Home » Tests » HiFi/Stereo » Pear Audio Robin Hood – König der Plattenspieler
1. April 2015von Jonas Bednarz
RedakteurTotgesagte leben länger. Das galt für die längst überholte Elektronenröhre und gilt heute fürs Vinyl. Denn letzteres ist in der HiFi-Welt, mit jährlichen Zuwachsraten von zwanzig Prozent und mehr, seit Jahren wieder „hipp“ und in aller Munde. Doch nicht nur die Software, auch die Zahl der verfügbaren Abspielgeräte nimmt weiter stetig zu. Höchste Zeit also, dass auch wir vom lite-magazin uns einmal mit der neuen „alten“ Technik beschäftigen.
Zu diesem Zweck haben wir uns einen Hersteller ausgesucht, der fast so jung ist wie unser Magazin selbst. Pear Audio aus Slowenien nämlich. Eine Marke, die kürzlich mit einer Serie interessanter Plattenspieler auf dem Markt erschien, aus der wir das „kleinste“ Modell, das auf den Namen „Robin Hood“ hört, zum Test luden.
Wer steckt dahinter?
Die Macher hinter Pear Audio sind in der Analogszene allerdings keineswegs unbekannt. So ist Firmengründer Peter Mezek bereits seit über vierzig Jahren in der Branche aktiv und angesehen. Während er sich zu Beginn seiner HiFi-Karriere darauf beschränkte, namhafte Produkte wie den berühmten „Linn LP12“ oder den kaum weniger bekannten „Well Tempered Record Player“ zu vertreiben, entstand bereits Mitte der Achtziger Jahre die erste Mezek-Eigenkonstruktion: das „Rational Audio Turntable“. Eine echte Besonderheit dieses mittlerweile rar gewordenen Plattenspielers war sein Tangentialtonarm. Einer, der die Schallplatte im gleichen Winkel abtastet, wie sie einst im Presswerk vom Schneidstichel geschnitten wurde. Eine Technik, die sich bei keinem Hersteller allerdings jemals so richtig durchsetzen konnte, obwohl sie theoretisch enorme Vorteile bietet, da durch den fehlenden Spurfehler geringere Verzerrungen produziert werden als beispielsweise bei Drehtonarmen. Die empfindliche Technik und die teilweise problematische Handhabung ließen diese Konstruktionen jedoch nie so richtig Fuß fassen.
Die Tonarme der Pear Audio Blue Plattenspieler hingegen sind konventioneller Bauart. Wer genau hinsieht und sich zudem etwas auskennt, der erkennt dann auch gleich aus wessen Feder sie stammen. So zeichnet niemand geringeres als Tom Fletcher verantwortlich für die Produkte des jungen Slowenischen Unternehmens. Der (leider bereits 2010 verstorbene) Engländer widmete sein ganzes Leben der Entwicklung von Plattenspielern und hat es insbesondere mit dem berühmten „Spacedeck“ und dem „Spacearm“ zu weltweiter Bekanntheit unter anspruchsvollen Musikfreunden gebracht. Kurz vor seinem Tod tat sich Mr. Fletcher mit seinem langjährigen Freund Peter Mezek zusammen, um seine Designphilosophie an ihn weiterzugeben, was schließlich in die Entwicklung der heutigen Pear Audio Plattenspieler einfloss. Aus dieser Zusammenarbeit entstanden letztlich vier Plattenspieler und zwei Tonarme, die von Peter Mezek und seinen Mitarbeitern in Slowenien von Hand gefertigt und in Deutschland von der Stahl/Ross GbR, einem Distributor, der sich mit Haut und Haar der bestmöglichen Klangperformance im HiFi-Bereich verschrieben hat, vertrieben werden.
Turntable With Pedigree
Mit Pedigree ist (wie Sie sich sicher bereits dachten) nicht die bekannte deutsche Tierfuttermarke gemeint, sondern die eigentliche Bedeutung des Wortes: Der Stammbaum oder die Herkunft. „Plattenspieler mit Adelsprädikat“ sagt der deutsche Vertrieb dazu. Und auch wenn das Einsteigermodell, der Robin Hood, auf den ersten Blick schlicht wirkt, so steckt der Teufel doch auch hier wie so oft im Detail. Denn selbst im kleinsten Modell haben die Macher kein Schräubchen dem Zufall überlassen und setzen auch hier auf die Weiterentwicklung des bewährten Fletcherschen-Designs.
Herzstück dieser Konstruktion ist das in verschiedenen Farbenvarianten lieferbare Chassis, das aus zwei Ebenen vielfach verleimter Baltischer Birke besteht und dem Plattenspieler eine solide Basis bietet. Beide Ebenen sind über mehrere kleine Gummielemente voneinander entkoppelt, so dass sich auftretende Vibrationen nicht unkontrolliert im Chassis ausbreiten können. Die untere Ebene nimmt die drei höhenverstellbaren Füße auf, mit denen der Plattenspieler präzise waagerecht ausgerichtet werden kann und natürlich auch sollte. In der Mitte der unteren Ebene befindet sich der kräftige Flansch für das massive Tellerlager. Dieser garantiert, dass etwaige Lagergeräusche auch in der unteren Etage verbleiben und nicht bis zum Tonarm vordringen können. Letzterer ist übrigens in der aussermittigen Bohrung einer drehbaren Tonarmbasis in der oberen Etage des Chassis befestigt. Durch diese Platzierung kann der Montageabstand des Arms in einem großen Bereich angepasst werden, so dass man hinsichtlich der Tonarmwahl relativ flexibel bleibt. Gleichzeit ist die Trennung einer starren Verbindung von Tellerlager und Tonarm eine weitere besondere Lösung. Für gewöhnlich wird versucht eben jede Verbindung möglichst starr zu gestalten, um jedes bisschen Relativbewegung zwischen Tonarm und Tellerlager auszumerzen. Während der Entwicklung der heute angebotenen Pear-Audio-Modelle hat es mit der entkoppelten Bauweise allerdings die besseren Ergebnisse gegeben, so dass diese letztlich beibehalten wurde. Überhaupt legt Peter Mezek viel Wert darauf, dass seine Plattenspieler zwar einige bekannte Details mitbringen, in anderen Punkten der Konstruktion aber auf neue Lösungen setzen. Alle natürlich ausnahmslos in langen Hörtests erprobt.
Das massive Lager aus Bronze, nimmt dann einen Lagerdorn aus Stahl auf. Diese Materialpaarung ermöglicht dem schweren Plattenteller aus Aluminium eine nahezu reibungsfreie Rotation um die eigene Achse. Angetrieben wird der Teller von einem, speziell für diesen Einsatz entwickelten, drehmomentschwachen Motor. Dieser bekommt seine Rotationsgeschwindigkeit direkt von der Netzfrequenz von 50 Hertz vorgegeben, womit nahezu ausgeschlossen ist, dass der Teller zu schnell oder zu langsam rotiert.
Mit Schwung
Um die Sollgeschwindigkeit besonders stabil zu halten, hat man sich bei Pear Audio ein weiteres, besonderes Detail einfallen lassen: In einer Bohrung im Chassis steckt ein Gummischlauch, der an der Unterseite des Tellers reibt und diesen somit in definiertem Maße bremst. Dadurch dass der Motor dagegen hält, soll die Geschwindigkeit deutlich stabiler bleiben, als es ohne diese „definierte Bremse“ der Fall wäre. Zur Änderung der Geschwindigkeit von 33 Umdrehungen für LPs auf 45 Umdrehungen für Singles und neuere audiophile Edelplatten, wird übrigens einfach der Riemen am Pulley umgelegt, denn ein variables Netzteil oder einen Schalter besitzt der Motor nicht. Nach Ende der Hörsession wird der Plattenteller dann auch einfach angehalten, der Antrieb bleibt jedoch eingeschaltet. Sorgen um die Haltbarkeit braucht man sich dabei ganz sicher nicht zu machen, denn nach dem gleichen Prinzip funktionierte bisher jeder Fletcher-Plattenspieler.
Der hier eingesetzte, wunderschöne „Cornet 1“ Tonarm stellt übrigens die Weiterentwicklung des bereits erwähnten Spacearm dar und ist damit eigentlich ein alter Bekannter. Das Besondere an seiner Konstruktion ist seine Lagerung, denn beim Cornet 1 handelt es sich um einen sogenannten Einpunkttonarm. Will heißen, der bewegliche Teil des Armes liegt auf einem Dorn auf und kann sich frei in alle Richtungen bewegen. Allerdings nicht so ganz, denn da Einpunktarme recht schwer zu handeln sind, wird der Arm über eine Mechanik im Innern am Kippeln gehindert. Ausserdem wird er nicht, wie bei anderen Armen dieses Typs üblich, von einem flüssigen Silikon bedämpft, sondern von einem „eigens entwickelten Material“ über dessen genaue Beschaffenheit man sich herstellerseitig allerdings ausschweigt. Die Verbindung vom Lager zum Headshell stellt ein Tonarmrohr aus einem extrem hartem und verwindungssteifem Kohlefaserverbund her. Das Headshell selbst wurde aus einem Aluminiumblock gefräst und verzichtet aus Gründen der Resonanzoptimierung auf den Fingertip. Durch seine üppigen Abmessungen sollten sich aber selbst bei der Justage größerer Tonabnehmersysteme keine Probleme ergeben. Kleiner Tipp: Die Montage der empfindlichen elektromechanischen Wandler sollte besser dem Fachhändler überlassen werden, denn die winzige Nadel des mitgelieferten „Audio Technica AT150MLX“ ist bei unsachgemäßer Behandlung garantiert schnell abgebrochen! Davon abgesehen ist ein geübter Spezialist bei der Justage deutlich schneller und akkurater, als es jemand ohne Erfahrung jemals sein könnte. Also hören sie auf den gut gemeinten Hinweis in der Bedienungsanleitung und lassen sie Tonarm und Tonabnehmer vom fachkundigen Händler ihres Vertrauens „kalibrieren“. Die restliche Inbetriebnahme gestaltet sich dann als Kinderspiel.
Sehr schönes Ritual
Viel mehr als eine wackelfreie und ebene Stellfläche verlangt der Robin Hood nicht. Das kann sowohl ein schweres HiFi-Rack, als auch ein kleiner Tisch oder eine Wandhalterung sein. Auf der ebenen Stellfläche muss der Plattenspieler nun mit Hilfe seiner verstellbaren Füße und der mitgelieferte kleinen Wasserwaage ausgerichtet werden. Anschließend werden die beiden hochwertigen und straff sitzenden Cinchstecker samt Erdungsklemme am Verstärker angeschlossen. Aber natürlich nicht am normalen Line-Eingang, sondern an einen Phonovorverstärker, der das schwache Signal des Tonabnehmers verstärkt und „gerade“ biegt. Manche Amps besitzen bis heute einen integrierten Phonoeingang. Ist das bei Ihrem Verstärker nicht der Fall, empfiehlt sich der Kauf eines externen Geräts, wie beispielsweise dem Oehlbach Phono XXL Preamp Ultra (Einzeltest folgt), mit dem man qualitativ in der Regel deutlich weiter vorn liegt. Darüber hinaus ist man flexibler was die Tonabnehmerwahl angeht, denn die eingebauten Verstärker nehmen oft nur die Signale von Moving Magnet-Tonabnehmern (MM) entgegen, die schon von Haus aus einen deutlich höheren Pegel haben, als die schwachen Signale der Moving Coil-Abtaster (MC). Sind diese Punkte erledigt, fehlt noch Strom für den Motor. Hier sollte zwingend darauf geachtet werden, dass das Netzkabel möglichst weit vom Signalkabel entfernt liegt, um eine etwaige Beeinflussung des Signals ausschließen zu können – schliesslich wollen wir ja das bestmögliche Klangergebnis erzielen.
Nachdem diese Schritte durchgeführt sind, kommen wir endlich zum schönsten Teil des HiFi-Tests: dem Musikhören. Dieser beginnt dann natürlich mit der Suche nach dem passenden Album am Plattenregal. Auch wenn die „manuelle“ Suche nach dem gewünschten Titel heute nicht mehr zeitgemäß erscheint, steigert das Blättern durch meine Vinyl-Kollektion die Vorfreude auf die bevorstehende Musiksession.
Heute fällt die Wahl dann auf Ben Harpers Erstlingswerk „Welcome to the Cruel World“ von 1994. Vorsichtig wird die schwarze Scheibe von ihrer schützenden Hülle befreit und auf die weiche Neopren-Matte gelegt, die sie vom Metallteller entkoppelt. Anschließend wird selbiger mit einem beherzten Schubser zum Laufen gebracht. Ein Vorgang, der einen technischen Hintergrund hat, denn der bereits erwähnte, und auf seinen Einsatz optimierte Motor hält den Teller zwar konstant auf seiner Solldrehzahl, beim Beschleunigen braucht er jedoch Hilfe von seinem Besitzer. Und das ist keinesfalls nervig, sondern wird mit dem Robin Hood schnell zum Ritual, das einfach dazu gehört. Und es gibt einen weiteren Vorteil, denn aufgrund dieses Vorganges gelangen über den extrem weichen Silikonriemen auch keine Motorvibrationen an den empfindlichen Tonabnehmer. Oberflächlicher Staub wird mit einer Carbon-Bürste von der rotieren Platte gefegt, während der Tonarm dann über der Einlaufrille positioniert wird. Die Spannung steigt, als sich der Tonabnehmer nun langsam senkt und schließlich auf der Vinyl-Scheibe „landet“, was von einem sanften Plopp aus den Lautsprechern untermalt wird. Was folgt, ist Stille. Kein Rumpeln oder sonstige Nebengeräusche, die die Vorfreude trüben könnten – bis dann der erste Takt der Musik erklingt. Eine einzelne akustische Gitarre, die präzise zwischen den beiden Lautsprechern positioniert, den ruhigen Einstieg in das ansonsten auch schon mal lautere Album bildet und so natürlich klingt, wie man es sich nur wünschen kann.
Echter Rocker
Einen Wimpernschlag später beginnt auch schon das zweite Stück, „Whipping Boy“. Einem Song, bei dem es nun deutlich dynamischer zur Sache geht. Kein Problem für den Robin Hood, der auch hier durch knackige Drums und erdigem Bass überzeugt, so dass mein Fuß unweigerlich im Takt zu Wippen beginnt. Gut vierzig Minuten später, bin ich dann leider schon beim letzten Song des Albums: „I´ll Rise“. Basierend auf einem Gedicht Maya Angelous, bietet dieser Song den Worten der 2014 verstorbenen Bürgerrechtlerin mit seiner sparsamen Instrumentierung einen angemessenen Rahmen. Dabei kommt Ben Harpers Stimme scharf umrissen aus der Mitte der Bühne. Dahinter spannen sich ein breiter Chor und ein Klavier auf, die den Künstler individuell unterstützen, ohne sich jedoch in den Vordergrund drängen. Wow, ich bin beeindruckt, denn in der Qualität, in der ich das Stück jetzt erlebe, habe ich es zuvor nur selten gehört.
Wie er sich bei härterer Gangart schlägt, das muss der Robin Hood dann im (kürzlich als exzellentes Remaster erschienenen) Led Zeppelin Debüt unter Beweis stellen. Dabei kommt dann schnell das authentische Wesen des Baltischen Drehers zum Vorschein, der sich sogleich als echter Rocker entpuppt. Das Duo aus Robin Hood und Audio Technica AT-150 erweist sich dabei erneut als perfekte Kombination, die einen souveränen und knackigen Bass liefert – und zwar ohne dabei zu dominant zu agieren bzw. andere Musikanteile zu übertönen. Dabei gelingt es dem Gespann, die über 45 Jahre alte Aufnahme sehr schön aufgelöst von ihrer besten Seite zu präsentieren, während sie eine Spielfreude an den Tag legt, die einfach mitreisst und mich schnell dazu verleitet, mir noch ein paar Scheiben meiner Vinyl-Sammlung zu gönnen. Wen wundert` s, denn so macht Musikhören einfach richtig Spaß.
Fazit
Wie im letzten Satz beschrieben, hat dieser Test jede Menge Freude gemacht. Kein wunder, denn der „Robin Hood“ von Pear Audio Blue ist eine echte Spaßmaschine. Der kleinste Plattenspieler der noch jungen Marke überzeugt durch sein zurückhaltendes Design, eine sehr gute Verarbeitung und eine Klanggüte, die man sich kaum besser wünschen könnte. In Verbindung mit der hier gewählten Kombination aus Cornet 1-Tonarm und Audio Technica AT-150MLX Tonabnehmer bekommt man für knapp 3000,00 Euro ein rundum gelungenes Gesamtpaket, mit dem man seine alten (und natürlich auch neuen) Schätze auf Vinyl völlig neu erkunden wird.
Test & Text: Jonas Bednarz
Fotos: www.lite-magazin.de
Klasse: Spitzenklasse
Preis-/Leistung: sehr gut
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95 of 100
Technische Daten
Modell: | Pear Audio Robin Hood |
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Produktkategorie: | Plattenspieler |
Preis: | 3.000,00 Euro (inkl. hier genutztem Tonarm) |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | - Orange - Schwarz (Hochglanz) - Holz |
Vertrieb: | Stahl/Ross GbR, Schmitten Tel.: 0700 / 77200000 www.pearaudio.de |
Abmessungen (HBT): | 150 x 420 x 360 mm |
Tonarm (optional): | Cornet 1 |
Tonabnehmer (optional): | Audio Technica AT150MLX |
Besonderes: | - sehr gute Verarbeitung - durchdachtes Motorkonzept - hochwertige Kabel - zeitloses Design |
Benotung: | |
Klang (60%): | 1,0 |
Praxis (20%): | 1,0 |
Ausstattung (20%): | 1,0 |
Gesamtnote: | 1,0 |
Klasse: | Spitzenklasse |
Preis-/Leistung | sehr gut |