Home » Tests » Audio Physic Tempo – Lautsprecher-Legende im Klub der Spinnenlosen
28. April 2024von Volker Frech
RedakteurDie Tempo legt abermals zu: Audio Physics Klassiker ist im Mittelton nun von der scheinbar unverzichtbaren, aber klangabträglichen Zentrierspinne befreit. Dieser Spinnen-Clou hat akustisch überraschend weitreichende Folgen – und komplettiert technisch den Finessenreichtum dieses Drei-Wege-Lautsprechers, der vom außergewöhnlichen Konus-Tweeter bis hin zum exotischen Keramikschaum im Korpus reicht. Wir wollten unbedingt wissen, wie die neue Tempo klingt – und so feiert die Legende, die auf der Münchner High End dann auch einem großen Publikum präsentiert wird, Weltpremiere im lite-Magazin.
Legende und Weltpremiere? Der scheinbare Widerspruch ergibt bei der Tempo durchaus Sinn. Zuerst zum Legenden-Nimbus: Dieser Klassiker bereichert seit fast vierzig Jahren die HiFi-Geschichte, begleitet Audio Physic seit der Firmengründung 1985 – und ist auch direkt der erste Erfolgslautsprecher des Briloner Schallwandler-Spezialisten. Einst vom „Hexer“ Joachim Gerhard als Zwei-Wege-Regallautsprecher konzipiert, hat vor rund einem Vierteljahrhundert der „Magier“ Manfred Diestertich die Entwicklung übernommen, die Tempo in einen Dreiwege-Lautsprecher verwandelt, die Formgebung vom einst kastigen Trapez mit nur frontseitiger Schrägung in ein elegant geneigtes Parallelogramm-Design überführt – und technisch eigentlich alles verändert. Das betrifft auch die Chassis: Hier hat die Tempo in ihren zahlreichen Modellgenerationen so ziemlich alle Membran-Materialien und Antriebs-Ausführungen erlebt. Hier hat Manfred Diestertich nun auch bei der abermaligen Weiterentwicklung der Tempo angesetzt: Sie ist jetzt mit Audio Physics Zentrierspinne-freiem Mitteltöner ausgestattet – und dies zeitigt weitere Klangcharakter-beeinflussende Veränderungen, mit denen sich die neue Tempo erstmals im lite-Magazin präsentiert.
Grazie mit geschmeidigem Schwung
Rein optisch sieht die neue Tempo der bisherigen, von uns bereits getesteten Version zum Verwechseln ähnlich – kein Wunder, denn das wunderschöne Design wurde unverändert übernommen. Damit bewahrt die anmutige Tempo ihre Ausnahmestellung im Audio Physic-Portfolio: Während alle anderen Lautsprecher mittlerweile absolut gerade Flächen aufweisen und zumeist in einem Sandwich-Aufbau realisiert sind, ist der Tempo-Korpus in klassischem MDF gehalten und besitzt als einziger Schallwandler geschwungene Wangen, die im Verlauf von vorn nach hinten zuerst auseinanderstreben und sich dann mit einer geschmeidigen Rundung wieder nähern. Diese in der Fertigung aufwändige Formgebung ist geboten: So können, im Teamwork mit innseitigen Optimierungsmaßnahmen, Vibrationen des Korpus und stehende Welle innerhalb des Gehäuses vermieden werden. Mit den wohlproportionierten Maßen 98 mal 19 mal 32 Zentimeter und einer Frontbreite von gerade mal 15 Zentimetern bleibt die Tempo nach wie vor eine zierliche Grazie, die auch dank ihrer dynamisch geneigten und geschwungenen Formgebung überaus wohnraumfreundlich auftritt.
Attraktive Dynamik
Die Neigung von Vorder- und Rückseite ist ein Audio Physic-Erkennungsmerkmal mit akustischem Hintergrund: Dies bewirkt auf der Schallwand einen leichten Versatz der Chassis. Dadurch treffen die vom Hoch- und Mitteltöner abgestrahlten Schallanteile am Hörplatz zeitrichtig ein – und zwar mit dem genau richtig dosierten Anteil an Hochton-Direktschall. Der schlanke Korpus der Tempo thront nun auf zwei metallenen Traversen, die dem Lautsprecher eine noch größere Leichtigkeit in der Anmutung verleihen. Diese Traversen sorgen für den sicheren, kippelfreien Stand. Dies gelingt durch einschraubbare Spikes. Sie bürgen zudem für eine punktuell-definierte Ankopplung an den Boden. Hierdurch gewinnt die Performance an Präzision. Zum attraktiven Auftritt der Tempo trägt auch die galante Gewandung bei. In unserem Hörraum zeigt sie sich in einem herrlich gemaserten Walnuss-Echtholzfurnier, das die hochwertige Anmutung unterstreicht und sauberst verarbeitet ist. Die Tempo kann aber auch in ein Ebenholz-Furnier gekleidet werden – oder erhält ein Hochglanzlack-Finish in den Farben Schwarz oder Weiß.
Konus-Revival im Hochton
In diesem Klassiker-Korpus stecken nun etliche Technik-Spezialitäten. So schallwandelt im Hochton keine konventionelle Kalotte, sondern ein Konus. Chefentwickler Manfred Diestertich hat diese früher durchaus verbreitete Lösung wieder aufgegriffen, weil sie drei große Vorteile besitzt: Der Konus agiert mit höherem Wirkungsgrad, größerer Verzerrungsarmut und besserer Resistenz gegen Taumelbewegungen. Dem Konus sind jedoch auch Defizite zueigen, nämlich eine stärkere Schallbündelung und eine größere Resonanzen-Anfälligkeit. Aus diesem Grund hat Diestertich die alte Konus-Idee zu einer neuen, Nachteil-freien Lösung weiterentwickelt. Der Konus besitzt dabei eine doppelt außergewöhnliche Formgebung: Die keramikbeschichtete Aluminium-Membran weist eine sanft-definierte Wölbung auf. Mit knapp 40 Millimetern Durchmesser ist sie eigentlich überaus üppig dimensioniert, wirkt jedoch fast schmal, weil im Zentrum ein relativ großdimensionierter, kunstseidener Staubschutz-Dom aufgesetzt ist. Optisch könnte dieser Tweeter fast als Kalotte durchgehen. Akustisch schallwandelt dieser Spezial-Hochtöner nun zugleich kraftvoll und verzerrungsarm, strahlt dabei sehr homogen ab und erreicht Höhen bis hin zu beeindruckenden 40 Kilohertz.
Neuer Mitteltöner: nun ohne Spinne
Unter dem Tweeter sitzt der Mitteltöner – und er ist nun das Novum der Tempo: Diestertich hat ein Chassis entwickelt, dass ohne Zentrierspinne funktioniert. Sie galt bis dato als unverzichtbar für einen dynamischen Lautsprecher: Die Zentrierspinne ist ein kunstharzgetränktes gewelltes Gewebe, das fürs Auge unsichtbar hinter der Membran angedockt ist. Hier bürgt sie dafür, dass sich die Schwingfläche stabil-taumelfrei hin- und zurückbewegt, dass die ebenfalls an der Membran befestigte Schwingspule immer zentriert bleibt – und dass die Membran-Spulen-Kombi nach einer Auslenkung wieder flugs in die Ruhelage zurückkehrt. Ihre Aufgaben meistert die Spinne nicht allein, sondern im Verbund mit der Sicke. Diestertich hat nun eine komplette Kompetenz-Verlagerung vorgenommen: Er verzichtet auf die Spinne, da sie Bewegungsenergie vernichtet, welche somit für die Schallwandlung verloren ist. Zudem agiert die Membran ohne Bewegungsbremse schneller, impulstreuer – und schallwandelt mit einem höheren Wirkungsgrad. Deshalb überträgt Diestertich nun alle Aufgaben der Membran-Einfassung. Das erfordert etliche Änderungen.
Re-Design von der Membran bis zum Antrieb
Hilfreich erweist sich dabei das Active Cone Damping: In die Sicke ist ein U-Profil mit etwas geringerem Durchmesser eingearbeitet. Der Sickenring wird im Zuge des Montageprozesses kurz geweitet und sofort fixiert. Dies bewirkt eine permanente definierte Vorspannung der Schwingfläche, was unerwünschte Resonanzen der Metallmembran unterdrückt. Eine weiterer Klingel-Effekt-Einfluss wird durch den neuen Phase Plug vermieden: Weil im neuen Mitteltöner nun Ferrit statt Neodym als Magnetmaterial im Antrieb eingesetzt wird, benötigt er nun keine Kühlung mehr. Der Phase Plug ist deshalb kleiner und besteht aus bedämpftem Kunststoff – und eben nicht mehr aus zum klanglichen Klingeln neigenden Metall. Die den Phase Plug umgebende Membran durchmisst zwar weiterhin nominelle 15 Zentimeter, besitzt nun aber eine flachere Geometrie mit dafür zum Zentrum hin stärkerer Wölbung. Dies steigert die Stabilität der Schwingfläche. Aufgrund der Spinnen-Freiheit erzielt dieser neuen Mitteltöner zwar einen höheren Wirkungsgrad, kann jedoch ohne die hinterseitige Zentrierhilfe keine allzu großen Hübe vollführen.
Neue Frequenzweiche, bewährte Vibrations-Bremse
Deshalb agiert der Mitteltöner nur bis 200 Hertz – aber hier hatte schon bei der alten Tempo bereits der Bass-Woofer übernommen. Trotzdem: modifizierte Membran, veränderte Sicke, neuer Antrieb – all dies führt zu einem völlig veränderten Schwingverhalten. Deshalb war auch eine vollkommen neue Auslegung der Frequenzweiche notwendig. Sie ist im Gehäuse auf Höhe des Mitteltöners platziert. Dies ermöglicht ein leichteres Upgrade, welches Besitzer einer älteren Tempo vornehmen lassen können, um ihren Lautsprecher mit frischem Chassis und neuer Weiche auf den aktuellen Stand zu bringen. Bei allen Novitäten bietet der Mitteltöner aber bewährte Innovationen – allen voran den vibrationsbremsenden zweiteiligen Doppelkorb, der alle Chassis-Komponenten trägt. Hier sorgt ein äußerer robuster Korb aus Aluminiumdruckguss für die Stabilität der gesamten Konstruktion. Ein innerer Kunststoff-Korb mit vorzüglichen Dämpfungseigenschaften hingegen besorgt dann insbesondere die Absorption aller aufkommenden Materialschwingungen. Beide Körbe sind mechanisch voneinander entkoppelt, weil sie allein durch punktuelle Kontaktflächen in Verbindung stehen.
Tieftöner in beiden Flanken
Mit ihrem nun Spinne-freien Mitteltöner gesellt sich die Tempo zu den anderen Drei-Wege-Lautsprechern der Reference-Serie, die dieses Upgrade erfahren haben – etwa die von uns bereits getesteten Modelle Midex, Avanti, Codex oder Spark. Damit komplettiert die Lautsprecher-Legende also den Klub der Spinnenlosen. In diesem Klub ist die Tempo aber nicht nur wegen ihres Korpus-Designs eine Ausnahme-Erscheinung, sondern auch wegen ihrer Bass-Sektion: Als einziger Schallwandler trägt sie ihre Woofer sichtbar in den Wangen. Die seitliche Anordnung der großen, 17 Zentimeter durchmessenden Tieftöner ermöglicht eine schlanke Front. Weil die Woofer als Team agieren, besitzen sie zusammen eine große Membranfläche. Das ermöglicht einen kraftvoll-tiefreichenden Bass – wie auch die Ausführung als leistungsstarke Langhub-Chassis, die weit auslenken können und aufgrund ihrer dafür ausgelegten Konstruktion trotzdem stets in ihrem linearen Bereich arbeiten. Diese Linearität unterstützt das als Schwingflächen-Material eingesetzte Aluminium: Seine Kombination aus Leichtigkeit, Härte und Verwindungsresistenz begünstigt eine impulstreue Schallwandlung.
Keramikschaum im Bass-Kompartiment
Die doppelseitige Wangen-Anordung der Woofer hat noch einen Vorteil. Sie sitzen sich genau gegenüber und arbeiten dabei im Push-Push-Betrieb, schwingen also gleichzeitig nach außen beziehungsweise nach innen. Dadurch herrscht im Betrieb eine symmetrische Kräfteverteilung auf das Gehäuse, die kinetische Energie beider Chassis hebt sich auf. Diese sogenannte Impulskompensation vermeidet unerwünschte Vibrationen. Zur Optimierung der Bass-Ausbeute hat Diestertich nun noch eine Spezialität verbaut: Das Bass-Volumen, das separiert ist von den ebenso getrennten Korpus-Kammern für Hoch-und Mitteltöner, hat der Chefentwickler abseits von den konventionellen Dämmstoffen vor allem mit Keramikschaum bestückt. Dieses wie ein versteinerter Schwamm wirkende Material ist extrem leicht und hart. Deshalb kann dieser Keramikschaum etliche konventionelle Verstrebungen ersetzen – und reduziert dabei aufgrund seiner Offenporigkeit so gut wie kein klangrelevantes Volumen. Dank dieser Offenporigkeit bietet der Keramikschaum zudem eine extrem große Oberfläche. Deshalb dient das Material auch noch als Diffusor, mit dem sich das Gehäuse wirkungsvoll akustisch bedämpfen lässt.
Bassreflex-Abstimmung für satten Tiefton
Dieser verblüffend vielseitige Keramikschaum ermöglicht also eine maximale Volumennutzung für den Klang. Dies ist ebenfalls eine Voraussetzung für einen kraftvoll-tiefreichenden Bass. Um hier das Maximum zu erzielen, ist die Tempo zusätzlich noch mit einer Bassreflex-Abstimmung ausgestattet. Ihr Port mündet auf der Rückseite, dank der Rundung der Öffnung werden Strömungsgeräusche minimiert. Durch seine Dimensionierung bewirkt dieser Port eine definierte Stärkung der tiefen Frequenzen. So erreicht die grazile Tempo ausweislich des Datenblatts einen Bass bis zu imposanten 32 Hertz. Unterhalb des Bassreflex-Rohrs ist schließlich das Anschluss-Terminal positioniert. Hier setzt Audio Physic auf exzellente WBT nextgen-Klemmen, die mit minimalem Metallanteil eine maximale Klangneutralität versprechen und durch eine Feinvergoldung im PVD-Verfahren (Physical Vapour Deposition) überaus homogene Kontaktflächen in 24-karätigem Gold bieten. Diese Klemmen sind mit einem Drehmoment-Indikator ausgestattet: Er verhindert, dass die Klemmen zu fest angezogen werden. So erzielt man mit Litzen oder mit Kabeln, die mit Gabelschuhen konfektioniert sind, einen optimalen Anpressdruck.
Die Audio Physic Tempo in der Praxis
Wie klingt nun die neue Tempo? Um diese Frage zu beantworten, schließen wir erst einmal die alte Tempo an, die wir noch zur Verfügung haben. Bei der Aufstellung bestätigt dieser Lautsprecher abermals seine Unkompliziertheit. Wir kommen wieder zu einem Szenario, das dem damaligen Test entspricht – und das im Anschluss für die neue Tempo bestens passt: Die Schallwandler stehen 2,20 Meter voneinander entfernt, ihr Abstand zur Wand beträgt etwa 50 Zentimeter, zum Sofa sind es dann rund 2,40 Meter. Mit einer leichten Einwinklung hin zum Hörplatz steht die Tempo schon fast perfekt, wir justieren noch ein wenig nach – schon ist sie spielbereit. Für die Ausrichtung haben wir Donald Fagens „Mary Shut The Garden Door“ gewählt. Der Song ist toll produziert und bietet mit Fagen am Mikro die nötige Orientierungshilfe, um über die Lautsprecherpositionierung die Stimme genau mittig und größenrichtig abbilden zu lassen und eine stabil-stimmige Bühnendarstellung zu erreichen.
Präsentere Instrumente, prägnantere Musik
Die Tempo erweist ihrem Namen dann auch mit der Performance wieder alle Ehre: Das Musikhören ist auf Anhieb ein Genuss. Die Musk klingt frisch, dynamisch – und abermals erstaunt uns dieser schlanke Lautsprecher mit seiner Bassfähigkeit. Prima! Nun nehmen wir endlich den Tempo-Wechsel vor, starten den Song erneut – und sind sofort verblüfft. Der Song beginnt mit Schlagzeug und Bass, Keith Carlock tritt die Bassdrum, schlägt zugleich auf zwei Crash-Becken, während Freddie Washington ein variierendes Zwei-Ton-Motiv auf seinem Viersaiter zupft. Wir zucken, obwohl wir den Start ja kennen, trotzdem unwillkürlich zusammen, weil dieser konzertierte und punktgenaue Einstieg der beiden jetzt noch mehr Punch hat und noch unvermittelter kommt. Wow! Carlock spielt nun ein Pattern auf der Hi-Hat sowie dem Schellenkranz – und diese Schläge der Sticks auf die metallenen Becken und den Zimbel-bewehrten Holzreif sind merklich präsenter, wodurch das coole Pattern noch prägnanter ist.
Größere Durchhörbarkeit
Zudem hören wir nun deutlich und erstmals wirklich bewusst, dass links stehend der Percussionist Gordon Gottlieb mit einem Shaker, also einem sandgefüllten Schüttelrohr, die Geschmeidigkeit des Grooves unterstützt. Erstaunlich! Donald Fagen spielt nun, quasi als Antwort auf Washingtons Bass-Motiv, auf seinem Fender Rhodes kleine Tonfolgen, die sich zu schwebenden Akkorden verbinden. Auch diese Keyboard-Klänge besitzen eine größere Gegenwärtigkeit und sind in ihrem Zusammenklingen deutlicher zu hören: Wir sind vom Schillern dieser Klänge fasziniert, sie können sich nun freier entfalten – und dass Fagen hier ein Fender Rhodes spielt, haben wir vorher auch nicht wahrgenommen. Der neue Mitteltöner der Tempo bringt also gleich mehrere Meriten: Die Wiedergabe hat mehr Druck und Dynamik und zeichnet sich durch eine noch größere Durchhörbarkeit aus. Die Instrumente wirken noch artikulierter, als hätte man bei einer Optik nochmal geringfügig die Fokussierung verbessert und so die richtige Schärfe erreicht.
Mehr Klarheit und Transparenz
Das merken wir auch bei den Gitarren: Wayne Krantz und Hugh McCracken spielen, links und rechts postiert, stets nur kurze Töne und Motive, die sie zudem mit dem Ballen der Anschlaghand abstoppen. Dieser sogenannte Palm Mute-Effekt lässt die Gitarren fast schon als Percussion-Instrumente erscheinen. Obwohl die derart gespielten Töne sehr dezent klingen und deshalb im gesamten musikalischen Geschehen oft nicht wahrgenommen werden, sind sie hier mit jedem einzelnen Anschlag zu hören. Jetzt erschließt sich, wie clever die beiden Gitarristen mit dieser Spielweise und mit einzelnen frei klingenden Akzent-Tönen die Figuren von Bass und Keyboards komplettieren und den rhythmischen Fluss der Drums und Percussion intensivieren. Diese größere Klarheit und Transparenz ist auch bei der später einsetzenden mehrstimmigen Gesangpassage ein Segen: Wir können jeder Stimme auch in ihrer Melodieführung noch leichter folgen und staunen umso mehr, zu welch komplexen Harmonien sie sich als Chorgesang fügen.
Verblüffender Bass mit noch mehr Definition
Diese bessere Durchhörbarkeit sorgt also für ein doppeltes Genuss-Plus: Wir vernehmen schlicht mehr Details, erkennen dadurch besser die musikalischen Zusammenhänge – und so kommt zum rein akustischen Zugewinn ein größeres Verstehen der Musik. Nach nochmaligem Lautsprecher-Wechsel von alter zu neuer Tempo kommen wir darauf, dass dies auch in einer anderen Basswiedergabe begründet liegt. Auch bei der neuen Tempo ist der Tiefton nach wie vor geradezu verblüffend: Freddie Washingtons Bass besitzt eine Kraft, ein Volumen und eine Tragfähigkeit, die uns wieder mit erstauntem Grinsen zuhören lässt. Doch nun besitzt dieser Bass noch mehr Definition. Diese Konturiertheit ist die Grundlage für eine größere Klarheit im Gesamtklang und für eine größere Freiheit aller anderen Instrumente, die auf diesem wunderbar tragfähigen Fundament musizieren. Dieses Musizieren klingt zudem noch ein bisschen vitaler: Es wirkt, als habe Fagens Band nun noch mehr Spielfreude. Hier zahlt sich die größere Impulstreue des Mitteltöners aus.
Dynamische Frische
Diese dynamische Frische erleben wir auch bei Charly Antoninis „Godzillas Birthday“: Der Drum-Großmeister spielt hier zusammen mit dem Percussionisten Nippy Noya und dem Bassisten Wolfgang Schmid – und das Trio feiert einen grandiosen Godzilla-Geburtstag. Mit der neuen Tempo merkt man nun, insbesondere bei Antolinis Solo-Einlage, die abermals größere Akkuratesse der Wiedergabe: Die Trommeln haben einen knackigeren Klang, die Schläge besitzen mehr Schmackes und einen besseren Attack, das ganze Drumming wirkt dadurch agiler. Das gilt auch für Noyas Conga-Spiel: Seine flinken Handschläge auf die Felle haben mehr Präzision, erscheinen noch frischer und quirliger. Der Bass, den Schmid hier in meisterhafter perkussiver Slap-Technik spielt, gewinnt durch dieses Dynamik-Plus ebenfalls an Intensität und Fulminanz. So groovt „Godzillas Birthday“ wie Hölle – und wir sind schon nach wenigen Takten im Mitwipp-Modus, weil man hier schlicht nicht stillsitzen kann. Dabei registrieren wir auch eine veränderte Bühnenabbildung: Wir sind dem ganzen Geschehen ein wenig näher.
Intensiveres Erlebnis
Das erfahren wir auch im musikalischen Großformat: In der Henry Wood Hall begleitet die Academy of Ancient Music die Weltklasse-Sopranistin Cecilia Bartoli bei Händels berühmter Arie „Lascia ch’io pianga“. Hier bestätigt sich unser Eindruck: Wir sitzen offenbar ein paar Reihen weiter vorne, sind also näher dran am nach wie vor großzügig und weiträumig dargestellten Bühnengeschehen. So erleben wir die Aufführung noch intensiver. Im Verbund mit der gesteigerten Klarheit und Transparenz sowie der größeren Präsenz der Orchestermusiker und gerade der Sängerin erleben wir eine umso berührendere Wiedergabe: Cecilia Bartoli, die als Almirena ihre verlorene Freiheit betrauert, betört uns mit der nun geradezu spürbaren Innigkeit ihrer Klage. Auch die Academy of Ancient Music, die ausschließlich auf historischen Instrumenten oder getreuen Nachbauten spielt, ist – angefangen bei der Silbrigkeit des Cembalo bis hin zu den warmen Tönen der arpeggiert gespielten Theorbe – mit dieser Tempo eine noch größere klangliche Offenbarung.
Fazit
Die Tempo hat in ihrer neuen Version geradezu verblüffend zugelegt. Sie schallwandelt nun ebenfalls mit dem neuen Mitteltöner, der ohne die klangabträgliche Zentrierspinne auskommt – und das hebt die gesamte Wiedergabe auf ein neues Niveau. So agiert dieser Drei-Wege-Lautsprecher nun noch impulstreuer und dadurch akkurater und präziser. Dadurch wirkt die Musik abermals vitaler und mitreißender. Zudem gewinnt die Wiedergabe an Klarheit und Transparenz und damit an Durchhörbarkeit: Die Musiker haben so eine eindrucksvollere Präsenz, ihre Instrumente sind mit größerem Detailreichtum wahrnehmbar. Dies liegt auch am Bass, der nun ebenfalls definierter und konturierter ist. Dabei besitzt dieser Bass nach wie vor ein Volumen, eine Kraft und einen Tiefgang, den man diesem grazilen Schallwandler kaum zutrauen würde. Mit dieser frisch-fulminanten und bis in den Bass kraftvollen Performance macht die Tempo ihrem Namen nun umso mehr Ehre.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Spitzenklasse
Preis/Leistung: sehr gut
95 of 95
95 of 95
94 of 95
Technische Daten
Modell: | Audio Physic Tempo |
---|---|
Produktkategorie: | Standlautsprecher |
Preise: | 7.790,00 € / Paar |
Garantie: | - 5 Jahre ohne Registrierung (nur für Erstbesitzer) - 10 Jahre mit Registrierung (nur für Erstbesitzer) |
Ausführungen: | - Hochglanz-Finish, Schwarz, Weiß - Echtholzfurnier: Walnuss, Ebenholz |
Vertrieb: | Audio Physic GmbH, Brilon Tel.: +49 2961 961 70 www.audiophysic.com |
Abmessungen (HBT): | - 978 x 189 x 323 mm (ohne Traversen) - 1087 x 290 x 323 mm (mit Traversen) |
Gewicht: | Gewicht: 20,8 kg / Stück |
Bauart: | 3 Wege, passiv, Bassreflexabstimmung |
Impedanz: | 4 Ω |
Hochtöner: | 1 x HHCT III (39 mm, Konus, keramikbeschichtete Alu-Membran) |
Mitteltöner: | 1 x HHCM SL (150 mm, Konus, keramikbeschichtete Alu-Membran) |
Tieftöner: | 2 x 170 mm, Konus, Aluminium-Membran |
Frequenzbereich: | 32 Hz - 40 kHz (Herstellerangabe) |
Trennfrequenzen: | 200 Hz / 3 kHz |
Wirkungsgrad: | 89 dB (Herstellerangabe) |
Empfohlene Verstärkerleistung: | 20 - 150 W |
Lieferumfang: | - Audio Physic Tempo - Stoffgrill - 8 Spikes (M8) - 8 Rondelle zur Konterung der Spikes - Urkunde mit Bestätigung der Fertigungskontrolle und der akustischen Prüfung - Bedienungsanleitung (Deutsch, Englisch) |
Optionales Zubehör/Upgrade: | - VCF II Magnetic Plus Speaker Set (769 € /8 Stück) - Bi-Wiring/Bi-Amping-Terminal (gegen Aufpreis) |
Pros und Contras: | + abermals höhere Auflösungsfähigkeit + noch größerer Detailreichtum + Zugewinn an Klarheit und Transparenz + nochmals gesteigerte Präsenz und Körperhaftigkeit der Abbildung + exzellente Impulstreue und Dynamikfähigkeit + mitreißende, frisch-vitale Wiedergabe + verblüffend voluminöser, kraftvoller und tiefreichender Bass mit abermals gesteigerter Definition + weiträumige Wiedergabe + sehr gute Tiefenstaffelung + vorzügliche dreidimensionale Darstellung + sonorer Klang auch bei geringem Pegel + leichte Positionierung, unkritisch in der Aufstellung + attraktives Design + erstklassige Verarbeitung + gut erklärende Bedienungsanleitung - Sitz der Abdeckungen auf den Lautsprechern |
Benotung: | |
Klang (60%): | 95/95 |
Praxis (20%): | 95/95 |
Ausstattung (20%): | 94/95 |
Gesamtnote: | 95/95 |
Klasse: | Spitzenklasse |
Preis/Leistung: | sehr gut |
Getestet mit: | - Vollverstärker: Hegel H360 - Lautsprecherkabel: Audioquest Rocket 44 - Netzkabel: Audioquest Monsoon - Streaming-Dienst: Qobuz |