Home » Tests » Spatial Europe MC Series No.3 – Freiheit und Kraft
1. November 2023von Volker Frech
RedakteurRadikale Revision: Bei der Aktualisierung seiner No.3 setzt Spatial Europe nun auf ein neues Koaxial-Chassis mit Kugelwellen-Horn, zwei exklusiv für den Bass zuständige 15-Zoll-Woofer sowie eine serielle Frequenzweiche für die audiophile Abstimmung dieser frischen Drei-Wege-Konzeption. Damit kombinieren die Ingolstädter in neuer Manier die Vorzüge der offenen Schallwand mit den Meriten der Punktschallquelle – und haben noch weiteren Novitäten in petto, die die MC Series No.3 erstmals im Weltpremieren-Test des lite-Magazins offenbart.
Ein Open-Baffle-Lautsprecher ist immer wieder ein Erlebnis: Wir haben aus der MC Series von Spatial Europa ja bereits die No.1, die No.6, die Zero und die No.1 SE MK II im Test gehabt, doch trotzdem sorgt auch unser aktueller Gast, die neuen No.3, für Aufsehen in der Redaktion. Kein Wunder: Nach wie vor ist ein Lautsprecher, der ohne Gehäuse allein mit einer Schallwand agiert, eine Ausnahmeerscheinung – und bietet dank der Furnier-Ausführung in naturbelassener Roseneiche eine angenehme Attraktion: Das Echtholz strahlt mit seiner wunderschönen Maserung und den markanten Rosen eine wohlige Wärme aus. Dies wird apart durch das Schwarz kontrastiert, in dem alle dezent gefasten Kanten und Ecken, die konisch zulaufenden Ausschnitt für die Chassis sowie der mit der Front verzapfte Fuß gehalten sind. So strahlt die No.3 eine optische und haptische Hochwertigkeit aus, die durch die ausgezeichnete Verarbeitung noch verstärkt wird.
Luftiges Design mit optischer Dynamik
Hier hat Spatial Europe ausgezeichnete Arbeit geleistet – und dafür setzt Gründer und Mastermind Robert Andorf auf eine lokale Produktion: In die Fertigung sind Maschinenbauer, Schreiner und Polsterer aus Ingolstadt und der nahen Umgebung einbezogen. Spatial Europe-Lautsprecher sind also Manufakturarbeit made in Germany. Dies trägt ebenso zur Nachhaltigkeit bei wie der konsequente Kunststoff-Verzicht bei Verpackung und Transport. So voluminös die schützende Kartonage ist, so schlank und filigran ist dann der in ihr steckende Lautsprecher: Die No.3 besteht, wie jeder Open-Baffle-Lautsprecher, eigentlich allein aus einer Schallwand, auf der die Chassis montiert sind, und einem Fuß, der dieser Platte sicheren Stand verleiht. Diese Reduktion aus Wesentliche resultiert in einer schlanken und luftigen L-Form, die durch die leichte Neigung der Schallwand zudem eine optische Dynamik besitzt. Der Unterschied zu einer konventionellen, quaderförmig-kastigen Box könnte kaum größer sein – zumal Spatial Europe die No.3 in sämtlichen RAL-Lackierungen sowie diversen Edelholzfurnieren nach Wunsch fertigt.
Seismische Beruhigung
Wer nun glaubt, die No.3-Schallwand sei ein bloßes Brett, befindet sich auf dem Holzweg: Sie ist aus zwei MDF-Platten von verschiedener Stärke und Materialdichte zusammengefügt. Dies trägt ebenso zur Stabilität und Schwingungsresistenz bei wie die eigelassen Stahlplatten: Mit ihnen ist der metallen Fuß verschraubt. Das ermöglicht einen definierten Anpressdruck, welcher wiederum die Vibrationsneigung mindert. Dies unterstützen innseitige, durch Computersimulation optimierte Fräsungen sowie Nylon-Muffen, welche in die Schallwand eingelassen sind: Sie agieren als Aufnahmen für die metrischen Schrauben, mit denen die Chassis rückseitig fixiert sind – abermals gepuffert durch Nylon-Unterlegscheiben. Diese elastischen Dübel und Ringe bewirken gegenüber der früheren Fixierung mit direkt ins MDF eingedrehten Holzschrauben eine erstaunliche seismische Beruhigung. Dabei ist das Open-Baffle-Prinzip eh schon im Vorteil gegenüber der herkömmlichen Lautsprecher-Bauart: Das Boxen-typische Mitschwingen und Dröhnen eines umgebenden Gehäuses entfällt ebenso wie der Luftwiderstand des Korpusvolumens, welcher die schwingenden Chassis bremst.
Freiheit von Vibrations- und Kompressionseffekten
Das Open-Baffle-Design ist also weitgehend frei von derartigen Vibrations- und Kompressionseffekten, welche den Klang verfälschen und das Impulsverhalten verschlechtern. Das führt zu einem Plus in puncto Transparenz, Präzision und Dynamik. Doch warum funktioniert ein Lautsprecher ohne Gehäuse? Die Box sorgt ja eigentlich dafür, dass beim Schwingen der Lautsprecherchassis die Luftdruck-Unterschiede vor und hinter der Membran erhalten bleiben – erst durch diesen Druckunterschied entsteht letztlich Musik. Bei der offenen Schallwand hingegen können sich die Druckunterschiede theoretisch sofort ausgleichen, es entsteht kein Ton. Dieser sogenannte akustische Kurzschluss tritt in der Praxis tatsächlich an den Schallwandseiten auf. Er ist jedoch deutlich geringer, als die Theorie vermuten lässt – und betrifft allein die langwelligen tiefen Frequenzen. Bei höhere Tönen mit kürzerer Wellenlänge hingegen stellt die Schallwand eine Barriere gegen den Druckausgleich dar. Auch deswegen misst die knapp acht Zentimeter starke Platte der No.3 116 Zentimeter in der Höhe und 46 Zentimeter in der Breite.
Woofer-Duo für imposanten Bass
Damit trotz offener Schallwand auch ein substantieller Bass entsteht, arbeiten Open-Baffle-Lautsprecher als Dipol: Zusätzlich zum vorderseitig abgestrahlten Direktschall werden auch die rückseitig abgestrahlten Schallanteile genutzt. Über die Reflexionen der Zimmerwände gelangen sie zum Hörplatz und sorgen hier für eine Basston-Addition – allerdings nur, wenn die Aufstellung stimmt. Hierzu später mehr. Für einen kräftigen Bass sorgen aber ebenso eine große Membran und eine weite Auslenkfähigkeit, also viel resultierende Fläche und Hub. Dafür arbeiten auch in der neuen No.3 zwei 15-Zoll-Woofer. Sie stammen aus der professionellen Beschallungstechnik und sind dementsprechend hochgradig pegelfest. Zu ihrer mechanischen Belastbarkeit tragen sowohl die stabilisierende Riffel-Struktur der papiernen Membranfläche bei als auch die straffe Einfassung mit einer ziemlich steifen und mehrfach gefalteten Gewebe-Sicke. All dies ermöglicht auch ein impulstreu-agiles Schwingen der Membranen. Mit diesen Woofer-Pluspunkten erreicht die No.3 einen ebenso satten wie tiefen Bass: Sie kann runter bis zu imposanten 33 Hertz spielen.
Kugelwellenhorn für homogene Höhen
Die neue No.3 ist jetzt als Drei-Wege-System ausgelegt. Deshalb agiert über der beiden Woofern nun ein frisches koaxiales Chassis für Mitten und Höhen. Andorf hat sich nach zahlreichen Tests für ein Modell von Beyma entschieden. Der spanische Chassis-Spezialist besitzt über fünfzig Jahre Expertise im Schallwanderbau und genießt einen erstklassigen Ruf. In der No.3 steckt eine Spezialität der Spanier: Ein Koax mit Kugelwellenhorn. Die Mitten wandelt eine abermals straff eingefasste Acht-Zoll-Papiermembran, die Höhen übernimmt jedoch ein Tweeter mit sphärischem Hornvorsatz. Im Treiber sitzt eine 44-Millimeter-Kalotte, die aus einem von Beyma entwickelten Polymer besteht. Dieser Spezial-Kunststoff soll ein besseres Verhalten bei hoher Belastbarkeit und langer Betriebsdauer bieten. Die Schallabstrahlung erfolgt dann über einen Trichter mit Traktrix-Geometrie, der am Hornmund einen Öffnungswinkel von180 Grad aufweist. Dank dieser Formgebung besitzt das Kugelwellenhorn ein homogenes Abstrahlverhalten mit konstantem Abstrahlwinkel über den gesamten übertragenen Frequenzbereich hinweg. Zudem punktet das Traktrix-Horn mit großer Verfärbungsarmut.
Koaxiales Chassis für natürliche Wiedergabe
Diese Homogenität wird durch den Koaxial-Aufbau fortgeführt: Dank der Einbettung des Tweeters in das Zentrum des Mitteltöners strahlt das Chassis die Schallanteile der Höhen und der Mitten vom gleichen Ort aus – wie es in der realen Welt geschieht und nicht, wie bei einem herkömmlichen Lautsprecher, durch übereinander platzierte Chassis und damit von verschiedenen Stellen. Die koaxiale Anordnung folgt also dem Schallwandler-Ideal der Ein-Punkt-Schallquelle. Deshalb liefert sie eine sehr natürliche, überaus räumliche und homogene Wiedergabe. Dies wird bei der No.3 nun zusätzlich dadurch befördert, dass der belastbare Mitteltöner den weiten Bereich zwischen 3,5 Kilohertz und 100 Hertz übernimmt und damit sehr breitbandig schallwandelt. Das hat einen großen Vorteil: Die Frequenzen, für die das menschliche Ohr besonders sensibel ist und gerade der Bereich, in dem das Ohr auf tonale Unstimmigkeiten besonders empfindlich reagiert, kommen alle vom gleichen Chassis. Durch den ungewöhnlich tiefen Übergang zum Bass klingt zudem der Stimmbereich offener.
Audiophiler Aufwand: die serielle Frequenzweiche
À propos offen: Bei einem Open-Baffle-Lautsprecher ist bauartbedingt alles freiliegend und einsehbar. Spatial Europe bietet aber zur Kaschierung der Chassis Stoffblenden an. Auch hier kann die Manufaktur selbst ausgefallene Farbwünsche erfüllen. Zudem führen die Ingolstädter seit jeher die Verkabelung der Chassis innerhalb der Schallwand. So sieht die No.3 auch rückseitig sehr aufgeräumt aus. Neu ist nun aber die Kabelqualität: Andorf setzt – ebenfalls nach vielen Tests – jetzt auf 8N-Solidcore-Kupferkabel. Aus diesem Massivleiter sind auch die Lautsprecherkabel von Spatial Europa gefertigt. Die Chassis-Verkabelung führt schließlich zur Frequenzweiche – und hier kommt die neue serielle Drei-Wege-Weichenkonzeption zum Zuge, an der Andorf intensiv gearbeitet hat. Statt der üblichen parallelen Chassis-Schaltung sind hier Hoch-, Mittel- und Tieftöner in Reihe geschaltet. Dadurch hat jedes eingesetzte Bauteil Einfluss auf sämtliche Chassis und ebenso auf die gesamte Weichenschaltung. Zudem wirken auch die Chassis selbst mit ihren elektrischen Werten auf dieses Schaltungs-Netzwerk ein.
Edler Sockel aus massivem Alu
Eine solche serielle Weiche, die das Musiksignal aufsplittet und auf die zuständigen Chassis verteilt, ist deshalb überaus schwierig zu realisieren und durch eine Computer-Simulation nicht befriedigend berechenbar. So hat Andorf in unzähligen Hörsessions rund 30.000 Bauteile getestet, bis er ein stimmiges Ensemble von möglichst wenigen Komponenten mit höchster Qualität und geringsten Toleranzen gefunden hat. Die gerade mal neun Weichenteile sind ohne klangverschlechternde Platine direkt auf eine CDF-Platte appliziert und in Freiverdrahtung über zentimeterbreite Kupfer-Bahnen verbunden. Untergebracht ist diese Weiche in dem ebenfalls neu konzipierten Fuß: Er ist aus einem massiven Aluminiumblock gefräst. So schützt er die empfindliche Schaltung vor elektromagnetischen Feldern und mechanischen Schwingungseinflüssen insbesondere der Woofer. Mit seinem schwarzen Finish und der gelaserten Beschriftung unterstreicht dieser Fuß die hochwertige Anmutung der No.3. Durch seine Geräumigkeit können die Weichenbauteile mit klangvorteilhaft großem Abstand zueinander eingebaut werden. Zudem sind so auch leicht und ohne Materialverschwendung etwaige Weichen-Upgrades möglich – Stichwort Nachhaltigkeit.
Aufstellung und Ausrichtung
Dieser Fuß birgt hinterseitig ein Paar erstklassige WBT nextgen-Anschlussklemmen und bietet bodenseitig drei höhenverstellbare Bronze-Spezialfüße, mit denen auch die Neigung und damit der Direktschall-Einfluss veränderbar ist. Damit sind wir bei der Aufstellung: Spatial Europe empfiehlt zwischen Wand und Lautsprecher-Vorderkanten ein Distanz von 75 bis 95 Zentimetern sowie einen Hörabstand von drei Metern. Die Schallwandler werden stark Richtung Hörplatz eingewinkelt: Open Baffle-Lautsprecher beschallen als Dipole vorderseitig fokussierter als herkömmliche Boxen, wodurch sie weniger Decken-, Boden- und -Seitenwand-Reflexionen erzeugen und somit auch weniger Raummoden anregen. Die Bässe werden wegen der seitlichen Auslöschungen in Form einer „8“ abgestrahlt, wobei die Schallwand der Knotenpunkt dieser Acht ist. Weil für einen satten Bass der vorder- und rückseitig abgestrahlte Tieftonschall wichtig sind, sollte man die Aufstellung sorgfältig optimieren: Je nach Wand- und Hörplatz-Abstand erreicht man am Sofa eine Auslöschung oder Addition der direkten und indirekte Schallanteile – und damit eine deutliche Ab- oder Zunahme im Bass.
Die Spatial Europe MC Series No.3 in der Praxis
An die optimale Aufstellung tasten wir uns mit Nina Simones „Blackbird“ in der Interpretation von Lady Blackbird heran. Nach einem atmosphärischen Intro setzt Jon Flaugher mit einem prominenten, permanent wiederholten Bass-Motiv ein, das er mit Verve auf seinem Kontrabass spielt. Dadurch bietet dieses Instrument einen ungewöhnlich massiven, raumgreifenden Bass. Da kann es bei normalen Lautsprechern in Kombination mit der Raumanregung mitunter zu Dröhn-Anflügen kommen. Die No.3 hingegen liefert einen Bass, der bis in die Tiefen konturiert bleibt – und dieser Bass ist bereits jetzt satt. Wer glaubt, dass ohne Gehäusevolumen kein Klangvolumen möglich ist: Hier spielt gerade der beeindruckende Gegenbeweis. Dabei haben wir gerade mal mit den empfohlenen 75 Zentimetern als Wandabstand angefangen. Nun rücken wir die Lautsprecher peu à peu weiter in den Raum, gewinnen dabei ebenso peu à peu an Basskraft – und bei ziemlich genau 90 Zentimetern klingt es genau richtig.
Beeindruckender Bass ohne tonale Andickung
Der Kontrabass hat Tragkraft, ist durchsetzungsfähig, besitzt bis in die tiefen Regionen Schub, so dass wir diese Kraft auch am eigenen Körper erfahren. Zugleich ist er aber wunderbar entschlackt und frei von den tonalen Andickungen, die bei konventionellen Boxen durch ein Gehäuse hervorgerufen werden. Da auch die Kompressionseffekte entfallen, ist dieser Tiefton überaus agil. Dank seiner klaren Definiertheit hebt sich dieser Bass zudem bestens vom Cello ab, das auf jede erste Zählzeit mit beherztem Bogenstrich einen Zweiklang setzt und so jedem Taktanfang noch mehr Antrieb und Gewicht verleiht. Da auch das Cello weit im tiefen Frequenzbereich agiert, ist es eine ziemlich knifflige Aufgabe, diese zwei Instrumente sauber und singulär abzubilden. Der No.3 gelingt dies exzellent, obwohl Bassist und Cellist direkt nebeneinandersitzen – vor dem Schlagzeug und links vom Klavier. Auch diese klare Verortung der Instrumente macht die No.3 mühelos möglich: Sie bietet eine herrlich dreidimensionale Abbildung mit einer tollen Tiefenstaffelung.
Grandiose Griffigkeit
Das ist nur möglich, wenn auch die Auflösung stimmt: Nur dann hören wir die Instrumente und das Ambiente der Aufnahme so, dass eine immersive Illusion entsteht. Genau das erleben wir hier – von der ersten Sekunde an: Das atmosphärische Intro von „Blackbird“ besorgen der Bass mit Halbton-Slides in den hohen Lagen, das Cello mit eingestreuten Flageoletts und das Schlagzeug mit einer Snare, über die Jimmy Paxson sanft mit dem Besen streicht. Die Instrumente haben eine grandiose Griffigkeit und Körperhaftigkeit – bis hin zum zarten Prasseln der Metallborsten auf das Snare-Fell. Zudem liefert uns die feinauflösende No.3 auch das Ambiente: Durch den Hall und das leichte Grundrauschen, das in jedem Raum existiert und ihn charakterisiert, haben wir mit geschlossenen Augen das Gefühl, mitten im Aufnahmeraum des Sunset Sound-Studios zu sitzen – direkt bei den Musikern. Dieser „Wie echt“-Eindruck wird auch durch die Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit befördert, die in dieser Wiedergabe liegt.
Wie-echt-Gefühl
Dann setzt Lady Blackbird ein – und wir zucken unwillkürlich zusammen, weil die Soul-Sängerin mit unmittelbarer Präsenz direkt vor uns erscheint. Ihre Physis ist fast spürbar! Mit ihrer tief timbrierten, rauen bis rauchigen und trotzdem sonoren Stimme zieht sie uns sofort in ihren Bann. Diese Faszination gelingt, weil Lady Blackbird alle Register zieht, mal verführerisch gurrt, mal die Silben aushaucht, mal die Töne regelrecht schmirgelt und dann wieder mit behutsamem Vibrato ausklingen lässt. Diese Frau ist ein vokales Ereignis – und die No.3 offenbart es uns bis hin zu den kaum hörbaren Anatmern vor jeder Gesangsphrase. Es sind diese feinen, kleinen Nebengeräusche, die für das Wie-echt-Gefühl sorgen. Das dann einsetzende Klavier verblüfft uns vollends: Wir hören jeden Tastenanschlag von Deren Johnson, das Aufprallen der Filz-Hämmerchen auf den metallenen Saitenchören – und dann erfüllen lang ausgehaltene, modale Akkorde unseren Raum, die beim Ausklingen geradezu luftig flirrend in der Tonfarbe changieren.
Auflösungskraft und Präsenz
Diese Auflösungskraft und Präsenz geht einher mit einer herrlichen Frische und Vitalität – und dies wiederum zeugt von einer ausgezeichneten Dynamik. Bei Blackbird erfahren wird das im Feinen etwa durch die perlenden Klaviertastenanschläge oder das akkurate Besenborsten-Prasseln. Nun schauen wir mal, wie es sich bei einem Stück mit mehr Schmackes verhält: Charly Antolini führt uns bei „Sticks To Me“ sein Drumset vor, spielt uns mit rasenden Ritten über seine Trommeln und vertracken Schlagpattern auf Snare, Hi-Hat und Becken schwindelig und setzt mit einzelnen Bassdrum-Tritten regelrechte Tiefschläge. Was für eine Power und Dynamik! Wie hören eigentlich noch auf halbwegs moderater Lautstärke – und trotzdem fahren uns Antolinis Schläge auf die Felle wie Hiebe in den Magen! Dabei gibt die No.3 jeden präzise gesetzten Schlag des Großmeisters mit herrlicher Akkuratesse und großartiger Impulstreue wieder. So zucken wir hier gleich mehrfach zusammen. Das Schlagzeug bleibt dabei mit jeder Trommel klar und sauber definiert.
Abermals aufgeräumter mit Absorber-Füßen
Ist da noch mehr möglich? Bislang haben wir die No.3 mit den mitgelieferten Bronze-Spikes betrieben, nun unterfüttern wir sie mit den Absorber-Füßen, die Spatial Europe optional anbietet – und staunen nicht schlecht: Das Drumset klingt noch präziser und abermals aufgeräumter. Jetzt hören wir quasi eine Lehrstunde, wie man ein Drumset optimal stimmt und abstimmt, so dass es als harmonisches Ganzes klingt. Wir registrieren das Schwingen der angeschlagenen Kunststofffelle, das Resonieren des Kesselholzes und erfahren die ganze Materialität des Schlagzeugs. Wow! Mittlerweile haben wir Gas gegeben und den Verstärker ordentlich aufgedreht – und nun schlägt uns Antolini im Verbund mit der No.3 windelweich. Geradezu brutal ist das knallharte Hochgeschwindigkeits-Snare-Stakkato, das Antolini urplötzlich und gnadenlos auf uns niederprasseln lässt. Die No.3 liefert uns dieses Percussion-Feuerwerk völlig anstrengungslos und entspannt, wir hingegen brauchen nach Antolinis Lehrstunde erst mal eine kleine Pause. Uff! Die No.3 hat’s uns bewiesen: sie kann zart und hart.
Im Turiner Opernhaus
Zum Abschluss begeben wir uns in die Oper: Das Orchestra Sinfonica Nazionale Della RAI unter Riccardo Frizza begleitet Nadine Sierra bei der Arie „Addio del passato“ aus Giuseppe Verdis Oper „La Traviata“. Diese herrliche Musik eröffnet eine wehmütige Oboe, auf die Geigen und Violen im Tutti antworten – und bereits jetzt, nach wenigen Sekunden, haben wir einen Eindruck vom Saal: Mit geschlossenen Augen sitzen wir im Turiner Auditorium Toscanini RAI, in dem diese Aufnahmen stattgefunden hat. Das Orchester hat eine wunderbare Gegenwärtigkeit, wir können die einzelnen Instrumentengruppen mühelos verorten – bis hin zu den rechts postierten Kontrabässen. Sie erscheinen oft in der Wiedergabe etwas anämisch, hier, mit der No.3., haben diese Viersaiter einen satten, sonoren Klang, der die musikalische Phrase des Orchesters wirkungsvoll abschließt, quasi einen Bass-Punkt nach dem Orchester-Satz setzt. So muss es sein – und so nehmen wir den Musikerverbund auch im wahrsten Wortsinn als Klangkörper wahr.
Immersive Opernvorstellung
Vor dem Radio-Sinfonieorchester steht nun Nadine Sierra auf der weiträumigen Bühne: Die junge Sopranistin, die für die Schönheit ihrer Stimme und die Nahtlosigkeit ihrer Technik gefeiert wird, bespielt diese Bühne mit Leichtigkeit und beweist hier, warum sie diese Lorbeeren verdient: Sierra singt mit wunderbarer Souveränität und Selbstverständlichkeit, vor allem aber mit herrlichem Schmelz und viel Gefühl. Und sie weiß, wie man die Zuhörer betört: Sie formt unendlich zarte Töne, so dass wir den Atem anhalten, um keine Wendung dieses wunderbaren Wehklagens zu versäumen. Sierra schwingt sich aber ebenso mit Inbrunst und Kraft, mit perfekt tragendem Vibrato zu diesem „Adieu an die Vergangenheit“ auf, holt dramatisch Luft – und spätestens jetzt ist es um uns geschehen: Wir genießen mit Gänsehaut diese immersive Opernvorstellung – zumal die No.3 uns auf die besten Plätze des Turiner Opernhauses setzt.
Fazit
Die radikale Revision ist gelungen: Die Spatial Europe MC Series No.3 liefert eine Wiedergabe, die herrlich frei von den Verfärbungen und Kompressionseffekten ist, welche durch herkömmliche Boxengehäuse entstehen können. Dies gelingt dem Open-Baffle-Lautsprecher nun noch eindrucksvoller durch die Auslegung als Dreiwege-System mit serieller Frequenzweiche und neuem Koax-Treiber für Hoch- und Mittelton. Hier ist zudem der Tweeter als Kugelwellenhorn realisiert. Mit all diesen Optimierungen bietet die No.3 eine wunderbar natürliche, plastische und dreidimensionale Wiedergabe. Auch aufgrund der hohen Auflösungsfähigkeit erleben wir eine geradezu immersive Abbildung mit großem Detailreichtum. Herausragend ist zudem die Fein- und Grobdynamik. Die impulstreue No.3 sorgt so für eine ungemeine Frische und Vitalität. Nicht zuletzt punktet sie mit einem superben Bass, der Kraft, Tiefe und Volumen hat, dabei völlig definiert und konturiert bleibt, absolut entschlackt ist und so eine machtvolle Leichtigkeit besitzt. So verbindet die No.3. Freiheit und Kraft – und ist optisch wie akustisch eine Attraktion.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Referenzklasse
Preis/Leistung: gut
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Technische Daten
Modell: | Spatial Europe MC Series No.3 |
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Produktkategorie: | Standlautsprecher |
Preis: | - Standard-Ausführung (Keramiklack schwarz oder weiß): 9.000,00 € / Paar Aufpreise: - frei wählbare RAL-Lackierung: 450,00 € - Holzfurnier: 900,00 € - 1.200,00 € (je nach Furnier) - Stoffbespannung: ab 525,00 € |
Garantie: | 10 Jahre |
Ausführungen: | - Lackierung: Keramiklack weiß (matt), Keramiklack schwarz (matt) sowie (gegen Aufpreis) jegliche RAL-Farbe - Holzfurnier (gegen Aufpreis): Eibe Pfefferkorn, Olive, Palisander, Roseneiche natur, Roseneiche vintage, Roseneiche schwarz |
Vertrieb: | MachOne classics, Ingolstadt Tel. +49 841 33670 www.machone-classics.de |
Abmessungen (HBT): | 1160 x 457 x 76 mm (Gehäusewandstärke) bzw. 380 mm (Fußtiefe) |
Gewicht: | 33,5 kg / Stück |
Bauart: | Drei Wege, passiv, offene Schallwand, offener Dipol-Lautsprecher |
Koaxialchassis: | - Hochtöner: 1x Kugelwellenhorn mit 44-Millimeter-Polymer-Kalotte und Aluminium-Druckgusshorn - Mitteltöner: 1 x 180 mm (beschichteter Papier-Konus) |
Tieftöner: | 2 x 380 mm (Papier-Konus) |
Frequenzbereich: | 33 Hz - 21 kHz (im Raum) (Herstellerangabe) |
Trennfrequenzen: | 100 Hz, 3.500 Hz (Herstellerangabe) |
Impedanz: | 4 Ω (Herstellerangabe) |
Wirkungsgrad: | 97 dB/W/m (Herstellerangabe) |
Lieferumfang: | - Spatial Europe MC Series No.3 - höhenverstellbare Kugelspikes |
Optionales Zubehör: | - Spatial Europe Absorptionsfüße, abgestimmt auf das Lautsprechergewicht (300,00 € / 6 Stk.) - Stoffabdeckungen (Set) (ab 525,00 €) - Einspielservice: Einspielen der Lautsprecher in der firmeneigenen Schallkabine |
Pros und Kontras: | + attraktives, luftiges Design + ungemein plastische und dreidimensionale Abbildung + natürliche, offene Wiedergabe ohne Verfärbungen und Kompressionseffekte + superbe Dynamik und Impulstreue + tiefreichender, voluminöser, konturierter Bass + hoher Wirkungsgrad, ermöglicht den Betrieb auch mit wattarmen Verstärken + Manufaktur-Fertigung + optionaler Einspielservice: die benötigte Einspielzeit von bis zu 500 Stunden kann Mach One in der hauseigenen Schallkabine absolvieren - Aufstellung benötigt für optimale Basswiedergabe Platz und bedarf des Ausprobierens |
Benotung: | |
Klang (60%): | 97/100 |
Praxis (20%): | 96/100 |
Ausstattung (20%): | 98/100 |
Gesamtnote: | 97/100 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis/Leistung: | gut |
Gehört mit: | - Verstärker: Hegel H360 - Lautsprecherkabel: Audioquest Rocket 88, Spatial Europe Wire No.1 |