Home » Tests » Neat Acoustics Elite Classic – integrative und audiophile Lautsprecher für ein langes Musikleben
26. Oktober 2023von Roman Maier
Inhaber/GeschäftsführerDie Neat Acoustics Elite Classics zeigt sich im bewährten Design, ist technisch aber komplett überholt. Richtig gut verarbeitet kommt sie mit moderner Technik. Dazu gehören ein neuer Reflex-Aufbau und ein imposanter AMT-Hochtöner. Ziel ist der bestmögliche Klang der Preisklasse. Klingt nach einem Lautsprecher, an dem man in jeder Hinsicht viel Spaß haben soll. Mal sehen, wie er sich in unserem Testraum schlägt …
Im letzten Jahr stellte Neat Acoustics die Petite Classic vor. Diesen kompakten Lautsprecher habe ich auf der diesjährigen High End in München gesehen und gleich zum Test bestellt. Als mir der deutsche Vertrieb dann aber von der Elite Classic erzählte, einem schlanken Standlautsprecher im klassischen Schnitt, wurde der Testplan sogleich geändert. Hier ist der Name quasi Programm: Dieser Lautsprecher nennt sich „Classic“ und ist tatsächlich ein Klassiker. Bittet man ein Kind einen typischen Lautsprecher zu malen, kommt am Ende eine Skizze heraus, die sehr nah an die Neat Acoustics Elite Classic herankommt. Das kann man langweilig finden, tatsächlich ist ein solches Design in der heutigen Audio-Welt aber schon fast erfrischend anders. Statt verjüngter Gehäuse und Metallic-Lackierung regiert hier die schnörkellose, gerade Form. Bei diesem Lautsprecher ist das auch noch gepaart mit erstaunlich wohlgelungenen Proportionen und einer Ausstattung, die anspruchsvoller ist, als man es auf den ersten Blick erwarten würde.
Folgerichtige Neuauflage
Aber Moment mal, gab es nicht schonmal eine „Elite“? Ja, eingefleischte HiFi-Fans werden sich an die erste Elite erinnern, die 1998 präsentiert und 2003 in die SE-Version überging. Fünf Jahre später wurde diese dann von der SX-Edition abgelöst. Bei der Neuauflage hat man folgerichtig an den altbewährten Proportionen festgehalten. Die Optik ähnelt sich also, die Technik ist dagegen völlig neu. Bei der Entwicklung der Elite Classic ist nämlich quasi kein Stein auf dem anderen geblieben. Vorrangig sind hier völlig neue Chassis und eine komplett neu gestaltete Frequenzweiche zu nennen. So ist die Elite auch nicht als Allrounder, sondern ganz eindeutig als Lautsprecher für den Einsatz in kleineren Wohnumgebungen konzipiert. Hier fügt sie sich optisch wenig auffällig ein, verspricht aber einen brillanten, dynamischen und raumfüllenden Klang, der auch anspruchsvolle Musik-Liebhaber begeistern soll. Liest sich vielleicht wie Marketing-Sprech, der Plan geht aber voll auf. Dazu gleich aber mehr …
Altbewährtes neu eingesetzt
Zunächst einmal zur Technik: Ich hatte die neue Antriebseinheit bereits kurz erwähnt. Der mit der selbstentwickelten R3-Papiermembraneinheit ausgestattete Tiefmitteltöner basiert beispielsweise auf dem in der Flaggschiff-Serie Ultimatum eingesetzten Treiber. Dieses (selbstgemessene) 145-Millimeter-Schwingsystem sitzt im oberen Drittel des 90 Zentimeter in die Höhe ragenden Towers und nutzt etwa 80 Prozent des Gehäusevolumens. Um eine tiefere Bassabstimmung zu erreichen, handelt es sich um ein ventiliertes Gehäuse. In diesem Fall gibt es sogar zwei Reflexports: Einen kleinen im oberen Teil der Gehäuserückseite und einen größeren in der Unterseite des Lautsprechers. Hier kommt dann eine weitere Besonderheit ins Spiel: Die Sockelkonstruktion. Dank ihr entsteht ein Freiraum zwischen Fuß und Gehäuse. Exakt dieser Bereich wird genutzt, um die innen entstehenden Bassanteile nach unten auszuführen. Diese versetzte Portabstimmung trägt zur sauberen, definierten und rhythmischen Basswiedergabe bei. Und sie macht die Elite Classic ganz nebenbei auch flexibler in der Aufstellung.
Schneller Hochtöner
Direkt oberhalb des bereits beschriebenen Tiefmitteltreibers thront der AMT-Hochtöner. „AMT“ steht für Air Motion Transformer, in diesem Fall einem Modell von Dayton Audio mit einer Capton-Membran und einer Oberfläche von 8,91 Quadratzentimetern. Auch der ist uns schonmal in ähnlicher Form im Test der Iota Xplorer begegnet. Die Funktionsweise ist einfach wie genial. Die plissierte Membran zieht sich zusammen und dehnt sich wieder aus. Wie bei einem Akkordeon wird die Luft dabei herausgepresst und hineingezogen. Der Vorteil: Der AMT ist wesentlich schneller als ein dynamischer Lautsprecher, bei zugleich geringeren Verzerrungen. Laut Hersteller-Aussage soll die verwendete Treiber-Kombi einen Frequenzbereich von 25 Hertz bis 22 Kilohertz abdecken. Damit das auch wirklich von jedem Lautsprecher erreicht wird, wird jede Elite im Neat Acoustics-Werk in Barnard Castle im Nordosten Englands von ausgebildeten Fachkräften Hand gefertigt, getestet und mit einem Referenzpaar verglichen. So wird die Umsetzung der hohen Ansprüche in der Praxis garantiert.
Flexible Möglichkeiten
Noch ein Wort zum Gehäuse: Dieses besteht aus massivem MDF und ist innenseitig mehrfach verstrebt. So wird sichergestellt, dass der Korpus den im Innern entstehen Kräften auch problemlos standhält. Und, dass unvermeidliche Verzerrungen auf ein Minimum reduziert werden. Auffällig ist hier zudem, dass die Elite Classic breiter als tief ist. Der Unterschied liegt bei gerade einmal zwei Zentimetern (20/18 cm), er bewirkt aber, dass der Lautsprecher unauffälliger wirkt, als die meisten Standlautsprecher. Den Beleg dafür habe ich selbst erlebt, als die Kollegin während meiner Testsession mit den Worten „der ist aber süß“ den Raum betritt. OK, als „süß“ würde ich die Neat jetzt nicht bezeichnen, aber dem Begriff „zurückhaltend“ würde ich voll zustimmen. Damit sie sich auch stilvoll in wirklich jedes Wohnambiente einfügt, ist die Elite Classic wahlweise in den Ausführungen Walnuss, Satinweiß oder Schwarz zu haben. Der 26×22 Zentimeter messende Standfuß ist immer in Schwarz gehalten.
Schnell ausgerichtet
Signale vom Verstärker, in meinem Test ein AVM CS30.3, nimmt der britische Zwei-Wegler über das rückwärtig platzierte Single-Wire-Anschlussfeld an. Den Hörcheck starte ich zunächst mit Black Coffee und „Drive“, um mal ein bisschen mit der Aufstellung meiner Testgäste zu experimentieren. Zunächst einmal stelle ich die Lautsprecher in etwa 2,80 Meter zueinander auf und richte sie leicht auf den Referenzplatz aus. Das funktioniert schon richtig gut, aber da geht sicher noch etwas. Noch ein Stückchen weiter eingedreht und mit einem Wandabstand von rund 50 Zentimetern habe ich das Ideal dann gefunden. So gewinkelt, entsteht schnell eine sehr schöne Klangbühne. So richtig deutlich wird es in „Make Us Stronger“ von Ghost Rider. Die einleitenden Glocken stehen zunächst direkt mittig vor mir. Als die nach und nach stärker eingesetzten Besen hinzukommen, wird das Klangbild plötzlich deutlich breiter. Nur wenige Sekunden später ist dann eine männliche Stimme zu hören.
Fusion aus Kraft und Klarheit
Diese Stimme steht allerdings nicht zentral, sondern scheinbar rechts und links hinter den Lautsprechern. Dieser gewollte Effekt schlägt sich in einer sphärischen Atmosphäre wieder, die mich irgendwie dazu verleitet lauter zu drehen. Das passt, denn einhergehend mit meiner Pegelerhöhung wird die musikalische Darbietung um schnelle, knackige Oberbässe erweitert. So entsteht eine wahrhaft bemerkenswerte Fusion aus Klarheit und Tiefe. Die Wiedergabe ist knackig und präzise, während jedes Detail mit außergewöhnlicher Deutlichkeit zum Hörer durchzudringen scheint. Besonders beeindruckt mich die hohe Dynamik, die die sanftesten Nuancen bis hin zum fettesten Bassschlag mit Ausdruck mit Lebendigkeit erfüllt. Die Bühne erscheint fast wie im freien Raum, in dem Bass, Synthies und Stimmen Platz zum Atmen haben. So wird der Raum auf natürliche Weise mit Musik ausgefüllt. OK, laut und dynamisch können viele. Fragt sich noch, inwieweit die hohe Dynamik des Songs auch unter niedrigeren Pegeln transportiert wird.
Dynamische Textur
Diese Frage lässt sich ziemlich schnell beantworten. Selbst unter einer Lautstärke bei der man sich noch locker unterhalten kann, keine Spur von belanglosem Gespiele. Nein, die Elite Classic scheinen auch jetzt mit angespannter Muskulatur zu Werke zu gehen. Druck und Dynamik sind weiterhin voll vorhanden – allerdings ohne, dass die tieferen Passagen alle weiteren, weniger präsenten Klanganteile überdecken. Ähnliches erlebe ich, als ich „Crystal Ball“ von Carolin No von meiner Qobuz-Playlist anspiele. Dieser Titel stammt vom 2014er-Album „Backstage“. Ein absolut empfehlenswertes Album für anspruchsvolle Musikfreunde. Die Lebendigkeit der Wiedergabe ist auch in diesem Titel und bei weiterhin niedriger Lautstärke voll spürbar – mit einer faszinierenden Präsenz und Textur. Die Musik steht quasi wie eine Klangwand direkt vor mir. Tiefe Klangpassagen sind reichhaltig vorhanden und verleihen der Musik eine solide Grundlage. Dazu passend, werden auch sämtliche Hochtonanteile klar und luftig wiedergegeben, was wiederum die Brillanz der Melodien schön hervorhebt.
Detaillierte Neutralität
Hebt man den Pegel dann an, passiert nichts – außer dass es nun lauter wird. Das sollte im Idealfall auch so sein, ist es oft aber nicht. Ihnen ist sicher auch aufgefallen, dass manche Schallwandler mit zunehmender Lautstärke plötzlich fetter im Bass wirken – oder dass der Hochton auf einmal schriller erscheint. Das kommt daher, dass einige Lautsprecher vereinzelte Frequenzanteile in unterschiedlichen Pegellagen anders gewichten. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Ein Thema, das an dieser Stelle zu weit gehen würde. Zu weit auch deshalb, weil die Neats diesem Effekt ausdrücklich nicht unterliegen. Das ist sehr gut. Auch fällt mir die scheinbar vollständige Abstinenz von Markenklang auf. Der Sound im besten Fall neutral. Nein, weder langweilig noch gelangweilt. Eher ehrlich und ohne aufzudicken. Das wäre überhaupt das erste Attribut, das mir einfällt: Die Elite Classic bietet zwar ein ordentliches Bassfundament auf, wirkt dabei aber nie überdickt und nervig.
Harte Dynamik
Ein Beispiel dafür wäre „Never Ever Land“ von Infected Mushroom. Dieser Song startet erst relativ harmlos, wobei es bereits den einleitenden Synthies gelingt die Bühne breit aufzuziehen. Als sich nach etwa einer Minute dann satte Kickbässe hinzugesellen, wird es mega-druckvoll. Statt nun aber nur herumzudröhnen, agiert mein Testpärchen mit erstaunlicher Kontrolle und Schnelligkeit. So entsteht eine hohe dynamische Sauberkeit. Bässe knallen ordentlich und härter, als man es einem solch schlanken Lautsprecher zutrauen würde. Der Sound ist getragen von pulsierenden Bässen und einen nicht unerheblichen Anteil Körperschall. Die Hosenbeine flattern zwar nicht, dafür macht sich der Tiefton in der Magengegend bemerkbar. Dabei hat man aber nie das Gefühl, dass der Bass nur angestrengt herumwummert oder dröhnt. Diese Reinheit im Klang hat zur Folge, dass man den Pegel getrost um ein paar Punkte zurückdrehen kann, ohne auf Dynamik und Spaß verzichten zu müssen. Das wiederum freut auch den Nachbarn.
Audiophile Souveränität
Der Klassiker „Fields Of Gold“ von Sting verspricht weitere Einsichten zu bieten. Dieser Song offenbart viele feine Nuancen und gewinnt im Verlauf an Tiefe und Bedeutung. Den Elite Classics gelingt es dabei rasch ein harmonisches Verhältnis zwischen Gesangsstimme und Begleitinstrumenten zu schaffen. Wenn man so will, könnte man dies auch als eine Art „ideale Gegenüberstellung aller feinen Details“ bezeichnen. Die Klangbühne erstreckt sich auch hier wieder ein wenig über die Positionen der beiden Neats hinaus und gewinnt an räumlicher Tiefe. Fast schon so, als könnte man den Künstler berühren. Imposant ist auch der erneut präzise gestaltete Bassbereich. Der ist auch jetzt nicht aufdringlich, wird jedoch korrekt und an der richtigen Stelle platziert. Einher geht das mit einer Neutralität und Präzision, die zweifellos als audiophil bezeichnet werden muss. All das geschieht in einer Atmosphäre bemerkenswerter Ruhe und Souveränität, die auf eine offenkundig perfekte Abstimmung hindeutet.
Fazit
Insgesamt bieten die Neat Acoustics Elite Classic ein klangliches Erlebnis, das sowohl audiophile Feinschmecker, wie auch Freunde rockiger und elektronischer Musik gleichermaßen begeistern wird. Die Kombination aus knackiger Präzision, dynamischer Bandbreite, räumlicher Homogenität und lebendiger Darstellung begeistert. Dazu kommen die flexible Aufstellung und das zurückhaltende, zugleich elegante Design. All das macht die Elite Classic zu einer absoluten Empfehlung für Musikliebhaber, die klanglich aufsteigen wollen und einen Lautsprecher suchen mit dem man viele Jahre glücklich ist.
Test & Text: Roman Maier
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Spitzenklasse
Preis-/Leistung: sehr gut
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Technische Daten
Modell: | Neat Acoustics Elite Classic |
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Produktkategorie: | Standlautsprecher |
Preis: | 3.898,00 Euro / Paar (Schwarz, Weiß) 3.998,00 Euro (Walnuss) |
Garantie: | 5 Jahre |
Ausführungen: | - Schwarz - Walnuss - Satinweiß |
Vertrieb: | Bellevue Audio, Unna Tel.: 02303 / 3050178 www.bellevueaudio.de |
Abmessungen (HBT): | 900 x 200 x 180 mm |
Gewicht: | 13 kg / Stück |
Bauart: | Zwei-Wege, Isobarik-Bass, Bassreflex |
Impedanz: | 8 Ohm |
Hochtöner: | 1 x AMT |
Tief-/Mitteltieftöner: | 1 x 145 mm |
Frequenzbereich: | 25 Hz - 22 kHz (Herstellerangabe) |
Lieferumfang: | - Neat Elite Classic - Standfuß - Spikes - Anleitung |
Pros und Contras: | + hervorragende Verarbeitung + harmonische Abstimmung + ausgezeichneter Hochtöner + sehr gute räumliche Abbildung + flexibel in der Aufstellung - kein Bi-Wire |
Benotung: | |
Klang (60%): | 95/95 |
Praxis (20%): | 95/95 |
Ausstattung (20%): | 94/95 |
Gesamtnote: | 95/95 |
Klasse: | Spitzenklasse |
Preis-/Leistung | sehr gut |