Home » Tests » Orbid Sound Khidur – handgefertigte Klangmeister im extravaganten Design
31. Oktober 2023von Roman Maier
Inhaber/GeschäftsführerMit seiner Khidur bleibt Orbid Sound seinem bewährten Design, beispielsweise aus der Palum und Arion I, treu. Das Outfit mit dem separierten Hochtöner mag sicher nicht jedem gefallen, klanglich gibt es jedoch keine zwei Meinungen. Dieser Lautsprecher beeindruckt in erster Linie durch seine homogene Abstimmung und seine Grundton-Agilität. Rock, Metal, Pop oder auch seichtere Töne werden in gleicher Güte reproduziert. Und auch im Tiefbassbereich weiß die Khidur ordentlich zuzupacken.
Seit mehr als fünf Jahrzehnten gehört Orbid Sound zu den bekanntesten Lautsprecherherstellern Deutschlands. Freunde der Marke schätzen das robuste Design, das in der Klangwerkstatt von Daniel Beyersdorffer und Thomas Feil entsteht. Orbid-Schallwandler kommen auch nicht aus dem Regal, sondern entstehen ganz individuell und frisch nach Auftragseingang. In der Orbid-Zentrale haben Kunden die Möglichkeit, ihre zukünftigen Lautsprecher in aller Ruhe zu begutachten und anzuhören. Zudem können sie sie nach ihren eigenen Farbwünschen gestalten. Hierbei können sie aus dem RAL-Farbenkatalog wählen und das Finish in seidenmattem oder hochglänzendem Look bestellen. Rund drei Wochen später ist man dann stolzer Besitzer eines Paares Orbid-Lautsprecher. Diese Wartezeit nimmt man gerne in Kauf, schließlich wird jedes Modell in Baden-Württemberg individuell und von Hand gefertigt. Dabei legt man höchsten Wert darauf, ausschließlich Bauteile von deutschen und spanischen Lieferanten zu verwenden. Alternativ kann man seine künftigen Lautsprecher aber auch online oder bei streng selektierten Fachhändlern bestellen.
Zweiteiliges Gehäuse
In den vergangenen Jahren hatten wir auch schon das eine oder andere Modell von Orbid im Hörraum. Jetzt ist es die Khidur. Der Name wurde dem einer Galaxie aus dem Perry Rhodan-Universum entliehen. Auch das hat bei Orbid Tradition. Die eigenen Produkte tragen stets den Namen einer Galaxie, eines Sterns, Mondes oder Planeten. Optisch kommt mein Testgast auch entsprechend außergewöhnlich daher. Wie beispielsweise beim von mir getesteten Modell Arion I, sitzt der Hochtöner hier in einer separaten, etwas schmaleren Behausung wie ein Kopf auf dem Rumpf des Hauptgehäuses. Ansonsten sind die Konturen scharf und geradlinig. Auf überflüssige Schnörkel oder Details verzichten die Balinger glücklicherweise vollständig. Mit 20 x 25,5 Zentimetern ist die Grundfläche des Lautsprechers übrigens kleiner als ein DIN A4-Blatt. Mit 88,5 Zentimetern ist er zudem niedriger als die meisten Fensterbänke. Die kompakte Dimensionierung sorgt dafür, dass sich die Khidur homogen in nahezu jede Wohnumgebung einfügt.
Klassisch oder extravagant?
Einzig ganz unten nimmt Orbid das Design des separierten Hochtöners wieder auf. So ruht auch das Hauptgehäuse auf einer Art Hals, bevor die Sockelbasis den unteren Abschluss dieses Lautsprechers bildet. Außergewöhnlich zeigt sich auch die Oberflächenstruktur der Khidur. Sie ist nicht spiegelglatt, sondern etwas rau. Das fühlt sich gut an und macht das Äußere auch etwas weniger anfällig. Sehr gut! Für meinen Test habe ich diesen Zwei-Wege-Standlautsprecher in elegantem Weiß bestellt. Wie bereits beschrieben, kann die Khidur selbstverständlich aber auch in Schwarz oder gegen geringen Aufpreis in jeder RAL-Farbe geordert werden. Hier wird also jede Extravaganz erfüllt. Nicht reinreden lässt sich das Orbid-Team dagegen bei der technischen Ausführung. So ist die obere Verkastung dem bereits kurz erwähnten Hochtöner vorbehalten. Im Detail handelt es sich dabei um einen 25 Millimeter Tweeter mit Seidenkalotte. Der wiederum sitzt leicht vertieft in der ihn umgebenden, acht Zentimeter durchmessenden Aluplatte.
Echter Zwei-Wege-Aufbau
Eine Etage tiefer, also im Hauptgehäuse, sitzen die beiden Tiefmitteltöner. Da beide die exakt gleiche Arbeit im exakt gleichen Frequenzbereich leisten, handelt es sich auch um ein waschechtes Zwei-Wege-System. Beide Treibereinheiten sind selbstgemessene 12,5 Zentimeter breit und mit Polyproylen-Membranen bestückt. Das verspricht schon mal Punch und Schnelligkeit. Laut Herstelleraussage verrichten sie ihren Job ab einem Wert von 35 Hertz. An welcher Stelle im Frequenzband das Duo die Arbeit dann an den Hochtöner übergibt, darüber schweigt sich Orbid aus. Ist für mich jetzt aber auch nicht so wichtig. Um den Lautsprecher auch technisch flexibler werden zu lassen, sitzt auch der Reflex-Port frontseitig im unteren Teil des Gehäuses. Die Rückseite ist hingegen ausschließlich dem Anschlussfeld vorbehalten. Leider verzichtet Orbid hier auf den Einsatz von Bi-Wire-Kontakten. Die hier eingesetzten, großzügig ausgeführten Schraubklemmen machen aber einen guten Eindruck und sind in der Lage sowohl unkonfektionierte Leiter, wie Kabelschuhe oder Bananas aufzunehmen.
Einspielzeit gönnen
Wie immer beginnt auch dieser Test mit einer rund 48-stündigen Einspielzeit. Diese empfiehlt sich unbedingt bei jedem Lautsprecher – und hier ganz besonders. Tatsächlich verändert sich der Klang enorm. Zu Beginn der Warmspielphase agiert die Khidur zwar schon ziemlich räumlich, zugleich wirkt es aber, als spiele das Balinger Duo noch mit angezogener Handbremse. Dieser Eindruck verflüchtigt sich dann mit zunehmender Spieldauer. Schon nach etwa drei Stunden klingt es etwas intensiver, freier. Zwei Tage später ist es dann, als stünde hier ein ganz anderer Lautsprecher vor mir. Was zuvor noch etwas gehemmt wirkte, zeigt jetzt höchste Lebendigkeit. In „Angry“ vom neuen Stones-Album „Hackney Diamonds“ geht es beschwingt und irgendwie auch leicht zur Sache. Die Basslinien kommen straff und drahtig, wirken zugleich aber auch warm und lebendig. Richtig gut gefällt mir außerdem die zeitgleiche Darstellung der Stones-typischen Gitarrenriffs. Generell spielen die Orbids im Mittenbereich sehr sauber und differenziert.
Einfache Aufstellung
Das Schlagzeug gibt derweil den Takt an. Becken und Hi-Hats werden sehr schön herausgehoben, sind zugleich aber nicht dominierend. Das ist dann eher Mick Jaggers unverkennbare Stimme, die über der Instrumentierung zu schweben scheint, dabei aber keineswegs losgelöst von ihr ist. Die Verbindung ist da, was den Song harmonisch und wie aus einem Fluss erscheinen lässt. Sehr gut, der Anfang war schon mal imposant. In diesem Zusammenhang: Die korrekte Aufstellung der Khidur ist schnell gefunden, indem man die Lautsprecher so aufstellt, dass sie leicht auf den Referenzplatz ausgerichtet sind. Tatsächlich konnte ich die Lautsprecher auch vergleichsweise wandnah aufstellen. Bei einem Wandabstand von rund 30 Zentimetern ergibt sich hier das ideale Bassverhältnis. Das mag in anderen Abhörsituationen aber durchaus etwas anders sein, deshalb empfiehlt es sich immer ein bisschen mit der Positionierung der Lautsprecher zu spielen. Es schadet aber sicher nicht, meine beschriebenen Erfahrungen als Ausgangspunkt zu verwenden.
Spaßmacher
Als nächstes steht „Holly Rock“ von Prince auf meiner Qobuz-Playlist: Ein schneller Track, der seine Wurzeln in den Anfängen der Hip-Hop-Bewegung der frühen 80er-Jahre hat. Der Beat zieht mich sofort in seinen Bann. Um ganz ehrlich zu sein, das ist kein High-End, macht aber jede Menge Spaß. Wer Grandmaster Flash & The Furious Five mag, wird diesen Song sicher sofort in seine Playlist aufnehmen. Die Gesangsstimme hebt sich geschickt aus der umgebenden Instrumentierung ab, bleibt aber auch harmonisch in das Gesamterlebnis eingebettet. Es groovt, und ich sehe die Tänzer fast schon vor mir. Der kräftige, schlagfertige Grundton verleiht dem Song seinen energiegeladenen Charakter. Nach einer weiteren Pegelerhöhung wird der Druck im tiefen Bassbereich dann auch noch mal spürbar verstärkt. Der Sound gewinnt an Substanz, der Bass dringt mit eindrucksvoller Präsenz in den Hörraum. Dies geschieht, ohne das Klangbild im Bassbereich übermäßig zu verdichten oder unerwünschte Ausreißer zu verursachen.
Wohlige Atmosphäre
Ähnlich aktiv geht es im anschließend gewählten „Low Rider“ von War weiter. Ein Stück, das man vielleicht nicht sofort im Ohr hat, sobald man den Songtitel hört, das aber jeder Musikfan kennt. Die schleppenden Beats geben hier den Takt an. Gespielt werden sie von Eric Burdon, der hier auch den Gesang übernimmt. Auch diese Aufnahme ist ganz sicher nicht die Beste, der Song sorgt aber sofort für Fußwippen und gute Laune. Die Atmosphäre ist wohlig und einladend. Neben den Percussions ist es hier das von Lonnie Jordan gespielte Keyboard, das einen wesentlichen Anteil zur Gesamtperformance beisteuert. Gitarren bleiben dezent im Hintergrund, werden aber auch nicht vom Beat überdeckt. Was hier auch sehr gut herauskommt, ist die Bühnendarstellung. Die spannt sich hier füllend zwischen den beiden rund 2,50 Meter voneinander entfernt stehenden Lautsprechern auf. Die Percussions und Eric Burdon im Vordergrund, dahinter Gitarre und Keyboard. Kurzfazit: einfach gut!
Ungeschliffene Härte
Weiter geht es nun mit etwas härterem Futter: „Bombtrack“ von Rage Against The Machine. Kaum ist die Play-Taste gedrückt, füllt Tim Commerfords donnerndes Bass-Riff den Raum. Wenige Sekunden später steigen dann Brad Wilk mit seinem metallisch und aggressiv aufspielenden Schlagzeug und Zack de la Rochas wütende Stimme ein. Als das passiert, ist es, als stünde eine massive, grollende Soundwall vor mir. Den Khidurs gelingt es wirklich gut, die hohe Intensität des Songs zu transportieren. Dabei stellen sie den Track auf ein solides Bassfundament und überzeugen durch eine gehörige Portion Punch im Grundton. Was mir ebenfalls positiv auffällt, ist die sehr gut abgewogene Hochtonwiedergabe. Stylistisch verzerrte Gitarren und die teils kreischende Stimme de la Rochas werden einfach gut rübergebracht, und zwar ohne, dass es im Hochton zu spitz oder nervig wird. Speziell die Vocals scheinen von der Khidur in besondere Obhut genommen zu werden.
Heftige Bass-Attacken
Nur so lässt sich erklären, dass wilde Entschlossenheit und der Zorn, der sich in diesem Stück über die soziale Ungerechtigkeit entlädt, fast schon fühlbar sind. Unter höheren Lautstärken verändert sich an der Intensität übrigens kaum etwas. Die gewollte Ungeschliffenheit des Songs bleibt über die gesamte Spieldauer erhalten. Ähnlich souverän trumpfen meine Testgäste in der Wiedergabe der unteren Frequenzbereiche auf. Der Tiefbass ist erstaunlich satt. Gemessen an der Größe der Lautsprecher ist er tiefreichend und kräftig. Zum Vergleich: An die imposante Tiefton-Dynamik der großen Arion I kommt die Khidur erwartungsgemäß nicht ganz heran. Das bedeutet aber nicht, dass sie im Bass nicht ordentlich zupacken könnte. Im Gegenteil, die unerbittlichen Bass-Attacken des Songs weiß sie auf jeden Fall sehr gut zu verarbeiten und überträgt diese ungehemmt in den Raum. Für einen Raum mit einer Größe von bis zu 25 Quadratmetern ist das meiner Meinung nach absolut adäquat.
Fazit
Das Design mit dem separierten Hochtöner mag optisch vielleicht polarisieren. Klanglich gibt es allerdings nichts zu bemängeln. Die Orbid Sound Khidur imponiert durch ihre homogene Abstimmung, ihre wohlproportionierte Bassabstimmung und ihre imposante Grundton-Agilität. Rock, Metal, Pop oder auch seichtere Töne werden in gleicher Güte reproduziert. Und auch in Grundton und Tiefbass weiß der zierliche Standlautsprecher ordentlich zuzupacken. Wer einen extravagant gestylten Schallwandler sucht, der nicht viel Raum im Wohnzimmer einfordert und trotzdem groß aufspielt, der sollte mal nach Balingen fahren und sich die Khidur anhören.
Test & Text: Roman Maier
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Spitzenklasse
Preis-/Leistung: gut - sehr gut
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Technische Daten
Modelle: | Orbid Sound Khidur |
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Gerätekategorie: | Standlautsprecher |
Preis: | ab 2.000 Euro/Stück |
Garantie: | 5 Jahre |
Ausführungen: | - Schwarz - Weiß - RAl-Farben |
Vertrieb: | Orbid Sound, Balingen 07433 3910122 www.orbid-sound.de |
Abmessungen (H x B x T): | 880 x 200 x 255 mm |
Gewicht: | ca. 17 kg (Herstellerangabe) |
Bauart: | Zwei-Wege, Bassreflex, passiv |
Anschlüsse: | Single-Wire Schraubklemmen |
Impedanz: | 4 Ohm |
Bestückung: | 1 x 25-Millimeter-Hochtöner 2x 125-Millimeter-Tiefmitteltöner |
Frequenzgang: | 35 Hz – 20 kHz (Herstellerangabe) |
Impuls-/ Dauerbelastbarkeit: | 200/100 Watt (Herstellerangabe) |
Lieferumfang: | 1 x Orbid Sound Khidur |
Pro & Contra: | + homogene Musikreproduktion + lebendiger Sound + knackiger Grundton + kräftiger Bass + individuelle Farbwahl + schöne Auflösung + integrative Abmessungen - Keine Abdeckungen und Spikes |
Benotung: | |
Klang (60%): | 93/95 |
Praxis (20%): | 95/95 |
Ausstattung (20%): | 93/95 |
Gesamtnote: | 93/95 |
Klasse: | Spitzenklasse |
Preis/Leistung: | gut - sehr gut |
Getestet mit: | - AVM CS 30.3 - Auralic Polaris - Van den Hul D352 Hybrid |
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