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19. September 2024von Volker Frech
RedakteurFinessen-Vielfalt: Die Audio Physic Avantera präsentiert sich als Grazie im gradlinigen Design, ist aber von Kopf bis Fuß mit pfiffigen Features und staunenswerten Lösungen gespickt: Angefangen beim Keramikschaum-bewehrten Sandwich-Gehäuse über den spinnenfreien und damit flotteren Mitteltöner bis hin zum verborgenen Woofer, der die Avantera zum Vier-Wege-Lautsprecher befördert. Welch audiophile Klangmacht dies ermöglicht, zeigt die Avantera im Test.
Mit der Avantera besucht uns der wohl anmutigste Lautsprecher aus Audio Physics Reference Line, von der wir bereits die Codex, die Avanti und die Midex zu Gast hatten: Mit den Maßen 1230 mal 202 mal 425 Millimeter ist sie perfekt proportioniert und wirkt trotz ihrer stattlichen Dimensionen geradezu grazil. Dies befördern die sanfte Korpus-Neigung, die der Avantera eine optische Dynamik verleiht, und das gradlinige Design: Es ergibt sich aus der durchgängigen Bekleidung mit Glaspaneelen, die dem Lautsprecher einen edlen Glanz verleiht. Damit folgt auch die komplett neu entwickelte Avantera, die in früheren Versionen noch gerundet und lackiert auftrat, dem Konzept der flächendeckenden Verglasung, welches mittlerweile das gesamte Schallwandler-Portfolio der Briloner prägt. Glas als Gehäusematerial – das ist die offensichtlichste Spezialität im Finessen-Reigen der Avantera. Der Werkstoff gilt gemeinhin als völlig unbrauchbar für den Lautsprecherbau. Doch Audio Physics Chefentwickler Manfred Diestertich hat die akustische Härte des Materials gebändigt.
Gläserne Hülle, schwingungsdämpfender Kern
Dafür hat Diestertich einen schwingungsdämpfenden Sandwich-Aufbau entwickelt. Die Glasplatten sind dabei nicht direkt mit dem dickwandigen MDF-Korpus verbunden, sondern haben mit dem Kerngehäuse allein durch ein doppelseitiges, dickes Spezial-Klebeband Kontakt. Dieses dauerelastische Klebeband ist entlang aller Korpuskanten geführt. Hinzu kommen an etlichen ausgesuchten Stellen weitere flexible Klebepunkte. Diese elastische Klebermasse absorbiert die Schwingungen von Gehäuse und Glas, wobei das Glas mit seinem hohen Gewicht die bedämpfende Wirkung nochmals befördert. Die zwischen den Paneelen und dem Korpus eingeschlossene Luft wirkt zudem wie ein Schallisolator. Die Verglasung umfasst alle sichtbaren Seiten der Avantera. Die Glastafeln besitzen dabei randseitig eine feine Fasung. Die Plattenübergänge wiederum sind mit perfektem Spaltmaß realisiert. All dies trägt zur ebenso zeitlos-modernen wie hochwertigen Anmutung bei. Sie erfährt durch die innseitige Lackierung des Glases noch eine Steigerung: So bietet die Avantera einen herrlichen High Gloss-Look mit strahlend-intensiver Farbintensität – selbst bei dem an sich dezent-gedeckten Anthrazit unseres Testmodells.
Innseitige Spezialitäten: High-Tech-Wabenplatten …
Alternativ ist die Avantera in Weiß oder Schwarz erhältlich – und zudem als nichtgläserne Ausführung in Hochglanz-lackiertem Ebenholz- oder Rosenholz-Furnier. Die Konstante ist in jeder Ausführung die schwarze Glasblende, die das Areal der Chassis bedeckt. Ist schon dieser äußere Aufbau der Avantera ausgeklügelt, so wird’s im Innern richtig komplex: Das Gesamtvolumen des Gehäuses wird durch Längs- und Querverstrebungen in etliche verschieden große Kammern asymmetrisch unterteilt – und zwar mit ebenso unterschiedlichen wie ungewöhnlichen Materialien, die akustisch vorteilhaft wirken und zugleich wenig vom effektiven Gehäusevolumen beanspruchen. So kommen insbesondere im Bereich des Hoch- und Mitteltöners spezielle Honeycomb-Sandwich-Platten zum Einsatz. Mit ihrer Wabenstruktur und zusätzlich mit beidseitiger applizierter, dämpfender Gewebebeschichtung sorgen sie aber auch an diversen anderen Stellen für seismische Stilllegung – etwa an den Wangen des Bassvolumens. Noch spezieller wird es nun durch die Verwendung von Keramikschaum: Audio Physic-Entwickler Diestertich setzt dieses ultrahart, leichte und offenporig Material als akustischen Wunderwerkstoff ein.
… und Keramikschaum-Elemente
Durch seine schwammartige Struktur besteht Keramikschaum zum Großteil aus Luft und besitzt eine extrem große Oberfläche. Dies nutzt Diestertich gleich doppelt: So dienen Blöcke dieses porenreichen Materials als Diffusor für den Schall, welchen die Chassis rückwärtig in das Gehäuse abstrahlen. Keramikschaum-Elemente sitzen darüberhinaus an genau definierten Durchbrüchen zwischen den Gehäusekammern. Hier sorgen sie für einen ebenso definierten Luftdurchlass. Diesen Fließwiderstand, den das offenporige Material erzeugt, nutzt Diestertich auch für die Ventilierung des Bassvolumens: Die Unterseite der Avantera besteht großenteils aus Keramikschaum. Ebenso führt ein mit diesem Schwamm-Material gefülltes Fenster zur Vorderseite. Hier wird die Luft dann hinter dem Glas nach unten geführt, wo sie bodenseitig entweicht. Diese doppelte Ventilierung ist eine besondere Art der Bassreflex-Abstimmung, eigentlich ein Bandpass, der auch noch eine Resonanzspitze im Bass verhindert. Dies ist eine überaus elegante Lösung – im Gegensatz zu der üblichen, mit einem Rohr realisierten Bassreflex-Abstimmung, die als sichtbares Loch den Lautsprecher verunschönt.
Unsichtbarer Woofer
Das Gros dieses Bass erzeugt nun keiner der Treiber auf der Front, sondern ein Woofer im Innern: Im unteren Areal der Avantera steht hochkant und eingebettet in ein eigenes Gehäuse ein Tieftöner. Dieser Clou ermöglicht einen schlanken Lautsprecher. Wir kennen dies bereits von der Codex. Doch während dort ein klassischer 25-Zentimeter-Woofer mit Konus-Membran agiert, kommt in der Avantera ein unkonventionelles Chassis zum Zuge: Hier schallwandelt eine 27-Zentimeter-Membran aus Aluminium, die wie eine umgedrehte Schüssel anmutet. Diese Membran-Schüssel überwölbt den kompletten Antrieb, sodass dieser Woofer eine Einbautiefe von gerade mal acht Zentimeter aufweist. Dieser verblüffend kompakte Woofer ist ein echter Bass-Spezialist. In der schlanken Avantera liefert er im Verbund mit der Bassreflex-Abstimmung einen Tiefton bis zu staunenswerten 27 Hertz. Ab 100 Hertz übernimmt dann der 18 Zentimeter-Mitteltieftöner, der wie die weiteren noch mitwirkenden Chassis auf der Front platziert ist. Diese Schallwandler haben alle eins gemein: Ihre Membran besteht aus Aluminium.
Doppelkonus im Mitteltieftöner
Dieses leichte und robuste Membranmaterial bedarf allerdings, ähnlich wie das Glas des Korpus, einer akustischen Bändigung. Dies gelingt mit einer speziellen Keramikbeschichtung. Ein weiterer Clou dieses Chassis: Es agiert ohne Zentrierspinne. Eigentlich ist das ein Unding, denn das getränkt-gewellte Gewebe gilt gemeinhin als unverzichtbar: Die Zentrierspinne sorgt dafür, dass die Membran stabil schwingt, dass die an diese Schwingfläche angedockte Schwingspule stets zentriert ist – und dass die Membran nach ihrem Auslenken schnell wieder in die Ruheposition zurückkehrt. Durch ihr Wirken erweist sich die Spinne jedoch zugleich als Impuls-Bremse und Energievernichter. Deshalb betreibt Chefentwickler Diestertich ihre Abschaffung. Beim Mitteltieftöner klappt dies durch den Einsatz eines zweiten Konus, der an die Rückseite der Haupt-Membran angesetzt ist. Bei diesem Doppelkegel sind sowohl der Rand des zweiten Konus als auch der normalen Membran mit einer eigenen Sicke an den alles haltenden Korb angebunden. Mit dieser Doppelsicken-Lösung agiert der Mitteltieftöner spinnenfrei bis etwa 300 Hertz.
Spinnenfreier Mitteltöner
Nun kommt der Mitteltöner ins Spiel – und dieses Spiel betreibt auch er ohne Zentrierspinne, wodurch der Mitteltöner flotter und wirkungsgradstärker schallwandeln kann. Hier hat Diestertich allerdings eine andere Lösung entwickelt: Alle Stabilisierungs- und Zentrierungs-Aufgaben übernimmt in diesem Fall einzig die Randeinfassung der Membran. Diese Maximalbeanspruchung bedingt etliche Änderungen. Die Sicke ist nun eine abgeflachte Spezialeinfassung, in die zudem ein U-Profil mit etwas geringerem Durchmesser integriert ist. Er bewirkt eine permanente definierte Vorspannung der Schwingfläche. Durch dieses „Active Cone Damping“ werden auch unerwünschte Resonanzen der Metallmembran unterdrückt. Die Membran ist ebenfalls weitgehend wesensverändert: Sie besitzt nun eine flache Geometrie mit dafür zum Zentrum hin stärkerer Wölbung. Dies erhöht die Stabilität der Schwingfläche. Weil der Antrieb hinter der Membran nun mit Ferrit statt Neodym als Magnetmaterial arbeitet, entfällt die Notwendigkeit zur Kühlung. Deshalb besteht der Phase Plug nicht mehr aus klingelanfälligem Metall, sondern aus bedämpftem Kunststoff, womit er akustisch ruhiggestellt ist.
Vibrationsentkopplung vom Doppelkorb bis zum Magnet-Fuß
Um dieses Schallwandlung ohne störende und klangschädliche Vibrationen vollführen zu können, agiert der Mitteltöner in einem Doppelkorb, der die Chassis-Bestandteile trägt: Ein äußerer Aluminiumdruckguss-Korb bürgt für die Stabilität, ein inneres Kunststoff-Gebilde übernimmt dank vorzüglicher Dämpfungseigenschaften die Absorption aller Materialschwingungen. Beide Körbe sind aufgrund minimaler Kontaktflächen voneinander entkoppelt. Diese Vibrationsberuhigung setzt sich bei der Befestigung sämtlicher Chassis fort: Die fixierenden Schrauben haben keinen direkt Korpus-Kontakt, sondern sind in absorbierende Neopren-Dübel eingedreht. Der Hochtöner ist zudem auf einer eigenen Montageplatte platziert, die vom Gehäuse entkoppelt ist. Die Vibrationsunterbindung reicht bei der Avantera schließlich bis zum Boden: Unter die Aluminium-Traversen, die der schlanken Säule sicheren Stand verleihen, sind ab Werk Audio Physics VCF Magnetic Plus-Unterstellfüße eingeschraubt. Diese zweiteiligen Füße besitzen sich gegenseitig abstoßende Magnete, die allein durch ein Spezialgewebe im Zaum gehalten werden. Ansonsten haben die Fußhälften keinerlei Verbindung. So schwebt die Avantera quasi über dem Boden und ist vom Untergrund entkoppelt.
Spezial-Konus im Hochton
Zurück zu den Chassis: Hier nimmt nun ab etwa 2,9 Kilohertz der Hochtöner die Arbeit auf. Neben Finessen wie der Keramikbeschichtung der Alu-Membran zur Bändigung von Partialschwingungen und der Silikon-Gummiring-Einfassung der Membran zur Resonanzunterdrückung bietet er eine weitere Delikatesse von Diestertich: Der Entwickler setzt für die hohen Frequenzen auf einen Konus-Lautsprecher. Er schallwandelt mit sehr geringen Verzerrung, hat einen hohen Wirkungsgrad, die Membran vollführt beim Schwingen keine Taumelbewegungen wie die heute üblicherweise im Hochton verwendete Kalotte. Dafür bündelt der Konus stärker den Schall und ist anfälliger für Resonanzen. Diestertich hat deshalb mit einer Neukonstruktion die Nachteile behoben und die Vorteile bewahrt. Deshalb besitzt der Hochtöner eine relativ kleine, leicht gewölbte Konus-Membran mit einer ziemlich großen Staubschutz-Kappe aus Kunstseide. Man könne diesen Tweeter fast für eine Kalotte halten. Dieser 29-Millimeter-Konus agiert nun überaus verzerrungsarm, bietet eine homogene Schallabstrahlung – und glänzt mit einer linearen Wiedergabe bis hin zu staunenswerten 40 Kilohertz.
Speaker-Versatz und Kupferschaum-Einsatz
Dieses Wandelwerk vollführt der Hochtöner – wie auch der Mitteltöner – leicht außerhalb der Schallwand-Mitte. Dieser Versatz, mit der die Avantera an Audio Physics Serienflaggschiff Cardeas erinnert, soll Kantendiffraktionseffekte der Schallwellen mindern, welche der Homogenität der Abstrahlung abträglich sind. Von der Cardeas stammt auch eine weitere Spezialität aus Diestertiches Materialforschungs- und Experimentierdrang: der Einsatz von Kupferschaum. Mit diesem porigen, beste Leitereigenschaften aufweisenden Material sind etwa die Kontaktierungen der Kondensatoren versehen, die Audio Physic entwickelt hat und für sich fertigen lässt. Diese Spezialkondensatoren zieren die mehrteilige Frequenzweiche der Avantera. In dieser Weiche kommt Kupferschaum zudem im Signalweg zum Zuge. Wegen der Geräuschabsorptionsfähigkeit dieses Wundermaterials setzt Diestertich es mittlerweile auch zur Weichenlagerung ein. Gegenüber einer Standard-Platine erreicht der Chefentwickler so eine deutlich größere Präzision. Diese Akkuratesse erhöhen auch die WBT Plasma Protect-Anschlüsse: Mit ihnen sind die Kontakte des Hoch- und Mitteltöners modifiziert – und natürlich veredeln sie ebenso das WBT nextgen-Terminal.
Die Audio Physic Avantera in der Praxis
Wir gehen mit der Avantera nun in den Testraum. Hier stellen wir sie zuerst mit nach außen weisenden Tweetern und Mitteltönern auf. Der Abstand zwischen den Lautsprechern beträgt 2,20 Meter, die Wanddistanz 45 Zentimetern und die Sofaentfernung 2,40 Meter. Wir winkeln die Avantera leicht zum Hörplatz hin ein. Nun streamen wir über unseren Hegel H360 via Qobuz „Three Shades Of A House“ vom Bobo Stenson Trio. An der Aufstellung müssen wir kaum noch was ändern, weil die Avantera hier absolut unproblematisch ist. So erleben wir nun quasi ein Jazz-Hörspiel, weil insbesondere Drummer Jon Fält und Bassist Anders Jormin ihre Instrumente unkonventionell und solistisch handhaben. Jormin leitet den Track auch mit einem herrlichen Solo ein: Er lotet seinen Kontrabass von den tiefsten bis zu den höchsten Lagen aus, nutzt Leersaiten und Flageolett-Töne, integriert verschiedenste Spieltechniken. So zeigt er seine virtuose Klasse – und wir sitzen gleich zweifach staunend auf dem Sofa.
Angewandte Instrumentenkunde
Zum einen ist diese Einleitung mit der Avantera quasi angewandte Instrumentenkunde: Wir hören den Kontrabass-typisch nasalen Klang in den höheren Lagen, das ebenso charakteristische Knurren in den mittleren Regionen und den drahtigen, aber tragenden und raumfüllenden Bass in den unteren Griffbrett-Gefilden. Und wir hören dabei das Schwingen der stahlumsponnenen Saiten, ihre Berührungen mit dem Ebenholz-Griffbrett, das Resonieren des aus Fichte und Ahorn bestehenden Korpus, durch das der Ton erst seine Tragfähigkeit erlangt. Diese Materialität, mit der die Avantera den Kontrabass wiedergibt, ist überragend. Zum anderen staunen wir über die Plastizität, mit der die Avantera Jormins Virtuosität darstellt: Wir vernehmen bei seinem herrlichen Solo auch jeden Anschlag seiner Spielhand, jede Saitenberührung seiner Greifhand, jedes Niederdrücken auf das Griffbrett und jedes Rutschen über die Lagen. Diese Spielgeräusche sind wichtig, nur so wirkt die Wiedergabe wie echt. Dieser Realismus gelingt der Avantera exzellent: Jormin scheint direkt vor uns im Raum zu stehen.
Weiträumig-immersive Wiedergabe
Doch stopp: Dies ist gar nicht unser Raum! Bereits nach den ersten Tönen hat uns die Avantera in das Auditorio Stelio Molo des RSI versetzt, weil dieser Lautsprecher feinauflösend-hochpräzise die Reflexionen dieses Rundfunk-Konzertsaals wiedergibt. Der hat etliche Quadratmeter mehr als unser reales Zimmer, doch die Testraum-Wände lässt die Avantera mit ihrer weiträumig-immersiven Wiedergabe mit Leichtigkeit verschwinden. Diese stupende Darstellungskraft zeigt der Lautsprecher auch bei der Bühnendarstellung: Inmitten des Bassintros beginnt Drummer Jon Fält mit ersten Schlägen auf Becken, Trommeln und die Drumkit-Hardware das Bassspiel atmosphärisch einzubetten. So spannt der hinten postierte Drummer das dreidimensionale Podium in herrlicher Tiefe auf. Schließlich setzt auch Bobo Stenson mit seinem rechts neben dem Kontrabass aufgestellten Flügel ein. Nun ist dieses Jazz-Hörspiel komplett – und es ist ein audiophiles Fest: Fält kreiert auf seinem Kit spannende, ungewöhnliche Sounds und Fills, er dialogisiert eher mit Bass und Klavier, als dass er ein durchgängiges Rhythmus-Fundament liefert, …
Exzellente Durchhörbarkeit
… und dabei ist jede Berührung der Becken, jedes Klopfen am Metallgestänge, jedes Streichen mit Stöcken oder Besen über die Felle eine kleine Sensation: Wir hören die Glocken der Becken sich aufschwingen und bei ihrem Ausklingen dann den sich faszinierend verändernden Ton des vibrierenden Metalls. Selbst die zartesten Kontakte mit den Trommelrändern hören wir mühelos, weil die Avantera dank ihrer Transparenz und Feindynamik eine exzellente Durchhörbarkeit bietet, in der auch solche perkussiven Petitessen ihren Platz haben. Dies ist ebenso ein Effekt der weiträumigen, transparenten und hochauflösenden Abbildung: Alle akustischen Ereignisse können sich völlig frei entfalten. Diese Freiheit und Offenheit ist bei der Wiedergabe wahrnehmbar und trägt zum entspannten grenzenlosen Musikgenuss bei. Von dieser Abbildung profitiert natürlich auch das Klavier: Stenson spielt verhalten kurze Melodie- und Akkordfolgen, die er dann lang stehen und ausklingen lässt. Das unterstreicht perfekt die ruhige, trotzdem intensive, fast geheimnisvolle Atmosphäre, die Bass und Schlagzeug vorgegeben haben.
Faszinierendes Saiten-Schillern
Durch das Aushalten der Akkorde erleben wir auch hier das faszinierende Schillern der Klänge, wenn Töne sich vermischen, überlagern und gegenseitig verstärken oder abschwächen – gerade, weil das Klavier mit seiner mehrchörigen Ausstattung der Töne bis zu 230 Saiten hat, die alle mitangeregt werden und zum tonalen Farbreichtum dieses sich stetig verändernden Klangkosmos beitragen. Überdies hören wir jeden Tastenschlag, den Stenson auf dem Flügel vollführt, jedes Aufschlagen der Hämmerchen auf die Saiten. Auch hier ist die Darstellung derart real und gegenwärtig, dass wir dem Pianisten beim Wandern über die Klaviatur regelrecht zugucken können. Jetzt stellen wir die Lautsprecher andersherum auf, sodass Tweeter und Mitteltöner nach innen weisen. Nun also nochmal „Three Shades Of A House“: Ja, die Instrumente sind eine Spur besser ortbar, die Abbildung gewinnt geringfügig an Stabilität, ist dafür aber auch minimal kompakter. Das ist jetzt mitunter Geschmacksache – und der Unterschied hält sich wirklich in Grenzen.
Dynamik-Feuerwerk vom Feinsten
Ihre überragenden feindynamischen Fähigkeiten hat die Avantera bereits gezeigt, nun wollen wir wissen, ob sie auch mit Grobdynamik glänzt. Dafür bleiben wir beim Klavier, gehen aber in das Leipziger Gewandhaus: Hier spielt der Pianisten Stefano Bollani mit dem hiesigen Orchester unter Riccardo Chailly das „Allegro Agitato“ aus George Gershwins Klavierkonzert. Diese hochgelobte Aufnahme punktet auch mit einer erstklassigen Produktion – und dank der Avantera in unserem Hörraum ebenso mit einer exquisiten Reproduktion. Der atmosphärisch-räumliche Umzug in den großen Gewandhaus-Saal gelingt im Nu, und auf der Bühne liefern uns der bestens gestaffelte Klangkörper und der davor positionierte Weltklasse-Pianist ein Feuerwerk vom Feinsten: Bollani bearbeitet bei den Dauer-Staccati das Klavier mit harten Handattacken wie ein Percussion-Instrument, das Orchester fährt mit fulminanten Tutti samt Pauken und Trompeten regelmäßig dazwischen – und wir zucken auf dem Sofa immer wieder zusammen, wie die Avantera diesen perkussiven Schlagabtausch mit einer atemberaubenden Dynamik, Kraft und Schubstärke liefert.
Akkuratesse-Attacke mit geballte Wucht
Bei aller Kraft bleibt die Avantera völlig souverän, akkurat und präzise. Die Orchestertutti kommen ansatzlos, mit geballter Wucht, haben aber dank der immensen Impulstreue einen geradezu peitschenden Charakter. So sind die Pauken zwar voluminös, aber eben nicht wummrig. Die flotten, gestoßenen Bläser-Kaskaden sind bei aller beabsichtigten Härte des Blechs in jedem Ton sauber heraushörbar. Ein Highlight ist auch das Marimbaphon, dessen angeschlagene Holzklangstäbe sich trotz der vordergründigen Staccato-Orgie des Klaviers locker vom Bühnenhintergrund bis zu unserem Platz im Parkett durchsetzen – hochpräzise, genau auf den Punkt. Da ist sie wieder, diese großartige Durchhörbarkeit – nun im orchestralen Großformat. Diese Präzision verlangt geradezu nach einer Akkuratesse-Attacke à la Infected Mushroom: Das Psytrance-Duo teilt bei „Return To The Sauce“ ordentlich aus, zumal wir den Track auf allersattester Lautstärke hören. Die Avantera zeigt sich da völlig unbeeindruckt, während die ultraharten Beats uns mit fettem Punch und physischem Druck ordentlich auf den Magen schlagen.
Absolut definierter Tiefton
Der daruntergelegte abgrundtiefe Bass pulsiert dabei mit gnadenloser Härte. Doch auch dieser Tiefton ist absolut definiert, so dass jeder Synthesizer-Subbass-Klang konturiert und artikuliert bleibt. Da behält die Avantera die volle Kontrolle und lässt danach locker das harte elektronische Synthi-Ticken mit der Präzision eines Uhrwerks im Stereo-Panorama oszillieren. Uff! Nun rücken wir die Avantera mal näher an die Wand. Aufgrund der Downfire-Lösung der Bassabstimmung, also der gen Boden gerichteten Bassreflexkanal-Öffnung und Basskammer-Ventilierung, soll der Lautsprecher ja auch in kurzer Distanz zum Gemäuer ohne Bass-Überbetonung spielen können. Und ja: es stimmt. Selbst mit nur einer Handbreit Abstand zur Wand bleiben die Beats knochentrocken-akzentuiert, der Punch knackig und der Tiefton sauber pulsierend – trotz des immensen, auch über Boden und Möbel spürbaren Schalldrucks. Bei uns im Hörraum ist also alles bestens. Im Nachbarbüro hingegen sollen bei den hart hämmernden Hochpegel-Beats angeblich die Kaffeetassen auf dem Tisch von links nach rechts gewandert sein …
Plastische Abbildungsmagie
Zum Ausklang gönnen wir uns deshalb etwas Ruhigeres: „Touching Ghosts“ von Malia und Boris Blank. Der Soundtüftler vom Schweizer Duo Yello bringt in diese perfekte Produktion seine unendlichen Klangweiten ein, die uns mit schwebend-sphärischen Soundflächen und zahllosen, an allen Stellen des Raums auftauchende Samples einhüllen. Hier beweist die Avantera abermals ihre immersive Darstellungskunst. Blank lotet dabei natürlich ebenso tonal höchste und tiefste Regionen aus: So sind die grundierenden Tiefstton-Bässe hier abermals eine eindrucksvolle und druckreiche fundamentale physische Erfahrung. Malia hingegen verzaubert uns mit dem Charisma ihrer leicht rauen, zugleich warmen und wohltönenden Stimme, mit der sie melancholisch, ruhig, fast leise von ihrer Sehnsucht singt. Auch hier beweist die Avantera ihre plastische Abbildungsmagie: Malia strahlt eine geradezu körperliche Gegenwärtigkeit, Innigkeit und Intimität aus, wir vernehmen ihre zarten Atmer, hören das unendlich leise Geräusch ihrer Lippenbewegungen – und so singt die malawische Jazz-Chanteuse nicht nur vor uns, sondern auch für uns.
Fazit
Die Audio Physic Avantera glänzt als gläserne Klangmacht: Optisch präsentiert sie sich als ebenso imposante wie schlanke Grazie im attraktiv-gradlinigen Clean Design. Technisch ist sie von oben bis unten mit Top-Know-how, pfiffigen Features und staunenswerten Lösungen bis hin zur Befreiung von der bremsenden Zentrierspinne gespickt. So gelingt diesem Vier-Wege-Lautsprecher eine in allen Belangen herausragende Wiedergabe. Sie punktet mit herrlicher Klarheit und Transparenz, großer Offenheit und Weiträumigkeit der Wiedergabe, vorzüglicher Hochauflösung und hochgradigem Detailreichtum. Zu dieser fabelhaften Durchhörbarkeit kommt die stupende Darstellungskraft: Die Avantera präsentiert uns die Musiker und ihre Instrumente mit überragender Plastizität und Materialität – und zeigt uns das musikalische Geschehen mit superber räumlicher Abbildung und geradezu immersiver Dreidimensionalität. Die große Impulstreue ermöglicht dabei eine grandiose Akkuratesse und Frische – und ist ebenso die Basis für die fulminant-atemberaubende Dynamik. So liefert die Avantera eine immens kraft- und druckvolle Performance, die dank innliegendem Woofer bis in den Tiefbass imponiert. Chapeau!
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Carina Burau
Klasse: Referenzklasse
Preis/Leistung: gut
98 of 100
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Technische Daten
Modell: | Audio Physic Avantera |
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Produktkategorie: | Standlautsprecher |
Preis: | - Glas (Weiß, Schwarz, Anthrazit): 23.990,00 € / Paar - Hochglanz-lackiertes Echtholz-Furnier (schwarzes Ebenholz, Rosenholz): 26.290,00 € / Paar |
Garantie: | - 5 Jahre ohne Registrierung - 10 Jahre mit Registrierung |
Ausführungen: | - Glas: Weiß, Schwarz, Anthrazit - Hochglanz-lackiertes Echtholz-Furnier: schwarzes Ebenholz, Rosenholz andere Ausführungen auf Anfrage |
Vertrieb: | Audio Physic GmbH, Brilon Tel.: +49 2961 961 70 www.audiophysic.com |
Abmessungen (HBT): | - 1200 x 202 x 425 mm (ohne Traversen und Füße) - 1230 x 380 x 425 mm (mit Traversen und Füßen) - Grundfläche (BT): 390 x 570 mm |
Gewicht: | - Glasversion: ca. 45 kg / Stück - Holzversion: ca. 39 kg / Stück |
Bauart: | 4-Wege, passiv, Bassreflexabstimmung |
Impedanz: | 4 Ω |
Hochtöner: | 1 x HHCT III+ (39 mm, Konus, keramikbeschichtete Alu-Membran) |
Mitteltöner: | 1 x HHCM SL+ (150 mm, Konus, keramikbeschichtete Alu-Membran) |
Mitteltieftöner: | 1 x 180 mm, Konus (keramikbeschichtete Alu-Membran) |
Tieftöner: | 1 x 270 mm (innenliegender Woofer mit Aluminium-Membran) |
Frequenzbereich: | 27 Hz - 40 kHz (Herstellerangabe) |
Trennfrequenzen: | 100 Hz / 300 Hz / 2,9 kHz |
Wirkungsgrad: | 89 dB (Herstellerangabe) |
Empfohlene Verstärkerleistung: | 40 - 250 W |
Lieferumfang: | - Audio Physic Avantera - Glasblende - 8 VCF V Magnetic Plus Speaker-Unterstellfüße - 8 Rondelle zur Konterung der Unterstellfüße - Urkunde mit Bestätigung der Fertigungskontrolle und der akustischen Prüfung - Bedienungsanleitung |
Optionale Upgrades: | Bi-Wiring/Bi-Amping-Terminal |
Pros und Contras: | + atemberaubende Klarheit und Transparenz + stupende Darstellungskraft mit überragender Plastizität und Materialität + superbe räumliche Abbildung mit immersiver Dreidimensionalität + großer Offenheit und Weiträumigkeit der Wiedergabe + exzellente Durchhörbarkeit + vorzügliche Hochauflösung + herausragender Detailreichtum + grandiose Akkuratesse und Agilität aufgrund der großen Impulstreue + famose Feindynamik, fulminante Grobdynamik + überaus tiefreichender, voluminöser, absolut konturierter und souveräner Bass + immens kraft- und druckvolle Performance + harmonisch-stimmige Wiedergabe, ermöglicht entspannten Musikgenuss + unproblematisch Aufstellung + Downfire-Bassabstimmung ermöglicht wandnahe Aufstellung + attraktiv-zeitloses Clean Design + High Gloss-Effekt mit intensivem Farbton + vorzügliche Verarbeitung + gut erklärende Bedienungsanleitung - keine Stoffblende im Lieferumfang |
Benotung: | |
Klang (60%): | 98/100 |
Praxis (20%): | 98/100 |
Ausstattung (20%): | 98/100 |
Gesamtnote: | 98/100 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis/Leistung: | gut |
Getestet mit: | - Vollverstärker: Hegel H360 - Signalkabel: Audioquest Black Beauty RCA - Lautsprecherkabel: Audioquest Rocket 88 Single Wire - Netzkabel: Audioquest Monsoon |