Home » Tests » Backes&Müller Jubilé IO – Klangexzellenz im Kompaktformat
16. Dezember 2024von Volker Frech
RedakteurBackes&Müller konzentrieren in der Jubilé IO das geballte Know-how der High End-Manufaktur – angefangen bei der Zylinderwellen-Abstrahlung der Front bis zur digitalen FIR-Technologie für das phasenrichtige Zusammenspiel aller Chassis. Das Ergebnis ist ein aktiver Kompaktlautsprecher, der etliche Standboxen alt aussehen lässt und im Test mit atemberaubender Räumlichkeit und anspringender Dynamik begeistert.
Backes&Müller – bei diesem Namen bekommen ambitionierte Musikhörer leuchtende Augen: Die renommierte High End-Manufaktur ist seit fünf Dekaden für exzellente Schallwandler berühmt. Die Saarbrücker sind Pioniere der Aktivlautsprecher-Technik und haben mit ihren Innovationen die Grenze des Machbaren verschoben – angefangen bei der induktiven Gegenkopplung zur Verzerrungsvermeidung über die FIR-Technik zur Frequenzgang-Linearisierung und zum phasenrichtigen Agieren aller Chassis bis hin zur Zylinderwellen-Abstrahlung zur Vermeidung von Decken- und Bodenreflexionen. Von all diesen Meriten profitiert die Jubilé IO: Sie ist quasi ein B&M-Best-Of im Kompaktformat – und damit der kleinste Schallwandler der insgesamt drei Modelle umfassenden Jubilé-Serie, die Backes & Müller 2023 zum 50-jährigen Bestehen präsentiert hat. Mit dieser Lautsprecher-Reihe sorgt B&M übers Akustische hinaus für Staunen…
Elegante Skulptur
… denn mit der Jubilé-Serie hat B&M ein völlig neues Design eingeführt – und die Jubilé IO verkörpert diese neue Formensprache quasi in Quintessenz: Dieser Lautsprecher präsentiert sich als elegante Skulptur. Die Eleganz beruht zuallererst auf der grazilen Erscheinung: Die Jubilé IO ist der wohl schlankste Schallwandler, den die Saarländer Manufaktur jemals entwickelt hat. Die 50 Zentimeter aufragende Schallwand misst gerade mal 16 Zentimeter in der Horizontalen, der sich dann auf 20 Zentimeter verbreiternde Korpus erstreckt sich einen knappen halben Meter in die Tiefe. Mit dieser schmal-langgestreckten Gestalt wirkt die Jubilé IO fast filigran, obwohl sie ein durchaus stattliches Korpusvolumen bietet. Die außergewöhnliche Anmutung der Jubilé IO wird nun durch das clevere Clean Design befördert: Hier ist nicht ein technisches Element sichtbar, keine einzige Schraube, selbst die Chassis sind als solche nicht direkt sichtbar oder als Treiber erkennbar. So erscheint die Jubilé IO wie eine modern-monolithische Plastik im Bauhaus-Stil.
Noble Dezenz
Der monolithische Eindruck wird durch die monochrome Farbgebung intensiviert: Unser Testmodell ist – abgesehen von der Rückseite – komplett in Weiß gehalten. Auch die Schallführungen, die Blenden des frontseitigen Tweeters und des seitlichen Tieftöners, ja, selbst die Membranen der Mitteltöner setzten diese Einfarbigkeit konsequent fort. So strahlt die Jubilé IO eine wohltuende Ruhe aus. Das Coating des Korpus ist ein optisch matter und haptisch angenehm rauer Strukturlack. Er betont ebenfalls die noble Dezenz dieses Lautsprechers. Alternativ wird die Jubilé IO standardmäßig auch in Schwarz angeboten. Da B&M eine Manufaktur ist, können aber auch alle anderen Farben des RAL-Kosmos realisiert und individuelle Wünsche erfüllt werden. So entsteht ein perfekt zum Wohnambiente passendes Unikat. Die skulpturale Anmutung der Jubilé IO verdankt sich aber auch ihrem Stativ: Sie steht auf einem perfekt passend lackierten, metallenen „Z“. Dies unterstreicht die Schlankheit des Kompaktlautsprecher, lässt ihn scheinbar schweben und verleiht im so eine aparte Luftigkeit.
Zylinderwellenstrahler für direkt-definierten Schall
Der so anmutige Korpus der Jubilé IO ist nun nicht nur optisch dezent, sondern auch akustisch: Beim Klopfen auf die Flächen glänzt er mit hervorragender Resonanzarmut. Das aus Multiplex und MDF gefertigte Gehäuse ist ausgezeichnet stillgelegt. Der vordere, sich verjüngende Bereich beherbergt nun drei Lautsprecher. Sie sind hinter der Schallwand platziert und strahlen ihren Schall jeweils über einen aus Aluminium bestehenden Waveguide ab. Der mittlere, mit einer Stoffblende kaschierte Treiber ist dabei eine echte Schallwandler-Delikatesse, den B&M in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut entwickelt hat: Es ist ein Zylinderwellenstrahler. Er emittiert den Schall auf den Hörplatz gerichtet – mit einer definierten horizontalen Abstrahlung und dabei weitgehend ohne vertikale Abstrahlung. Dies minimiert die besonders klangschädlichen Reflexionen von Decke und Boden, reduziert den Anteil der Wand-Reflexionen und bewirkt zudem einen geringeren Lautstärke-Abfall auf dem Weg hin zum Hörplatz. Damit wird der normalerweise große Einfluss des Raums auf die Wiedergabe drastisch reduziert.
Cleverer Adapter für homogen-zeitrichtige Abstrahlung
So steht dieser Zylinderwellenstrahler für den generellen B&M-Ansatz, zugunsten einer realistischen Wiedergabe den Raum auszublenden und eine Wiedergabe mit möglichst viel Direktschall zu erreichen. Das geschieht mit dem Hochtöner auf ganz ausgefuchste Weise: Die eigentliche Schallwandlung übernimmt ein Druckkammer-Treiber mit Invers-Kalotte. Ihm ist nun ein Adapter vorgesetzt, der in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut entstanden ist: Diese spezielle Schallführung leitet den Schall von der runden Kalotte zum schlitzförmigen Auslass – und zwar so, dass alle am Schlitz austretenden Schallanteile den genau gleichen Laufweg zum Hörplatz haben. Das ist der entscheidende Unterschied zu einem herkömmlichen Horn: Bei diesem haben die zentralen Schallanteile nämlich einen kürzeren Weg als jene, die entlang des Trichterrands verlaufen. Der „Fraunhofer-Adapter“ hingegen vermeidet also diesen Horn-Nachteil, bewirkt eine homogene und zeitrichtige Abstrahlung aller Schallanteile, schafft somit eine ebene Wellenfront – und sie wird dann über die Schallführung des Schlitzes mit der gewünschten vertikalen Bündelung als Zylinderwelle abgestrahlt.
Treiber-Team für flott-potenten Mitteltiefton
Finale Finesse des Zylinderwellenstrahlers: Er agiert eigentlich als Mittelhochtöner. Dieses Chassis übernimmt nämlich den weiten Bereich von 1.200 bis 22.000 Herz. Dadurch wird breitbandig, also über ein großes Frequenzspektrum hinweg, der Schall vom gleichen Chassis abgestrahlt. Das befördert abermals die klangliche Homogenität und ebenso Räumlichkeit der Wiedergabe. Diesen Mittelhochtöner umgeben nun zwei Sechs-Zoll-Mitteltieftöner, die ebenfalls aus eigener Entwicklung stammen. Sie schallwandeln mit einer keramikbeschichteten Aluminium-Membran überaus flott und impulstreu. Durch ihre rahmende Anordnung mit genau definiertem Abstand und ebenso genau angepassten Schallführungen sollen diese Mitteltieftöner eine Richtwirkung wie der Zylinderwellenstrahler aufweisen – und damit bruchlos dessen bündelnde Abstrahlcharakteristik fortsetzen. Diese absolute Homogenität gelingt bis rund 400 Hertz. Dann weitet sich das vertikale Abstrahlverhalten sanft bis hin zum Grundtonbereich und Oberbass, für den die beiden Treiber ebenfalls zuständig sind. Auch dank der Teamarbeit und der damit verbundenen doppelten Membranfläche kann das Duo diesen unteren Mitten- und oberen Bass-Bereich überaus kraftvoll liefern.
Mächtiger Basswoofer mit integrierter Gegenkopplung
Um nun einen ebenso potenten Tiefton liefern zu können, agiert die Jubilé IO mit einem imposanten 30-Zentimeter-Woofer. Ein derart mächtiger Basstreiber ist mittlerweile bei HiFi-Lautsprechern selten geworden. Bei der schlanken Jubilé IO ist sein Platz natürlich auf der Seite. Hinter der Stoffabdeckung schwingt eine Membran aus gehärtetem Paper. So bietet der Woofer jene Pegelfestigkeit und Agilität, die im Profi-Beschallungsbereich, aus dem er stammt, Pflicht sind. B&M setzt eine veredelte Spezialversion ein: Der Tieftöner ist mit einer Gegenkopplung ausgestattet. Diese technische Finesse ist bei B&M seit 50 Jahren bewährte Tradition und sorgt seither für hochgradige Präzision und Impulstreue im Bass. Durch einen induktiven Beschleunigungssensor wird die Auslenkung kontrolliert und bei zu großem Hub sofort gegengesteuert. Diese dynamische Membran-Regelung sorgt für Akkuratesse, Verzerrungsfreiheit und einen reaktionsschnellen, trockenen, dröhnfreien Bass. Die DMC-Gegenkopplung funktioniert am effektivsten mit einem geschlossenen Gehäuse. Deshalb ist die Jubilé IO frei von einer Bassreflexabstimmung, welche die Tiefton-Genauigkeit reduziert.
Linearer Frequenzgang und zeitrichtige Wiedergabe
Die FIRTEC-Technologie bietet darüber hinaus ein weiteres wirkmächtiges Instrument: die Raumkorrektur durch einen Equalizer. Auch auf diesem Feld ist B&M in den 1980er-Jahren Vorreiter gewesen. Die Vorzüge der Anpassung sind mit heutigen prozessorgesteuerten Aktiv-Lautsprechern aber noch präziser nutzbar. So können nun mithilfe von sechs parametrischen Filtern Defizite des Raums ausgeglichen werden, wobei jedes Filter fein in Frequenz, Güte und Gain einstellbar ist. Dabei bleibt die Phasenrichtigkeit der Gesamtwiedergabe gewahrt. Überdies kann ein Delay eingestellt werden, wenn eine ungleiche Aufstellung der Lautsprecher dies erforderlich macht. Eine derartige Klangoptimierung ist mit passiven Boxen unmöglich. Die Raumkorrektur und Klangjustierung gelingt über ein sogenanntes „PegelProgrammierGerät“ (PPG). Die Programmierung übernimmt ein B&M-Händler, der vor Ort die Raumkorrektur vornimmt und zusammen mit dem Kunden den Klang anpasst. Das Gerät ist mehrwöchig ausleihbar, um im Langzeit-Test die Einstellung optimieren zu können. Für die Abspeicherung und Nutzung verschiedener Sound-Presets braucht man allerdings das käuflich erwerbbare PPG.
Raumkorrektur und Klanganpassung
Die FIRTEC-Technologie bietet darüber hinaus ein weiteres wirkmächtiges Instrument: die Raumkorrektur durch einen Equalizer. Auch auf diesem Feld ist B&M in den 1980er-Jahren Vorreiter gewesen. Die Vorzüge der Anpassung sind mit heutigen prozessorgesteuerten Aktiv-Lautsprechern aber noch präziser nutzbar. So können nun mithilfe von sechs parametrischen Filtern Defizite des Raums ausgeglichen werden, wobei jedes Filter fein in Frequenz, Güte und Gain einstellbar ist. Dabei bleibt die Phasenrichtigkeit der Gesamtwiedergabe gewahrt. Überdies kann ein Delay eingestellt werden, wenn eine ungleiche Aufstellung der Lautsprecher dies erforderlich macht. Eine derartige Klangoptimierung ist mit passiven Boxen unmöglich. Die Raumkorrektur und Klangjustierung gelingt über ein sogenanntes „PegelProgrammierGerät“ (PPG). Die Programmierung übernimmt ein B&M-Händler, der vor Ort die Raumkorrektur vornimmt und zusammen mit dem Kunden den Klang anpasst. Das Gerät ist mehrwöchig ausleihbar, um im Langzeit-Test die Einstellung optimieren zu können. Drei Sound-Presets sind abspeicherbar, für den Zugriff und Wechsel braucht man allerdings das käuflich erwerbbare PPG.
EasyLink-Anschluss für unverfälschte Signalübertragung
An der Jubilé IO selbst ist nämlich nichts einstellbar. Die Rückseite bietet ausschließlich Anschlüsse – aber die sind durchweg hochwertig. Ein symmetrischer Analog-Eingang ermöglicht die klassische Anbindung einer nichtdigitalen Vorstufe. Das eingehende Signal wird aber direkt in Einsen und Nullen verwandelt, da die Jubilé IO durchweg auf digitaler Ebene agiert und das Signal erst im Endstufenbereich wieder analogisiert wird. Ideal ist deshalb die digitale Zuspielung. Hierfür steht als erstes ein AES-Input in Form einer XLR-Buchse zur Verfügung – also die digitale symmetrische Standard-Schnittstelle im Profi-Studiobereich. Überdies bietet die Jubilé IO zwei RJ45-Ports. Sie nutzt B&M als Schnittstellen für die selbstentwickelte EasyLink-Übertragungstechnologie. Die Digitalsignale durchlaufen dann im Lautsprecher die gesamte Digitalelektronik samt DAC ohne jegliche Regelung oder Filterung – also verlustfrei-unverfälscht in voller Auflösung und Lautstärke. Dies vermeidet jene durchaus hörbaren Dynamikeinbußen, die viele Digitalgeräte verursachen, indem sie die Lautstärke verringern, um eine Verkleinerung der Bitzahl, also der Wortbreite, zu erreichen.
Integrierte Verstärker für leistungsstarke Performance
Die Information über die gewünschte Lautstärke wird also separat über die EasyLink-Verbindung an die Jubilé IO gesandt. Hier erfolgt erst nach der D/A-Wandlung des Musiksignals direkt vor der Endstufen-Sektion die Lautstärkeveränderung. Dies setzt allerdings eine passende Vorstufe von B&M voraus, etwa die ICE 525, die wir auch im Test einsetzen werden. Zurück zu den Endstufen: Aktive, also mit Verstärkern ausgestattete Lautsprecher sind seit jeher ein Markenzeichen von Backes&Müller. Die integrierte Amplifizierung bietet mehrere Vorteile: Sie macht die anfälligen Lautsprecherkabel überflüssig, vor allem aber werden die Chassis von perfekt auf sie abgestimmten Verstärkern angetrieben – und zwar separat für jeden Weg. Das verhindert eine gegenseitige Beeinflussungen von Hoch-, Mittel- und Tiefton. Deshalb ist natürlich auch die Jubilé IO aktiv: Der integrierte Verstärker für den Bass liefert üppige 500 Watt, für Mittel- und Hochton stehen jeweils 150 Watt zur Verfügung. Somit beträgt die maximale Gesamtleistung satte 800 Watt – pro Lautsprecher.
Die Backes&Müller Jubilé IO in der Praxis
Da die Jubilé IO eingehende Analog-Signale ohnehin umwandelt, spielt man am besten direkt digital zu. Dafür setzen wir die passende B&M ICE 525 als Vorverstärker ein. So können wir die EasyLink-Verbindung nutzen. Das hat, abgesehen von der unverfälschten Übertragung der digitale Musiksignale in voller Bit-Wortbreite, einen praktischen und einen optischen Vorteil: Die Netzwerk-Kabel können beliebig lang sein, und sie sind deutlich dünner als die üblichen massig-unansehnlichen Lautsprecherkabel. Es gibt die CAT-Kabel sogar in ultraflach-flexibler Ausführung, weshalb die Verbindung ziemlich unauffällig realisierbar ist. Nun zur Aufstellung: Die Jubilé IO ist durch ihre gerichtete, pegelstarke Abstrahlcharakteristk eigentlich ein Fernfeld-Lautsprecher. Daher mag sie es geräumiger: Die Lautsprecher sollten nicht zu nah beieinander stehen, ebenso ist ein gewisser Abstand zum Hörplatz wichtig. Hier landen wir nach einigem Ausprobieren bei einer Distanz von gut 2,60 Meter. Bei der Ausrichtung auf den Hörplatz reicht eine geringe Einwinklung, schon ist die Wiedergabe stabil und die Abbildung größenrichtig.
Anspringende Direktheit
Die Aufstellung der Jubilé IO haben wir mit Eva Cassidys wunderschöner Live-Version von „Ain’t No Sunshine“ vorgenommen – und was sich beim Ausrichten schon andeutete, bestätigt sich beim anschließenden Anhören: Dieser Lautsprecher liefert die Musik mit einer Direktheit, wie wir sie bislang nicht nicht erlebt haben. Das beginnt bereits bei den einleitenden gezupften und gestrichenen Akkorden, die Eva Cassidy auf ihrer Akustik-Gitarre spielt: Die Töne besitzen eine unglaubliche Klarheit und Präsenz. Wir hören jede einzelne Saite, können den hell klingen Stahl der Diskant-Saiten vom etwas gedämpfter klingenden Sound der umsponnenen Bass-Saiten unterscheiden, hören jeden Anschlag der Finger – ja, selbst dieses Detail ist wahrnehmbar: Cassidy spielt ohne Plektrum. Dann setzt sie mit ihrem Gesang ein – und wir haben bereits nach der ersten Phrase eine Gänsehaut: Cassidys attraktive, wohltimbrierte Stimme besitzt eine Wärme, eine Tiefe, eine Zartheit, die uns durch diese anspringende Direktheit der Wiedergabe sofort in den Bann schlägt.
Atemberaubende Abbildung mit verblüffender Bassmacht
Wir müssen deshalb eine Warnung aussprechen: Dieser Lautsprecher liefert keine unverbindliche Beschallung zum Nebenbei-Hören, sondern zieht sofort die Aufmerksamkeit auf die Musik. Dies liegt auch an der fantastischen Plastizität der Darstellung und der atemberaubenden Räumlichkeit der Abbildung: So lebensecht schon die Gitarre klingt, so real scheint die amerikanische Sängerin vor uns zu stehen – und so wirklich und greifbar erscheinen uns auch ihre bald hinzutretenden, neben und hinter ihr positionierten Mitmusiker. Das beginnt beim Bass, mit dem uns die Jubilé IO ein weiteres Mal verblüfft: Der Viersaiter von Chris Biondo hat ein Volumen, einen Tiefgang und eine entspannte Mächtigkeit, wie sie ein ausgewachsener Standlautsprecher liefert. Rechts setzt nun Keith Grimes mit seiner E-Gitarre ein, später stößt Lenny Williams am links hinten positionierten Klavier hinzu – und wir haben das Gefühl, diese Musiker livehaftig vor uns auf der kompakten Bühne zu erleben, als säßen wir wirklich im New Yorker Blues Alley-Club.
Immersive Stereo-Wiedergabe ohne Raumeinflüsse
Eine derart real erscheinende, immersive Stereo-Wiedergabe haben wir von einem Kompaktlautsprecher noch nicht erlebt. Für dieses Maximalgenuss sollte man aber wirklich im Sweet Spot sitzen, also genau zwischen den beiden Jubilé IO. So kann dieser Lautsprecher seine Fernfeld-Qualitäten optimal ausspielen. Dazu gehört eben auch die gewünschte Ausblendung des realen Raums: Bei unserer Hörentfernung würde mit einem herkömmlichen Lautsprecher längst der Einfluss der Wand-, Decken- und Bodenreflexionen dominieren und die Wiedergabe verunklaren. Mit der Jubilé IO, die uns konzentriert beschallt, hören wir hingehen auch dank der herausragenden Feinauflösung der Lautsprecher allein die Akustik des aufgenommenen Raums und erleben die Atmosphäre des imaginierten Ambientes. Absolut faszinierend erlebn wir das beim nachfolgenden, ebenfalls live mitgeschnittenen „Bridge Over Troubled Water“: Hier werden am Tisch links vor uns Gläser mit leisem Klimpern abgeräumt. Das ist Live-Atmosphäre pur – und intensiviert das Wie-echt-Gefühl, in diesem Club direkt an der Bühne, nahe der Band zu sitzen. Wow!
Immense Kraft
Mit dieser Raum-Ausblendung empfiehlt sich die Jubilé IO auch für akustisch herausfordernde Wohnzimmer, etwa ein modern-minimalistisch möbliertes Ambiente mit hartem Boden. Dieser Lautsprecher meistert zudem auch eine wandnahe Aufstellung: Die Wiedergabe bleibt im Bass klar und definiert. Klappt das auch mit größer besetzten Ensembles? Das muss die Jubilé IO bei „Morph The Cat“-Test beweisen: Diese top produzierte Nummer von Donald Fagen beginnt mit einem mordstiefen Basston samt sattem Bassdrum-Tritt – und gleich dieser Anfang, den wir auf sattester Lautstärke hören, malt uns ein Grinsen ins Gesicht: Die Jubilé IO liefert diesen abgrundtiefen Bass mit unglaublicher Souveränität – frei von Wummern oder Schwammigkeit, trocken, aufgeräumt, konturiert. Der Bassdrum-Tritt steht da in nichts nach: Der satte Beat kommt ansatzlos, hart-präzise und mit Schmackes. So kriegen wir eine akustisch-physische Breitseite verpasst: Wir spüren die immense Kraft am ganzen Körper mit mächtig Druck auf den Magen und trotzdem klarsten Klang auf den Ohren. Uff!
Packenden Dynamik, perfektes Timing
Mit dieser packenden Dynamik, Power und Fulminanz glänzt die Jubilé IO dann auch im weiteren Verlauf des Stückes – und sie lässt dabei so manchen Standlautsprecher alt aussehen. So ist es eine Delikatesse, das weitere Zusammenspiel von Drummer Keith Carlock und Bassist Freddie Washington zu hören: Diese Rhythmus-Fraktion klingt frisch, vital, spielfreudig, die beiden Asse spielen vertrackte Finessen und sind dabei jederzeit absolut auf dem Punkt. Dieses perfekte Timing liefert auch die Lautsprecher: Die Wiedergabe besitzt eine herausragende Stimmigkeit. Dies macht „Morph The Cat“ zum Erlebnis, denn hier spielen dreizehn Musiker, darunter drei Gitarren, zwei Keyboards und eine komplette Bläser-Sektion. Trotz dieses Großaufgebots klingt das Zusammenspiel und die gesamte Wiedergabe völlig selbstverständlich. Hier zahlt sich umso stärker die großartige Klarheit, Auflösung und Durchhörbarkeit der Jubilé IO aus: Trotz der ungemein dichten Instrumentierung können wir bei den Bläsern wie auch beim Background-Chor selbst die Mittelstimmen herauszuhören und ihren Verlauf verfolgen.
Cecilia Bartolis betörende Klage
Darum ahnen wir schon, dass mit der Jubilé IO auch der Opernbesuch eine Gala wird – und so ist es auch. Wir sitzen im Nu auf den besten Plätze der Londoner Henry Wood Hall, wo Cecilia Bartoli die berühmte Händel-Arie „Lascia ch’io pianga“ singt. Der Aufnahme geht eine knapp Sekunde Stille voraus, in der wir sofort den Raum erleben und in die akustische Atmosphäre der ehemaligen Kirche eintauchen. Dann setzen die Weltklasse-Sopranistin und das sie begleitende Orchester ein – und wieder hat diese anspringend-direkte Wiedergabe der Jubilé IO sofort unsere volle Aufmerksamkeit: Direkt und zum Greifen nah steht Cecilia Bartoli in der Rolle der Almirena vor uns und bedauert ihre verlorene Freiheit. Bei ihrer betörenden Klage vernehmen wir selbst das sanfte Beben ihrer Stimme und die kleinen Seufzer und Atmer zwischen den Gesangslinien. So innig und anrührend und zugleich so luftig, klar und rein haben wir diese Arie selten gehört.
Instrumentenkunde auf audiophile Art
Ihre herausragende Darstellungskraft zeigt die Jubilé IO aber auch bei der Abbildung des Orchesters: Die Academy of Ancient Music steht herrlich breit und tief gestaffelt hinter der Sängerin, wir können jedes Instrument von den Geigen bis hin zu den Kontrabässen verorten und wahrnehmen. Das ist hier ein besonderer Genuss: Die Musiker spielen auf historischen Instrumenten oder getreuen Nachbauten. So hören wir edle Cremoneser Streichinstrumente, sind aber ebenso fasziniert von dem warmen gezupften Ton eine Theorbe oder dem silbrig-brillanten Klang eines Cembalos. So geht Instrumentenkunde auf audiophile Art. Diesen Klangkörper dirigiert Christopher Hogwood mit wunderbar abgestufter Tempowahl und Intensität, und die Jubilé IO zeigt hier auch im Feinen und Filigranen ihre dynamischen Meisterschaft. Mit dieser packenden Direktheit, der kernigen Akkuratesse und der immens detaillierten Darstellung lässt die Jubilé IO die meisten herkömmlichen Lautsprecher fast belanglos-langweilig wirken. Uns begeistert diese Intensität und Lebendigkeit, die uns gerade bei dieser Arie fesselt und berührt.
Fazit
Die Backes&Müller Jubilé IO ist in jeder Hinsicht ein phänomenaler Lautsprecher. Optisch präsentiert sie sich mit ihrem modernen, monolithisch-minimalistischen Design als echter Blickmagnet. Akustisch liefert sie eine überwältigende Performance. Dies gelingt insbesondere durch eine gerichtete, Raumeinflüsse minimierende Zylinderwellen-Abstrahlung und ein phasenkohärent-zeitrichtiges Agieren aller Chassis. So besitzt die Wiedergabe eine herrliche Stimmigkeit und eine unglaubliche Klarheit. Die Plastizität der Darstellung und die Räumlichkeit der Abbildung sind schlichtweg atemberaubend. Die Jubilé IO glänzt dabei mit einer fulminanten Dynamik. So haben die Musiker eine herrliche Präsenz – und die Musik eine geradezu anspringende Direktheit, die sofort in den Bann schlägt. Eine derart real-lebendig erscheinende, immersive Stereo-Wiedergabe haben wir von einem Kompaktlautsprecher noch nicht erlebt. Mit dem 30-Zentimeter-Woofer liefert sie zudem einen Bass, der mit Tiefgang und Trockenheit, Volumen und entspannter Mächtigkeit verblüfft. Auch hier lässt dieser aktive Drei-Wege-Lautsprecher manchen ausgewachsenen Standlautsprecher alt aussehen. So liefert die Backes&Müller Jubilé IO Klangexzellenz im Kompaktformat.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Simone Maier
Klasse: Luxury-Klasse
Preis/Leistung: angemessen
Technische Daten
Modell: | Backes&Müller Jubilé IO |
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Produktkategorie: | Kompaktlautsprecher |
Preise: | - 19.999,00- € / Paar (mit Fuß) - 23.999,00- € / Paar (mit Stativ) |
Garantie: | 4 Jahre |
Ausführungen (Lautsprecher): | - Standard: Strukturlack Mattweiß, Strukturlack Mattschwarz - Finish in gewünschter RAL-Farbe - individuelle Fertigung nach Wunsch |
Vertrieb und Händler: | Backes & Müller, Saarbrücken Tel: +49 681-844 932 - 10 www.backesmüller.de |
Abmessungen (H x B x T): | - ohne Stativ: 510 x 200 x 520 mm - mit Stativ: 1077 x 200 x 520 mm |
Gewicht: | - ohne Stativ: 24,4 kg / Stück - mit Stativ: 32,2 kg / Stück |
Prinzip: | drei Wege, geschlossen, vollaktiv, digital entzerrt |
Hochtöner: | 1 x BM-Fraunhofer-Zylinderwellenstrahler (254mm-Inverskalotte mit Transformationsadapter und hornartigem Waveguide) |
Mitteltöner: | 1 x 152 mm (keramikbeschichtete Aluminium-Konusmembran) |
Tieftöner: | 1 x 300 mm (gehärtete Papier-Konusmembran) |
Frequenzbereich: | 22 - 24.000 Hz (Herstellerangabe) |
Übergangsfrequenzen: | ca. 140 Hz / ca. 1.200 Hz |
Leistung der integrierten Verstärker: | - Gesamtleistung pro Lautsprecher: 800 W - Tiefton: 400 W - Mittelton/Hochton: 400 W |
Eingänge (analog): | 1 x Line symmetrischer (XLR) |
Eingänge (digital): | 1 x B&M EasyLink (RJ45) 1 x AES3 (XLR) |
Ausgänge (analog): | 1 x Line symmetrisch (XLR) |
Ausgänge (digital): | 1 x B&M EasyLink (RJ45) |
Maximale Samplingrate/Auflösung: | PCM 192 kHz/24 bit |
Lieferumfang: | - Backes&Müller Jubilé IO - Zubehörtasche mit Netzkabeln, Bedienungsanleitung, Garantiekarte - Einrichtung vor Ort durch B&M-Händler |
Optionales Zubehör/ergänzende Produkte: | - Stativ (für freie Aufstellung) - Fuß (für Regalaufstellung) - Vorverstärker BM ICE 525 (zur Nutzung der EasyLink-Übertragungstechnologie) - Kabelsatz XLR (digital oder analog) nach Maß, bis 10m pro Seite |
Pros und Contras: | + skulpturales Design mit modern-minimalistischem Look + superbe Material- und Fertigungsqualität + exzellente Stimmigkeit und Homogenität + atemberaubende Räumlichkeit + hochgradige Auflösungsfähigkeit + herausragende Reinheit und Klarheit + hochgradig akkurat-präzise Wiedergabe + immenser Detailreichtum + anspringende Direktheit und Lebendigkeit + fulminante Dynamik + tiefreichend-mächtiger, sauber-souveräner Bass + wandnahe Aufstellung möglich + optimale Performance selbst in akustisch nachteiligen Räumen durch definierte Schallbündelung + Zylinderwellen-Abstrahlung für maximalen Direktschall und minimierte Raumeinflüsse + Raumkorrektur und Klang-Optimierung über integrierten FIRTEC-Prozessor + Einrichtung und Optimierung durch B&M-Mitarbeiter oder Händler - Nutzung verschiedener Presets nur mit optionalem PegelProgrammierGerät (PPG) möglich |
Benotung: | |
Gesamtnote: | 100+ |
Klasse: | Luxury-Klasse |
Preis/Leistung: | angemessen |
Getestet mit: | - Vorverstärker: B&M ICE 525 - Oppo UDP-203 |