Home » Tests » Amphion Krypton3X – Tadelloser Klang im futuristischen Gewand
3. Januar 2024von Dieter Pfeil
Die Amphion Krypton3X optimiert der finnische Hersteller schon seit nunmehr 25 Jahren. Dabei hat er schon so einige Tester und Hörer mit dem Klang seiner aufwendigsten Lautsprecher überzeugt. Die weit aufragenden Türme bieten optisch so einige Besonderheiten, die sich im Inneren fortsetzen. Sie sollen laut Hersteller auch in kleinen Räumen und in der Nähe großer Fensterflächen eine gute Performance bieten. Ich bin neugierig wie sich die Finnen in unserem kleineren Hörraum mit breiter Fensterfläche positionieren können. Sind sie wirklich so unkompliziert?
In zwei großen Holzkisten und gut geschützt, als kämen sie aus Übersee, erreichten heute die Amphion Krypton3X unsere Redaktion. Die schweren Geschütze, die wir aus diesen Kisten bergen, versprechen eine präzise, phasenrichtige Klangwiedergabe und sollen räumliche Einschränkungen weitestgehend ignorieren. Also wuchten wir die 1,37 Meter hohen und jeweils 70 Kilogramm schweren Türme mal in den anvisierten Hörraum. Dieser ist ähnlich wie ein Wohnzimmer eingerichtet, um unseren Lesern nicht nüchterne Messwerte sondern Erlebnisse zu vermitteln. So platzieren wir die Säulen neben unserem HiFi-Regal, auf dem ein Hegel-Verstärker für die nötige Leistung sorgt. Die Krypton3x sind nicht ganz identisch, denn sie verfügen über einen seitlichen Basstreiber, der wahlweise nach innen oder nach außen gerichtet werden kann. In unserer Aufstellung strahlen sie nach außen zur Wand hin ab, was für eine breite Raumabbildung sorgen soll. Zur Wand hin lassen wir gut 40 Zentimeter Luft.
Verarbeitung
Bei der Positionierung fällt nicht nur das Gewicht der Amphion Krypton3X auf, sondern auch die hervorragende Verarbeitung. Das weiße Gehäuse ist ausgezeichnet lackiert. Alle Kanten und Bohrungen sind makellos ausgeführt und die Metallabdeckungen sitzen perfekt und bombenfest auf allen Chassis, inklusive dem Hochtontreiber. Im unteren Bereich befinden sich auf beiden Seiten schwarze Stoffabdeckungen. Hinter der einen befindet sich der 10 Zoll große Basstreiber, die andere Seite ist mit einer massiven Holzplatte verschlossen. Das gesamte Gehäuse ruht auf einer ebenfalls massiven Holzplatte, damit die schwere Säule nicht umfallen kann. Die Seitenwände des Gehäuses weisen zwei konische Bereiche mit zahlreichen Bohrungen auf. Das sieht nicht nur interessant aus, sondern hat auch eine klangliche Funktion, auf die ich später noch eingehen werde. Die Membranen und der Waveguide für den Hochtöner sind dann exakt in das Gehäuse eingepasst und die Verschraubung ist dank der Metallgitter praktisch nicht sichtbar.
Ausstattung
Die Amphion Krypton3X besitzt eine D’Appolito-Anordnung. Hierbei sind die beiden 8 Zoll großen Tiefmittelontreiber oberhalb und unterhalb des Hochtontreibers angeordnet. Dabei bilden die beiden Tiefmitteltöner akustisch eine Schallquelle direkt auf Höhe des Hochtöners, sodass für den Hörer eine vermeintliche Punktschallquelle entsteht. Da nun alle lokalisierbaren Töne aus einem Punkt ertönen, sollte sich eine ausgezeichnete Räumlichkeit ergeben. Die Tiefmitteltöner sitzen in einer keilförmigen Kammer, wie man an der Punktmatrix an den Seitenwänden erkennen kann. Mit Hilfe eines speziellen Schaumstoffs wird der Schall der Membranrückseite gedämpft und verzögert, damit er phasenrichtig an die Ohren der Zuhörer gelangt. Etwa die Hälfte des Lautsprechervolumens nimmt der Bassbereich ein. Hier arbeitet ein 10-Zoll-Tieftöner unterstützt von zwei Bassreflexrohren auf der Rückseite, die auf 21 Hertz abgestimmt sind. Sie sorgen für wirklich tiefe Bässe und geben dem großen Treiber genügend Luft für kräftige Punches.
Spezielle Frequenzweiche und Terminal
Im Inneren des Lautsprechers befindet sich natürlich eine Frequenzweiche, die die Signale vom Terminal zu den einzelnen Membranen leitet. Ungewöhnlich sind die sehr tiefen Übergangsfrequenzen von 160 und 1.600 Hertz. Dadurch kann der Hochtontreiber sehr weit in den Bereich der Mitteltontreiber spielen, die wiederum auch sehr weit in den Bassbereich hinabreichen können. Diese sind als Paar unterwegs und haben zusammen die nötige Fläche und als einzelne Treiber genug Kick, um auch die nötige Agilität für kraftvolles Ansprechverhalten zu erreichen. Beim Anschlussterminal hat sich im Vergleich zu den älteren Modellen etwas geändert. So nimmt das Terminal jetzt auch Kabelschuhe oder Litzen sowie Bananenstecker auf. Dazu ist unten in der Aufnahme ein Schlitz eingearbeitet, durch den das Kabel geführt wird. Die an Lautstärkeregler erinnernden Klemmen werden dann in die Aufnahme geschraubt und bieten sicheren Halt. So kann die Amphion Krypton3X sicher mit 300 Watt angesteuert werden.
Genuss von der ersten Sekunde an
Nach dem Anschließen der Klangsäulen habe ich die „Milchbar Seaside Season 10“ aufgerufen, um mir gemütlich einen Kaffee zu brühen. Was die Amphion Krypton3X hier mit eher gemütlichem Material anstellt, ist schon beachtlich. Um niemanden zu stören, habe ich die Lautstärke sehr moderat eingestellt und bin bei „Walk with the Dreamers“ mit meinem Kaffee wieder in den Raum zurückgekehrt. Ich staune nicht schlecht, denn schon bei Zimmerlautstärke füllt ein sattes Bassfundament den Raum. Weltraumlaser sausen quer durch das Ambiente, der Background aus E-Gitarre und Synthesizer verteilt sich nach vorne. Die Stimme des Sängers hat einen kräftigen Grundton und wird mit vielen Nuancen in den Obertönen wiedergegeben. Die jazzige E-Gitarre klingt absolut authentisch und natürlich, soweit man das von einer unverzerrten E-Gitarre sagen kann. Ebenso klar erklingt die Trompete, deren Echo durch den ganzen Raum hallt.
Tiefe und knackige Bässe
Begeistert von dieser klanglichen Transparenz wechsle ich zu „Limbo“ von Yello. Dabei holt mich der 10-Zoll-Basstreiber vom ersten Takt an voll ab. Er liefert die knackigen Bässe der Bassdrum, ohne zu dröhnen. Oft habe ich in diesem Raum mit Raummoden zu kämpfen, aber das scheint die Amphion Krypton3X nur wenig zu stören. Auch die knurrenden Bässe des Synthesizers haben eine unglaubliche Schärfe. Die nach außen gerichteten Basstreiber schaffen eine wunderbar knackige und breite Bühne, auf der sich die anderen Instrumente austoben können. Und Boris Blank weiß mit faszinierenden Klangspielereien in vielfaltiger Weise zu beeindrucken. Wenn Dieter Maiers Sprechgesang hier auf beiden Stereokanälen wiedergegeben wird, traut man seinen Ohren kaum, wie wunderbar seine Stimme und die hellen Nuancen mit dem brummenden Bass harmonieren.
Ein wunderbares Klanggewebe
Das setzt sich in „30.000 Days“ fort. Die Snaredrum ertönt, sanft mit einem Besen bedient, und ich höre jeden einzelnen Draht, der das Trommelfell berührt. Die sorgfältige Abstimmung der einzelnen Chassis ist in jedem Detail zu hören. Besonders gut gefällt mir, dass der treibende Rhythmus-Synth so klingt, als wäre er direkt in meinen Ohren. Er verfügt über eine unglaubliche Breite und Tiefe und klingt trotzdem zum Greifen nah. Wenn ich die Augen schließe, sitze ich nicht mehr vor den Lautsprechern, sondern mitten im Klanggewebe. Das gilt hier ganz besonders, denn die Sounds durchfluten den gesamten Raum wohlgeordnet. Alle Instrumente sind präzise positioniert und hüllen mich in eine perfekt konfektionierte Klangwolke. Hier hat Amphion bei der Abstimmung der einzelnen Komponenten wirklich gute Arbeit geleistet. Man merkt der Krypton3X an, dass hier bereits viele Jahre Entwicklungsarbeit ihre Umsetzung gefunden haben.
Präzise Feinarbeit
Die Playlist serviert mir jetzt „Faded“ von Zhu. Aus der Ferne ertönt ein gezupfter, an eine Akustikgitarre erinnernder Sound mit sehr viel Hall. Ein perfekt getimtes Echo ergießt sich links und rechts in die Szenerie, während der hochpassgefilterte Rhythmus das Timing vorgibt. Ab Takt fünf setzt dann die harte Bassdrum ein und versorgt das Stück mit dem nötigen Punch. Gleichzeitig brummt die etwas weicher gehaltene Basslayer mit ordentlich Tiefgang. Die nun einsetzenden Becken setzen sich in den Höhen sauber ab. Sie klingen satt und mitreißend, lassen aber keinen Hauch von Zerreißen erkennen. Im Gegenteil, die Amphion Krypton3X holt noch Details an die Oberfläche, die mir vorher entgangen sind. Im Hintergrund spielen sich viele kleine Synthiesounds ab, die sonst im Klanggemisch untergehen würden. Immer wieder höre ich mir diese Stücke an und entdecke stets Details, die mir zuvor entgangen sind.
Kraftvoll und doch leicht
Damit auch natürlichere Klänge zu Wort kommen, wechsle ich zu „Help me lose my Mind“ von London Grammar. Hier überrascht mich doch tatsächlich die sehr hart gespielte Hi-Hat, die von der Amphion Krypton3X gar nicht so brutal und hart wiedergegeben wird, wie ich es sonst gewohnt bin. Sie klingt immer noch mitreißend, aber eben nicht übertrieben fetzig. Die Stimme von Hannah Reid wird von den Treibern absolut natürlich dargestellt und steht zentral zwischen den sehr räumlichen Flächenklängen des Synthesizers. Auch das metallische Atmen des Synthesizers im Hintergrund klingt rund und nicht überspitzt. Hervorragend klingt der in den Höhen oszillierende Synth, der vor dem Refrain des Stückes zur Geltung kommt. Spannend ist auch der Unterschied zwischen der gedämpften Bassdrum in der Strophe und dem offenen, durchsetzungsstarken Sound im Refrain. Die Treiber arbeiten die vielen kleinen Details aus dem von den Musikern sorgfältig zusammengestellten Material heraus.
Räumlich und detailreich
Natürlich kann ich bei einer derart faszinierenden und präzisen Darstellung nicht auf den Meister der Klangkunst verzichten. Jean-Michelle Jarre begeistert mich mit Part 2 von Oxygene mit einer unglaublich räumlichen Darstellung auf der Amphion Krypton3X. Schon der Übergang von Part 1 zu Part 2, bei dem eine warme, weich gestimmte Layer auf zwitschernde Klänge trifft, ist ein absoluter Genuss. Und wenn dann das typische Background-Da-damm-da-damm auf meine Ohren trifft, ist absolute Präzision am Werk. Das Klangfeuerwerk ist eröffnet und das Stück ein wahrer Hörgenuss. Speziell die unteren Mitten schließen sauber an den Bass und die Höhen an. Dabei ist die warme Abstimmung nicht so mollig, dass die nötige Schärfe fehlt. Der Hochtöner setzt die nötigen Akzente, sodass sich ein tadellos rundes Bild ergibt.
Ergreifende Erlebnisse mit Gänsehaut-Faktor
In Kari Bremnes „Kanskje“ paaren sich leise gezupfte Gitarren auf der linken Seite mit den rhythmisch warmen Klängen eines Synthesizers auf der rechten Seite. Dann erklingt die voluminöse Stimme der Sängerin, die mir eine Gänsehaut über die Arme fahren lässt, satt und fundiert. Diese leicht düstere Atmosphäre, die die Amphion Krypton3X hier erzeugt, ist schon sehr beeindruckend. Als dann der satte Sound der Bassdrum mit seinem bedrohlichen Pattern einsetzt, wird es noch düsterer. Schließlich steigern die Streicher die Szene noch weiter und die Spannung steigt ins Unermessliche. Und wieder liefern die Lautsprecher das erforderliche Volumen und die Wärme, um klanglich vollends zu begeistern. Noch spannender wird es gegen Ende des Stückes, wenn die Streicher und Flöten die aufgebaute Düsternis mit Bass und Echo einfach hinter sich lassen. Ein wirklich sehr ergreifendes Erlebnis und ein faszinierendes Stück.
Ich kann nicht aufhören
Und so geht es eigentlich immer weiter. So folgt das Intro zu „Electrified“, bei dem nur ein warmer Synthesizer den Grundton spielt. Dann gleiten sanfte Bässe durch den Raum, um wieder von knallharten Sounds abgelöst zu werden. Es ist immer wieder erstaunlich wie präzise Boris Blank Sounds über die gesamte Bandbreite, die ein Lautsprecher bieten kann, komponiert. So werden nicht nur alle Treiber mit einer Mischung aus knallharten und samtweichen Klängen konfrontiert. Diese Klänge verteilen sich auch überall im Raum und werden nach vorne und hinten auf den Zuhörer geworfen. Dieses Spektakel sollte man sich unbedingt einmal beim Händler vor Ort vorführen lassen. Die gigantischen 70-Kilogramm-Kolosse bringen nicht nur Masse auf die Waage, sie werfen auch akustisch alles in die Waagschale. Besonders gut gemischte moderne Stücke kommen auf den Amphion Krypton3X zur Geltung.
Fazit
Die Amphion Krypton3X, bieten einen einzigartigen Musikgenuss. Beim Hören schwebte ich permanent in einer wunderbaren Klangwolke. Auf meiner musikalischen Reise entdeckte ich viele Facetten in Stücken, die mir zuvor entgangen waren. Die warme und tiefe Abstimmung trifft genau meinen Geschmack und die geschickte Anordnung der Treiber bringt Ordnung in die Vielfalt der Instrumente. Alles hat seinen festen Platz und alle feinen Details werden aus dem zugespielten Material herausgekitzelt. Gerade bei normaler Hörlautstärke liefern die Amphion Krypton3X einen Klang, den ich sonst nur mit mehr Leistung erreiche. Für mich sind dies die idealen Lautsprecher für den täglichen Musikgenuss. Leider müssen sie aber nun weiterziehen und andere begeistern, so bleiben mein kalter Kaffee und ich wehmütig zurück.
Test & Text: Dieter Pfeil
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Referenzklasse
Preis-/Leistung: angemessen
100 of 100
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98 of 100
Technische Daten
Modell: | Amphion Krypton3X |
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Gerätekategorie: | Standautsprecher |
Preis: | 20.000 Euro (Paar) |
Gewährleistung: | 2 Jahre |
Ausführungen: | - Weiß - Schwarz - Walnuss |
Vertrieb: | Amphion Loudspeakers, Kuopio (FIN) +358 17 2882111 amphion.fi |
Abmessungen (H x B x T): | 1370 x 330 x 480 mm |
Gewicht: | 70 kg |
Bauart/Prinzip: | 3-Wege, passiv, Bassreflex |
Bestückung: | 1 x 1 Zoll Hochtöner 2 x 8 Zoll Mitteltöner 1 x 10 Zoll Tieftöner |
Frequenzbereich: | 21 Hz – 55 kHz (Herstellerangabe) |
Impedanz: | 4 Ohm |
Belastbarkeit: | 100 - 300 Watt |
Anschlüsse: | Schraubklemmen, Single-Wire |
Lieferumfang: | 2 x Krypton3X 1 x Produktblatt |
Pro & Contra: | + sehr gute Verarbeitung + enorm detailliertes Klangbild + ausgesprochen gute räumliche Abbildung + geringe Aufstellungsabhängigkeit + voller Klang bei niedrigen Lautstärken - keine Spikes oder Abdeckungen im Lieferumfang |
Benotung: | |
Klang (60%): | 100/100 |
Praxis (20%): | 99/100 |
Ausstattung (20%): | 98/100 |
Gesamtnote: | 99/100 |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis-/Leistung | angemessen |