Home » Tests » Philips Fidelio L4 – Bluetooth-Kopfhörer mit ANC und Stil am Puls der Zeit
6. Juni 2024von Dominik Schirach
Nach etwa drei Jahren bekommt der hervorragende L3 von Philips einen Nachfolger. Neben sichtbaren Änderungen wurde zusätzlich an den inneren Werten geschraubt um auch beim Klang neue Bestmarken zu setzen. Wir haben uns den Over-Ear im Praxistest vorgenommen.
Auf den ersten Blick fallen die Änderungen gegenüber dem Vorgängermodell nicht sofort ins Auge. Beibehalten wurde die ausgesprochen ansehnliche Aufhängung der Ohrmuscheln in einem Aluminium-Rahmen. Allerdings fallen diese nun etwas schmaler aus. Eine wesentlich auffälligere Neuerung ist der Kopfbügel, der nun wesentlich schmaler und abgerundeter ist. Auch sind die Ohrmuscheln jetzt nicht mehr ganz rund, sondern leicht oval geformt. Von außen sehen sie aber durch die Aufhängung eher kreisförmig aus. Die runde Form außen sorgt für einen leichten Retro-Charakter. Durch die ovale Ausformung der Ohrpolster auf der Innenseite rückt alles etwas näher an die Ohren und man hat gefühlt weniger Material am Kopf liegen. Mit dreihundertzwanzig Gramm ist der L4 kein Leichtgewicht, aber immerhin vierzig Gramm leichter als der Vorgänger. Und beim ersten Aufsetzen fällt mir auch direkt auf, dass er dieses Gewicht ganz hervorragend auf meinem Kopf verteilt. Es verspricht ein sehr angenehmer Test zu werden.
Design und Inhalt
Auf der komplett monochrom gehaltenen Verpackung weist Philips geradezu nebensächlich darauf hin, dass man hier einen reddot Design Award Gewinner in den Händen hält. Schön anzusehen ist der Fidelio L4 auf jeden Fall. Und das Design haben wir ja schon bei der ganzen Produktfamilie ausgiebig bestaunt. Aber auch ansonsten gibt man sich bei Philips bescheiden. Die komplett aus Pappe bestehende Schachtel beinhaltet das obligatorische Transportcase. In diesem finden wir neben dem Kopfhörer, in einer innen angebrachten Netztasche, Anleitung, USB-C-Ladekabel und ein Klinkenkabel für den analogen Betrieb. Gucken wir uns den Testkandidaten nochmal genauer an. Die Verarbeitung ist makellos, alles sitzt wo es soll und strahlt eine hohe Wertigkeit aus. Zwei Dinge gefallen mir besonders: Zum einen der verbesserte Anpressdruck und der sehr großzügig einstellbare Kopfbügel. Viele Kopfhörer muss ich auf der maximalen Größe tragen. Unter diesen Bügel würde aber sogar ein doppelt so hoher Kopf passen.
Steuerung am Kopfhörer
Wie bei den meisten Vertretern seiner Art verzichtet auch Philips beim Fidelio L4 größtenteils auf Knöpfe zur Steuerung. Unten an den Hörmuscheln finden sich neben den Anschlüssen für USB-Ladekabel und Klinkenstecker lediglich drei Tasten. Links eine fürs Einschalten und Aktivieren des Bluetooth-Pairings. An der rechten Muschel finden sich je ein Schalter zum wählen der Noise Canceling-Modi und einer zum aktivieren eines Voice Assistants. Unterstützt werden Google Now und Alexa. Die Steuerung von Wiedergabe und Anrufen ist auf der Seite der rechten Ohrmuschel untergebracht. Ganz intuitiv werden per Wischgesten die Lautstärke gesteuert, Tracks geskippt oder durch auflegen der Hand die Außengeräusch-Durchleitung aktiviert. Und ich muss sagen, das funktioniert hier absolut referenzwürdig. Jede Geste wird erkannt und umgesetzt. Kein einziges mal passiert es mir, dass ich beim Versuch die Lautstärke zu ändern zum nächsten Song springe. Hervorragend! Natürlich können aber auch alle Funktionen direkt am Smartphone gesteuert werden.
Nicht ohne meine App
Philips bietet zur Bedienung aller Funktionen eine App an. Ein QR-Code, welcher zum passenden Download-Portal leitet, findet sich prominent auf der Verpackung und in der Schnellstartanleitung. Sobald die App installiert und der L4 verbunden sind, landet man beim Öffnen automatisch auf der Steuerungsseite. Das Interface ist aufgeräumt und alle Funktionen sind intuitiv auffindbar. Auf der Hauptseite werden der Verbindungsstatus, die Umgebungskontrolle und der Sound-Effekte genannte Equalizer angezeigt. Letzterer macht, obwohl nur sechs Bänder umfassend, einen erstaunlich guten Job. Vier Presets sind geboten, die alle einen subtilen aber merkbaren Effekt haben. Mir persönlich gefällt der Sound am besten wenn man Tiefen, ein Kilohertz und die Höhen aufsteigend etwas anhebt. In den Einstellungen können die üblichen Optionen wie automatische Wiedergabe beim Auf- und Absetzen, oder die Aktivierung der Berührungssteuerung eingestellt werden. Es gibt aber auch ein paar Optionen die eines näheren Blicks bedürfen.
Codecs, Raumklang und Latenz-Optimierung
Auch schön ist, dass das Menü anzeigt welches Bluetooth-Codec bei der Verbindung grade benutzt wird. Für Android Benutzer stehen die hochwertigen LC3- und LDAC-Codecs zur Verfügung. Apple-User haben leider nur die lizenzfreien Mindest-Codecs AAC und SBR zur Verfügung. aptX wird im Gegensatz zum Vorgänger nicht mehr unterstützt. Dafür ist mit „Optimierte Audio-Latenz“ eine besonders interessante Option dazugekommen. Der Name ist Programm und wird diese Option aktiviert, reduziert sich die die Verzögerung bei der Übertragung auf einen kaum noch wahrnehmbaren Wert. Besonders Gamer dürften diese Option schätzen, während für Filme und Live-Aufnahmen die Raumklang-Option praktisch ist. Diese vergrößert die ohnehin beeindruckende Klangbühne nochmal ein wenig. Diese Optionen brauchen jeweils etwas mehr Akkuleistung und sind nur bei Bluetooth-Verbindung verfügbar. Bei der ohnehin beeindruckenden Akkulaufzeit spielt das nur eine untergeordnete Rolle, sollte aber bei längeren Reisen im Hinterkopf behalten werden.
Philips Fidelio L4 – Per Multipoint zu noch mehr Musik
Die Einrichtung läuft ganz nach Standard. Beim ersten Einschalten begibt sich der Philips Fidelio L4 in den Pairing Mode. Mit Fünf Minuten bietet dieser ein ausgesprochen großes Zeitfenster, bevor sich das Gerät wieder abschaltet. Sobald ein Gerät verbunden ist, switcht der Kopfhörer in den Wiedergabemodus. Der Testkandidat unterstützt außerdem Multipoint mit zwei Geräten. Es können also zwei Sender parallel verwendet und zwischen den Beiden nahtlos hin- und hergeschaltet werden. Für die Verbindung eines zweiten Gerätes, muss der Kopfhörer zunächst abschaltet und dann wieder in den Pairing-Modus gebracht werden. Das geschieht durch längeres drücken der Power-Taste. Für alle die unterwegs am Laptop arbeiten und regelmäßig zwischen diesem und Smartphone wechseln, eines der größten Quality of life-Features seit der Erfindung von Bluetooth. Der Kopfhörer merkt sich übrigens immer die beiden letzten aktiven Verbindungen.
Erster Höreindruck
Akustisch hat sich einiges getan. Der Treiber mit vierzig Millimeter Durchmesser wurde für zusätzliche Steifigkeit mit einer Graphen-Beschichtung versehen und soll besonders bei Mitten und Hochton noch besseren Sound bringen. Und wir erinnern uns: Besonders der Mittenbereich war schon beim L3 eine Wucht. Bereits beim ersten Aufsetzen stelle ich fest, dass man das Gute hier sogar noch verbessern konnte. Unter den Ohrmuscheln tut sich eine extrem breite Klangbühne auf. Jedes Instrument hat seinen Platz im Stereo-Bild. Der Klang ist angenehm gelöst und räumlich. Im Gegensatz zu vielen anderen Kopfhörer-Modellen am Markt ist der Bass zwar präsent, aber keinesfalls drückend oder überbetont. Viele Hersteller neigen dazu den Tieftonbereich bei ANC-Kopfhörern etwas mehr pushen, um brummende Geräusche, die trotz Noise Cancelling ans Ohr dringen zu maskieren. Daher ist es schön, dass es Hersteller gibt, die hier andere Wege gehen.
Easy Listening
Ich beginne mit etwas akustischem Folk-Pop. Auf Spotify bin ich über William Tyler gestolpert, dessen Instrumentalmusik auf dem Philips Fidelio L4 ganz ausgezeichnet zur Geltung kommt. Da die Instrumente alle Live eingespielt sind, gibt es hier keinen Subbassbereich, die Magie steckt in den Mitten. Und die bildet der Proband mit einer Spielfreude ab, die einen in die Musik abtauchen lässt. Im Stück „Eventual Surrender“ bilden Percussions und harmonische Gitarrenechos ein breites Panorama. Vor diesem wird die Solo-Akustikgitarre platziert. Und diese ist mit jedem Detail in der Mitte gut zu hören. Die Wiedergabe ist hochauflösend, lebendig und transiententreu. Jedes Picking, Phantom Notes, Saitenschnarren oder kleine Bends sind klar zu hören. Und da es auch keinen Gesang gibt, der die höheren Frequenzbereiche für sich beansprucht, kann die Gitarre auch im Top-End richtig leuchten. Ich bin gespannt ob der Testkandidat auch in anderen Genres so glänzen wird.
Popmusik
Dann wird es ein wenig subjektiver. Die zuvor bereits angesprochene Entscheidung von Philips beim Tiefton ein bisschen weniger Gas zu geben, dürfte so manchem Bassgebeuteltem Ohr unerwartet vorkommen. Meiner Meinung nach bringt es so einige Vorteile. Zum einen ermüdet das Ohr weniger und ich zumindest bekomme an manchen Tagen von zu viel Punch auch mal Kopfschmerzen. Ich nutze die nächste Bahnfahrt um die Taylors Version von „1989“ durchzuhören. „Out of the woods“ ist hier ein gutes Beispiel dafür, das man noch alles in den unteren Mitten entdecken kann, wenn das Wiedergabegerät bei der Basswiedergabe gnädig ist. Hier wabert und britzelt es bei Synths und Drums, dass man gar nicht weiß wohin man zuerst hören soll. Allein was alles in den Strophen los ist, rechtfertigt ein mehrfaches durchhören. Oder der Zwölfter-Noten-Bass den immer wieder verschiedene Instrumente aufnehmen. Ein produktionstechnisches Träumchen, dass der Fidelio L4 hier so bravurös wiedergibt.
Auch für Gamer
Nicht nur für Musikfreunde ist der Philips Fidelio L4 eine gute Partie. Auch für Gamer ist er einen Blick wert. Der bereits erwähnte Optimierte-Latenz-Modus macht das Spielen für Smartphone Gamer spaßiger und er funktioniert zum Beispiel auch an der Switch von Nintendo. Hier ist nur wichtig, dass man vorm koppeln die Option in der App aktiviert. Obwohl die Switch seit einiger Zeit auch Bluetooth-Kopfhörer unterstützt, habe ich aufgrund der Latenz aufs Kabel zurückgegriffen. Der Fidelio reduziert die Latenz auf ein kaum zu bemerkendes Maß. Und da er sich auch mit dem beiliegenden Klinkenkabel nutzen lässt, kann man ihn natürlich auch Kabelgebunden mit dem Controller der PS5 verbinden. Der räumliche Sound ist perfekt für cineastische Spiele mit großen Gebieten, oder Games wie „The Last of Us“ in denen Klänge vor Gefahren warnen. Da kommt Freude auf ohne dass es zum Horror für die Nachbarn wird.
Zukunftsorientiert mit Auracast
Eine Sache die mir vor dem Test noch neu war ist ein ausgesprochen interessantes Update, dass mit Bluetooth 5.2 Einzug in die kabellose Welt gehalten hat. Nicht nur wird mit jedem Update die Reichweite und Energieeffizienz verbessert. Bis zu 50 Stunden Laufzeit, das ist schon einiges. Mit Auracast ist nun auch eine Technik dazugekommen, die das potenzielle Einsatzgebiet des Kopfhörers enorm vergrößert. Die Technik erlaubt es einen Sender mit mehreren Endgeräten parallel zu verbinden. Das gibt für Konferenzen oder Museen zum Beispiel die Möglichkeit seinen eigenen Kopfhörer zu benutzen. Ich habe aus hygienischen Gründen schon Audio-Guides abgelehnt, obwohl ich die Infos schon gerne gehabt hätte. Von den Möglichkeiten für Durchsagen und geteiltes Entertainment an öffentlichen Orten oder die Teilhabe für Menschen mit eingeschränktem Gehör ganz zu schweigen. Ich bin gespannt was die Zukunft hier alles bringt und hoffe die Technik findet bald noch mehr Verbreitung.
Fazit
Mit dem Fidelio L4 liefert Philips einen wirklich ausgezeichneten Kopfhörer mit sehr guter Geräuschunterdrückung. Die tadellose Verarbeitung mit der optisch ansprechenden Rahmenaufhängung der Ohrmuscheln schmeichelt dem Auge. Mit der optimalen Gewichtsverteilung, dem gepolsterten Kopfbügel und weichen Ohrpolstern mit Muirhead-Leder-Bespannung lässt sich der Kopfhörer stundenlang tragen. Sämtliche modernen Features wie Spracherkennung, Gestensteuerung, Multipoint und Soundeinstellungen sind dabei, während auf aptX hingegen verzichtet wurde. Der eher „erwachsene“ Sound mag die Gemüter ein wenig spalten, dürfte dem Gros der Musikhörenden aber überaus gut gefallen. Mit vierzig bis fünfzig Stunden ist die Akkulaufzeit für jeden Weg mehr als ausreichend und der räumliche Klang, sowie der Optimierte-Latenz-Modus, machen den Schallwandler auch für Gaming- und Filmfreunde interessant. Unter dem Strich ist der Fidelio L4 ein gut klingender vielseitiger Kopfhörer, der kaum Wünsche offen lässt.
Test & Text: Dominik Schirach
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Spitzenklasse
Preis-/Leistung: sehr gut
94 of 95
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Technische Daten
Modell: | Philips Fidelio L4 |
---|---|
Produktkategorie: | Bleutooth Over-Ear Kopfhörer |
Preis: | um 350 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | Schwarz |
Vertrieb: | TP Vision, Hamburg https://www.philips.de |
Abmessungen Etui (H x B x T): | 53 x 214 x 209 mm |
Gewicht: | 360 g |
Akkukapazität/ -laufzeit: | 800 mAh/ max. 50 Stunden |
Treiber: | 2 x 40 mm Breitbänder |
Bluetooth: | - SBC - AAC - LDAC - LC3 |
Anschlüsse: | - Bluetooth 1 x 2,5 mm Klinke 1 x USB-C |
Lieferumfang: | 1 x Fidelio L4 1 x Hartschalen-Etui 1 x USB-C Ladekabel 1 x Klinkenkabel 1 x Schnellstartanleitung |
Pro & Contra: | + sehr gutes ANC + toller Sound + für Gaming nutzbar + sehr angenehmes, luftiges Klangbild + schönes Design + Multipoint-Konnektivität + über lange Zeit angenehm zu tragen + funktionelle App - kein aptX |
Benotung: | |
Klang (60%): | 94/95 |
Praxis (20%): | 95/95 |
Ausstattung (20%): | 94/95 |
Gesamtnote: | 94/95 |
Klasse: | Spitzenklasse |
Preis-/Leistung | sehr gut |
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