Home » Rezensionen » Der Unbestechliche – Mörderisches Marseille
26. September 2015von Roman Maier
Inhaber/GeschäftsführerRichter Michel steht vor der schier unlösbaren Aufgabe, die Bewohner der Stadt Marseille aus den Fängen des organisierten Verbrechens zu befreien. Mit teilweise unorthodoxen Maßnahmen scheint dies zunächst auch zu gelingen, bis dem engagierten Ordnungshüter plötzlich Steine in den Weg gelegt werden, die die „Säuberung“ ins Stocken geraten lassen.
Ein Richter räumt auf
Als der Jugendrichter Pierre Michel (Oscarpreisträger Jean Dujardin) 1975 zum Richter und somit zum obersten Hüter der Polizeibehörde in Marseilles ernannt wird, widmet er sich nur einem Ziel: die French Connection zur Strecke zu bringen. Ein Kartell, vom skrupellosen Tany Zampa gesteuert, das die Glücksspielszene in der französischen Metropole am Mittelmeer beherrscht, als Schutzgelderpresser auftritt, mit Drogen handelt und diese im ganz großen Stil in die USA exportiert. Dass ein Richter vom ersten Tag an derart engagiert zur Sache geht, ist den Ermittlern zunächst ein Dorn im Auge. Doch nach anfänglicher Skepsis schließt sich Kommissar Blanc schließlich dem Eifer des Richters an, dem es mit teilweise fraglichen Mitteln schnell gelingt, der Krake – so die polizei-interne Bezeichnung für die mafiöse Vereinigung – ein paar Arme abzuschneiden, indem einige Gefolgsmänner verhaftet werden können. Nach und nach berauben Michel und seine Leute die French Connection somit ihrer Basis.
Das wiederum zieht interne Machtkämpfe nach sich, was der Polizei zunächst in die Karten spielt und Boss Zampa (Gilles Lellouche) zusätzlich in Bedrängnis bringt. Doch als der engagierte Kommissar Blanc schließlich versetzt und durch seine rechte Hand ersetzt wird, lassen die Erfolge der Ordnungshüter schnell nach. Auf unerklärliche Weise laufen erfolgversprechende Ermittlungen ins Leere oder es werden keinerlei belastende Beweise gefunden. Als der Richter diesem Phänomen schließlich auf die Spur kommt, steht er vor einem schier undurchdringbaren Netz aus Gewalt, Korruption und Niedertracht, das bis in höchste Regierungskreise zu reichen scheint. Und es wird schlimmer, denn neben dem Verlust seines Jobs und seiner Reputation droht Pierre Michel auch seine Familie und sein Leben zu verlieren …
Auf den Spuren von …
In Der Unbestechliche erzählt Regisseur Cedric Jimenez, übrigens 1976 selbst in Marseille geboren, die Geschichte des tatsächlich in dieser Zeit in seiner Heimatstadt agierenden Richters Pierre Michel. Gegen welche Windmühlen der Richter dabei tatsächlich zu kämpfen hatte bzw. welche künstlerischen Freiheiten sich Jimenez dabei nahm, lässt sich nur vermuten. Fakt ist aber, dass die Storyline auffällig nah auf den Spuren der TV-Serie „Allein gegen die Mafia“ wandelt. Verblüffende Ähnlichkeiten zu „Brennpunkt Brooklyn“ lassen sich ebenfalls nicht bestreiten. Beides vielleicht unausweichlich, sobald es um die Erzählung einer Mafia-Geschichte geht.
Die in der Hafenstadt in der Mittelmeerbucht spielende Geschichte beschreibt dabei in der Hauptsache die reale Drogenproblematik, denen die Großstadt in den 70er- und 80er-Jahren ausgesetzt war. Der Spannungsbogen will sich dabei aber nicht so recht aufziehen, denn in Der Unbestechliche flimmert eine größtenteils eher ruhig erzählte Geschichte über die Leinwand. Eine, die erst nach rund eineinhalb Stunden leicht an Fahrt aufnimmt, davor und danach allerdings einige Ungereimtheiten aufbietet.
Während die French Connection beispielsweise vor keiner Schandtat zurückschreckt, ganze Banden hinrichtet und selbst tagsüber und vor Zeugen ihren kriminellen Machenschaften nachgeht, wird der, der sich dem Verbrechen am stärksten in den Weg stellt, zunächst nicht behelligt. Die Vielzahl der im Geflecht verstrickten Protagonisten sowie verblüffende Ähnlichkeiten einiger Darsteller machen den Streifen obendrein phasenweise unübersichtlich. Dass Richard Nixon bei Jimenez 1975 noch als US-Präsident auftritt, obwohl er tatsächlich bereits 1974 von seinem Amt zurücktrat, könnte dagegen der gestalterischen Freiheit des Filmemachers geschuldet sein.
Da war etwas mehr drin …
Schauspielerisch sticht Jean Dujardin in seiner Rolle als Richter Michel eindeutig aus dem Cast heraus, ohne allerdings sein ganz großes Können unter Beweis zu stellen. Nimmt man es genau, mimt der Oscarpreisträger sogar die einzige Hauptrolle des Streifens. Ebenfalls überzeugend kommt lediglich Gilles Sallette (u.a. „Public Enemy No.1“) rüber, der Michels unberechenbaren Widersacher und Ober-Gauner Tany Zampa spielt.
Kulissentechnisch weiß Der Unbestechliche dagegen durchweg zu gefallen. Allein die Vielzahl der alten Fahrzeuge, wie sie in den 70er-Jahren eben auf den Straßen zu sehen waren, verblüfft und macht neugierig. In Verbindung mit den offenbar akribisch gewählten Landschaftsaufnahmen fühlt sich der Zuschauer somit tatsächlich in der Zeit um rund 40 Jahre zurückkatapultiert.
Bild, Ton & Extras
Der Unbestechliche gehört eindeutig zu den eher ruhig erzählten Filmen des Mafia-Genres. Entsprechend verzichtet Regisseur Jimenez aus nachvollziehbaren Gründen auf die ganz großen Effekte. Diese beschränken sich in der Hauptsache auf die sauber produzierten Soundtracks, die immer wieder für eine tolle Atmosphäre sorgen. Das beeindruckt vor allem dann, sobald der Film über ein ordentliches Surroundsetup wiedergegeben wird. Die gelbliche Filterung in der Bildtechnik lassen zudem schnell 70er-Jahre-Feeling aufkommen und erinnern sofort an alte Familienvideos aus der Zeit der großen Kragen und Schlaghosen. Das gestalterisch perfekt eingesetzte Filmkorn unterstützt diesen Eindruck. Trotz Gelbfilter und Filmkorn überzeugt die Arbeit durch eine saubere Detailwiedergabe, perfekt ausgeleuchtete Kulissen und eine erstaunliche Tiefenschärfe.
Dieses Niveau kann das angebotene Bonuspaket dagegen nicht halten. Bis auf ein Making-Of und einigen ungenutzten Szenen (Deleted Scenes) umfassen die Extras lediglich noch Trailer in französischer und deutscher Sprache.
Fazit
Auf Grundlage wahrer Begebenheiten erzählt Der Unbestechliche den scheinbar aussichtslosen Kampf eines Richters gegen das organisierte Verbrechen. Eine Geschichte, die die ganze Aufmerksamkeit des Auditoriums verlangt, nur punktuell Spannung aufkommen lässt und dennoch einige Fragen aufwirft. Für Fans von Mafia-Geschichten oder Freunde des typischerweise eher ruhig erzählten französischen Films ist diese Blu-ray aber dennoch eine Empfehlung. Und technisch ist Der Unbestechliche ohnehin gut gemacht.
„Der Unbestechliche“ ist als DVD und Blu-ray im Vertrieb von Koch Media Film erhältlich.
Genre
Krimi/Thriller
Laufzeit
ca. 135 Minuten
Altersfreigabe
ab 16 Jahren
Regie
Cédric Jimenez
Cast
Jean Dujardin, Gilles Lelouche, Benoît Magimel, Céline Sallette
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