Home » Tests » HiFi/Stereo » JBL SA550 Classic – Moderne Klangkunst im 60er-Look
19. Januar 2025von Philipp Schneckenburger
ChefredakteurGeräte von JBL sind immer ein Hingucker, egal ob im stationären HiFi oder im Personal Audio Bereich. Besonders der Stil der 60er Jahre hat es vielen Fans angetan, die sich mit der Classic Serie über klangstarke Komponenten im klassischen Design freuen können. Allen voran steht hier der Vollverstärker SA550, der moderne Nutzung mit Retroflair bieten soll.
Es gibt wenige Audiomarken die sich selbst generationsübergreifend einer so großen Beliebt- und Bekanntheit erfreuen wie JBL. Während ältere Semester sich an legendäre HiFi-Systeme und Lautsprecher in mittlerweile ikonischem Design erinnern, ist die Firma jüngeren Hörern wegen ihrer klangstarken Bluetooth-Lautsprecher und Kopfhörer ein Begriff. Auch dabei setzt JBL auf optischen Wiedererkennungswert, weshalb es gerade in diesem Bereich mittlerweile hunderte von Nachahmern gibt. Style spielt bei JBL also immer eine gewisse Rolle, egal ob im Heim- oder im Personal Audio Segment. Mit der Classic Serie beruft sich die Marke dann ganz klar auf die Ursprünge des High Fidelity, möchte dabei aber natürlich auch moderne Nutzer ansprechen. So setzen die Systeme rund um den Vollverstärker SA550 Classic äußerlich auf Retrochic, sind technisch aber klar auf der Höhe der Zeit. In Zeiten, in den gerade Neueinsteiger auch vermehrt dem Charme der Schallplatte erlegen, ist das sicher nicht die schlechteste Idee.
Richtungsweisend
Warum JBL selbst die Existenz der Classic Serie verleugnet ist ein wenig schleierhaft. Auf der Homepage des Herstellers findet man die Geräte nämlich nicht, obwohl sie bei zahlreichen Händlern verfügbar sind. Dabei macht unser SA550 Classic doch wirklich etwas her. Besonders die mit Walnussfurnier verkleideten Seiten sind hier eine klare Reminiszenz an die Zeit, in der Elektrotechniker und Schreiner noch Hand in Hand arbeiteten. Beim eigentlichen, sehr gradlinig geformten Gehäuse, setzt JBL dann natürlich auf Metall. Im Falle der asymmetrisch gestalteten Frontplatte, bedeutet dies gebürstetes Aluminium. Durch eine leichte Nut wird die Front dabei in ein und zwei Drittel geteilt. Bei der kleineren linken Seite ist die Bürstung vertikal ausgerichtet, bei der größeren rechten verläuft sie horizontal. So erscheinen beide Teile bei einfallendem Licht unterschiedlich hell und die Front wirkt zweigeteilt, auch wenn es sich um ein einzelnes Metallstück handelt.
Taktile Handhabung
Während sich links dann eine Statusleuchte in Form des JBL Logos, der Power-Taster, ein Kopfhörerausgang und ein Klinkeneingang tummeln, ist die rechte Seite den Bedienelementen vorbehalten. Zwei Drehregler für Lautstärke und Quelle rahmen hier vier Funktionstasten ein. Stummschaltung, Displayhelligkeit, Filtereinstellung und das Optionsmenü können so direkt am Gerät aufgerufen werden. Auch wenn die ovalen, leicht konkaven Tasten ein wenig Spiel besitzen, bieten sie sehr angenehme, recht feste Druckpunkte und bei Betätigung erklingt ein befriedigend-mechanisches Klicken. Auch die Widerstände der Drehregler mit ihrem gerasterten Lauf überzeugen. Als Anzeige für Informationen und Menüs kommt dann ein breites, zweizeiliges Dot Matrix Display zum Einsatz. Trotz mehrstufiger Helligkeitsanpassung ist die Anzeige in sehr hellen Umgebungen allerdings nicht immer ideal ablesbar. Dafür sorgt das monochrom-orange Leuchten, das klar an die Farbe des Herstellerlogos angelehnt ist, für zusätzliches Retroflair. In Sachen Styling und Verarbeitung überzeugt der SA550 also schon einmal.
Gruppenzwang
Bei der Ausstattung setzt JBL dann vornehmlich auf Kompatibilität mit den weiteren Geräten der Classic Serie. Mit den optischen und koaxialen Digitaleingängen kann Beispielsweise der Streamer MP350 verbunden werden. Der CD-Player CD350 lässt sich dann an einem der drei vorhandenen Cinch-Inputs anschließen. Für den Plattenspieler TT350 gibt es letztlich einen zusätzlichen Phono-Eingang mit passendem Erdungsanschluss. Hier nimmt der Vollverstärker dann Signale von MM-Tonabnehmern entgegen. Aber natürlich lassen sich am SA550 auch andere Komponenten verbinden. Worauf man hingegen verzichten muss, sind Extras wie USB-Ports für den Anschluss von Laptops, oder einen HDMI-Eingang. Dafür können Smartphones per Bluetooth direkt zum Verstärker streamen und dabei den HiRes-kompatiblen aptX Adaptive Codec nutzen. Außerdem lässt sich die Verstärkerschaltung des SA550 in einem Surroundset verwenden. Dabei kann ein Eingang mit einer fixen Lautstärke versehen werden, der dann von einem AV-Prozessor bedient wird. So lassen sich die Stereo-Lautsprecher bei Bedarf auch für die Front-Kanäle nutzen.
Der Weg zum Ziel
Digitale Signale, die per Kabel oder Bluetooth übertragen werden, durchlaufen zunächst den HiRes-DAC des SA550. Dieser unterstützt die Wiedergabe von PCM-Signalen in 24-Bit-Auflösung und mit bis zu 192 Kilohertz Samplingrate. Alle analogen Signale, egal ob vom DAC oder von externen Quellen, werden dann vom eigentlichen Verstärker aufbereitet. Pro Kanal stellen die festen Anschlussklemmen an der Rückseite bis zu 90 Watt an 8 Ohm, oder bis zu 150 Watt an 4 Ohm Impedanz zur Verfügung. Genau wie beim generellen Konzept des SA550, wandert JBL dabei auch hier ein wenig zwischen den Welten, denn hier kommen weder die klassischen Class-AB-Schaltungen, noch die mittlerweile vorherrschenden Class-D-Endstufen zum Einsatz. Stattdessen nutzt der Hersteller hier eine Schaltung nach Class G. Dabei handelt es sich prinzipiell um eine Mischung aus AB- und Schaltverstärker, die In Sachen Effizienz zwischen den beiden Varianten liegt, klanglich aber als eher musikalisch wahrgenommen wird.
In Reih und Glied
Unser SA550 wird also mit einem paar Regallautsprecher verbunden und bekommt Gesellschaft von seinen Kollegen der Classic Serie. Damit ist die Einrichtung dann auch so weit abgeschlossen. Nur für die Bluetooth-Wiedergabe muss man dann noch sein Smartphone koppeln, was problemlos in wenigen Sekunden erledigt ist. Zusammen macht sich JBLs Riege an Retro-Elektronik dann gleich noch mal besser. Das Styling ist konsequent durchgezogen und auch die Dimensionierung der einzelnen Komponenten ist überall stimmig. Bei der Steuerung hat der Hersteller dann aber doch eine Sache übersehen: Statt einer Systemfernbedienung für Streamer, CD-Player und Amp, besitzt hier jedes Gerät seine eigene, praktisch identisch aussehende Fernbedienung. Gerade im Kontrast mit den schön gefertigten Gehäusen, wirken die IR-Sender außerdem ein wenig „plastikig“. Dafür liegen die Fernbedienungen gut in der Hand und bieten ein übersichtliches Layout, mit dem die Kontrolle von Funktionen und Menüs schnell sehr gut gelingt.
Weitläufig
Gefüttert wird unser SA550 Classic dann zunächst vom MP350, der via roon streamt und per S/PDIF am Verstärker verbunden ist. Sofort erscheint im Display, unter der Zeile mit dem ausgewählten Eingang und der aktuellen Lautstärke, die Samplingrate der laufenden Musik. Während der Soundtrack zu „Baldur’s Gate 3“ also mit 44,1 Kilohertz ausgezeichnet wird, baut der SA550 die Stücke auf einer weit aufgezogenen Bühne auf. Dabei überzeugt nicht nur die erreichte Breite, sondern auch in der Tiefe stellt der Verstärker einigen Raum zur Verfügung. Den lässt er dann auch nicht ungenutzt und arrangiert die einzelnen Komponenten der verschiedenen Stücke gut gestaffelt und ortbar auf der Bühne. Orchester treten so mit passender Größe auf, während kleinere Arrangements den einzelnen Instrumenten ein wenig mehr Freiheit lassen. Chöre bilden also praktisch eine Wand im Hintergrund, während Gesangs- und Instrumentalsolisten zentral vor dem Publikum stehen und sehr direkt auftreten.
JBL SA550 Classic – Wanderer zwischen den HiFi-Welten
Während er optisch voll und ganz die Liebe zu Vintage HiFi verkörpert, agiert der SA550 klanglich vornehmlich modern, aber mit Anleihen an einen eher analogen Sound. Die Hintergründe sind also dunkel und frei von Rauschen, was besonders Saiteninstrumenten und Percussions eine schöne Dreidimensionalität verleiht. Gleichzeitig wirkt das Timbre des Verstärkers sehr natürlich. Auf die klaren, dynamischen Einsätze folgt also ein recht sanftes Abschwingen, was einen eher relaxten Flow der Musik zulässt. Das ist weit weg vom einem bräsig-warmen Röhrensound, aber eben auch nicht das strikt fokussierte Spiel früher Digitalsysteme. Stattdessen findet der JBL eine ganz gute Mischung zwischen den Extremen, packt recht kraftvoll an und spielt beschwingt. Flink und ätherisch kommen einem so die sanften Töne einer Harfe entgegen, während die Saiten einer Laute energisch angeschlagen werden und dann füllig nach vorne treten.
Im Rhythmus
Das natürliche Timbre des SA550 kommt auch den Trommeln zu Gute. Hier merkt man schön, dass diese teilweise mit der Hand angeschlagen werden und die Felle nicht so straff gespannt sind, wie bei einem vollen Drumkit, da weiche Obertöne den fülligen Körper begleiten. Triangeln erklingen dann mit schöner Brillanz, während helle Flötentöne fließend und filigran über die Bühne gleiten. Tempowechsel machen dem Classic Verstärker dabei ebenfalls keine Probleme. Tragende Arien oder flotte Tanzmusik setzt er mit dem gleichen, angenehmen Fluss um. Dazu wirkt das gesamte Arrangement stets aufgeräumt und Facettenreich. Alle Elemente besitzen hier eine schöne Detailtiefe, die das Klangbild gekonnt ausfüllt. Während der Wiedergabe werden dann auch einmal die verschiedenen Filter ausprobiert, die ohne Unterbrechung angewählt werden können. Deren Auswirkungen sind mal mehr und mal weniger deutlich und können den Sound ein wenig an den eigenen Geschmack annähern. Dramatische Klangveränderungen gibt es aber keine.
Mit Seele
Es geht also mit dem Minimum Phase Slow Filter weiter, der ein straffes Anpacken mit flüssigem Spiel kombiniert, was gut mit dem generellen Klangcharakter des SA550 harmoniert. „Return of the Dream Canteen“ der Red Hot Chili Peppers untermalt der Vollverstärker so mit einer wunderbar runden Bassline, bei der sich Flea herrlich smooth durch das Tieftonspektrum zupft. Chad Smiths Drums treffen dazu auf den Punkt, drücken einen kräftig in den Sitz, oder akzentuieren das Spiel leise aus dem Hintergrund heraus. Auch hier steht die Band gut aufgeteilt und ortbar auf der Bühne, deren Zentrum von Antony Keidis‘ charismatischem Gesang dominiert wird. Mit Unbeschwertheit und Spielfreude, überzeugt der Sound des Verstärkers auch hier. Ähnlich sieht es beim von Soul bestimmten „Jackie Brown“ Soundtrack aus. Kräftige runde Bässe treffen auf volle, lebendige Gesangsstimmen, egal ob von Pam Grier, Bobby Womack oder Johnny Cash und sofort wippt man im Takt mit.
Kabellos zum Klang
Musik kommt bei unzähligen Nutzern heute primär vom Smartphone, so dass die Bluetooth-Schnittstelle des SA550 natürlich von großer Bedeutung ist. Dabei ist es zunächst einmal schön, dass diese ohne externe Plastikantenne auskommt. Auch die aptX Adaptive Unterstützung macht sich sofort bezahlt, als ein Video gestartet wird und der JBL lippensynchronen Sound liefert. Bei der Musikwiedergabe legt er sich dann erneut ordentlich ins Zeug. Tracks von Fettes Brot bekommen punchige, straffe Beats verliehen, während die flotten Trompentensamples dynamisch und kontrolliert antreiben. Bei den Vocals kommt erneut das natürlich Timbre zum tragen, was im Anschluss auch den Songs von CCR gut steht. So behalten die Gitarren in „Bad Moon Rising“ ihr charakteristisches Nachringen bei, während die füllig-runde Bassline das Fundament legt. In Sachen Leistung wird ebenfalls nichts liegen gelassen und selbst bei Electro-Tracks mit Party-Pegeln, hat der JBL noch genug Reserven übrig und die Zügel in der Hand.
Fazit
Die Fusion aus Designelementen vergangener Tage und aktueller Technik, steht dem SA550 exzellent zu Gesicht. Seine stylische 60er-Jahre-Optik macht wirklich etwas her und auch die Verarbeitungsqualität des Vollverstärkers besitzt die Solidität vergangener Tage. Mit HiRes-DAC, Phono-Stufe und Bluetooth richtet JBL sich aber klar an moderne Nutzer und auch die potente Endstufe ist keineswegs von gestern. Klanglich findet der Verstärker letztlich eine exzellente Mischung aus geschmeidigem Flow, lebendiger Dynamik und facettenreichen Details. Natürlich, musikalisch und unbeschwert sieht der JBL SA550 Classic alles andere als alt aus.
Test & Text: Philipp Schneckenburger
Fotos: Simone Maier
Klasse: Oberklasse
Preis-/Leistung: gut
90 of 90
89 of 90
88 of 90
Technische Daten
Modell: | JBL SA550 Classic |
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Produktkategorie: | Vollverstärker |
Preis: | 1.999 Euro |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | - Silber/ Walnuss |
Vertrieb: | Harman Luxury Audio, Garching 030 22957806 de.jbl.com |
Abmessungen (H x B x T): | 124 x 448 x 321 mm |
Gewicht: | 11,2 kg |
Eingänge: | 2 x S/PDIF koaxial 1 x Toslink optisch 3 x Cinch Stereo 1 x Cinch Phono Stereo (MM) 1 x 3,5 mm Klinkeneingang (vorne) - Bluetooth (aptX) |
Ausgänge: | 1 x Lautsprecher Stereo 1 x Cinch Stereo Pre Out 1 x 3,5 mm Kopfhörerausgang (vorne) |
Unterstützte Abtastraten: | PCM: bis 192 kHz/ 24 Bit |
Leistung: | 2 x 90 Watt/ 8 Ohm, 2 x 150 Watt/ 4 Ohm (Herstellerangabe) |
Lieferumfang: | 1 x SA550 Classic 1 x Fernbedienung (inkl. Batterien) 1 x Stromkabel 1 x Anleitung |
Pro & Contra: | + cooles Design + solide verarbeitet + aptX Adaptive Support + lineare Leistungsentfaltung + gute Bedienbarkeit + große Bühne + einfache Ortung + lebendig und musikalisch + fließender Klang |
Benotung: | |
Klang (60%): | 90/90 |
Praxis (20%): | 89/90 |
Ausstattung (20%): | 88/90 |
Gesamtnote: | 89/90 |
Klasse: | Oberklasse |
Preis/Leistung: | gut |
Getestet mit: | Innuos ZENmini Mk 3 Sony Xperia 1 III JBL MP350 Classic JBL CD350 Classic JBL TT350 Classic Audioquest Carbon coax Audioquest Rocket 44 KEF LS50 Meta Radiant Acoustics Clarity 6.2 |