Home » Tests » Mono-Endstufe Engström Lars – Skandinavisches Reinheitsgebot
11. Juni 2024von Volker Frech
RedakteurDer Engström Lars treibt die nordischen Tugenden auf die Spitze: Optisch beweist er, wie superbes schwedisches Design selbst eine bloße Endstufe zum audiophil-ästhetischen Kunstobjekt erhebt. Akustisch liefert die Röhren-Endstufe dank symmetrischem Aufbau, reinem Class-A-Betrieb und gegenkopplungsfreier Schaltung in Exzellenz den „Scandinavian Sound“ – also eine Wiedergabe von geradezu atemberaubender Reinheit und Klarheit, Stimmigkeit und Harmonie.
Schatztruhe – dieses Wort kommt uns sofort in den Sinn, als der für edelste Audio-Komponenten bekannte deutsche Vertrieb Ibex Audio uns die High End-Verstärker Engström Lars liefert: Jeder der beiden Mono-Blöcke, die eigentlich ein halbwegs handliches Format aufweisen, kommt in einer eigenen, großvolumigen, mit Metallbeschlägen bewehrten Holzkiste. Ihr Transport nimmt zwei Mann in Anspruch – wie auch der Aufbau dieser Endstufen. In jeder Kiste entdecken wir, neben dem bloßen Monoblock und einem Karton mit dem Ensemble der einzusetzenden Röhren, auch zwei u-förmige, große und massive Glas-Formteile: Jedes wiegt um die zwölf Pfund, zusammen machen sie fast die Hälfte des Gesamtgewichts von 27 Kilo aus, die jede Endstufe schließlich auf die Waage bringt. Diese staunenswerten Glas-Gebilde gilt es nun behutsam anzuschrauben und einzusetzen – und danach steht vor uns ein Verstärker-Monoblock, wie wir ihn noch nicht gesehen haben.
Lichte Erscheinung in skulpturaler Eleganz
Die beiden Glasscheiben umgeben verschachtelt den Verstärker – und so erzielen sie einen eindrucksvollen Mehrfach-Effekt. Zum einen lassen sie den Engström Lars wie ein kostbares Kunstwerk in einer Vitrine wirken. Zum anderen sorgen sie für eine optische Leichtigkeit des kubisch-kompakten Verstärkers: Sie verschlanken seinen Korpus, der in allen drei Dimensionen 25 Zentimeter misst, hin zu einer luftigen Höhe von einem halben Meter. Überdies ermöglichen sie den freien Blick auf die Röhren, welche alleinig auf der Oberseite des Monoblocks thronen und hier als Blickfang inszeniert sind. Diese Durchsichtigkeit des Glases ist auch als optisches Äquivalent zur akustischen Transparenz des Verstärkers zu verstehen. So präsentiert sich Lars als lichte Erscheinung von geradezu skulpturaler Eleganz. Zugleich dient das Glas als Schutz vor und für die Röhren. Nicht zuletzt sorgt es durch seine Formgebung für einen Kamin-Effekt, wodurch definiert die Verstärker-Wärme abgeführt wird. Dies ermöglicht eine konstante Betriebstemperatur für die Röhren sowie die Verstärkerschaltung.
Skandinavisches Design in Exzellenz
All diese Qualitäten sind mit einem Standard-Glas nicht zu erreichen. Die aufwändige und kostenintensive Herstellung und Formgebung des hier verwendeten Spezialglases beherrschen weltweit nur wenige Betriebe – aber nur so funktioniert Lars akustisch wie ästhetisch. Die Glas-Gebilde sind integraler Bestandteil des Verstärkers, mit ihren glatten Flächen und den sanften Rundungen setzten sie auch den gradlinigen Auftritt des Monoblocks fort. Hier sehen wir skandinavisches Design in Exzellenz. Dies ist kein Wunder: Engström ist eine kleine, aber feine familiengeführte schwedische High End-Manufaktur, in der Timo Engström als gelernter Industriedesigner für die Gestaltgebung verantwortlich zeichnet. Dabei ließ er sich von der Anmutung klassischer schwedischer Radio- und Fernsehmöbel inspirieren. So perfektionierte er das nordische Design, das die Form-folgt-Funktion-Philosophie mit nüchterner Eleganz und edler Minimalistik paart. Dazu passt die ebenfalls u-förmige, aus laminiertem Holz geformte Mantelung, die sanft geschwungen Front und Stirnseite des Korpus umgibt und durchgehend-flächig mit einem wunderbaren Finish veredelt ist.
Audiophil-ästhetisches Kunstobjekt
Dieses Design hat – wie auch die innseitige Verstärkerschaltung und die oberseitige Röhrenbestückung – im Lauf der 15 Jahre, die Lars mittlerweile auf dem Markt ist, etliche Veränderungen und Verbesserungen erfahren. So besteht bei der aktuellen MK3-Version dieser Endstufe das besagte Edel-Finish aus einem neu eingeführten, aufwändigen Keramik-Coating. Mit warmem Weiß, seidenmattem Glanz und superber Qualität der Oberflächen intensiviert dieser sauberst aufgetragene Überzug abermals die lichte Erscheinung und die Hochwertigkeit dieser Endstufe. Dies unterstreichen auch die Aluminium-Abdeckungen der Ober- und Hinterseite: Die Metallflächen sind ebenfalls kosten- und zeitintensiv mit Aluminiumkörnern perlgestrahlt und anschließend mit einer keramischen Hochtemperaturbeschichtung lackiert. Diese Keramikbeschichtung sorgt für die wunderbar satinierte Struktur der Oberflächen, ihre Grafit-artige Anmutung – und die absolut stimmige Optik dieser Endstufe. Mit diesem Design hebt sich Lars von jeglicher HiFi-Anmutung ab und veredelt das Wohnambiente als audiophil-ästhetisches Kunstobjekt.
Reinheit, Ruhe und Richtigkeit
Dieses Design ist die optische Fortsetzung des akustischen Anspruchs: Engström strebt mit seinen Verstärkern, die eher als Instrumente denn als technische Geräte betrachtet werden, nach absoluter Reinheit, Ruhe und Richtigkeit: Nur durch diesen „Skandinavischen Sound“ werde die Wiedergabe natürlich und jedes Instruments in jedem Detail hörbar. Mit diesem Anspruch hat Lars Engström nach einer dekadenlangen Ingenieurskarriere zusammen mit seinem Neffen Timo 2008 die schwedische High End-Verstärkermanufaktur Engström gegründet. Das erste Produkt, das der Chefentwickler kreierte, war eben dieser Monoblock, dem er auch namentlich Pate stand: Lars. Mehr Identifikation geht nicht. Für die technische Realisation des natürlichen „skandinavischen Sounds“ hatte Lars Engström zwei Inspirationsquellen. Von Lynn Olson, dem Schöpfer der legendären Karna-Verstärker, stammen die Einsichten über den Zusammenhang harmonischer Struktur und hörbarer Verzerrung. Die Arbeiten des finnischen Professors Matti Otala wiederum lieferten Aufschlüsse über sogenannte TIM-Verzerrungen von Verstärkerschaltungen mit Gegenkopplung. Diese Erkenntnisse und Engströms eigenes Know-how führten in Summe zu Lars.
Freiheit von TIM
Erstes Ziel von Lars war die Freiheit von TIM. Das Kürzel steht für „Transient Intermodulation distortion“. Diese Verzerrung ist die Folge der Gegenkopplung, die auch als negative Rückkopplung bezeichnet wird. Sie dient als Regelkreis in der Verstärkerschaltung: Ein Teils des Ausgangssignals wird wieder zum Eingang zurückgeführt. Das sorgt für hohe Stabilität der Verstärkung und geringe Verzerrungen durch zu große Amplituden. Weil der rückgeführte Signalanteil aber prinzipbedingt immer etwas zu spät am Verstärkereingang ankommt, entstehen durch die Gegenkopplung besagte TIM-Verzerrungen. Sie sind laut Engström die Hauptursache für einen Grauschleier im Klang, irritieren aufgrund ihrer „Unrichtigkeit“ dauerhaft Gehör und Gehirn des Zuhörers und befördern so Stress und Ermüdung. Deswegen forschte Engström nach einer absolut linear agierenden Schaltung, die ohne Rückkopplung und den daraus folgenden Verfälschungen auskommt. Für einen solch linearen Verstärker gilt es gemäß der Engström-Philosophie mehrere weitere Prämissen zu erfüllen.
Class A-Betrieb mit symmetrischer Signalführung
Zuerst muss die Schaltung in Class-A realisiert sein. Die verstärkenden Röhren werden also ausschließlich im linearsten Bereich ihrer Kennlinie betrieben. Diese Linearität der Verstärkung zahlt sich auch im Push-Pull-Betrieb aus, mit dem Lars die Amplifizierung vollführt. Nächste Prämisse: Engström setzt vom Eingang bis zum Ausgang auf eine durchgängig symmetrische Signalführung. Dies sorgt für ein starkes und störungsfreies resultierendes Signal und ermöglicht eine optimale Nutzung der Transformatoren: Gegenüber einer unsymmetrischen Schaltung erreicht man so eine höhere Leistung, weniger Verzerrungen und geringeres Rauschen. Die symmetrische Schaltung verlangt aber absolute Gleichheit der beiden Signalstränge …
Delikatessen der Komponenten-Technik
… – und deshalb ist Lars gespickt mit Delikatessen der Komponenten-Technik, Sonderanfertigungen nach Engström-Spezifikationen und selbstentwickelten Lösungen. So kommen ausschließlich Folienkondensatoren zum Einsatz, um Energieverluste und Klangveränderungen von Elektrolyt-Kondensatoren zu vermeiden. Aus gleichem Grund sitzen zwischen den Verstärkerstufen keine Koppel-Kondensatoren, sondern superbe, überaus aufwändige C-Kern-Koppeltrafos. Auch der Ausgangsübertrager, der mehr als die sichtbaren Röhren für die Wiedergabequalität eines Verstärkers und insbesondere seine Dynamikfähigkeit verantwortlich zeichnet, ist von allererster Güte und wird nach Engström-Vorgaben von dem Transformator-Spezialisten Lundahl gefertigt. Mit gleicher Akribie werden nun natürlich auch die Hauptakteuren der Verstärker-Schaltung bedacht: die Röhren. Sie sind in der Engström-Philosophie zentraler Bestandteil, denn die Schweden erachten Röhren als die linearsten Verstärkungselemente – und hier wiederum die Triode als die linearste unter den Röhrentypen.
Reine Röhre mit Trioden-Endverstärkung
Deshalb ist Lars ein reiner Röhrenverstärker, dessen Amplifizierung überwiegend Trioden übernehmen. Gegenüber den leistungsstärkeren Pentoden haben Trioden einen großen Vorteil: An Obertönen produzieren sie überwiegend solche, die wir als überaus angenehm wahrnehmen. Bei Lars kommt nun, neben zwei Gleichrichter-Trioden vom Typ GZ34, in der Eingangsstufe direkt eine Doppeltriode vom Typ 6188 oder 6SL7 zum Zuge. Die Treiberstufe hingegen bedarf dann doch der Power zweier Strahlpentoden vom Typ 6V6GT oder 6V6 S. Den Abschluss bilden alternativlos zwei Leistungstrioden vom Typ 300 B XLS. Dieses Röhrenensemble bildet bereits optisch die symmetrische Schaltungsauslegung des Lars ab. Die kleineren Röhren stammen durchweg von JJ Electronic und sind akustische Hochkaräter: So gilt die GZ34 als überaus brummarm und klanglich auf dem Niveau einer Mullard GZ34 B-Code. Die 6SL7 wird als warm-musikalisch und übertreibungsfrei geschätzt. Die 6V6GT-Strahlpentode wiederum wird als sehr ausgewogener im Ton charakterisiert – mit satten Bässe, vollen Mitten und einem weichen, sauberen Hochton.
Prunkstück der Amplifikation: die Power-Triode 300B-XLS
Die Prunkstücke des Röhrenensembles sind jedoch die beiden großdimensionierten und damit allein schon optisch imposanten, 16 Zentimeter aufragenden Glimmkolben, die als finale Leistungstrioden neben den Ausgangsübertragern die Performance von Lars definieren. Hier hat diese Mono-Endstufe ihre offensichtlichste Veränderung in der Weiterentwicklung erfahren. Bis dato kamen normale 300 B zum Einsatz – wobei sich das Wort „normal“ bei dieser Ausnahme-Röhre verbietet: Diese Leistungstriode gilt als Legende. Sie wurde in der 1970ern in Japan wegen ihrer schön linearen Kennlinien für HiFi-Anwendungen entdeckt und von Audiophilen seither für ihre Musikalität gefeiert, für ihr Auflösungsvermögen und ihren Detailreichtum, für ihre Luftigkeit und Räumlichkeit – und für ihren Schmelz insbesondere bei Stimmen. In der aktuelle MK3-Version von Lars amplifiziert nun mit der 300B-XLS eine größere und stärkere Version dieser Power-Triode. Sie ermöglicht eine höheren Ausgangsleistung und verstärkt deshalb anstrengungsloser, was zu mehr Transparenz führt und auch bei hohen Pegeln die Dynamik nicht einschränkt.
High End-Version der Leistungs-Triode
Diese Röhre ist deshalb perfekt für den Einsatz in einem Class-A-Verstärker. Mit dieser Leistungstriode bringt es Lars – trotz der prinzipbedingten Limitierungen der Schaltung – auf eine Leistung von satten 36 Watt. Zudem ist die Endstufe nun auch in der Lage, anspruchsvollere und forderndere Lautsprecher anzutreiben, was Verstärkern mit „normalen“ 300 B-Röhren mitunter abgesprochen wird. Im Lars spielt nun mit der 300B-XLS von Emission Labs eine absolute High End-Version dieser Röhre: Sie steigert die Meriten dieser meisterlichen Triode nochmals in allen Disziplinen. Dieser Wohlklang hat seinen Preis: Ein Paar dieser Dreipol-Röhren kostet knapp 900 Euro. Dafür gelten Emission Labs-Glimmkolben als überaus langlebig, der Tschechische Röhrenspezialist gewährt deshalb auch eine großzügige Garantie. Die Röhrenpaare sind zugunsten der optimalen Performance strengstens selektiert und abgeglichen. Ein Datenblatt dokumentiert alle Betriebswerte nach dem Einbrennen – das übernimmt Engström für den Kunden. Die Röhren-Paare sind schließlich ausdrücklich einem Monoblock zugewiesen, der auf sie abgestimmt ist.
Durchdachte Anschlüsse und Features
Damit Lars auch in der Klangkette, in die er integriert ist, optimal spielt, bietet er auf der Rückseite durchdachte Anschlüsse und Features. Eingangsseitig kann er das Musiksignal symmetrisch via XLR oder unsymmetrisch per Cinch entgegennehmen. Ein XLR/RCA-Umschalter verhindert, dass der ungenutzte Eingang aktiv bleibt. Ein Ground-Schalter minimiert bei Nutzung des unsymmetrischen Eingangs Brummen, welches durch mangelhafte oder fehlende Erdung des Vorverstärkers hervorgerufen wird. Mit dem „-8 dB“-Schalter kann bei sehr pegelstarker Zuspielung die Eingangsempfindlichkeit der Endstufe gesenkt werden und damit auch eventuell auftretendes Rauschen und Brummen. Für das optimale Zusammenspiel mit dem nachfolgenden Lautsprecher bietet Lars eine Impedanzanpassung für 4-, 8- oder 16-Ohm-Schallwandler. Dies ist nicht, wie üblich, mit verschiedenen Anschlussbuchsen realisiert, sondern bequem mit einem Drehschalter. Für den Anschluss der Lautsprecher bietet Lars schließlich ein Paar superber WBT nextgen-Klemmen: Sie bürgen mit minimalem Metalleinsatz für maximale Klangneutralität. Hier setzt Engström mittlerweile auf die zu bevorzugende Version mit goldbeschichteten Kontakten.
Der Engström Lars in der Praxis
Gehen wir mir Lars endlich in den Hörraum. Hier können wir auch sofort loslegen, denn Engström übernimmt für den Kunden das Einbrennen, also das Einspielen, das grundsätzlich alle Audio-Komponenten benötigen, um ihre beste Performance liefern zu können. Dieses Einbrennen, das mehrere hundert Stunden in Anspruch nehmen kann und insbesondere für Röhren wichtig ist, stellt bei Engström zugleich einen Teil des Qualitätsmanagements dar. Der Kunde bekommt also einen sofort spielbereiten Verstärker mit perfekt passenden Röhren. So steckt der komplette Glimmkolben-Satz für jeden Mono-Block in einem eigenen Karton, der die Seriennummer des zugehörigen Verstärkers ausweist. Top! À propos passend: Als Vorstufe steht uns die Engström Monica MK3 zur Verfügung., die wie Lars röhrengetrieben, vollsymmetrisch und gegenkopplungsfrei agiert. Als Schallwandler, die Lars antreibt, kommen erst zwei SteinMusic TopLine Bob M zum Zug, später auch ein Paar Audio Physic Tempo. Die Zuspielung übernimmt der CD-Player Accustic Arts Player IV.
Audiophiler Sonnenaufgang
Als Startmusik wählen wir „Rainy Night in Georgia“ von George Benson – und gleich mit den ersten Takten erleben wir einen audiophilen Sonnenaufgang. Wir kennen den Song wirklich gut, haben ihn mit etlichen Komponenten und Klangketten gehört, auch bereits in dieser Konstellation, allerdings mit anderen Verstärkern. In dieser Klangqualität haben wir den Track allerdings noch nicht gehört. Was für eine überwältigende Klarheit der Wiedergabe! Oft sind die Aussagen der Herstellers ja überaus … äh … selbstbewusst. So behauptet Engström, dass die Reinheit des Klangs gleich mit den ersten Noten der gehörten Musk offensichtlich wird – und die Schweden haben nicht übertrieben. „Rainy Night in Georgia“ beginnt natürlich so, wie wir den Song kennen: mit einem Slide samt Melodiephrase der Gitarre, dann kündigt ein Doppelschlag auf die Hi-Hat des Schlagzeugs den nachfolgenden Band-Einsatz an, mit dem auch Bass und Keyboards einsteigen. Doch bereits dieser kurze Anfang ist hier nun eine Offenbarung.
Famose Reinheit
Es kommt uns vor, als hörten wir eine andere Produktion dieses Songs. Bereits die Gitarre hat eine derart natürliche, geradezu greifbare Gegenwärtigkeit, als stünde Saiten-As John Smith direkt in unserem Hörraum. Dies liegt auch an der famosen Reinheit und Transparenz der Wiedergabe, die eine tolle Unmittelbarkeit bewirkt. Ins Optische übersetzt ist es, als habe jemand die Fensterscheibe, durch die man guckt, frisch gereinigt und streifenfrei geputzt. Zudem erleben wir Erstaunliches: Mit einem anderen, wirklich ausgezeichneten Verstärker steht der Gitarrist etwa auf einer Linie mit den Lautsprechern. Mit dem Engström Lars hingegen hat John Smith einen Schritt nach vorne gemacht und steht nun mitten in unserem Zimmer. Unglaublich! Diese Veränderung in der räumlichen Platzierung setzt sich nun bei den anderen Instrumenten fort. Die imaginäre Bühne ist größer und auch in der Tiefenstaffelung großzügiger, Schlagzeug, Bass und Keyboards und Gitarre können sich noch freier entfalten. Die gesamte Wiedergabe wirkt luftiger, offener, freier.
Erlebbare Materialität
Die Reinheit der Abbildung steigert die Präsenz der Musiker, denn sie macht selbst die allerkleinsten Details hörbar, die bis dato verborgen blieben. Dadurch vermittelt uns die Wiedergabe eine geradezu reale Materialität: So hören wir direkt bei den ersten Hi-Hat-Schlägen von Drummer John Robinson das Holz der Sticks, die das Metall des Beckens berühren, dann das Ausklingen des schwingenden Metalls mit den Veränderungen der Klangfarbe beim Verklingen. Auch kleinste Spielgeräusche, die für das „Wie-echt-Gefühl“ immens wichtig sind, können wir nun heraushören, weil eben der Grauschleier im Klang jetzt gelüftet ist. So kommen auch die Instrumente in ihrer Besonderheit besser zur Geltung: Keyboarder Greg Phillinganes spielt ein Fender Rhodes Piano – und dessen berühmte Klangsignatur ist nun viel markanter: Wir hören bei den Akkorden und Melodie-Einwürfen, mit denen Phillinganes die Gesangslinien vollendet garniert, das schöne Schillern und die typischen glockigen Vibes dieses Pianos. Dieses Erkennen-Können erhöht merklich den Musikgenuss.
Vollendete Stimmigkeit, exzellente Dynamik
Zu dieser Klarheit gehört ebenso die Präzision und Stimmigkeit – und auch hier erweist sich Lars ein echter Meister: Die Musik klingt schlicht und einfach richtig. Die Musiker, zu denen bald noch ein Streicherensemble und George Benson als Sänger und Solo-Gitarrist stoßen, spielen mit einem perfekten Timing – und dies erfahren wir durch eine Wiedergabe, die wie selbstverständlich klingt, als könnte es nicht anders sein. Diese Natürlichkeit führt zu einem überaus entspannten Hören, und dies macht sich auch nach einer langen Test-Session bemerkbar: Die Ohren bleiben frisch. Dabei bekommen sie viel geboten, denn die superbe Präzision geht einher mit einer exzellenten Dynamik – im ganz Feinen, aber auch im Groben. Das macht sich gerade bei den fulminant Trommelschlägen des Drum-Kits bemerkbar, doch ebenso können sich hier dezente Rimclicks, also mit der Hand abgedämpfte Schläge auf den Rand der Snare, trotz des dichten instrumentalen Satzes mühelos durchsetzen.
Wahrnehmungs-Verstärker
Die tolle Dynamik macht sich insgesamt durch eine herrliche Frische und Vitalität der Wiedergabe bemerkbar. Wir haben „Rainy Night in Georgia“ mit anderen Klangketten auch schon etwas matt, leblos und belanglos erlebt. Mit Lars hingegen hat der Song, bei aller Melancholie seiner Stimmung, etwas Anspringendes, Mitreißendes. Das liegt, neben der Darstellung der Instrumente, auch an der Wiedergabe der Stimme: George Benson singt von seiner Einsamkeit in nächtlichen verregneten Fremd – und seine warme, wohlklingende, tief timbrierte Stimme hat einen herrlichen Schmelz. So sonor, aber auch intensiv haben wir seinen Gesang noch nicht wahrgenommen. Hier zeigt die 300B-XLS, warum dieser Röhre quasi magische Kräfte nachgesagt werden. Auch die bald hinzutretenden Streicher, die an den richtige Stellen mit ihren Steigerungen für eine wohlige Wehmut beim Hörer sorgen, haben hier eine größere Innigkeit. All dies führt dazu, dass Lars auch ein Wahrnehmungs-Verstärker ist: Wir sind unmittelbar involviert, Nebenbei-Hören ist mit diesem Verstärker unmöglich.
Kraft und Kontrolle
Dies erfahren wir auch mit verschiedensten Musiken unterschiedlicher Genres, die wir im weiteren Test hören. Dabei wechseln wir auch mal vom symmetrischen zum unsymmetrischen Eingang, kehren jedoch bald wieder zurück, denn über den symmetrischen Eingang klingt – bei gleichem Pegel – insbesondere der Bass etwas kräftiger, aber auch konturierter. Zudem wirkt die gesamte Wiedergabe noch aufgeräumter. Das sorgt etwa bei Trentemøllers Electronica-Soundcollage „The Forest“ dafür, dass trotz der tiefen, raumfüllenden Bässe das Geschehen oberhalb dieses Synthie-Tiefton-Layers klarer hervortreten lässt. Diese Klarheit bleibt dann auch bei hohen Pegeln erhalten. Der mit 36 Watt ausgewiesene Lars liefert schon mit moderat eingestelltem Vorverstärker eine Lautstärke, die eine Unterhaltung nur noch mit lautem Rufen möglich macht – und bei dann höheren Pegeln punktet er, etwa bei Charly Antolinis Drum-Feuerwerk „Sticks To Me“, mit geradezu überraschender Power – bei voller Kontrolle und unter Wahrung seiner famosen Klarheit. So genießen wir Reinheit auf höchstem Niveau.
Fazit
Der Engström Lars ist optisch wie akustisch eine atemberaubende Röhren-Mono-Endstufe. Das superbe schwedische Design, die einzigartige gläserne Mantelung und die luxuriöse Material- und Verarbeitungsqualität erheben den Verstärker zum audiophil-ästhetischen Kunstobjekt. Für die klangliche Exzellenz sorgt die Kombination aus symmetrischem Aufbau, reinem Class-A-Betrieb und gegenkopplungsfreier Schaltung – sowie ein Röhrenensemble, dessen Star die berühmte 300B-XLS ist. So liefert Lars eine Wiedergabe von sensationeller Reinheit und Klarheit, herrlicher Luftigkeit und Offenheit. Auch dank des immensen Detailreichtums erleben wir eine herausragende Räumlichkeit und Plastizität. Dabei glänzt dieser Verstärker mit einer magischen Abbildung von Soloinstrumenten und insbesondere Stimmen. Aufgrund der Präzision und der großartigen Dynamik hat die Musik eine mitreißende Frische. So ist Lars auch ein Wahrnehmungs-Verstärker: Dieser intensive Wiedergabe kann und will man sich nicht entziehen. Bei aller Intensität bietet Lars einen absolut entspannten Musikgenuss, weil die Wiedergabe natürlich ist, harmonisch, wie selbstverständlich – und einfach richtig. Kurzum: Lars ist eine klangliche Offenbarung.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Luxury-Klasse
Preis/Leistung: angemessen
Technische Daten
Modell | Engström Lars MK3 |
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Produktkategorie: | Endstufe (mono) |
Preis: | ab 70.000,00 € (Paarpreis) |
Garantie/Gewährleistung: | - Verstärker: 2 Jahre - Emission Labs-Röhren: 1 Jahr oder 2.000 Betriebsstunden |
Ausführungen: | keramische Beschichtung (Blende) / Graphit und Silber (Korpus) alternative Ausführungen (Preis auf Anfrage): - individuelle Pulverbeschichtung (Blende und/oder Korpus) - kundenspezifische Keramikbeschichtung (Blende und/oder Korpus) - kundenspezifische Hochglanzlackierung (Blende) |
Vertrieb: | IBEX Audio GmbH, Heidenheim +49 7321 25490 ibex-audio.eu |
Prinzip: | analog, Röhre, Class A-Betrieb, symmetrische Schaltung, gegenkopplungsfrei |
Abmessungen (HBT): | 500 x 300 x 380 mm |
Gewicht: | Gewicht: 26,5 kg |
Eingänge (analog): | 1 x symmetrisch (XLR) 1 x unsymmetrisch (Cinch) |
Ausgänge (analog): | 1 x Lautsprecher |
Leistung: | 36 W (THD+N = 1% @ 1 kHz) (Herstellerangabe) |
Spannungsverstärkung: | 26 dB bzw. 18 dB (Herstellerangabe) |
Frequenzgang: | 10 Hz - 40 kHz (Herstellerangabe) |
Geräuschspannungsabstand: | 70 dB (unter voller Ausgangsspannung) (Herstellerangabe) |
Klirrfaktor (THD): | > 0,5 % (32 W, Bandbreite 70 kHz, 100 Hz - 10 kHz) (Herstellerangabe) |
Eingangsimpedanz: | 40 kΩ |
Ausgangsimpedanz: | 4 / 8 / 16 Ω (einstellbar) |
Röhren: | - Gleichrichtung: 2 x GZ34 (oder 5AR4) - Eingangsstufe: 1 x 6188 (oder 6SL7) - Treiberstufe: 2 x 6V6GT (oder 6V6 S) - Ausgangsstufe: 2x 300B-XLS |
Lieferumfang: | - 2 Lars Mono-Endstufen - 4 Glas-Paneele (2 pro Endstufe) - 2 Röhren-Sets (7 Röhren für jede Endstufe) - 2 Netzkabel (1,7 m) - 1 Inbusschlüssel - 1 Reinigungstuch - 1 Paar Handschuhe - 4 Sicherungen - Bedienungsanleitung + Garantieschein (Englisch) - Transport-Holzkisten |
Pros und Contras: | + superbes Design + exzellente Material- und Verarbeitungsqualität + hochwertige Anmutung + sensationelle Reinheit und Transparenz + herrliche Luftigkeit und Offenheit der Wiedergabe + atemberaubende Räumlichkeit und Plastizität + herausragende Abbildung insbesondere von Stimmen und Soloinstrumenten + anspringende Dynamik, mitreißende Frische + herausragende Ruhe, Harmonie und Stimmigkeit in der Wiedergabe + entspanntes, stress- und ermüdungsfreies Musikhören + symmetrischer Eingang (XLR) sowie unsymmetrischer Eingang (Cinch), umschaltbar + Ground-Schalter gegen Brummen bei Nutzung des unsymmetrischen Eingangs + „-8 dB“-Schalter zur Absenkung der Eingangsempfindlichkeit + Impedanzanpassung für 4-, 8- oder 16-Ohm-Schallwandler per Drehschalter + superbe WBT nextgen-Lautsprecherklemmen für maximale Klangneutralität - prinzipbedingt hohe Leistungsaufnahme im Leerlauf |
Benotung: | |
Gesamtnote: | 100+ |
Klasse: | Luxury-Klasse |
: | angemessen |
Getestet mit: | - Zuspieler: CD-Player Accustic Arts Player IV, SACD-Player Oppo UDP-203 - Vorverstärker: Engström Monica MK3 - Lautsprecher: SteinMusic TopLine Bob M, Audio Physic Tempo - Signalkabel: Audioquest Black Beauty XLR, Black Beauty RCA - Lautsprecherkabel: Audioquest Rocket 88 - Netzkabel: Audioquest Monsoon |