Home » Tests » Canton Vento 896.2 – Design, Leistungsfähigkeit und musikalischer Feinsinn
1. April 2021von Roman Maier
Inhaber/GeschäftsführerSeit ihrer ersten Stunde hat die Vento-Serie viele Herzen anspruchsvoller HiFi- und Heimkino-Fans erobert. Mit der neuesten Generation hat Canton nun nochmal einen draufgelegt. Wir haben das Flaggschiff, die 896.2 mal auf den Testparcours geschickt. Verarbeitung, Ausstattung, Design befinden sich auf höchstem Niveau. Klanglich hat sie das Zeug absolut zu begeistern und sie zeigt sich als überraschend vielfältig.
Mit der Einführung der ersten Vento im Jahre 2005 kreierte Canton eine Serie, die erstklassig klang, sich optisch ideal in stilvoll eingerichtete Wohnumgebungen integrieren liess und preislich attraktiv und fair kalkuliert war. Das Gehäuse in Bugform, die exzellente Lackierung und die bündig eingesetzten, canton-typischen Chassis – damals aus Alu, heute aus Titanium und Keramik – verleihen der Vento einen hohen Wiedererkennungswert. Das ist bis heute so. Eine Vento stellt man sich gern ins Wohn- oder Musikzimmer – auch das gilt bis heute. Dafür steht insbesondere die große 896.2. Wie alle Familienmitglieder besteht sie aus hochwertigsten Materialien. Und sie ist aufs Äusserste optimiert. Was sie jedoch nicht ist: überteuert. Auch wenn man für das Flaggschiff der Serie etwas tiefer in die Tasche greifen muss, geht es preislich niemals in Regionen fernab der Realität. Der Stückpreis liegt hier bei 1.749 Euro. Was man dafür alles bekommt? Das klären wir jetzt:
Hochglanz in Bugform
Canton bleibt seinem bewährten Design weiter treu. Die optische Grunderscheinung der Vento bleibt also auch in der neuesten Generation erhalten. So erfreut sich jedes Familienmitglied der Vento-Familie der akustisch optimierten Behausung in Bugform. Diese Gehäusegeometrie sorgt dafür, dass die Seitenwände nirgends parallel verlaufen. So werden sogenannten „stehenden Wellen“ im Korpus auf ein Minimum reduziert, die sich sonst unangenehm als Dröhnfrequenzen bemerkbar machen könnten. Wie ich es bereits von früheren Vento-Generationen oder auch von der größeren Reference-Serie kenne, fällt auch die 896.2 durch ihre hervorragende Lackierung auf. Diese mehrfach geschliffene, grundierte, lackierte und polierte Oberfläche ist in schwarzer, weißer oder kirschfarbener Hochglanzausführungen verfügbar und sieht einfach gut aus. All das passiert übrigens im hessischen Weilrod. Wer mag, kann sich seine Vento vor dem Kauf hier – nach Terminvereinbarung – auch mal anhören und ansehen.
Hoch-/Mittelton
Vento kommt aus dem italienischen und bedeutet soviel wie „Windstärke“. Canton beschreibt hier also die unsichtbare Bewegung der Luft – eben jenen physischen Vorgang, den ein Lautsprecher durch Auslenkung seiner Membranen in Gang setzt. Wird die Luft wieder und wieder angeregt, entstehen hohe Windstärken, die dann wiederum jede Menge Kraft und Leistung entfalten. Verantwortlich dafür ist die frontseitig eingesetzte Chassis-Armada, auf die mein Blick fällt, sobald ich die magnetisch haftenden Gewebeabdeckungen abnehme. Canton-typisch thront hier ganz oben der 174 Millimeter durchmessende Mitteltöner. Er ist für den Großteil der Stimmwiedergabe verantwortlich. Direkt darunter ist der 25er Hochtöner platziert. Selbstverständlich inklusive aufwändig hergestellter Keramik-Kalotte. Dieser war in ähnlicher Form bis vor kurzer Zeit noch ausschließlich der Reference-Serie vorbehalten. Er ist auf die größtmögliche Linearität in der Wiedergabe konzipiert. Außerdem soll der Tweeter hoch bis 30 Kilohertz wandeln. Für eine gezielte Schallabstrahlung sitzt er zudem leicht vertieft in einem Wave-Guide.
Cleverer Bass
Direkt unterhalb dieses Hoch-Mittelton-Duos trumpft die 896.2 durch gleich zwei massive Tieftöner auf. Das lässt gleich ordentlich Bassleistung erwarten! Das solide Tandem ist mit zwei respektablen, 19 Zentimeter messenden Schwingsystemen ausgestattet. Wie der Mitteltöner sind auch die beiden Woofer mit sehr leichten, zugleich aber auch hochfesten Titanium-Membranen ausgestattet. Die ideale Kombination aus Stärke und einem möglichst geringen Gewicht. Dass Canton hier zwei kleinere, statt eines großen Tieftöners einsetzt, ist clever. So lässt sich die Klangsäule schön schlank halten, ohne dass man Membranfläche verliert. Selbstverständlich sind besagte Tieftöner auch mit der patentierten Wave-Sicke ausgestattet, die eine größere Auslenkung und somit mehr Hub erlaubt. Entsprechende Bass-Unterstützung erhält das Chassis-System durch das große Reflex-Port. Dieses sitzt, ebenfalls Vento-typisch, im Gehäuseboden. Hier interagiert es in erster Linie mit der – durch Kegel auf definierten Abstand gehaltenen – Basisplatte. Dank dieses Aufbaus lässt sich das Vento Flaggschiff dann auch vergleichsweise wandnah betreiben.
Die Vento 896.2 ist auf alles vorbereitet
Für den Knochenjob der Basswiedergabe scheint die Vento 896.2 also bestens vorbereitet. Laut Hersteller soll das Vento-Flaggschiff sogar bis 20 Hertz herunterspielen, wobei die beiden Woofer bei rund 250 Hertz an den Mitteltöner übergeben. Das ist mal eine Ansage! Bevor das ausprobiert wird, werfe ich aber noch einen Blick auf die Gehäuserückseite: Hier fällt mir das massive Bi-Wire-Anschlussterminal auf, das seinen Platz direkt in der Gehäuseverjüngung findet. Bekannt aus früheren Tests der Vento- und Reference-Serie ist dieses mit großzügig dimensionierten Schraubklemmen ausgestattet, die auch Kabel größeren Querschnitts aufnehmen. Für meinen Test habe ich mich für das ViaBlue SC-4 entschieden. Das ist hervorragend verarbeitet, passt mit einem Paarpreis von rund 330 Euro ideal zu den Cantons und sieht ganz nebenbei auch noch gut aus. Bevor es nun richtig zur Sache geht, müssen die Ventos aber erstmal ausführlich eingespielt werden …
Ausrichtung
Die optische Untersuchung meiner Testgäste und die obligatorische Einspielzeit sind abgeschlossen. Jetzt kann es in den schönsten Teil der Testprozedur gehen. Nein, noch nicht ganz. Bevor die ersten Töne erklingen, gilt es – beginnend mit der Ausrichtung der Lautsprecher – ideale Vorraussetzungen für den bestmöglichen Klang zu schaffen. Ein Punkt, der leider immer wieder unterschätzt wird. Leider. Vorausgesetzt, man nimmt sich etwas Zeit und Muße, kann dieser aber dafür sorgen, dass die neuen Schallwandler ihr Potenzial auch voll ausschöpfen. Ehrfurcht muss man vor diesem Schritt aber ganz sicher nicht haben. Die Ausrichtung ist recht einfach und macht schnell Spaß, sobald sich erste hörbaren Erfolge einstellen.
Was ist also zu tun? Zunächst stellt man die beiden Lautsprecher im identischen Abstand zum Hörplatz auf – sofern möglich. Dann sorge ich dafür, dass die Cantons stabil und fest stehen und richte sie auf mich aus. Damit wäre die Grundlage geschaffen.
Feinjustage
Nach einer kurzen Hörsession drehe ich die 896.2 nun in kleinen Zentimeterschritten nach aussen, ohne dabei den Abstand zum Hörplatz zu verändern. Ich habe die ideale Position gefunden, sobald der Klang nicht mehr direkt aus den Boxen zu kommen, sondern offenbar mitten im Raum zu stehen scheint. Idealerweise nimmt man diesen Schritt zu zweit vor. Während die eine Person beide Lautsprecher bewegt, lauscht die zweite Person der weiterhin laufenden Musik. In unserem etwa 25 Quadratmeter messenden Hörraum habe ich die Ideallösung mit leicht auf den Hörplatz ausgerichteten Lautsprechern gefunden.
Übrigens: Die Cantons benötigen tatsächlich etwas Einspielzeit. Ich habe Ihnen ein Wochenende mit James Blake gegönnt. Diese Zeit sollte man ihnen auch unbedingt geben, bevor man sich einen richtigen Eindruck vom Klanggeschehen machen kann. Das gilt übrigens für jeden Lautsprecher. Geben Sie ihm etwas Zeit, um die mechanischen Teile (z.B. Sicken) zu „schmieren“.
Saubere Staffelung
Während man die Lautsprecher positioniert und ausrichtet, zeichnen sich zwangsläufig die ersten Eindrücke ab. Bei der Vento 896.2 sind es gleich drei, die sich später auch im Hörtest bestätigen sollen: Sie glänzt durch Präzision, einem brillanten aber niemals überzogenen Hochton und einer fast schon phänomenalen Raumabbildung. Die Wahl meines ersten Teststückes geht deshalb auch gleich auf die vorangegangene Einspielphase zurück. „These Days“ von Ane Brun liefert vom ersten Moment an reichlich Durchzug und Volumen. Obwohl noch relativ leise, geht das Canton-Duo gleich dynamisch, satt und erstaunlich knackig zu Werke. In diesem Zusammenhang: Die Ventos harmonieren wirklich sehr gut mit unserem AVM Ovation CS 8.3. Dass die Ausrichtung der Lautsprecher richtig gewählt ist, beweist mir dann die Raumabbildung. Ane Brun scheint tatsächlich mittig zwischen den beiden Ventos zu stehen. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass sie etwa einen Meter hinter den Lautsprechern steht.
Ordnung & Übersicht
Links dahinter ist die mächtige Trommel platziert, rechts die Synthies. Die Raumstaffelung ist fast schon perfekt. Dazu die Stimme, unverfälscht und natürlich. Keine Spur von Markenklang oder sonstiger Beeinträchtigung. Stattdessen werden Künstlerin und Begleitinstrumente von den Lautsprechern losgelöst und dynamisch in den Hörraum gestellt. Die Raumausleuchtung ist vorbildlich, Meine Testgäste bilden sowohl in der Tiefe als auch in der Breite sehr authentisch ab. Das alles frei von jeglicher Schärfe im Hochtonbereich. Früher hat man Canton-Schallwandlern ja exakt das nachgesagt. Diese Zeiten sind ohnehin lange vorbei. Wer noch den letzten Beweis dafür einfordert, findet ihn in der Vento 896.2. Was aber noch wichtiger ist: Auch wenn der Song sehr geordnet und übersichtlich daher kommt, ist die Musik vollmundig. Dabei aber niemals überfordernd oder aufdringlich. Nein, die hier gelieferte Performance und macht vom ersten Moment an Spaß! Das wiederum ist der Schnelligkeit und der Akkuratesse dieser Drei-Wege-Schallsäulen zu verdanken.
Mehr Pegel
Bislang war es pegeltechnisch noch deutlich unter Zimmerlautstärke. Laut müssen die Vento-Flaggschiffe also nicht zwingend sein, um zu überzeugen. Die 896.2 spielt bereits hier druckvoll, satt und erstaunlich knackig. Trotzdem soll es jetzt noch actionreicher, dynamischer werden. Dafür wähle ich James Blakes „Unluck“ aus meiner Playlist. Ein Song, der aufgrund seiner enormen Energie schnell packt und mitreisst. Exakt diese Energie strömt dann kurz nach meinem Fingertipp auf die Play-Taste in den Hörraum. Eine Performance, die mich sofort verblüfft und mir aufgrund der gebotenen Impulskraft unter die Haut geht. Impulskraft, Entschlossenheit und Dynamik sind schließlich die Schlagworte, die mich zu einem Rechtsdreh am Lautstärkesteller verleiten. Darauf scheinen die Vento 896.2 nur gewartet zu haben, denn jetzt geht es richtig los. Inzwischen bin ich weit oberhalb der Zimmerlautstärke angelangt. Genau genommen bei über 95 Dezibel (wenn ich meiner iPhone-App glauben darf). Was jetzt passiert, überrascht mich dann aber doch.
Nur lauter …
Jetzt wird es nämlich einfach nur lauter, sonst verändert sich nichts. Das sollte man auch erwarten, meinen Sie? Korrekt. Leider ist es bei vielen Lautsprechern aber so, dass der Pegelanstieg mit unschönen Begleiterscheinungen einher geht. Beispielsweise mit Verzerrungen oder einem nervigen Hochtonbereich. Speziell dann, wenn man anspruchsvolles Futter wie diesen Titel zuführt. Hier ist das aber ausdrücklich nicht der Fall. Die Vento 896.2 spielt präzise und neutral weiter – eben nur lauter. Aufgrund ihres imposanten Volumens und ihrer massiven Bestückung bin ich jedoch nicht einzig von der nun erlebten Pegelleistung beeindruckt. Nein, in erster Linie sind es die Akkuratesse und die Durchzugskraft, mit der die in glänzendem Schwarz erstrahlende Canton aufspielt. Feine wie grobe Abstufungen in Sachen Lautstärke und Dynamik ziehen hier weder Änderungen der Klangfarbe noch im Timbre nach sich. Das wiederum führe ich auf eine perfekte Frequenzweichenabstimmung und auf den Einsatz hochwertigster Chassis-Bauteile zurück.
„Dreckig“ geht auch
Das erklärt auch, wie es den Cantons gelingt, die immer wieder wechselnden Tempi im Grund- und Bassbereich perfekt zu reproduzieren. Und wie sie es schaffen, die enorme Dynamik dieses Stückes nicht verloren gehen zu lassen, sondern in vollem Umfang in den Vordergrund zu stellen. Wer seine Lautsprecher mal so richtig fordern will, dem kann ich James Blakes gleichnamiges Album nur unbedingt empfehlen! Mit AC/DCs „Rock `N Roll Train“ wähle ich nun aber einen Song, bei dem es dann etwas „dreckiger“ zur Sache geht. Ein Song, der direkt nach vorn sprintet und einfach Spass bereitet. Unter gleichem Lautstärkepegel gestartet, macht sich sogleich Live-Feeling in unserem Hörraum breit. Die Ventos schieben, und zwar richtig. Das allerdings mit dem richtigen Differenzierungsvermögen. Und mit Disziplin. Die Cantons halten das Klang-Zepter also auch hier voll in der Hand. Auch jetzt ist der Sound straff und hart.
Mitrocken
Die nun aufgespannte Klangbühne scheint erneut bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet zu sein. Was hier aber noch auffällt: Die Vento 896.2 übersetzen auch die Klangabstimmung des Songs bzw. der australischen Band ideal in den Hörraum. War es eben bei James Blake noch eher kühl und blass, wird der eigentlich sehr detaillierte Hochtonbereich nun durch eine warme Unternote ergänzt – AC/DC eben. Druck, Agilität und Geschwindigkeit sind aber weiterhin die Attribute, die im Vordergrund stehen. Sie sind die Zutaten, die jetzt höllisch Laune verbreiten. Völlig egal, ob Leadgitarre, Bassdrums oder die rauchige Stimme Brian Johnsons, jede Einzelheit trägt hier ihren Beitrag zu einer Gesamtdarstellung, die einfach mitreisst. Eine Performance, die fasziniert, elektrisiert, abermals unter die Haut geht und mich zum „Mitrocken“ animiert. Egal wie laut und temperamentvoll es auch voran geht, die Ventos bleiben jederzeit Souverän. Ohne dabei auch nur im Ansatz profan anzumachen oder zu nerven.
Fazit
Die Vento 896.2 ist das würdige Flaggschiff der Vento-Reihe. Kein überkandideltes High End oder mit allen Mitteln auf die Spitze getriebener Lautsprecher, sondern ein ganzheitlich gelungenes Konzept. Schick und zeitlos gestylt passt die Vento in nahezu jede Hörumgebung. Technisch massiv bestückt und akribisch abgestimmt, spielen die 896.2 mit Feingefühl und Seele auf, holen bei Bedarf aber auch mal den Dampfhammer raus. Dazu überzeugen sie durch ein absolut faires Preis-Leistungsverhältnis. Aus meiner Sicht ist dieser Lautsprecher somit die optimale Kombination aus Design, Leistungsfähigkeit und musikalischem Feinsinn!
Test & Text: Roman Maier
Fotos: Philipp Thielen
Klasse: Spitzenklasse
Preis-/Leistung: hervorragend
95 of 100
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95 of 100
Technische Daten
Modell: | Canton Vento 896.2 |
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Produktkategorie: | Standlautsprecher |
Preis: | 1.749,00 Euro / Stück |
Garantie: | 5 Jahre |
Ausführungen: | - Lack Schwarz "high gloss" - Lack Weiss "high gloss" - Lack Kirsch "high gloss" |
Vertrieb: | Canton, Weilrod Tel.: 06083 2870 www.canton.de |
Abmessungen (HBT): | 1100 x 287 x 380 mm |
Gewicht: | 34,0 Kg / Stück |
Hochtöner: | 25 mm (Keramik-Kalotte) |
Mitteltöner: | 1 x 174 mm (Titanium-Membran) |
Tieftöner: | 2 x 192 mm (Titanium-Membran) |
Trennfrequenz: | 250 / 3000 Hertz |
Lieferumfang: | - Vento 896.2 - Spikes - Gummifüsschen (selbstklebend) - Gewebeabdeckung mit Magnethaltern - Bedienungsanleitung |
Besonderes: | + sehr gute Verarbeitung + ansrechendes Design + hohe Impulskraft Spielfreude + imposante Räumlichkeit + exzellente High-Gloss-Oberfläche + flexible Aufstellungsmöglichkeiten + sehr gutes Rundstrahlverhalten + Gewebeabdeckung mit Magnetbefestigung + vergoldetes Bi-Wire-Anschlussfeld - keine Contras |
Benotung: | |
Klang (60%): | 95/95 |
Praxis (20%): | 94/95 |
Ausstattung (20%): | 95/95 |
Gesamtnote: | 95/95 |
Klasse: | Spitzenklasse |
Preis-/Leistung | hervorragend |