Antritt der beiden Altima-Membranen verleiht auch Stimmen eine ausgezeichnete Klarheit. Suzanne Vega steht bei „Tom’s Diner“ oder „In Liverpool“ direkt vor mir, und das sanfte Klavierklimpern in Letzterem liegt faszinierend im Hintergrund, während der Bass mit seinen Riffs den ganzen Raum ausfüllt. Gerade in den leisen Passagen weiß die sachte gezupfte Akustikgitarre mit ihrer präzisen Darstellung die Aufmerksamkeit des Zuhörers zu fesseln. Wer hier noch nicht von der Quadral Chromium 65 verzaubert ist, den wird sie spätestens beim nächsten Stück nicht mehr loslassen.
Begeisternde Präzision
Noch weitläufiger erscheint das Klangbild beim neuen Song von Christine and the Queens „Tears can be so soft“. Das Intro greift unfassbar in die Breite und Tiefe des Raumes. Die Streicher-Combo und die Konga in der Ferne dehnen sich in unfassbare Tiefen aus. Als dann die Sängerin aus der Ferne ans Mikrofon tritt, sieht man sie direkt vor sich. Schließlich zieht der satte Synthie-Bass das Geschehen leicht nach vorne zum Zuhörer und füllt den gesamten Raum. Und doch bleiben die Sängerin und der ursprüngliche Klang durch den Hall auf Distanz. Einerseits schwebe ich in einer Hallwolke aus Streichern und Stimme um mich herum, dann hebt mich der Bass vom Sofa, während die Bassdrum auf mich eindrischt. Die Quadral Chromium 65 liefert hier ein sehr erfrischendes Erlebnis.
Ein Bändchen für die Band
Nun ist der E-sense Bändchenhochtöner in der Quadral Chromium 65 auch nicht von schlechten Eltern. Wer nicht live in Pompeji dabei war, als David Gilmour hier „Wish You Were Here“ zum Besten gab, kann sich hier noch einmal davon ein Bild machen. Die Bändchen liefern eine ungemein klare und transparente Darbietung. Jeder Ton auf der Gitarre und jeder Slide wird absolut nachvollziehbar. Die beiden Gitarren treten links und rechts klar hervor und der Sänger mit seiner nur leicht kratzigen Stimme erklingt sauber mitten im Geschehen. Wenn ich die Augen schließe, höre ich die beiden Saiteninstrumente, als wären sie nur zwei Meter von mir entfernt. Und wenn das Publikum einstimmt, bin ich mitten in der Arena von Pompeji und stimme mit ein.
Fazit
Mit der Quadral Chromium 65 hat der Hersteller wieder einen formvollendeten, runden Lautsprecher auf die Beine gestellt. Nicht nur die gebürsteten Chromelemente und das gesamte Design gefallen, auch klanglich lässt das 2-Wege-System keine Wünsche offen. Obwohl der kleinste Standlautsprecher der Serie nicht so aussieht, kann er mit packenden Bässen und spritzigen Höhen aufwarten. Dabei beweist die nur 92 Zentimeter hohe Schallwand, dass Größe nicht alles ist. Klanglich lässt das passiv angetriebene System so manchen Aktivlautsprecher alt aussehen. Die Chromium 65 weiß durch ihre hervorragende Abstimmung und Impulsfreude in jeder Situation zu gefallen und macht durch ihr zierliches Design auch in kleinen Wohnzimmern eine ansprechende Figur. Für mich eine wunderbar runde Sache, die klanglich nichts vermissen lässt und mehr bietet, als sie auf den ersten Blick vermuten lässt.
Test & Text: Dieter Pfeil
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Oberklasse
Preis-/Leistung: gut
88 of 90
88 of 90
87 of 90
Technische Daten
Modell: | Quadral Chromium 65 |
---|---|
Gerätekategorie: | Standlautsprecher |
Preis: | 890 Euro (Stück) |
Garantie/ Gewährleistung: | 2 Jahre |
Ausführungen: | - Weiß - Schwarz |
Vertrieb: | Quadral, Hannover 0511 79040 www.qudral.com |
Abmessungen (H x B x T): | 920 x 201 x 284 mm |
Gewicht: | 16,2 kg |
Bauart/Prinzip: | Zwei-Wege, passiv, Bassreflex |
Bestückung: | 1 x Bändchen-Hochtöner 2 x 155 mm Tiefmitteltöner |
Frequenzbereich: | 34 Hz - 55 kHz (Herstellerangabe) |
Impedanz: | 4 Ohm |
Dauer-/ Impulsbelastbarkeit: | 90/ 140 Watt (Herstellerangabe) |
Anschlüsse: | 1 x Schraubklemmen |
Lieferumfang: | 1 x Chromium 65 1 x Magnetische Abdeckung 1 x Satz Filzgleiter |
Pro & Contra: | + exzellente Verarbeitung + magnetische Frontabdeckung + tolle Bühnendarstellung + klar und transparent + kräftiger Bassbereich - keine Spikes im Lieferumfang - keine modellspezifische Bedienungsanleitung |
Benotung: | |
Klang (60%): | 88/90 |
Praxis (20%): | 88/90 |
Ausstattung (20%): | 87/90 |
Gesamtnote: | 88/90 |
Klasse: | Oberklasse |
Preis-/Leistung | gut |